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Der perfekte Aufsichtsrat
Dr. Klaus Weigel, Geschäftsführender Gesellschafter, WP Board & Finance GmbH
Der Arbeit des Aufsichtsrats wird in der öffentlichen Diskussion über Unternehmenssteuerung und -entwicklung
eine zunehmende Aufmerksamkeit zuteil. Der folgende Beitrag stellt weniger auf die einschlägigen
aktienrechtlichen Vorschriften zum Aufsichtsrat ab, sondern beleuchtet einige Aspekte, die bei der professionellen
Auswahl der Mitglieder eines Aufsichtsrates beachtet werden sollten.
Fachliche Eignung und Unabhängigkeit
Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) schreibt für Aufsichtsratsmitglieder in deutschen
Aktiengesellschaften bestimmte Grundvoraussetzungen vor, die erfüllt sein sollen, damit sie ihre
Überwachungsaufgaben sachgerecht ausüben können. So sollen gemäß Punkt 5.4 DCGK die Mitglieder des
Aufsichtsrats über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten
und fachlichen Erfahrungen verfügen. Dabei sollen die internationalen Tätigkeiten des Unternehmens, potenzielle
Interessenkonflikte sowie eine festzulegende Altersgrenze berücksichtigt werden. Ferner soll dem Aufsichtsrat
nach dem jüngsten Vorschlag für eine Kodexänderung im Sinne einer unabhängigen Beratung und Überwachung
des Vorstands eine angemessene (bisher: ausreichende) Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören. Als
unabhängig werden Aufsichtsratsmitglieder dann angesehen, wenn sie in keiner geschäftlichen oder persönlichen
Beziehung zur Gesellschaft oder deren Vorstand stehen, die einen Interessenkonflikt begründen könnte. Dies soll
künftig auch für derartige Beziehungen zu Dritten gelten. Zusätzlich soll nach dem jüngsten Vorschlag diese
Negativ-Definition der Unabhängigkeit durch sechs Regelbeispiele konkretisiert werden. Kritisch wird es nach
Punkt 5.4.2. DCGK gesehen, wenn das Aufsichtsratsmitglied
neben der Aufsichtsratsvergütung wesentliche zusätzliche Vergütungen von der Gesellschaft erhält,
während der vorangegangenen zwei Jahre Vorstandsmitglied der Gesellschaft war,
mit mindestens 10% der Aktien an der Gesellschaft beteiligt ist oder gesetzlicher Vertreter einer anderen
Gesellschaft ist, die eine solche Beteiligung hält,
ein naher Familienangehöriger eines Vorstandsmitglieds ist,
wesentliche Geschäftsbeziehungen – etwa auch indirekt als Anteilseigner oder Vorstand eines
Unternehmens – zu der Gesellschaft hat,
Partner des Abschlussprüfers der Gesellschaft ist.
Darüber hinaus soll der Aufsichtsrat künftig für seine Zusammensetzung konkrete Ziele bezüglich der Anzahl der
unabhängigen Aufsichtsratsmitglieder benennen und die Einhaltung dieses Ziels jährlich ausdrücklich erklären.
Ein Aufsichtsrat sollte in seiner Struktur homogen und ausgewogen sein und stets Vertreter mit unterschiedlichem
Know-how-Hintergrund enthalten. Aufsichtsratsmitglieder müssen über die erforderliche persönliche, fachliche und
soziale Kompetenz hinaus auch in der Lage sein, dem Unternehmen im zeitlich erforderlichen Maß zur Verfügung
zu stehen. Es versteht sich von selbst, dass die Neutralität zumindest eines wesentlichen Teils der Mitglieder des
Aufsichtsrats für die Vertretung der Interessen der freien Aktionäre ein wesentliches Beurteilungs- und
Vertrauenskriterium darstellt. Auch heute noch finden sich in Aufsichtsräten viele Vertreter aus der Kreditwirtschaft,
Wirtschaftsprüfer sowie Angehörige aus rechts- und steuerberatenden Berufen. Wenn ihre eigenen Organisationen
eine wesentliche Geschäftsbeziehung zum betreffenden Unternehmen unterhalten, ist das wichtige Kriterium der
Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern zu hinterfragen.
Die personelle Zusammensetzung eines Aufsichtsrats sollten kapitalmarktorientierte Unternehmen u.a. als ein
Instrument der Investor Relations betrachten. Für viele institutionelle Investoren ist die qualifizierte Besetzung des
Aufsichtsratsgremiums ein wichtiges Kriterium bei ihren Portfolioentscheidungen. Sie achten in zunehmendem
Maße auch darauf, dass ein Aufsichtsrat mit Persönlichkeiten besetzt ist, die aufgrund ihres eigenen beruflichen
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Werdegangs über das notwendige Know-how für diese Kontroll- und Überwachungsaufgabe verfügen. Dies sollten
Unternehmen nicht gering einschätzen. Zwar sind Aufsichtsräte grundsätzlich nicht in das Tagesgeschäft
eingebunden. Sie sollen aber in das Unternehmen über ihre Kontroll- und Überwachungsfunktion eine
unabhängige Sichtweise ohne betriebsinterne Zwänge und Interessenkonflikte einbringen. Sie sollen darüber
hinaus auch externes Wissen dem Unternehmen zur Verfügung stellen. Über Aufsichtsratsmitglieder kann etwa der
Zugang zu neuen Kontakten und Netzwerken erreicht werden und damit letztlich zu neuen Beschaffungsmärkten
bzw. Absatzwegen. Dies kann z.B. bezüglich neuer Auslandsmärkte und/ oder Kundensegmente gelten und damit
dem Unternehmen helfen, in diesem Bereich Risiken zu verringern und Fehler zu vermeiden. Häufig gibt es
allerdings nachvollziehbare Vorbehalte, Personen aus dem unmittelbaren Branchenumfeld in einen Aufsichtsrat zu
berufen, da man Kunden, Lieferanten und gar Mitbewerbern Unternehmensdetails im Rahmen der Gremientätigkeit
nicht offen legen möchte. Dann können Personen aus verwandten Branchensegmenten und/oder Personen z.B.
aus Unternehmen, die ähnliche Herausforderungen bereits erfolgreich bewältigt haben, eine interessante Option
sein. Erfahrene Aufsichtsräte können auch als Ausgleich zwischen den Interessen unterschiedlicher
Aktionärsgruppen und/ oder bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Vorstand und wesentlichen Aktionären
fungieren. Wenn sich also Kapitalmarktunternehmen wichtigen institutionellen Investoren präsentieren, ist ein
hochqualifiziert besetzter Aufsichtsrat eine wichtige Trumpfkarte.
Vor allem anderen ist bei der Besetzung des Aufsichtsrats auf die Unabhängigkeit seiner Mitglieder zu achten.
Foto: Minerva Studio/fotolia
Hauptversammlung 2012
Auch in den Diskussionen auf den Hauptversammlungen der deutschen Aktiengesellschaften rücken Fragen und
Anmerkungen zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats und der Effizienz seiner Arbeit immer stärker in den Fokus.
Neue Regelungen im Aktiengesetz und im Corporate Governance Kodex, aber auch Initiativen z.B. aus der EUKommission machen es für die Unternehmen erforderlich, sich mit der Auswahl und Vergütung sowie der Arbeit
von Aufsichtsräten zu befassen und auch in den Hauptversammlungen aktiv darüber zu berichten. Insofern ist es
wichtig, auch diese Aspekte im Rahmen der Vorbereitung der diesjährigen Hauptversammlung ernsthaft zu
berücksichtigen. Folgende Aspekte sind dabei besonders zu bedenken:
Bereits im vergangenen Jahr haben einige Unternehmen die Aufsichtsratsvergütung auf ein reines Fixum
umgestellt. Dafür gibt es in der juristischen Diskussion einige gewichtige Gründe. Insofern ist zu erwarten,
dass der Trend zur Festvergütung anhält. Dies findet auch in der vorgeschlagenen Neufassung des Kodex
seinen Niederschlag, nach der nunmehr verschiedene Varianten der Aufsichtsratsvergütung ohne weitere
Abweichungserklärungen möglich werden sollen.
Aktionäre und Aktionärsvertreter werden auch wieder Fragen zur Struktur und Zusammensetzung des
Aufsichtsrats stellen. Hierbei sollten die Untern
ehmen den Begriff „Diversity“ breiter als nur auf den Anteil weiblicher Aufsichtsräte fassen. Es empfiehlt
sich, dass der Aufsichtsrat von sich aus Aussagen zu seiner in den kommenden Jahren angestrebten
Struktur macht sowie zum künftigen Kompetenztableau seiner Mitglieder vor dem Hintergrund der
erwarteten Herausforderungen des Unternehmensumfelds und dies entsprechend erläutert.
Auch Fragen zur Qualifikation sowie zu Qualifizierungsmaßnahmen und zur regelmäßigen Weiterbildung
dürften nach einer entsprechenden Ankündigung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz
e.V. in den diesjährigen Hauptversammlungen deutlich intensiver als bisher üblich hinterfragt werden. Eine
entsprechende Regelung im Corporate Governance Kodex, die sowohl den Vorstand als auch den
Aufsichtsrat entsprechend verpflichtet, bietet hierzu den Anlass.
Fazit
Heute ist eine professionelle Zusammensetzung und Arbeit des Aufsichtsrats ein wichtiges Vertrauensmerkmal für
Aktionäre und Fremdkapitalgeber. Diese Investorengruppen haben ihre Anforderungen an die Mitglieder im
Kontroll- und Aufsichtsgremium deutlich angehoben. Es ist eine absolute Notwendigkeit, sich in den
Hauptversammlungen darauf proaktiv einzustellen. Nur wenn der Aufsichtsrat zugleich Kontrolleur und
strategischer Sparringspartner des Vorstands ist, kann er das Unternehmen im Sinne der Aktionäre nachhaltig
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