Buchs leider Unersetzlich – doch ersetzbar Der Buchsbaumzünsler macht den Gärtnern das Leben schwer. Wer es leid ist, gegen ihn anzukämpfen, setzt besser auf andere Immergrüne für die Hecke. Unser Gartenberater Urs Streuli zeigt, welche Arten sich als Alternative eignen. Von Urs Streuli Es ist rund zwei Jahre her. Wir besuchten mit einem Gartenkurs das grüne Paradies einer Teilnehmerin. Eine lange, perfekt in Form geschnittene Buchshecke säumte das Grundstück, prächtig grün, makellos, ein Schirm gegen Einflüsse von aussen, ein Rahmen für das eigene Gartenreich. Ob der Buchsbaumzünsler schon in der Gegend eingetroffen sei, lautete die naheliegende Frage. Nein, meinte der Kursleiter, schaute aber dann zur Sicherheit doch zwischen die immergrünen Wände. Und was geriet dem langjährigen Gärtner in die Hände? Der erste Buchszünsler-Falter. Kein Witz. Und sowieso fand es niemand lustig. Seither sind Dutzende Anrufe, E-Mails und Gespräche zum Thema geführt worden. Artikel wurden geschrieben mit dem Ziel, die Ausbreitung des Falters zu verhindern. Der Erfolg? Null. Oder fast null. Bedeutet das jetzt: «Herz, nimm Abschied und gesunde», getreu Hermann Hesse? Nein, so rasch werfen wir die Heckenschere nicht ins Gebüsch! Wer seinen heissgeliebten Buchspflanzen eine Chance geben will, soll das tun. Deshalb geht es hier zunächst um die Frage, wie wir den «Kampf» gegen den Buchsschädling ohne negative Nebenwirkungen aufzunehmen versuchen können. Dazu brauchen wir ein Minimum an Kenntnissen über die Lebensweise des gefrässigen Nachtfalters, und natürlich hilfreiche Bilder. Für alle, die ein «Ende mit Schrecken» vorziehen, stellen wir eine Reihe von Alternativen zum schön gerundeten oder eckigen Buchs vor. Wobei – ganz ehrlich – der Buchs eigentlich unersetzlich ist – aber immerhin teilweise ersetzbar. Einschleppung Bereits 2007 wurde die Gartenwelt am Nordrand der Schweiz durch den neuen Schädling an Buchspflanzen Buxus sempervirens aufgeschreckt. Der Buchsbaumzünsler Cydalima perspectalis oder Diaphania p. ist ein nachtaktiver Kleinschmetterling und stammt ursprünglich aus Ostasien (Japan, China, Korea). Aus diesen fernen Landen ist er weder selbständig noch freiwillig ins Abendland gereist. Vielmehr fand er in seiner Heimat Geschmack an den Buchspflanzen, die zwecks Billigimporten fürs buchsgierige Europa dort gezogen wurden. Biologie Der Buchszünsler überwintert als Raupe (Larve) in einem Gespinst zwischen den Blättern und in Ritzen nahe den Buchspflanzen. Im zeitigen Frühjahr beginnen die 2 cm grossen Raupen zu fressen. Sie durchlaufen insgesamt sechs Larvenstadien, erreichen dabei 3 bis 4 cm Länge, um sich schliesslich im Mai in der Nähe der Futterpflanzen zu verpuppen. Nach rund drei Wochen schlüpfen die braun-weissen, deltaförmigen Falter (rund 2 x 2 cm Grösse). Tagsüber sitzen sie auf der Unterseite der Blätter, meist auf anderen Pflanzen wie zum Beispiel auf einer Hainbuche. Sie sind gute und schnelle Flieger. Zur Eiablage suchen die Weibchen in ihrer Lebenszeit von etwa acht Tagen gezielt nach Buchspflanzen. Im Flachland ist mit zwei oder sogar mit drei Generationen pro Jahr zu rechnen. Mai und August sind die Monate mit der grössten Frasstätigkeit. Es wurden aber auch noch Anfang November junge Raupen an Buchs beobachtet. Schadbild Die Raupen sind sehr gefrässig, wie sich das für echte Nimmersatte gehört. Zuerst werden die Blätter abgeschabt; grössere Raupen verputzen ganze Blätter. Es bleiben nur abgefressene Stiele zurück. Wenn die Blätter verzehrt sind, wird auch noch die grüne Rinde um die Zweige herum bis auf den Holzkörper abgefressen. Im Extremfall ist die ganze Pflanze durch das Gespinst der Raupen eingesponnen. Die Raupen sind gelbgrün bis dunkelgrün sowie schwarzweiss gestreift mit schwarzen Punkten. Sie besitzen weisse Borsten und eine schwarze Kopfkapsel. Raupe des Buchszünslers 30 Bioterra 7 / 2012 Falter des Buchszünslers Andere Schäden an Buchs Der Buchs ist zusätzlich durch das Buchsbaumsterben bedroht, das durch verschiedene, meist kürzlich eingeschlepp- F o t o s : U r s S t r e uli Buchs Schmerzlich: Das Roden von Buchs. achtet. Da sich die giftigen Inhaltsstoffe der Buchspflanze aber in den Raupen ansammeln, stellen die Raupen ein ungeniessbares Futter dar, das wieder ausgewürgt wird. Buchsersatz Heckenmyrte Lonicera nitida. te Pilze ausgelöst wird. Typische Symptome sind Verfärbungen an einzelnen Blättern und Trieben, ohne dass diese angefressen sind. Im Anfangsstadium kann ein Rückschnitt für den Buchs eine Chance sein (Schnittgut entsorgen). Sitzt der Befall jedoch tiefer, kommt man ums Roden nicht herum. Sind Buchskugeln in Töpfen rundum gelblich, leiden sie wohl unter Nährstoffmangel. Ein organischer Flüssigdünger schafft Abhilfe. Sind indes alle Blätter braun, ist der Buchs schlicht vertrocknet – dies geschieht häufig im Winter, wenn die Topferde längere Zeit gefroren ist. Wird Buchs bei sonnigem Wetter geschnitten, kann es zu Verbrennungen kommen. Das ist nicht weiter schlimm, die ausgegilbten Blätter fallen ab und werden durch neue ersetzt. Natürliche Gegenspieler In Europa sind kein «Feinde» des Buchszünslers bekannt. Vereinzelt werden Vögel beim Sammeln von Raupen beob- Direkte Bekämpfung Spritzen lohnt sich nur bei wertvollen Buchsbeständen. Regelmässige und sorgfältige Befallsüberwachung sind dabei unabdingbar. Im Garten können über die gesamte Vegetationsperiode hinweg bei regelmässiger, sorgfältiger Kontrolle Gespinste herausgeschnitten oder die Raupen eingesammelt werden. Eine Entsorgung in gut verschlossenen Kehrichtsäcken ist empfehlenswert. Die Bekämpfung dieses neuen Schädlings mit Pflanzenschutzmitteln erweist sich als recht schwierig. Seit 2010 sind alle Mittel bewilligt, die «blattfressenden Raupen» den Garaus machen. Wer im Gartencenter nach einem Spritzmittel fragt, erhält meist ein chemisches Produkt. Speziell angepriesen wird ein systemisches Mittel, das von der Pflanze aufgenommen wird und sie so während einiger Wochen von innen schützt. Dies ist insofern «ökologisch», als Nützlinge nicht betroffen sind. Das natürliche Mittel Neem respektive NeemAzal wirkt ähnlich: Es muss ab Juni bis zum ersten Frost jede zweite Woche über alle Buchsblättchen gesprüht werden. Gegen Raupen bis 2 cm Länge hilft das Nützlinge schonende Delfin, ein Präparat aus Bacillus thuringiensis var. kurstaki. Es wird direkt auf die Räupchen gespritzt. Nützlinge bleiben ungeschoren. Sind die Raupen schon länger als 1 cm, kann notfalls Pyrethrum FS (Sesamöl + Pyrethrine) zur Anwendung kommen. Leider ist es nicht nützlingsschonend; das Gleiche gilt für Naturinsektizid Gesal Naturale, Sanoplant Bio-Spritzmittel (Pyrethrine). Roden und ersetzen Wurde Ihr Buchs schon mehrmals stark befallen? Sind Sie das stete Beobachten und das wiederholte Spritzen leid? Dann roden Sie am besten kurzerhand Ihren Buchs. Das tut zwar weh. Aber es gibt ein paar Trostpflästerli, die einigermassen über den schmerzlichen Verlust hinweghelfen. Bioterra 7 / 2012 31 Buchs Ersatzpflanzen für Buchs: Kleinwüchsige Arten und Sorten wählen! 2. Mit Blättchen, aber anders gestaltet als bei Buchs: Alle Arten sind immergrüne Exoten – ausser Eibe und Fichte. Wenn nicht anders erwähnt, sind sie für sonnige bis halbschattige Lagen und neutralen bis alkalischen Boden geeignet. Wichtig: Beim Aufbauen einer neuen geformten Hecke oder Kugel ist mehrfacher Rückschnitt im Laufe des Jahres notwendig, um einen dichten Wuchs zu erreichen. 32 1. Sehr ähnlich wie Buchs: *Heckenmyrte Lonicera nitida, für kleinere Objekte *Buchsblättrige Berberitze Berberis buxifolia ‚Nana‘, bedornt *Böschungsmyrte Lonicera pileata, etwas struppig (zusammen mit L. nitida) Jap. Stechpalme Ilex crenata ‚Convexa‘, nicht stechend, für neutrale bis saure Böden und eher halbschattige Lagen *div. Berberitzen B. frikartii, (Bild) B. candidula u. a., alle bedornt *Kriechspindel Euonymus fortunei, meist zweifarbige Blätter, für kleinere Objekte Kleinblättrige Stechpalme Ilex x meserveae ‚Heckenfee‘ weiblich und ‚Heckenstar‘ männlich, für halbschattige Lagen Bioterra 7 / 2012 F o t o s : G A p - P h o t o s , U r s S t r e uli Buchs *Jap. Pfaffenhütchen E. japonicus, grüne oder zweifarbige Blätter Div. Scheinzypressen Chamaecyparis sp. *Feuerdorn Pyracantha coccinea, gegen Feuerbrand und Schorf resistente Sorten wählen Div. Wacholder Juniperus sp. 3. Mit Nadeln oder verzweigten, an Nadeln gemahnenden Blättern: *Sicheltanne Cryptomeria japonica Eibe Taxus baccata, feinwüchsige, dunkel- bis gelbgrüne Sorten Fichte Picea abies, Sorten ‚Kissen-Fichte‘, bis 0,5 m; ‚Nest-Fichte‘, bis 0,8 m; beschränkt schnittverträglich Lebensbaum Thuya occidentalis F o t o s : G A P - P h o t o s , U r s S t r e uli * Im Februar dieses Jahres ist das Laub erfroren, zum Teil auch die Triebe. Die Pflanzen haben jedoch meist wieder ausgetrieben. Bioterra 7 / 2012 33