Maximilian K. Der Vertrag von Rapallo Nach der Unterzeichnung des Versailler Vertrages waren die deutschen Regierungen darauf versiert, als außenpolitisches Ziel die Revision desselben zu erreichen. Hierbei legten sie Hauptaugenmerk auf: − − − die Senkung der Reparationskosten, die Räumung der besetzten Gebiete und die Wiedergewinnung der verlorenen Gebiete, im Speziellen im Osten. Jedoch weigerten sich die Alliierten anfangs, die Deutschen als gleichberechtigten politischen, wirtschaftlichen wie auch militärischen Verhandlungspartner anzunehmen. Somit befand sich Deutschland in einer Isolation, welche sie durch Verhandlungen mit weiteren früheren Partnern durchbrechen wollten. Konferenz von Genua 1922 Vom 10. April bis zum 19.Mai 1922 fanden sich 28 Staaten in Genua zu einer Konferenz über die wirtschaftlichen Probleme der europäischen Staaten zusammen. Obwohl die Konferenz für die europäischen Staaten erfolglos blieb, wurde dennoch die deutsche Delegation aktiv. Nachdem sie sich von den Westmächten übergangen fühlten, schlossen die deutschen Vertreter in Person von Reichskanzler Joseph Wirth und Außenminister Walter Rathenau einen Vertrag mit Russland. Die Unterzeichnung fand am 16.April 1922 in Rapallo, einem Vorort von Genua statt. In dem Vertrag wurde vereinbart, dass: − Deutschland und die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (später Gründungsmitglied der Sowjetunion) wieder miteinander kooperierten und − die durch den Krieg und die revolutionären Ereignisse in Russland unterbrochenen diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen wieder aufnehmen sollten − beide Staaten auf die zu bezahlenden Reparationskosten für die Kriegsschäden verzichten − Deutschland Entschädigungen für die im Laufe der Revolution verstaatlichen ehemaligen deutschen Besitze erhält − Deutschland Industrieanlagen nach Russland liefert, welche der Sowjetrepublik es ermöglicht, die Ölfelder von Baku ohne Unterstützung westlicher Firmen zu betreiben − In Deutschland Lageranlagen und Tankstellen zur Vermarktung russischer Ölprodukte errichtet werden, um eine Minderung der Abhängigkeit von britischen und amerikanischen Ölkartellen zu erreichen Damit wurde zum ersten Mal nach dem ersten Weltkrieg die Isolation gebrochen und das Deutsche Reich konnte wieder Waren exportieren, was aufgrund des Boykotts der Westalliierten bisher nicht möglich war. Zudem existierte ein geheimes Zusatzprotokoll, welches sich eigens auf militärische Aspekte bezog. In ihm vereinbarten die beiden Staaten, dass die bereits vor dem Vertrag wieder aufgenommene militärische Zusammenarbeit intensiviert werde. So wurde beispielsweise nahe Moskau eine Flugzeugfabrik aufgebaut, sowie Testgelände für Giftgas und Panzerübungsgebiete eingerichtet. Dadurch erhielte die Sowjetrepublik zum Teil moderne Technologien, die Reichswehr wiederhin aber auch die Möglichkeit, schweren Waffen durch die Soldaten testen zu lassen, was aufgrund des Versailler Vertrages Deutschland nicht erlaubt war. Diese Kooperation war ein wichtiger Bestandteil zum Aufbau einer neuen deutschen Luftwaffe, was für Deutschland wiederum nach dem Versailler Vertrag verboten war. In den Folgejahren errichteten die Deutschen noch eine geheime Fliegerschule, welche in Russland offiziell zur 4. Fliegerabteilung des 40. Geschwaders zählte, und weitere Erprobungsstätten der Reichswehr. Diese wurden ab September 1933 (!) in Betrieb genommen und in ihnen wurden ca. 120 Flieger, 100 Luftbeobachter und Bodenpersonal ausgebildet. Dieser Vertrag wurde im deutschen Volk größtenteils begrüßt, stieß jedoch auch auf Widerstand. Reichspräsident Friedrich Ebert und die sozialdemokratische Führung stimmten gegen den in Rapallo geschlossenen Vertrag, auch Reichsaußenminister Walther Rathenau lehnte die Bitten der Sowjetrepublik zuerst ab, unterschrieb allerdings den Vertrag mit. Nationalistische Ansätze im Kommunismus, sozialistische Bestrebungen im völkischen Lager und die zeitweilige Zusammenarbeit beider Strömungen im innenpolitischen Kampf gegen Weimar und im außenpolitischen Wunsch nach deutsch-sowjetischer Kooperation begrüßten diesen anti-westlichen Vertrag. Andererseits wurde der Vertrag im faschistischen Lager abgelehnt, da er eine Annäherung zum bolschewistischen Russland bedeutete. Außerdem waren die westlichen Alliierten, ganz besonders Frankreich, gegen den Vertrag von Rapallo, da dieser die Isolation Deutschlands und Russlands kompensierte und dazu noch ein Bündnis beider zur Folge hatte. Somit war das durch die derzeitige Weimarer Republik geprägte Deutschland wieder näher an den Kommunismus gerückt, was zur Folge hatte, dass der kapitalistisch-demokratisch ausgerichtete Westen weniger Einflussnahme auf das Deutsche Reich besaß trotz der anhaltenden Wirkung des Versailler Vertrages. Die Abhängigkeit Deutschlands von den Westmächten war nun nur noch bedingt gegeben und ein weiteres Problem wurde aufgezeigt. Nach dem Ende des 1.Weltkrieges wurde Polen als neuer Staat anerkannt. Diese Gebiete waren jedoch gefährdet, da das Deutsche Reich und Russland Teile Polens immer noch annektieren wollten. Diese neue kontinentale Gefahr war nach dem Vertrag von Rapallo wieder neu gegeben.