Ur - Weidener waren vermutlich Kelten Dr. Mathias Hensch berichtet im Kulturzentrum über Erkenntnisse aus den diesjährigen Ausgrabungen in der Altstadt aus: Der Neue Tag, Zeitungsnotiz vom 11.11.2005 Weiden (apz) Die archäologischen Funde in Weidens Altstadt waren die Sensation des Sommers: Einem Stückchen Holzkohle aus der Vorgeschichte der Michaelskirche wurde an der Universität Erlangen nach Analyse mit der Radiocarbonmethode ein Alter von 2000 Jahren zuerkannt. Keramische Scherben aus dem Untergrund der Baustelle Winkler in der Türlgasse 10 bis 14 erwiesen sich als noch älter: sie stammen sogar aus der keltischen Spätlatènezeit, 500 Jahre vor Christus. Noch einige Fragen offen Mit diesen Ergebnissen und entsprechendem Bildmaterial beantwortete der Archäologe Dr. Mathias Hensch am Mittwoch im Kultursaal in einem VHS-Vortrag die Frage „Waren die Ur - Weidener Kelten?“ mit einem „Ja“ doch nicht ganz ohne Bedenken: Da seine beiden Funde in ihrer Datierung 400 Jahre auseinander liegen, könnten erst weitere etwaige Funde klären, ob über diese Zeit eine durchgehend keltische Besiedelung bestanden hat, oder ob es sich nur um zwei zufällig entdeckte Kleinstsiedlungen gehandelt habe. Jedenfalls lebten aber in Weiden schon lange vor der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1241 Menschen: seit mindestens 2500 Jahren. Über das große Interesse an dem Vortrag freute sich der freie Archäologe aus Regensburg sehr. Peter Styra stellte den Referenten (38), einen gebürtigen Niedersachsen und promovierten Spezialisten für Stadtkerngrabungen vor. Ausgehend von 1241 stellte Dr. Hensch seine Entdeckungen in den siedlungsgeschichtlichen Kontext des nordostbayerischen Raumes, den sich im 9. bis 11. Jahrhundert Slawen, Bajuwaren und Franken teilten. Das Weidener Becken hatte schon immer eine verkehrsgünstige Lage. Die Naab bildete stets eine Leitlinie für den Verkehr. Somit scheinen keltische Siedlungen durchaus denkbar. Zu den Funden stellte Dr. Hensch fest: „Da hat nicht etwa zufällig ein Durchreisender einen Keramiktopf stehen lassen: die Spuren beweisen eindeutig, dass es sich um eine längere Besiedlung und Siedlungsabfall handelt.“ Zwei Vorgängerbauten Die Innensanierung von St. Michael machte auch hier Bodengrabungen möglich. Dies lasse bei einer Kirche stets Rückschlüsse auf die Größe der dazu gehörigen Siedlung zu. Als Neuerkenntnis überraschte, dass die heutige Michaelskirche nicht - wie bisher vermutet - nur einen, sondern zwei Vorgängerbauten gehabt hat. Damit erweist sich heute die Theorie von Georg Freytag (1960) einer doppeltürmigen Basilika als falsch: die erste Michaelskirche (vor 1300 entstanden) war ein kleiner einfacher Steinbau mit Dachreiter. Für den zweiten Kirchenbau von 1300 bis 1396 trifft die Vorstellung Ernst Gagels (1964) von einer 23 Meter langen Saalkirche dagegen voll zu, die etwa um ein Drittel kleiner war als der heutige Raum. Das Kirchengebäude war innen farbig bemalt und außen weiß verputzt, betonte Dr. Hensch zum angeblich „finsteren“ Mittelalter. Vernichtet wurde dieser Bau 1396 durch ein verheerendes Feuer, das auch die umliegenden Wohngebäude in starke Mitleidenschaft gezogen haben muss. Weihe um 1448 In einer dicken Brandschicht fand der Archäologe auch großen Mengen verbrannter Getreidesamen, die wahrscheinlich auf dem Dachboden als Ernte eingelagert waren. Der Brand muss daher die Bevölkerung auch wirtschaftlich in arge Not gebracht haben. Die dritte St.-Michaels-Kirche wurde dann etwa in ihrer heuten Gestalt um 1448 geweiht. Im Bodenprofil unter der Kirche fand Dr. Hensch aus der Zeit des zweiten bis ersten Jahrhunderts vor Christus, einen von Füßen zusammen getretenen Laufhorizont, der auch länger der Witterung ausgesetzt gewesen sein muss. Genau in dieser Schicht, über dem Schotter der Naab, fand sich auch das Holzkohlenstück, das exakt datiert werden konnte und den Kelten zugeordnet wurde. Laut Dr. Hensch lagern im Landesamt für Denkmalpflege noch Fundmaterialien der Weidener Grabungen, die nach genauer Untersuchung noch weitere Ergebnisse offenbaren könnten. Abschrift: Alfred Kunz, Weiden