Die Chronikjahre 1939 – 1946 Am 14. Mai 1939 fand das letzte Schützenfest vor dem Kriege statt. Schützenbruder Theodor Mertens errang die Königswürde. Als Königin wählte er Frl. Nüchter[1] Düsseldorf-Hamm[2]. Das Fest verlief in herkömmlicher Weise. Der Verlauf des Festes bot das Bild eines freudigen Festes in glücklicher Friedenszeit. Der größte Teil des deutschen Volkes ahnte nicht, daß die dunklen Mächte des Nazitums den Krieg vorbereiteten und heraufbeschworen. Und so begann am 1.9.39 der Krieg mit Hitlers Überfall auf Polen. Einberufungen zur Wehrmacht erfolgten bis Kriegsschluß. Auch viele Schützenbrüder mußten dem Gestellungsbefehl Folge leisten. Nach Beendigung des Polenfeldzuges wurden sämtliche Ortschaften mit zurückgezogenen Truppen belegt. Serm hatte vom 2.11.39 – 9.5.40 Einquartierung. Sie waren in Massen- und Einzelquartieren untergebracht. Zwischen der Bevölkerung und den Soldaten entstand ein herzliches Verhältnis. In der Sermer Pfarrkirche wurde einmal kath. Feldgottesdienst durch den Divisionspfarrer u. 2x evangelischer Feldgottesdienst von einem einquartierten Pfarrer abgehalten. Das Allerheiligste fand [CS 27] während des evangelischen Gottesdienstes in der Sakristei Aufnahme. Die Sermer Schule war bei Kriegsbeginn als Lazarett eingerichtet und bereitgehalten worden. Wegen der kriegerischen Entwicklung ist eine Benutzung jedoch nicht erfolgt. Der Unterricht wurde in dieser Zeit ins Pfarrheim verlegt. Vom Juli 1940 bis Kriegsschluß war der Radmachersche Saal Kriegsgefangenenlager. 75 französische Kriegsgefangene waren hier untergebracht, die tagsüber auf den Bauernhöfen Landarbeit verrichteten. In der Nacht zum 14.11.40 hat ein orkanartiger Sturm großen Schaden angerichtet. Alle Dächer waren mehr oder weniger stark beschädigt. Die Dächer der Kirche u. des Pfarrheims hatten große Löcher. Ein großer Teil des Waldes auf dem Heidberg war entwurzelt und umgeweht. Am 26.11.40 fielen 6 Fliegerbomben bei Rheinheim im Feld u. am 9.12.40 mehrere Bomben im Feld in der Nähe von Krahwinkel und Bünten nieder. Am 3.3.41 erfolgte wiederum ein starker Fliegerangriff. Brandund Sprengbomben gingen im Feld nieder. Der Fliegerangriff nachts am 15.3.41 verursachte stärkeren Gebäudeschaden auf dem Brengershof. Eine Person wurde verletzt. 10 Familien mußten wegen Blindgängergefahr bis zur Wegräumung evakuiert werden. Eine Episode möge verzeichnet (werden). Die Polizeiwache, die zur Bewachung der Gefahrenzone im Pfarrheim untergebracht war, entfernte eigenmächtig das Wandkreuz im Pfarrheim. Eine Sammlung für die Kirchenheizung in der Zeit von Febr. 1941 – April 1942 erbrachte den Betrag von 2693,55 M. Am 4.4.43 wurde der Brengershof zum 2x von Bomben getroffen. Neben großem Gebäudeschaden wurden 4 Pferde und 5 Kühe getötet. Der Schweizer[3] erlitt eine Verletzung. Brand- und Sprengbomben am 9.4.43 auf Rheinheim zerstörten Decken u. Dächer von 3 Häusern. Am 22.5.44 wurde die katholische Schule I [CS 28] und Dienstwohnung durch Volltreffer total zerstört. 5 Mann fanden dabei den Tod. Am 23.6.43 erfolgte wegen der dauernden Fliegergefahr die Schließung der Schulen. Die Eltern wurden aufgefordert, die Kinder mit der KLV[4] zu evakuieren. Fast sämtliche Eltern leisteten der Aufforderung keine Folge. Einen schweren Verlust erlitt die St. Seb. Schützenbruderschaft am 24. Nov. 1943. An diesem Tage verstarb Herr Andreas Wirz, der in der Bruderschaft das Amt des Generals versah. Unvergeßlich ist seine würdevolle Erscheinung bei der Parade, beim Gottesdienst, Festzug, Königstanz u. Königsvogelschießen. Schon in der Mündelheimer Bruderschaft war er ein begeisteter Anhänger. Im Jahre 1906 und 1929[5] war er in Mündelheim u. 1937 in Serm Schützenkönig[6]. Eine dankbare Erinnerung bleibt in der Bruderschaft u. gesamten Bevölkerung über das Grab hinaus wach. [CS 29] Inzwischen rückte die Front vom Westen immer näher. Viele Flüchtlinge aus dem Grenzgebiet von Brüggen und Bracht hielten Rast in unserem Dorf. Die einzige mitführbare Habe wurde auf Fuhrwerken, Handwägelchen und Fahrrädern mitgenommen. Es waren traurige Bilder. Jetzt erst zeigte sich der Wahnsinn des Hitlerkrieges, nachdem bei völliger Aussichtslosigkeit der Krieg noch weitergeführt wurde. Im Winter 1944/45 wurde der Kanonendonner aus der Richtung Aachen – Kleve deutlich vernommen. In der Nacht vom 21./22.2.45 erfolgte ein schwerer Luftangriff auf Ehingen und Mündelheim. Wohn- und Wirtschaftsgebäude erlitten schweren Schaden. Der Gutshof der Witwe Schmitz Ehingen wurde mit allen Gebäuden und sämtlichem Inventar u. Vieh vernichtet. In den Tagen vom 1.3. – 3.3.45 strömten zahlreiche Flüchtlinge u. Soldaten aus dem linksrheinischen in das rechtsrheinische Gebiet. Der Flüchtlingsstrom hörte auf, als am Sonntagmorgen, den 4.3.45[1] die Mündelheimer Brücke von deutschen Pionieren gesprengt wurde. Der leitende Offizier fand dabei den Tod. Am 3. März 45 war die amerikanische Armee bis Uerdingen vorgedrungen. Die letzten deutschen Truppen hatten sich über Rheinhausen nach Homberg zurückgezogen. Durch einen Bergwerksstollen unter dem Rhein rechtsrheinische Gebiet erreicht. hatten sie das Vom 4.3.-13.4.45 lag unsere Heimat unter ständigem Granatbeschuß der linksrheinischen amerikanischen Batterien. Das Werk Mannesmann hatte den Betrieb völlig eingestellt. Die Bevölkerung war in dieser Zeit in den öffentlichen Bunkern. Die Sermer Bevölkerung schützte sich in dieser Zeit in besonders hergerichteten Bunkern u. luftschutzmäßig umgebauten Kellerräumen. Die Ortschaften Serm, Mündelheim u. Ehingen hatten Verluste an Menschenleben u. große Schäden an Gebäuden. Die Sermer Bevölkerung hatte in der Beschußzeit 5 Tote [CS 30] 1.) Polizeiwachtmeister Paul Stark + 5.3.45. 2.) Werners Joh. sen. + 6.4.45. 3.) Werners Joh. jun. + 17.3.45. 4.) Höffges Hermann + 6.4.45. 5.) Hellmanns Joh. + 9.5.45. Außerdem wurde am 17.4.45 Herr Landwirt u. Pferdezüchter Ferdinand Schmitz vom Holtumer Hof von einer Bande fremdländischer Arbeiter ermordet, nachdem diese das Wohnhaus beraubt hatten. Mehrmals während der Beschußzeit forderte die Partei die Bevölkerung zur Evakuierung auf, jedoch aus Heimatliebe und der Nutzlosigkeit der Aktion verblieb sie auf der Scholle ihrer Väter. Frl. Josefine Hanssen verstarb am 17.3.45 u. Frau Witwe Kröll am 7.4.45 im Keller infolge Krankheit. Herr Pfarrer Schuh hielt die tägliche Messe im Pfarrhause ab. Die Beschußzeit endete mit dem Einrücken der amerikanischen Truppen am 13.4.45, die in Kähnen bei Rheinheim und Uerdingen über den Rhein setzten. Von den meisten Wohngebäuden wehten weiße Flaggen. Trotz der Besatzung war die Bevölkerung seelisch erleichtert. Sie atmete auf, weil die Zwangs- und Willkürherrschaft aufhörte. Das Ende des Krieges bot ein trostloses Bild. Wohn- und Wirtschaftsgebäude hatten fast alle starke Schäden. Die Wohnhäuser v. Theodor Hassel, Hermann Schmitz, Jakob Schmitz und die Lehrerdienstwohnung waren total zerstört. Die Holtumer Mühle, die unter Denkmalschutz steht u. eine Zierde der Heimatlandschaft war, ist eine Ruine. Auch die Sermer Kirche trug starke Spuren der Zerstörung. Der Turm und die Orgel sind teilweise zerstört. Chor- und Kirchendecke weisen starke Löcher auf. Die Glocke aus dem 16. Jahrhundert ist zerbrochen. Das Heiligenhäuschen litt auch unter dem Beschuß. Sofort nach dem Einmarsch der Amerikaner zeigte sich in der Bevölkerung ein tatkräftiger Aufbauwillen. Es wurde aufgeräumt, Granat- und Bombentrichter aufgefüllt, Material herbeigeschafft und [CS 31] schnell wieder aufgebaut, was der Krieg zerstörte. Die Arbeit im Feld und Garten wurde unter schwierigen Verhältnissen wieder aufgenommen. Am 10.5.45 konnte die Kirche, nachdem sie notdürftig gesäubert war, wieder in Benutzung genommen werden. Das Werk Mannesmann konnte wegen der großen Zerstörungen vorläufig[2] mit der Produktion nicht beginnen. Der Rhein war durch Brückensprengungen u. Versenkung der meisten Schiffe blockiert. Verkehrsmittel waren kaum in Betrieb. Laut Anordnung der Militärregierung konnten die Schulen am 6.8.45 mit dem 1.-4. Schulj. u. am 10.9.45 mit dem 5.-8. Schulj. beginnen. Die Schwestern von Mündelheim übernahmen u. eröffneten im Sept. 45 den Sermer Kindergarten. Eine Abstimmung über die Schulart ergab am 24.3.46 ein Ergebnis von 96% für die kath. Bekenntnisschule. Die Wiedereröffnung der kath. Bekenntnisschule, die von der kirchen- und christusfeindlichen Naziregierung am 1.4.39 aufgehoben war, fand am 16.5.46 statt. Die Entfernung des Kreuzes war ebenfalls angeordnet. Nun erhielt es wieder einen Ehrenplatz in der Schule. Nach 7 Jahren konnte am 20.6.46 mit großer Beteiligung wieder die Fronleichnamsprozession abgehalten werden. Die Dorfbevölkerung und besonders die St. Seb. Schützenbruderschaft ehrte die Familie Hermann Schmitz u. Anne geb. Roperk bei ihrem Fest der Goldenen Hochzeit am 28.11.46. Laut Mitteilung der Erzbruderschaft vom hl. Sebastianus v. 1.9.46 ist die Sermer Seb. Bruderschaft von der Militärregierung zugelassen u. somit in ihrem vollen Wirken bestätigt. Möge die Bruderschaft mit dazu beitragen, die materiellen u. seelischen Wunden zu heilen, die eine zwölfjährige teuflische Regierung dem deutschen Volk u. Land geschlagen hat. Sie ist in 1. Linie zu diesem [CS 32] Werk berufen, weil sie über die Kräfte der Heimat- und christlichen Bruderliebe verfügt. Liste der Gefallenen des 2. Weltkrieges. 1.) Höffges Gerhard + 5.7.41 2.) Langen Johann + 26.10.41 3.) Peters Theodor + 2.12.41 Theodor + 4.5.43 4.) Bünten 5.) Radmacher Peter + 6.8.43 Adolf + 13.9.43 6.) Hassel 7.) Steinacker Josef + 23.1.44 Josef + 20.3.44 8.) Küpper 9.) Altgassen Andreas + 17.7.44 Christian + 2.10.44 10.) Blomenkamp 11.) Höffges Johann + 17.10.44 Heinrich + 10.4.45 12.) Kusen 13.) Küpper Anton + 22.3.45 Andreas + 22.12.44 14.) Wirz 15.) Simon Jakob + 17.3.45 Blomenkamp Johann + 16.3.45 17.) Dornscheidt Johann + 25.3.45 Wilh. +[3] 16.) 18.) Radmacher 19.) Onners Heinrich + 12.7.47 Radmacher Sebastian +[4] [1] Später auf dieses Datum berichtigt [2] Im Original erscheint erneut das Wort „wegen“ [3] Ohne Datum [4] Ebenfalls ohne Datum [1] Elisabeth 20.) [2] Hofstaat: J. Schumacher und Frl. Erna Lehmann, Andreas und Else Altgassen, Kronprinz: Joh. Dornscheidt, Adjutanten Heinrich Weitz und Willi Hassel [3] ehemalige Berufsbezeichnung aus der Milchwirtschaft [4] Kinderlandverschickung [5] Jahresangabe geändert [6] Die Angabe zu Serm wurde, weil unrichtig, später gestrichen