12. IZZ-presseforum, 21. Juli 2006, Freiburg Z a h n m e d i z i n i n T h e o r i e u n d P r a x i s Universitätsklinik für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde Freiburg 2. Neubeschreibung einer präventionsorientierten modernen Zahnheilkunde Präventive Aspekte der Zahnerhaltungskunde (Es gilt das gesprochene Wort) von Professor Dr. Elmar Hellwig, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Zahnerhaltung und Parodontologie D:\582803857.doc 2 Ziel einer präventionsorientierten Zahnerhaltungskunde ist es, von einer rein symptombezogenen (mechanistischen) Therapieausrichtung zu einer ursachengerechten, diagnose- und krankheitsorientierten (biologisch ausgerichteten) Behandlung zu kommen. Neue Erkenntnisse in der Kariesätiologie und -diagnose ermöglichen heute eine Abschätzung des Kariesrisikos und des Kariesverlaufs. Vor diesem Hintergrund sind eine adäquate Befundung und ein Kariesmonitoring die Grundlage für eine zahnerhaltende Therapie. Die Aussage Karies = Restauration hat heute keine Gültigkeit mehr. Sie wird ersetzt durch die Fragen: Wann muss ich bohren? Wann kann ich darauf verzichten? Was muss ich dann tun? Es ist heute nicht selten möglich, mit primärprophylaktischen Methoden ohne Restaurationen das Kariesrisiko zu senken oder die aufzuhalten. Falls dennoch Restaurationen erforderlich sind, Karies so stehen dem Zahnarzt für die Primärversorgung Verfahren zur Verfügung, mit denen er minimalinvasiv unter größtmöglichster Schonung der gesunden Zahnhartsubstanz und damit auch häufig relativ schmerzfrei die Zahnform und -funktion wiederherstellen kann. Die Adhäsivtechnik und der Einsatz von Kompositmaterialien ermöglichen diese Vorgehensweise (Sekundärprävention), bei der zudem auch noch ästhetische Belange berücksichtigt werden können. Aber auch hier gilt: Eine gute Restauration hält nur lange, wenn sie adäquat gepflegt wird. Mit den modernen Restaurationsverfahren ist es auch möglich geworden, Restaurationen zu reparieren, d.h. nicht jede Füllung muss vollständig ausgetauscht werden, wenn der Zahnarzt kleinere Defekte diagnostiziert. Zudem lassen sich auch größere Defekte manchmal so versorgen, dass eine Überkronung oder gar eine Extraktion eines Zahnes vermieden werden kann. Moderne endodontische Verfahren spielen eine große Rolle in der Zahnerhaltung. Mit ihnen wurde die Erfolgsquote von Wurzelkanalbehandlungen stetig verbessert. Dazu ist allerdings häufig ein großer apparativer Aufwand notwendig (maschinelle Wurzelkanal- D:\582803857.doc 3 aufbereitungsmethoden, Verwendung von OP-Mikroskopen) usw. Mit diesen Methoden lassen sich durch Revisionsbehandlungen heute auch Zähne retten, bei denen bereits eine endodontische Behandlung stattgefunden hat und die man früher extrahiert hätte. War früher Zahnerhaltung in erster Linie Reparatur, so ist sie heute die Beseitigung und/ oder Vermeidung pathogener, oraler Einflüsse. Dieser Prozess des Umdenkens hat bisher leider nicht in allen Universitätsklinika und Zahnarztpraxen Einzug gehalten. Die Gründe dafür sind vielfältig, der Hauptgrund ist allerdings die Steuerung der zahnärztlichen Leistungskataloge durch nicht fach- und sachbezogene Erwägungen, die die Einführung einer modernen präventionsorientierten Zahnerhaltungskunde behindern. D:\582803857.doc