Wachsmuth, Ipke (2006): Ohne Worte. In Gehirn & Geist. Dossier Nr. 3/2006. (54-61) Der Artikel erläutert, wie sehr Körpersprache und Sprache zusammenhängen, ja dass Kommunikation ohne Gesten so gut wie unmöglich ist. Stichwörter: Körpersprache, Gestik, Zweitsprachenerwerb EXZERPT Körpersprache: immer präsent, "lügt selten" (54) Immer mehr Forscher sind der Auffassung, dass Gesten mehr sind als nur eine Begleiterscheinung der Kommunikation (54) David McNeill: Gesten und Sprache bilden eine untrennbare Einheit, ihnen liegt ein gemeinsamer kognitiver Prozess zu Grunde (54) Neurologische Studien: beweisen Zusammenhang zwischen Sprache und Gestik (56) -> die koverbale Gestik leidet ebenfalls bei Aphasien! (56) "Gestik wird demnach offenbar unter anderem von den Hirnarealen gesteuert, die für die Lautsprache zuständig sind. Dabei liegen Laute und Gesten nicht nur für den Sprecher, sondern auch für den Hörer nah beieinander: Wer zuhört, interpretiert die Körpersprache seines Gegenübers offenbar gleich mit." (56) Neurowissenschaftler Spencer Kelly, Corinne Kravitz, Michael Hopkins: Untersuchten den Bedeutungsbeitrag von Gesten mit Hilfe charakteristischer Hirnstromsignale (56) Probanden schauten sich einen Film an, in dem Schauspieler Begriffe nennen und Gesten dabei formen. Einige dieser Gesten passten nicht zu den Begriffen. "Bei Bedeutungswidersprüchen zwischen Sprache und Gestik stellten Forscher starke negative Aussprüche fest, (…). Dies interpretierten sie so, dass Geste und Wort tatsächlich gemeinsam verarbeitet werden: Die Bedeutung der Geste wird bei der Interpretation des Worts miteinbezogen." (57) Bei Kindern: enge gemeinsame Entwicklung von Laut- und Gestenkommunikation beobachtbar. (57) (Fingerzeigen + "wauwau" sagen) David McNeill: es gibt o Deiktische ("du", "dieses Brötchen -> Zeigen) Ikonische ("Sie hat ihn verjagt -> gestisches Demonstrieren der Art des Verjagens) o Und metaphorische Gesten (wie ikonische, beziehen sich aber auf abstrakte Dinge) (58) o Ikonische und metaphorische Gesten: können ähnliche konventionalisierte Bedeutungen haben wie Wörter (59) z.B. Finger an Stirn tippen -> konventionalisierte Geste, die die Sprache nicht mehr nötig hat (58) Unterschiedliche Sprachen: unterschiedliche Verbindungen zwischen Gesten und Sprache! "Dabei scheinen sich die Sprachfamilien darin zu unterscheiden, wie sie bestimmte Bedeutungsbestandteile auf Sprache oder Gesten verteilen." (59) Romanische Sprachen: Gestenschlag mit dem Ausdruck für die Handlung (der Verbalphrase) Deutsch + Englisch: Hände werden aktiv wenn es um das wie oder wo der Handlung geht. Gale Stam (Doktorandin bei McNeill), Zweitsprachenerwerbsforscherin: wie verhält es sich mit der Gestik beim Erlernen einer Sprache: Bei einem Spanier, der Englisch lernt: "Solange er den Gestenschlag beim englischen Wort >climb< (klettern) macht, übersetzt er innerlich wohl noch aus dem Spanischen ins Englische. Wenn spontan der Gestenschlag bei der Präposition >through< also >durch< auftritt, lässt dies annehmen, dass der Übergang zum Denken in Englisch bereits vollzogen wurde." (60) De Ruiter: hat herausgefunden, dass die Gesten die Sprache beeinflussen (wenn ich eine ausholende Geste mache, passt sich der Sprechrhythmus an), und die Gesten sich an die Sprache anpassen (wenn ich mit einem Gedanken ins Stocken gerate, stockt auch die Geste). (61)