Teil 1 Die Grundrechte I. Geschichtlicher Hintergrund der

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Teil 1
Die Grundrechte
I. Geschichtlicher Hintergrund der Grundrechte
Die Ausformung der Grundrechte geschah im Blick auf die Erfahrung typischer
Gefährdungen und Verletzungen der Würde, der Freiheit und der rechtlichen Gleichheit der
einzelnen Menschen oder von Menschengruppen durch die öffentliche Gewalt, vor allem im
Dritten Reich.
II. Der Inhalt der Grundrechte
Im Wesentlichen teilen sich die Grundrechte auf Freiheitsrechte (Handlungsfreiheiten,
Freiräume, Rechte oder Rechtsgüter) und Gleichheitsrechte (Bürger im Verhältnis
untereinander dürfen durch die staatlichen Organe nur aus sachlichem Grund ungleich
behandelt werden) auf. Gegenüber dem Statt sind die Grundrechte Abwehrrechte oder
Rechte auf Schutz bzw. Gewährung von Hilfe.
Grundrechte haben in subjektiver und objektiver Hinsicht Doppelcharakter. Sie enthalten eine
subjektive Gewährleistung für den einzelnen Bürger, die sein Verhältnis zum Staat betrifft.
Ferner haben sie einen objektiven Gehalt, welcher Richtlinien für das Handeln des Staates
und seine Organe gegenüber den Bürgern unabhängig vom Einzelnen gibt.
Der Bürger kann seine Grundrechte gegenüber dem Staat im Rahmen der Rechtsweggarantie
des Art. 19 Abs. 4 GG sowie durch die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde Art. 93 Abs.
1 Nr. 4 AGG wahrnehmen. Damit soll garantiert werden, dass der Bürger die ihm
zustehenden Grundrechte aus durchsetzen kann.
Beispiele:
Abwehr von grundrechtswidrigen
- Gesetzen durch Normenkontrolle oder Inzidentkontrolle
- Verwaltungsakten durch Widerspruch und Anfechtungsklage
- Realakten, z.B. Warnerklärungen, Ehrverletzungen, Immissionen (vorbeugende
Unterlassungsklage)
- Versagung von Genehmigungen, z.B. einer Bauerlaubnis oder Gewerbeerlaubnis durch
Erhebung einer Verpflichtungsklage (gerichtet auf Erteilung der Genehmigung)
- Urteilen oder Beschlüssen der Gerichte durch Rechtsbehelfe, Rechtsmittel bzw.
Verfassungsbeschwerde
Grundrechte können eine mittelbare Drittwirkung haben, nämlich bei der Beurteilung von
Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander. Hier geht es also nicht um das Verhältnis
Bürger/Staat, sondern um das Zusammenleben der gleichberechtigten Bürger. Die Wirkung
der Grundrechte erschöpft sich allerdings im Privatrecht darin, dass die Gerichte bei der
Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts den grundgesetzlichen Wertmaßstäben
Rechnung tragen müssen. Im BGB finden sich hierzu einige „Türen“, etwa über den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und die Grenzen der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB).
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III. Grundrechtsfähigkeit und Grundrechtmündigkeit
Grundrechtsfähig sind sowohl natürliche als auch juristische Personen. Auch das
ungeborene Kind ist grundrechtsfähig. Die Schutzpflicht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gibt
dem Kind nicht nur ein Recht auf Leben, sondern gibt auch dem Staat die Pflicht, sich
schützend und fördernd vor dieses Rechtsgut zu stellen.
Auch nach dem Tod bleibt eine natürliche Person aufgrund des postmortalen
Persönlichkeitsrechts noch beschränkt grundrechtsfähig. Der Unterschied zwischen der
Grundrechtsfähigkeit und der Rechtsfähigkeit nach dem BGB liegt vor allem darin, dass alle
Menschen rechtsfähig im Sinne des § 1 BGB sind, während das Grundgesetz zusätzlich
zwischen Menschen- und Bürgerrechten unterscheidet, wobei Bürgerrechte u.U. nur
Inländern, also deutschen Staatsbürgern zustehen können.
Juristische Personen können naturgemäß nur solche Grundrechte beanspruchen, die ihrem
Wesen nach dazu geeignet sind. Alle Grundrechte, die nur individuell beansprucht werden,
können (z.B. Wehrdienstverweigerung) beispielsweise nicht von Firmen geltend gemacht
werden. Wohl aber gilt dies für das allgemeine Persönlichkeitsrecht, da auch ein
Wirtschaftsunternehmen beispielsweise „beleidigungsfähig“ ist.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind allerdings nicht grundrechtsfähig, weil sie
Teil des Staates sind und somit nicht gleichzeitig berechtigt und verpflichtet sein können (so
genannte Konfusion), eine Ausnahme gilt jedoch für die juristischen Personen des
öffentlichen Rechts, die unmittelbar dem Lebensbereich der Bürger zugeordnet werden
müssen, der durch die Grundrechte geschützt wird, und die als eigenständige, unabhängige
oder zumindest distanzierte Einrichtungen Bestand haben. Hier sind die Rundfunkanstalten,
die Universitäten bzw. Fakultäten, aber auch die Kirchen- und Religionsgemeinschaften,
die als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert sind, zu nennen. Sie sind
grundrechtsfähig, weil sie normalerweise nicht im staatlichen Bereich wurzeln.
In der Regel entsteht Streit zwischen einzelnen Bürgern oder einem Bürger und dem Staat
dann, wenn verschiedene Grundrechte - ausgeformt durch „einfache“ Gesetze miteinander
kollidieren.
IV. Wichtige Grundrechte im Einzelnen
1. Art. 1 GG (Menschenwürde)
Die Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG als Leitprinzip der Verfassung. Kerngehalt der
Aussage des Art. 1 Abs. 1 GG ist die Normierung der Menschenwürde als Mittelpunkt des
Wertesystems der Verfassung. Trotz der Formulierung „ … die nachfolgenden Grundrechte
…“ ist Art. 1 Abs. 1 GG wegen seiner zentralen Bedeutung selbst als Grundrecht anzusehen.
Grundrechtsfähiger ist jeder Mensch von der Geburt an bis zum Tod, wobei die bereits
genannten Ausnahmen für das werdende Leben und über den Tod hinaus gelten. Die
Menschenwürde ist typischerweise betroffen bei
- Folter und sonstiger körperlicher Misshandlung
- unerlaubter Genforschung
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- Import/Forschung mit embryonalen Stammzellen
- Klonen von Menschen, portmortale Entnahme bzw. Verkauf von Organen
- Aktiver Sterbehilfe
sowie bei Verletzung der geistig-seelischen Integrität, beispielsweise bei
- Gebrauch von Hypnose durch staatliche Organe, auch mit Einverständnis des Betroffenen,
- Lebenslange Sicherungsverwahrung
- Ausweisung eines Ausländers aus generalpräventiven Gründen
oder bei fehlender Grundsicherung des individuellen und sozialen Lebens, beispielsweise
- der Gewährleistung einer würdigen Existenz im Strafvollzug,
- keine Besteuerung des Existenzminimums
- Zwangsweise Unterbringung von Obdachlosen und Asylbewerbern,
sowie bei sonstigen Fällen, die gegen das sittliche Anstandsgefühl der Mehrheit verstoßen wie
beispielsweise
- Kampfspiele wie Paintball-Schießen, Zwergewerfen, Damenschlammschlacht etc.
- Ausstellung von Leichen
- Schockwerbung
- Finaler Rettungsabschuss (sehr problematisch: Luftsicherheitsgesetz)
In allen genannten Fällen ist zunächst das Grundrecht - bloß - tangiert. Soweit kein
ausdrückliches (einfach-) gesetzliches Verbot für eine individuelle Maßnahme steht, bedarf
eines einer Abwägung im Einzelfall, ob eine bestimmte Maßnahme noch grundrechtsmäßig
ist.
2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach
Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein Freiheitsrecht, das die informationelle Selbstbestimmung, die engere persönliche Lebenssphäre und das Recht des einzelnen darüber regelt,
ob und wie er in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt.
Mit dem Volkszählungsurteil hat das BVerfG den Schutzbereich dieses Grundrechts
konkretisiert für den Umgang mit personenbezogenen und statistischen Daten.
Das Recht auf Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit bedeutet, dass der Betroffene selbst
darüber bestimmen kann, wie weit er seine Privatsphäre gegenüber der Öffentlichkeit öffnet.
Der Schutz ist nicht nur auf den häuslichen Bereich beschränkt, sondern gilt auch für andere,
erkennbar abgeschiedene Orte (Luxusjacht, Jagdhütte, FKK-Strand).
3. Die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG
Art. 2 Abs. 2 GG ist nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe,
sondern verpflichtet die staatlichen Organe, sich schützend und fördernd vor die darin
genannten Rechtsgüter zu stellen. Hierzu zählt beispielsweise der Anspruch auf Schutz des
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werdenden Lebens bei der Reform des § 218 StGB. Eine Grundrechtsverletzung kann auch
darin liegen, dass eine Behörde bei der Entscheidung über die Genehmigung eines Kernkraftwerkes Schutzvorschriften nicht ausreichend beachtet. Das Grundrecht umfasst auch das
Recht auf körperliche Unversehrtheit beispielsweise in Form der Pflicht zur Bekämpfung von
gesundheitsgefährdenden Auswirkungen des Fluglärms. Eine Pflicht zur Zwangsimpfung
stellt zwar einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar, ist jedoch unter dem Gesetzesvorbehalt u.U. rechtmäßig. Rechtmäßig sind auch Vorschriften, die beispielsweise die Länge
und Tragweite des Haupthaars von Soldaten oder Polizisten regelt.
Das Recht umfasst auch die Unverletzlichkeit der Freiheit. Freiheitseinschränkende
Maßnahmen sind nur unter dem Vorbehalt der richterlichen Entscheidung möglich. Das
Grundrecht steht auch Geisteskranken oder nicht Vollgeschäftsfähigen zu. Das Grundrecht
gewährt nicht die Freiheit von jeglichem staatlichen Druck. So stellt beispielsweise die
Vorladung zum Verkehrsunterricht keinen rechtswidrigen Eingriff dar. Weitere Beispiele:
- Mitnahme zur Dienststelle, Mitnahme zur Blutentnahme
- Durchsuchung einer Person im Rahmen der Polizeiaufgaben
All diese Eingriffe sind nur unter dem Gesetzesvorbehalt, also im Rahmen der polizeilichen
Befugnisse zulässig und durch die Gerichte überprüfbar. Keine rechtswidrigen Eingriffe sind
- Wehrpflicht und Schuldpflicht
- Nachsitzen in der Schule
- Vorladung zum Verkehrsunterricht
- Vorladung eines Zeugen
- Platzverweis
- Aufenthaltsverbote für Drogendealer bzw. Teilnehmer von Chaos-Tagen usw.
Im Rahmen des Gesetzesvorbehalts gilt das Bestimmtheitsgebot. Dieses bedeutet, dass die
förmlichen Gesetze die zulässigen Maßnahmen einzeln und konkret beschreiben und regeln
müssen. Ist das Gesetz zu unscharf und wird den ausführenden Organen dadurch ein zu weiter
Spielraum eingeräumt, ist die Ermächtigungsgrundlage nicht mehr vom Grundgesetz gedeckt.
Ein solches Gesetz ist dann verfassungswidrig. Auch die Einzelmaßnahme ist dann nicht
gesetzmäßig.
4. Art. 3 Grundgesetz (Gleichheitsgrundsatz)
Der Gleichheitsgrundsatz wird von dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit beherrscht und richtet
sich in erster Linie an den Gesetzgeber. Er ist für alle Menschen, auch für Ausländer,
juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts anwendbar. Er umschreibt, dass
wesentlich Gleiches nicht ungleich, wesentlich Ungleiches nicht gleich zu behandeln ist. Er
verbietet vor allem willkürliches Handeln. Im Unrecht gibt es keine Gleichheit. Besondere
Probleme bereitet der Gleichheitsgrundsatz dort, wo die Gesetze den Behörden ein Ermessen
einräumen, beispielsweise bei der Subventionsgewährung. Die entsprechenden
Entscheidungen werden regelmäßig durch die Gerichte überprüft, die dann eine
Güterabwägung vornehmen und die Ermessenskriterien überprüfen. Hier gibt es eine reichhaltige Rechtsprechung.
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Soweit die Verwaltung im Rahmen ihres Ermessens eine bestimmte Praxis entwickelt, spricht
man von der Selbstbindung der Verwaltung. Dieser Grundsatz besagt, dass die Verwaltung
ohne sachlichen Grund von einer solchen Verwaltungspraxis nicht mehr abweichen darf.
5. Art. 4 GG (Religionsfreiheit)
Auch dieses Grundrecht ist ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht. Es verwehrt dem Staat
den bestimmenden Zugriff auf die religiöse oder weltanschauliche Dimension des Menschen.
Grundrechtsträger ist wieder jedermann, auch Kinder. Die Religionsgemeinschaften selbst
sind ebenfalls Grundrechtsträger. Auch religionsfeindliche Gemeinschaften sind von der
Glaubensfreiheit erfasst, jedoch nicht demokratiefeindliche Gemeinschaften.
Erfasst wird auch die Gewissensfreiheit. Hierunter versteht man das Recht des einzelnen, für
sich selbst zwischen „gut“ und „böse“ zu unterscheiden und bestimmte Handlungen zu
verweigern. Für rechtmäßig befunden wurden allerdings:
- Disziplinarmaßnahmen gegen Postbeamten, der sich weigerte, Werbesendungen der
„Republikaner“ zuzustellen
- Steuerverweigerung aus Gewissensgründen ist Unrecht
- Verweigerung der Zahlung von Beiträgen zur Krankenkasse, solange diese generell
Abtreibungen bezahlt, ist Unrecht
- Verweigerung der Lohnfortzahlung bei Abtreibung durch Arbeitgeber
- Freiheitsstrafe wegen Totalverweigerung des Wehrdienstes
Wohl aber gilt im Arbeitsrecht ein „Wohlwollensgebot“, das der Gewissensfreiheit in Einzelfällen den Vorrang gegenüber dem Weisungsrecht des Arbeitgebers gibt, solange dieser einen
Sielraum hat.
6. Art. 5 GG (Meinungsfreiheit u.a.).
Das Grundrecht umfasst sowohl die Meinungsäußerungs- und Verbreitungsfreiheit als auch
die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit, die Rundfunk- und Filmfreiheit sowie das
Zensurverbot und die Kunstfreiheit.
Es handelt sich um eines der wichtigsten Grundrechte, da es unmittelbarster Ausdruck der
menschlichen Persönlichkeit ist und zugleich konstituierend für die demokratische Staatsordnung. Das Grundrecht beinhaltet ein subjektives Recht als auch ein objektives Prinzip der
Gesamtrechtsordnung. Es dient nicht nur der Ermittlung der Wahrheit, sondern will
gewährleisten, dass jeder frei sagen kann, was er denkt, auch wenn er keine nachprüfbaren
Gründe für sein Werturteil angeben kann.
Der Begriff der Meinungsäußerung ist von einer Tatsachenbehauptung zu unterscheiden.
Während eine Tatsache nachprüfbar ist, enthält die Meinung als kennzeichnendes Element
eine Stellungnahme, ein Dafürhalten bzw. eine subjektive Ansicht, gleich ob diese als
„richtig“ oder „falsch“ empfunden wird. Die Meinung ist also ein geäußerter Gedanke als
Beitrag für geistige Auseinandersetzung, während die Tatsache einen Sachverhalt schildert.
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Es gibt Mischformen, beispielsweise die Durchführung vergleichender Warentests. Auch
Bilder können ein Werturteil oder eine Tatsachenbehauptung beinhalten.
Während eine Tatsachenbehauptung stets beweisbar richtig sein muss, muss eine falsch
empfundene Meinung hingenommen werden, solange sie keine Beleidigung oder
Schmähkritik beinhaltet.
Die Informationsfreiheit ist ein reines Abwehrrecht gegen den Staat. Allgemein zugängliche
Quellen sind Fernsehen, Rundfunk, Zeitungen etc. Ein Eingriff in dieses Recht kann nur unter
dem Gesetzesvorbehalt erfolgen.
Die Pressefreiheit ist ein subjektives Grundrecht für die im Pressewesen tätigen Personen und
Unternehmen. Es wird nicht zwischen „seriöser“ Presse oder Regenbogenpresse etc. unterschieden. Die rechtswidrige Beschaffung von Informationen fällt nicht in den Schutzbereich
des Grundrechts, wohl aber die Verbreitung rechtswidrig erlangter Informationen.
Insbesondere schützt die Pressefreiheit das Vertrauensverhältnis mit den Informanten.
Letzteres wird auch als „Presseprivileg“ bezeichnet. Grenzen des Grundrechts sind erreicht,
wenn falsche Tatsachen oder ehrenrührige Vorgänge verbreitet werden.
7. Art. 6 GG (Schutz der Familie )
Grundrechtsträger können im Wesen nach nur natürliche Personen sein, in erster Linie die
Eltern und die Kinder. Der Artikel hat eine 3-fache Bedeutung, nämlich enthält er eine
Institutsgarantie, ein Grundrecht auf Schutz gegen störende Eingriffe des Staates und darüber
hinaus eine wertentscheidende Grundsatznorm für das gesamte Recht der Ehe und Familie.
Zu den Kindern gehören auch Stief-, Adopptiv- und Pflegekinder sowie nicht-eheliche
Kinder.
Verboten wäre beispielsweise, wenn Steuergesetze durch einen „Erziehungseffekt“ Ehefrauen
von einer Berufsausübung abhalten oder bei der Beamtenversorgung schlechter stellen als
männliche Kollegen.
Das Verbot der Diskriminierung sieht vor, dass Ehegatten gegenüber Ledigen etwa im Steuerrecht nicht benachteiligt werden dürfen. Vergleichspaare sind insoweit Verheiratete/Ledige
und Familienmitglieder/Nichtmitglieder. Dies hat natürlich Auswirkungen auf den Gleichheitsgrundsatz bei Art. 3 Abs. 1 GG, der mit Art. 6 GG zusammenhängt.
Der Schutz der Ehe sieht auch die Eheschließungsfreiheit vor. So wäre eine „Zölibatsklausel“
in einem Arbeitsvertrag unwirksam (auflösende Bedingung für den Fall einer Eheschließung
de Arbeitnehmers; gilt nicht für die katholische Kirche).
Als „negative“ Eheschließungsfreiheit ist die Ehescheidung geschützt, obwohl die verfassungsgemäße Ordnung im Grundsatz der unauflöslichen Ehe folgt. Der Gesetzgeber ist
daher gezwungen, im Scheidungsrecht auch eheerhaltende Elemente zu prüfen, beispielsweise
durch den Zerrüttungsgrundsatz. Dabei wird geprüft, ob eine Ehe tatsächlich zerrüttet ist.
Aufgrund einer Scheidung werden - bekanntlich - eheliche Pflichten nicht völlig aufgelöst,
sondern es bestehen Folgewirkungen wie Unterhaltsregelungen, Versorgungsausgleich etc.
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Besondere Bedeutung hat das Grundrecht beim Ausländerrecht, nämlich beim Bleiberecht
von Ausländern, die mit Deutschen verheiratet sind (bzw. waren). Hier treten Belange des
Ausländerrechts hinter dem Schutz der Ehe praktisch zurück. Gemäß Art. 6 Abs. 2 GG haben
Eltern auch Pflichten, die aus dem Grundrecht der Kinder auf Familie resultieren. Als
Beispiel wäre die Pflicht zur Erziehung im Rahmen des Kindeswohls, die Gewährung von
Unterhalt, die Duldung der Schulpflicht einschließlich des Inhalts der staatlichen Lehrpläne.
Das Wächteramt des Staates greift zunächst in Form unterstützender Maßnahmen. Erst dann
sind Eingriffe zulässig. Im Familienrecht des BGB sind beispielsweise als Eingriffe
Einschränkungen der elterlichen Sorge (§ 1066 ff BGB) geregelt, wenn Kinder zu verwahrlosen drohen oder wenn Kinder misshandelt werden.
8. Art. 7 GG (Schulwesen)
Unter Schulwesen ist die Gesamtheit der Einrichtungen zu verstehen, die sich mit der
Vermittlung von Bildungsgütern in Schulen befassen. Die Schulen unterliegen der staatlichen
Schulaufsicht, wobei die Ordnung des Schulwesens Sache des Landesrechts ist. Dies hat mit
der Kulturhoheit der Bundesländer zu tun. Wesentlich ist jedoch der Gesetzesvorbehalt, der
besagt, dass für wesentliche Entscheidungen im Schulwesen stets eine gesetzliche Grundlage
erforderlich ist. Die Lehrpläne etc. werden allerdings auf Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung durch Rechtsverordnung oder durch Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der
Schuldbehörde geregelt. Grundrechte sind nur tangiert, wenn es sich um wesentliche Entscheidungen, etwa im Religionsunterricht, bei der Dauer der Ausbildung etc. handelt.
Probleme können auch bei der Anerkennung von Privatschulen stehen, weil hier der Staat die
Pflicht hat, die Gleichwertigkeit sicherzustellen.
9. Art. 8 GG (Versammlungsfreiheit)
Art. 8 GG gewährleistet die Freiheit der kollektiven Meinungsgrundgabe. Eine besonders
enge Verbindung besteht zu Art. 5 Abs. 1 GG, weil hier wie dort die Meinungskundgabe geschützt ist. Vorliegend ist die Persönlichkeitsentfaltung in Gruppenform geregelt. Eine Versammlung liegt vor, wenn mehrere Personen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung
und -äußerung an einem Ort zusammenkommen. Der Versammlungsbegriff ist relativ weit,
erfasst werden auch Kongresse, Betriebs- oder Gesellschaftsversammlungen. Der Versammlungszweck muss jedoch die Erörterung meinungsrelevanter Angelegenheiten sein. Es
reichen nicht aus z.B. Sportveranstaltungen, Volksfeste, Theater oder Filmveranstaltungen
oder gar ein Auflauf von Gaffern nach einem Unfall, selbst wenn diese das Geschehen
kommentieren.
Das Grundrecht ist auf Deutsche beschränkt und gilt nur für friedliche Teilnehmer, die keine
Waffen tragen. In der Regel nicht gewalttätig sind reine Sitzblockaden. Einzelne Gewalttäter
nehmen einer ansonsten friedlichen Demonstration nicht den Schutz der Art. 8 GG. Gerade
deshalb sind Maßnahmen gegen die Störer durch die Polizei in der Regel zulässig. Dies gilt
auch dann, wenn beispielsweise rechtsgerichtete Parteien eine Versammlung durchführen.
Auch hier hat die Polizei den Ablauf der Versammlung gegen gewalttätige
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Gegendemonstranten zu schützen. Als Waffe sind alle verletzungsgeeigneten Gegenstände
geeignet, auch Stuhlbeine und Bierkrüge etc.
Das Grundrecht wird durch das Versammlungsgesetz konkretisiert und auch eingeschränkt.
Danach ist eine Versammlung anzumelden und kann mit Auflagen der zuständigen Behörde
versehen werden. Versammlungen in geschlossenen Räumen unterliegen keinen
Beschränkungen abseits der allgemeinen Gesetze. Veranstaltungen unter freiem Himmel
können beschränkt werden, beispielsweise durch das Bannmeilengesetz des Bundes, das 1999
durch das Gesetz „über befriedete Bezirke der Verfassungsorgane des Bundes“ ersetzt wurde.
Geschützt sind auch Spontanversammlungen, die faktisch nicht angemeldet werden können
oder Eilversammlungen, bei denen die fehlende Anmeldung noch kein Auflösungsgrund ist.
Problematisch sind solche Versammlungen allerdings dann, wenn eine Gefährdung der
öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu befürchten ist.
10. Art. 9 GG (Vereinigungs- und Kodaditionsfreiheit)
Ein wesentliches Prinzip freiheitlicher Staatsgestaltung zum Ausdruck. Er verwirkt das Recht
des einzelnen Staatsbürgers zum Zusammenschluss in Vereinen und Gesellschaften des
privaten Rechts. Eine Sonderstellung bilden die Zwangsmitgliedschaften in öffentlichrechtlichen Verbänden wie beispielsweise den Industrie- und Handelskammern, der Ärzteversorgung oder auch der studentischen Krankenversorgung. Diese Mitgliedschaften richten sich
nach Art. 2 Abs. 1 GG. Das Grundrecht schützt nicht die Bildung verfassungsfeindlicher
Vereine etc.
Grundrechtsträger ist jedermann in jedem Beruf. Das Recht steht Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie Beamten zu.
Vereinigungen sind beispielsweise auch Gewerkschaften und Berufsverbände unabhängig von
ihrer Rechtsform.
Art. 9 Abs. 3 GG Begründet das Streikrecht.
Auch hier gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. In der Regel wird das Streikrecht durch
(freiwillige) Tarifverträge konkretisiert.
11. Art. 10 GG (Briefgeheimnis u.a.)
Das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet die freie Entfaltung der Persönlichkeit
durch einen privaten, der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Kommunikation. Das
Grundrecht tangiert somit gleichzeitig die Würde des Menschen. Prinzipiell erstreckt sich das
Briefgeheimnis auch auf Postkarten, kommt aber letztlich faktisch nicht zur Geltung. Es erstreckt sich nicht nur auf den Inhalt der Sendung, sondern auch auf deren Absender und Empfänger sowie auf alle Daten der Beförderung. Diese Daten sind zwangsläufig nur dem Zustellunternehmen bekannt und dürften im Rahmen der Gesetze nicht weitergegeben werden.
Das Postgeheimnis bezieht sich auf den Übermittlungsvorgang und schützt vor allem vor der
Offenbarung, wer mit wem wann Briefe usw. gewechselt hat. Gleiches gilt übrigens für E________________________________________________________________________________________________________________
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Mail, SMS und sonstige Übertragungen über Internet. Auf das Medium der Übertragung
kommt es daher nicht an, vielmehr reicht die Feststellung, dass es sich um Individualkommunikation handelt. Gegenbeispiel wäre die Veröffentlichung eines „offenen Briefes“, da
der Autor dann bewusst die Kenntnisnahme durch Dritte wünscht.
Das Fernmeldegeheimnis kann durch Gesetz eingeschränkt werden. Hier sind vor allem
Gesetzes im Rahmen der Strafverfolgung zu nennen sowie Mithörfälle, die Ermittlung der
Standorte von Handy’s usw.
Ausdrücklich erlaubt ist beispielsweise auch die Öffnung von unzustellbaren Postsendungen
zur Feststellung des Absenders, weil sie im Interesse der am Briefwechsel Beteiligten ist.
12. Art. 14 GG (Eigentum)
Die Bestimmung des Umfangs der Eigentumsgewährleistung bereitet Schwierigkeiten, denn
anders als die Begriffe „Ehe, Freiheit, Körper“ usw. ist der Begriff „Eigentum“ ein Rechtsbegriff, dessen Inhalt durch das einfache Recht ausgefüllt und damit selbst definiert wird.
Prinzipiell wird das Eigentum als die ausschließliche Zuordnung einer vermögenswerten
Position durch das einfache Recht zu einem bestimmten Zeitpunkt definiert.
Die Auferlegung von Steuern etc., die lediglich das Vermögen in seiner Gesamtheit belasten,
fällt damit grundsätzlich nicht unter die Eigentumsgarantie. Zum Eigentum gehören Rechte
am Sacheigentum beweglicher Sachen und Grundstücken einschließlich des Rechts zur ungestörten Nutzung, dingliche Rechte, die Baufreiheit sowie gewerbliche Schutzrechte,
Gesellschaftsrechte und auch das Mietrecht. Ist eine Firma betroffen, spricht man vom „Recht
am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ das beispielsweise gegen rufschädigende
Äußerungen schützt.
Eingriffe in den Schutzbereich des Art. 14 GG sind auf zwei verschiedene Arten möglich:
- Es kann eine Beschränkung von Eigentumsrechten, eine Inhalts- und Schrankenbestimmung
sein,
- eine vollständige Entziehung des Eigentums durch Enteignung vorliegen
Inhalts- und Schrankenbestimmungen liegen vor, wenn die Eigentumsbefugnisse im
Vergleich zur bisherigen Rechtslage eingeschränkt werden oder neue Pflichten begründet
werden.
Beispiele:
- Bebauungsplan
- Planfeststellung nach dem Luftverkehrsgesetz
- Soziales Mietrecht
- Naturschutzrechtliche Bestimmungen
- Tötung von Geflügel aufgrund eines Gesetzes
Jeder Eingriff ist das Eigentum steht unter dem Gesetzesvorbehalt und muss verhältnismäßig
sein. Umgekehrt spricht man von der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, d.h. das Eigentum ist
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nur situationsgebunden gewährt. Die Sozialbindung des Eigentums offenbart sich beispielsweise in einem Unternehmen, weil die Produktionsmittel nicht nur Vermögensgut für den
einzelnen sind, sondern diesen auch Macht über Dritte, etwa die Arbeitnehmer verleihen. Die
Mitbestimmungsregelungen im Unternehmen sind daher ein Beispiel für die Sozialpflichtigkeit des Eigentums und einen damit verbundenen anfänglichen Eingriff.
Eine Enteignung ist in Ausnahmefällen zum Wohle der Allgemeinheit zulässig, wenn ein besonders schwerwiegendes dringendes öffentliches Interesse besteht. Meistens geht es hier um
den Bau eines Flughafens oder einer Bahntrasse. Das Grundgesetz verlangt hier nach Art. 14
Abs. 3 Satz GG eine angemessene Entschädigung. Fehlt eine Entschädigungsregelung (im
Enteignungsgesetz), ist dieses automatisch rechtswidrig. Dieser Grundsatz wird auch als
qualifizierter Gesetzesvorbehalt bezeichnet.
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Das Zivilrecht (BGB und ZPO)
I. Einführung
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind die häufigsten Vertragstypen ausführlich geregelt.
Für Verträge eigener Art gibt es eine Sondervorschrift.
Die wichtigsten Vertragstypen sind Kauf, Tausch, Schenkung, Miete und Pacht, Leihe,
Dienstvertrag und Werkvertrag. Alle Vertragstypen können auch kombiniert oder gemischt
auftauchen.
Beispiele:
Ein Vertrag über eine Hotelübernachtung beinhaltet mietvertragliche
dienstvertragliche (Bettenmachen) und kaufvertragliche (Minibar) Elemente.
(Zimmer),
Der Behandlungsvertrag bei einem Arzt ist regelmäßig nur „ein Dienstvertrag“, da der Arzt
keinen Erfolg garantiert.
Ein Vertrag über die Erstellung und Überlassung von Software ist in der Regel Kauf oder
Werk. Wenn die Anpassung von Standardsoftware geschuldet ist, richtet sich die Überlassung
der Standardmodule üblicherweise nach Kaufrecht, während die Anpassung nach Dienst- oder
Werkrecht geschuldet ist. Die Abgrenzung kann im Einzelfall äußerst schwierig sein.
Alle Verträge sind dadurch geprägt, dass sie durch den Abschluß einzelner Rechtsgeschäfte
zustande kommen. Hier gilt das Abstraktionsprinzip, nach dem jeder einzelne Teilakt, etwa
Angebot und Annahme separat auf seine Wirksamkeit geprüft wird.
II. Die einzelnen Vertragstypen
1. Zum Kaufrecht
Der Kaufvertrag ist in § 433 BGB geregelt. Er wird durch ein einmaliges
Warenaustauschgeschäft geprägt, wobei der Käufer die ihm bekannte, fertige Ware zu Eigentum erwirbt.
Beim Werkvertrag hingegen legen die Vertragspartner einen Erfolg fest, der erreicht werden
muß. Der Erfolg kann in der Herstellung einer Sache aber auch beispielsweise in der
Beförderung von A nach B gesehen werden.
Wesentliches Element des Mietvertrages ist der Umstand, daß die überlassene Sache nach
Ablauf der Mietzeit wieder zurückgegeben werden muß und der Mieter zwangsläufig kein
Eigentum hieran erwirbt.
Zuletzt lassen sich Werk- und Dienstvertrag voneinander abgrenzen, nämlich durch den
Umstand, daß bei einer dienstvertraglichen Verpflichtung kein Erfolg, sondern nur zeitbe-
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zogenes Arbeiten nach den Regeln der Kunst geschuldet ist. Wie dargetan, ist die Abgrenzung
nicht immer einfach.
Soweit beim Kaufvertrag der Käufer das Eigentum an der Sache erwirbt, besteht das
Eigentum „unbeschadet der Rechte Dritter“. Dies bedeutet, daß der Eigentümer mit der Sache
im Rahmen der Gesetze nach Belieben verfahren kann, jedoch fortbestehende Sonderrechte
beachten muß. Als Beispiel sei hier das Urheberrecht angeführt, wobei mit dem eigentumsrechtlichen Erwerb eines Werkstücks noch lange nichts über die damit verbundenen
Nutzungsrechte ausgesagt ist. Der Umfang der bei einer vertraglichen Überlassung eines
urheberrechtlich geschützten Gegenstandes einzuräumenden Nutzungsrechte richtet sich,
wenn nicht ausdrücklich festgelegt, nach der Zweckübertragungslehre.
Im Rahmen eines Kaufvertrages stehen dem Käufer Rechte bei Mängeln zu. Danach kann der
Käufer zunächst Beseitigung eines Mangels bzw. Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen, jedoch nicht vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern. Der Verkäufer
hat normalerweise nur zwei Versuche für die Nachbesserung. Schlägt sie fehl, kann der
Käufer anschließend vom Vertrag zurücktreten, d.h. die Sache gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben. Er kann aber auch die Sache behalten und den Kaufpreis anteilig
mindern, was seltener vorkommt. Gefährlicher ist das Recht des Käufers auf Schadenersatz
statt der Leistung (früher: Schadenersatz wegen Nichterfüllung).
2. Darlehensvertrag
Beim Darlehensvertrag geht es stets um die vorübergehende Überlassung eines Geldbetrages.
Zinsen sind nur geschuldet, wenn dies gesondert vereinbart ist, vor allem bei Privatdarlehen.
Die Kündigungsfrist beträgt mangels anderweitiger Vereinbarung 3 Monate.
3. Schenkung
Die Schenkung beinhaltet die Überlassung eines Gegenstandes wie beim Kauf, bloß ohne
Gegenleistung. Dafür muß der Schenker keine Mängelhaftung übernehmen, er haftet nur
allgemeine für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz bzw. für arglistig verschwiegene Mängel.
Der Schenkungsvertrag bedarf der notariellen Form. Ein Formmangel wird durch die
Wirkung, also durch die tatsächliche Übergabe des Gegenstandes geheilt. Diese praktische
Lösung dient der Tatsache, daß wohl 99 % aller Schenkungen ohne Notarvertrag vollzogen
werden. Dies dürfte beispielsweise für die überwiegende Zahl aller Weihnachtsgeschenke etc.
gelten.
4. Zum Mietvertrag
Auch beim Mietvertrag geht es um die Überlassung einer Sache, jedoch nur zeitweise. Der
Vermieter muß den Mietgegenstand während der gesamten Mietzeit mangelfrei halten (z.B.
Mietwohnung). Das Privileg des Rechts auf Rückgabe der Mietsache wird praktisch durch
einen erhöhten Haftungsmaßstab während der Mietdauer kompensiert. Während der Mietdauer können Mängelrechte demnach nie verjähren, was einen maßgeblichen Unterschied zu
den Kauf- und Werkverträgen ausmacht. Dafür kann der Vermieter im Vertrag weit reichende
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Beschränkungen für den Mietgebrauch festlegen, die bei einem kauf- oder werkrechtlichen
Erwerb aufgrund der Pflicht zur Eigentumsübertragung nicht möglich wären.
Für die Miete von Wohnräumen gelten spezielle Vorschriften, die im Wesentlichen dem
Mieterschutz dienen.
5. Dienstvertrag
Beim Dienstvertrag wird nur zeitbezogene Arbeit nach den Regeln der Kunst geschuldet. Je
enger die vertragliche Nähe zwischen dem Dienstgeber und dem Dienstnehmer ist, desto
ausführlicher sind die wechselseitigen Rechte und Pflichten in Sondergesetzen geregelt. Das
gesamte Arbeitsrecht zählt hierzu.
6. Werkvertrag
Hier steht die Erreichung eines Erfolges im Vordergrund, wobei der Begriff „Herstellung des
versprochenen Werkes“ großzügig verstanden werden muß. Auch die Beförderung von A
nach B (Taxifahrt, Gondelbahn) kann daher ein Werk sein.
Ähnlich wie im Kaufrecht hat der Auftraggeber bei Mängeln zunächst ein Recht auf Nacherfüllung, d.h. Beseitigung eines Mangels, auch wenn das Werk hierzu neu erstellt werden muß.
Der Unternehmer hat allerdings in der Regel nur einen Nacherfüllungsversuch.
Die Vergütung ist mangels anderweitiger Vereinbarung erst mit der Abnahme fällig.
Üblicherweise werden daher vertragliche Abschlagszahlungen vereinbart.
III. Zivilprozeßrecht
1. Allgemeines
Das Recht der Verträge gehört zum privaten, materiellen Schuldrecht. Dieses Recht regelt die
Rechtsbeziehungen der Bürgen untereinander. Während das Vertragsrecht von der
Privatautonomie geprägt wird, d.h. die Gestaltung im Wesentlichen den Bürgern überlassen
bleibt, gibt es zwingende Vorschriften des materiellen Rechts, etwa den Verbraucherschutz,
familien- und erbrechtliche Bestimmungen. Der Privatautonomie sind dadurch gewisse
Grenzen gesetzt.
Zum materiellen Recht gehören auch öffentlich-rechtliche Normen. Darunter werden im
Wesentlichen die Regeln verstanden, die im Verhältnis des Staats zum Bürger gelten (z.B. das
Recht zum Gemeingebrauch der Straßen, Anspruch auf Sozialhilfe).
Davon zu unterscheiden ist das Verfahrensrecht. Wenn es nämlich darum geht, einzelne
Ansprüche durchzusetzen und die Bürger untereinander nicht mehr zu Recht kommen,
bedarf es der Einschaltung von Behörden oder Gerichten, die in der Sache entscheiden. Wie
das Verfahren, das zu einer Entscheidung führt, aussieht, regelt das Verfahrensrecht.
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Im Zivilrecht gibt es hierzu die Zivilprozeßordnung (ZPO), im öffentlichen Recht vor allem
das Verwaltungsverfahrensgesetzt (VwVfG).
Die ZPO wird ergänzt durch Vorschriften, die in speziellen Verfahren oder für spezielle
Gerichte gelten (z.B. das Gerichtsverfassungsgesetz, das Arbeitsgerichtsgesetz, das
Sozialgerichtsgesetz).
2. Der Zivilprozeß
Die ZPO regelt im Einzelnen, wie ein Zivilprozeß begonnen und anschließend geführt wird,
praktisch von der Einreichung der Schriftsätze bis zum rechtskräftigen Urteil im
Instanzenweg.
Während vor dem Amtsgericht eine Klage von einem Bürger mündlich zu Protokoll gegeben
werden kann, herrscht vor den Landgerichten und aufwärts Anwalts- und Schriftzwang. Eine
Klageschrift muß mindestens einen Klageantrag und eine Sachverhaltsschilderung enthalten,
jedoch keine rechtliche Würdigung. Letztere ist streng genommen Aufgabe des Gerichts,
wenngleich ein guter Anwalt eine solche Würdigung schon im Entwurf einreicht.
Die Sachverhaltsdarstellung ist ggf. mit Beweisangeboten zu verknüpfen, wenn der Gegner
voraussichtlich einen anderen Verlauf behauptet.
Auf Mängel der Darstellung hat das Gericht im Rahmen seiner Neutralitätspflicht
hinzuweisen.
3. Die Zuständigkeit der Gerichte
Im Zivilrecht sind grundsätzlich die Amtsgerichte für vermögensrechtliche Streitigkeiten bis
zu einem Gegenstandswert von EUR 5.000,-- zuständig. In speziellen Verfahren (z.B. im
Familienrecht) sind einzelne Abteilungen des Amtsgerichts stets ohne Rücksicht auf den
Gegenstandswert zuständig.
Vermögensrechtliche Streitigkeiten mit einem Gegenstandswert über EUR 5.000,-- beginnen
stets vor den Landgerichten. Dort gibt es Zivilkammern und Kammern für Handelssachen.
Letztere sind für Streitigkeiten zwischen Kaufleuten wegen Handelsgeschäften zuständig, alle
übrigen Sachen kommen vor die Zivilkammern.
Gegen die Urteile der Amtsgerichte mit einem Gegenstandswert von wenigstens EUR 600,-findet die Berufung statt. Die Berufung ist eine zweite Chance und wird als Rechtsmittel
bezeichnet. Dieser Rechtsstreit wird dann vor dem Landgericht neu verhandelt.
Die bei dem Landgericht beginnenden Streitigkeiten werden in der Berufung vor den
Oberlandesgerichten neu verhandelt.
Die Berufungsinstanz ist immer eine neue Tatsacheninstanz, bei der neue Zeugen und neuer
Sachvortrag, der nicht verspätet ist, berücksichtigt wird.
Gegen Berufungsentscheidungen der Oberlandesgerichte gibt es noch eine weitere Instanz,
nämlich die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH). Hier wird nur noch überprüft, ob das
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Berufungsgericht das Recht richtig angewandt hat. Tatsachen werden nicht neu verhandelt. Es
kann jedoch vorkommen, daß der BGH einen Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverweist, weil der Sachverhalt noch nicht entscheidungsreif aufgeklärt wurde. Dann geht der
Rechtsstreit in eine „weitere Runde“.
4. Zu den Begriffen
Immer wieder werden wichtige Rechtsbegriffe vor allem von Journalisten verwechselt. Vor
den Zivilgerichten gibt es nur Kläger und Beklagte. Die Berufung ist ein Rechtsmittel. An den
Amtsgerichten urteilt der „Richter am Amtsgericht“ bzw. die „Richterin am Amtsgericht“.
Vor den Landgericht urteilt die „Zivilkammer“ oder „Kammer für Handelssachen“.
Vor den Oberlandesgerichten und dem BGH urteil ein „Senat“.
Kläger und Beklagter werden gemeinsam als „die Parteien“ bezeichnet. Dies hat nichts mit
den politischen Parteien zu tun. Der Kläger klagt und der Beklagte wird beklagt. Begriffe wie
„Angeklagter, Angeschuldigter oder Beschuldigter“ entstammen dem Strafrecht und haben im
Zivilrecht nichts verloren. Die Revision ist immer die III. Instanz und darf nicht mit der
Berufung verwechselt werden.
Im Instanzenweg gibt es einige Feinheiten, wie beispielsweise die Sprungrevision oder die
Sonderzuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgericht (im Unterschied zum
Oberlandesgericht München). Diese Einzelheiten müssen Sie nicht kennen.
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3. Teil (Exkurs)
Das Urheberrecht
I. Allgemeines
Im Urheberrecht steht nicht das Werk, auf das sich der Schutz bezieht, sondern die Person des
Urhebers im Vordergrund. Durch den Schutz des Werkes, in welchem das urheberische
Schaffen seinen Ausdruck findet, wird dem Urheber in persönlicher als auch in
wirtschaftlicher Hinsicht staatlicher Schutz vermittelt. Im Urheberrecht wird kein Urteil
darüber gefällt, was noch Kunst ist, es ist also wertneutral.
Der Schutz knüpft an einen Werkbegriff an, d.h. die Verkörperung der geistig-schöpferischen
Leistung.
Es gibt 4 Elemente des Werkbegriffs:
(1) Es muß sich um eine persönliche Schöpfung eines Menschen handeln.
(2) Die Schöpfung muß einen geistigen Gehalt aufweisen.
(3) Dieser geistige Inhalt muß in einer wahrnehmbaren Formgestaltung zu „Fleisch“
geworden sei.
(4) In der Schöpfung muß eine gewisse Individualität zum Ausdruck kommen.
Tiere und Maschinen können keine Werkschöpfer sein, weil der Schutz Menschen
vorbehalten bleibt. Baut und programmiert der Mensch aber die Maschine, handelt es sich um
ein bloßes Werkzeug, so daß der Mensch unproblematisch als Urheber anerkannt wird.
In § 2 UrhG sind geschützte Werkarten aufgezählt. Die Aufzählung ist aber nur beispielhaft.
Bei vielen Gestaltungen treffen mehrere Werkarten zusammen, etwa bei Opern (Spach- und
Bühnenwerke), bei Lehrbüchern mit Abbildungen (Sprachwerke und Darstellungen wissenschaftlicher Art) usw. Die Digitalisierung von Werken begründet keine neue Werktat. Hier
wird lediglich das äußere Erscheinungsbild des Werkes, also die Art der Verkörperung
berührt. Ein Zusammentreffen mehrerer Werkarten findet sich auch bei Ultimedia Werken.
Unerheblich ist es auch, ob ein Werk vollendet ist. Auch Vorprodukte wie schriftliche
Konzepte für Computerprogramme sind schutzfähig, wenn sie die 4 genannten Kriterien erfüllen.
Bei Fernsprechbüchern und Adreßbüchern stellen die darin enthaltenen tatsächlichen
Angaben freies Gemeingut dar und sind urheberrechtlich nicht schutzfähig. Die
Schutzfähigkeit kann sich indessen auf der Form und Art der Sammlung, Auswahl und
Einteilung des Materials ergeben.
§ 4 UrhG enthält eine eigene Definition für Sammelwerke und Datenbankwerke. Datenbankwerk ist danach ein Sammelwerk, dessen Element systematisch oder methodisch angeordnet
und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind. Ein dabei
verwendetes Computerprogramm ist nicht Bestandteil des Datenbankwerks und sein Schutz
richtet sich nach eigenen Vorschriften.
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Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidung und
amtlich verfaßte Leitsätze zur Entscheidungen genießen keinen urheberrechtlichen Schutz (§
5 UrhG).
II. Der Urheber
Gemäß § 7 UrhG ist Urheber der Schöpfer des Werks. Haben mehrere ein Werk gemeinsam
geschaffen, sind sie Miturheber. Sie können nur gemeinsam über das Werk verfügen und
ihnen gebühren Erträgnisse aus der Nutzung nach dem Umfang ihrer Mitwirkung.
Wer auf einem Werkstück als Urheber bezeichnet ist, wird bis zum Beweis des Gegenteils
auch als Urheber anerkannt (§ 10 UrhG).
Der Urheber ist durch zahlreiche Urheberpersönlichkeitsrechte geschützt. Diese sind
unveräußerlich, d.h. der Urheber kann sie auch noch dann geltend machen, wenn er sämtliche
Rechte an dem Werk weggegeben hat. Zu diesen Rechten gehören
-
das Veröffentlichungsrecht
das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft
das Recht gegen Entstellung des Werks
III. Die Verwertungsrechte
Zu den wichtigsten Verwertungsrechten gehören das Vervielfältigungsrecht,
Verbreitungsrecht sowie das Recht zur öffentlichen Wiedergabe.
das
Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, das Werk zu kopieren. Das Verbreitungsrecht ist das
Recht ein einzelnes Werkstück in Verkehr zu bringen. Um beispielsweise Software zu
reproduzieren und zu verkaufen, werden beide Rechte benötigt. Zum Recht der öffentlichen
Wiedergabe gehört im Medienbereich vor allem das Recht der „öffentlichen
Zugänglichmachung“. Dieses Recht ist dann betroffen, wenn Mitglieder der Öffentlichkeit
unabhängig von Ort und Zeit Zugang zu dem Werk haben, beispielsweise zu einer Webseite.
IV. Besonderheiten bei Nutzungsrechten
Das Urheberrecht ist wie ein „Magnet“ es möchte beim Urheber verbleiben. Wenn der
Urheber vertraglich über seine Nutzungsrechte verfügt, die betroffenen Nutzungsarten aber
nicht einzeln zeichnete, bestimmt sich der Umfang der Rechtsübertragung nach dem
eigentlichen Vertragszweck.
In der Regel wird der Auftraggeber schon ausreichend in dem Werkgenuß kommen, wenn er
ein nicht-ausschließliches Nutzungsrecht erwirkt, beispielsweise bei der Softwareerstellung,
der Erstellung von Medieninhalten usw. Wenn in solchen Verträgen nicht ausdrücklich von
einer umfassenden Rechtsübertragung mit ausschließlicher Wirkung die Rede ist, hat der
Urheber gute Chancen, das von ihm geschaffene Werk in Zukunft auch selbst neben dem
Auftraggeber vermarkten zu dürfen. Dadurch entsteht eine Konkurrenzsituation. Diesen
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Vorteil des Urhebers nennt man auch die „Zweckübertragungslehre“, weil nach dem
Vertragszweck gefragt wird.
Das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Dies gilt auch bei modernen
Werken wie Computerprogrammen oder Medieninhalten, obwohl diese sicher schnellebiger
sind als beispielsweise Bühnenwerke, Filmwerke oder Kompositionen.
V. Besonderheiten der Computerprogramme
Der Schutz von Computerprogrammen wurde erst spät in das UrhG aufgenommen, weil die
früheren Vorschriften nicht auf die modernen Werkarten zugeschnitten waren.
In den §§ 69 a bis g UrhG wurde klargestellt, daß sich der Schutz von Computerprogrammen
nicht anders gestaltet als der Schutz der übrigen Werkkategorien. Schutzfähig sind danach alle
Ausdrucksformen eines Computerprogramms, wenn sie die allgemeinen Kriterien erfüllen.
Andere Kriterien, über qualitative oder ästhetische, sind nicht anzuwenden. Ideen und Grundsätze sind nicht geschützt.
Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer im Rahmen seiner Aufgaben
geschaffen, stehen die Verwertungsrechte ausschließlich dem Arbeitgeber zu. Die Urheberpersönlichkeitsrechte verbleiben gleichwohl beim Arbeitnehmer. Problematisch sind Grenzfälle, in denen die Abgrenzung eines freien Mitarbeiters von einem Angestellten unklar ist.
In § 69 c Nr. 3 Satz 2 UrhG ist der „Erschöpfungsgrundsatz“ definiert. Er bedeutet, daß das
Verbreitungsrecht, also das Recht auf Kontrolle der Weitergabe (z.B. Weiterverkauf, Tausch
etc.) durch den Hersteller erlischt, sobald das Programm innerhalb der EU im Wege der Veräußerung legal in Verkehr gebracht wurde.
VI. Besonderheiten bei Datenbanken.
Der Rechtsschutz von Datenbanken ist noch einmal besonders in den § 87 a ff UrhG geregelt.
Dabei ist darauf zu achten, daß als Datenbank lediglich die Sammlung von Werken und
Daten, also das „Gewebe“ geschützt ist. Die einzelnen Datensätze, also die Inhalte sind nur
dann urhebergeschützt, wenn sie selbständig die Schutzkriterien erfüllen. Es ist also möglich,
daß einzelne, nicht geschützte Daten (z.B. Adressen, Rechenformeln) in eine Datenbank
aufgenommen werden und diese konkrete Sammlung dann geschützt ist.
Wer dann ohne Einwilligung des Herstellers einen wesentlichen Teil der Datenbank
vervielfältigt oder verbreitet, handelt rechtswidrig. Der Begriff eines wesentlichen Teils ist im
Einzelfall festzulegen. Rechtswidrig ist es auch, unwesentliche Teile wiederholt und
systematisch zu vervielfältigen, sofern die Handlungen einer normalen Auswertung der
Datenbank zuwiderlaufen. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß
typischerweise Datenbanken zur Recherche und Nutzung von einzelnen Datensätzen angeboten werden, wobei die Ergebnisse der Recherche durchaus beim Nutzer verbleiben dürfen.
Der Hersteller möchte aber verhindern, daß der Nutzer durch eine systematische Ausbeutung
der Datenbank am Ende über eine Kopie des ganzen Werkes verfügt.
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Ausnahmen bestehen für den privaten und wissenschaftlichen Gebrauch. Die Rechte des
Datenbankherstellers erlöschen 15 Jahre nach der Veröffentlichung der Datenbank.
Stand: 19.01.2006
AW
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