Kosmetische Eingriffe können tödlich enden

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Kosmetische Eingriffe können tödlich enden
Schönheitsoperationen bergen große Risiken
Mannheim (rpo). Jährlich legen sich rund 400.000 Menschen
freiwillig auf den OP-Tisch eine Schönheitschirurgen. Dabei
können kosmetische Korrekturen sehr riskant sein - wenn sich
nicht richtig ausgebildete Mediziner als Chirurgen versuchen.
Abgestorbene Brustwarzen, faltige Bäuche und riesige Narben
sind die geringsten Nachwirkungen - einige Patienten bezahlen
den Wunsch nach Perfektion mit dem Leben.
Dieser Schnitt wäre nicht nötig gewesen. Hermann Solz zieht
das Skalpell senkrecht in der Achselhöhle nach unten, vier,
fünf Zentimeter. Die Haut klafft auf, etwas Blut fließt. Mit
Der Schönheit wegen legen sich
zwei Metallhaken zieht der Chirurg die Wunde auseinander.
viele Menschen freiwillig auf
Der Frau fehlt nichts; sie ist gesund. Die 40-Jährige will nur
den OP-Tisch. Foto: Archiv
größere Brüste. Dafür zahlt sie knapp 6000 Euro. Ein Schnitt
ohne Risiko? "Jeder Eingriff ist ein Risiko. Aber es ist kalkulierbar", sagt Solz.
Bis zu 400 000 kosmetische Operationen wurden im vergangenen Jahr in der Bundesrepublik
durchgeführt, schätzt die Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie (Krefeld). Wie oft dabei
etwas schief geht, darüber gibt es keine verlässlichen Zahlen. Nur die dramatischen Fälle werden
bekannt.
Venen beim Fettabsaugen verletzt
So steht in Aachen seit Anfang Mai ein 56 Jahre alter Gynäkologe vor Gericht. Körperverletzung
in 41 Fällen wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor: Er habe Brustimplantate falsch eingesetzt, beim
Fettabsaugen Venen und Haut verletzt, Infektionen verursacht - die Ermittlungsakte ist 4000
Seiten stark. Und in München starb vergangenen Sommer eine 45-Jährige - ein Narkosefehler
noch vor dem geplanten Fettabsaugen.
Auch Solz, der die Mannheimer Klinik für Plastische Chirurgie betreibt, sammelt Kunstfehler - in
seinem Büro. "Plastic Horror Picture Show" nennt er das Fotoalbum: Zwei Brüste, über die sich
quer eine Narbenlinie zieht. Dort, wo eigentlich Brustwarzen sein müssten, nur weißes
Narbengewebe. "Da sind die Brustwarzen komplett abgestorben", sagt Solz. Ein Bauch wie ein
Schlachtfeld, gezeichnet von einer verwachsenen Längsnarbe, gerahmt von wellig-schrumpeliger
Haut. "Hier hat sich ein Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg an einer Bauchstraffung versucht." Das
Album sammelt die Kunstfehler von Kollegen. Fälle, in denen Solz retten sollte, was noch zu
retten war.
Mit einer stumpfen, dicken Metallkelle fährt Solz der Patientin unter die Haut und löst das
Fettgewebe der Brust vom Muskel ab. Schafft er zu wenig Platz für die 225 Milliliter Silikon,
könnte das Implantat Falten werfen; schafft er zu viel, ist der richtige Sitz des Kissens in Gefahr.
Risiko Brustimplantat
Vor der Operation hat die Patientin ein Faltblatt unterschrieben, das auf sechs Seiten über die
Risiken aufklärt: Verhärtung des Implantats, Kapselriss, austretendes Silikon. Eine Zeit lang
wurden auch mit Sojaöl gefüllte Implantate verwendet. Doch Spuren des Öls traten aus, was bei
Schwangeren zur Schädigung des Kindes führen konnte. "Außerdem riechen die Patienten
manchmal ein bisschen ranzig", sagt Solz. Nun können diese Implantate ausgetauscht werden - auf
Kosten des Herstellers.
Die meisten Fehler passieren jedoch beim Fettabsaugen, sagt Horst Sandner, Generalsekretär der
Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (Karlsruhe). Die so genannte
Liposuktion ist mit schätzungsweise 100 000 Eingriffen pro Jahr in Deutschland die beliebteste
Schönheitsoperation, je nach Umfang rund 1500 bis 6000 Euro teuer. "Das erscheint als einfache
OP und wird deshalb von vielen Ärzten ausgeführt", sagt Sandner.
Für eine 49 Jahre alte Frau aus Castrop-Rauxel war der Eingriff tödlich. Der Arzt einer
Dortmunder Privatklinik hatte Mitte Juni beim Fettabsaugen ihren Dünndarm durchlöchert. Die
Klinik wurde wegen mangelhafter Hygiene vom Gesundheitsamt geschlossen; bei einer weiteren
Patientin war es nach der Operation zu Entzündungen gekommen. Gegen den Arzt ermittelt die
Staatsanwaltschaft.
Jeder Arzt darf alle Eingriffe machen
"Das Problem ist, dass in Deutschland jeder Arzt mit Approbation alle Eingriffe machen darf",
sagt Sandner, der in Karlsruhe eine Schönheitsklinik betreibt. So wollen auch Hautärzte,
Gynäkologen und HNO-Experten am lukrativen Geschäft mit der Schönheit teilhaben. "Diese
Leute gehen mal zwei Wochen als Hospitant irgendwo hin oder machen ein Wochenendseminar die Ausbildung zum Facharzt für plastische Chirurgie dauert sechs Jahre", sagt Sandner. Er zieht
ein Faltblatt hervor: Einladung zu einem Workshop "Alles über Liposuktion", anderthalb Tage in
Düsseldorf, 1500 Euro. Dann zeigt Sandner Bilder: Oberschenkel und Gesäße voller Dellen und
Furchen - misslungene Versuche, Fett abzusaugen.
Solz hat bei seinem Eingriff genug Platz geschaffen, schiebt das Silikonkissen durch den
Einschnitt, drückt und knetet, bis es an der richtigen Stelle sitzt. Mehr als 15 000 Patienten hat er
nach eigenen Worten operiert, seit er 1989 die 10-Betten-Klinik eröffnete. "Ich kann den ganzen
Tag im OP stehen, dabei werde ich nicht müde." Der 50-Jährige sieht entspannt aus. Sogar seine
Kaffeetasse hat Brüste.
13 Mitarbeiter beschäftigt er. Seine Frau, eine gelernte Krankenschwester, ist für permanentes
Make-up (wie Einbringen von Farbpigmenten in die oberste Hautschicht) zuständig. Ob sie sich
auch schon bei ihm unters Messer gelegt hat? "Eigentlich mache ich das ja nicht so gerne", sagt
Solz. "Aber manchmal überredet sich mich doch." Und er selbst? Manchmal ein wenig Botox
gegen Stirnfalten, sonst nichts - das Nervengift legt den Stirnmuskel lahm.
Nach einer dreiviertel Stunde im Operationssaal sind die Schnitte in der Achselhöhle vernäht, zwei
Drainagen leiten Wundflüssigkeit ab. Noch schläft die Patientin, doch ihr Gesicht sieht angespannt
aus. Zwischen den Augenbrauen zwei tiefe, senkrechte Falten. Ein wenig Botox könnte helfen.
© rp-online, ap, dpa, sid
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