HAMBURG PRAXISSEMINAR ARBEITSRECHT STANDARD-SEMINAR „SCHULUNGSANSPRÜCHE VON BETRIEBSRÄTEN“ - AUSZUG UNTERLAGEN - 1. Einführung Es bestehen zwei unterschiedliche Anspruchsgrundlagen für Mitglieder des Betriebsrates (BR), um an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen teilnehmen zu können: • Nach § 37 Abs. 6 BetrVG besteht ein Anspruch des BR als Organ, Mitglieder auf eine Schulung zu entsenden, soweit diese Veranstaltung Kenntnisse vermittelt, die für die Arbeit des Betriebsrates erforderlich sind. • Nach § 37 Abs. 7 BetrVG hat jedes Mitglied des Betriebsrates Anspruch auf Teilnahme an geeigneten Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Diese Anspruchsgrundlagen bestehen selbstständig und unabhängig nebeneinander, so dass Betriebsratsmitglieder nicht vom Arbeitgeber auf den jeweils anderen Anspruch verwiesen werden können. Sie haben, sobald die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, die freie Wahl, auf welcher Anspruchsbasis sie eine Veranstaltung besuchen wollen. Die Ansprüche auf Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen dienen beide der Verwirklichung der Mitbestimmungsrechte auf Arbeitnehmerseite, indem sie die notwendigen Kenntnisse für eine sachgemäße Betriebsratstätigkeit vermitteln. Das Recht auf Teilnahme an einer Veranstaltung ist daher stets abhängig von einem inhaltlichen Bezug zur Tätigkeit im Betriebsrat. Bezüglich der weiteren Voraussetzungen unterscheiden sich die Ansprüche jedoch und auch mit Blick auf die Rechtsfolgen ist eine Differenzierung unerlässlich. 2 Zum besseren Verständnis ist der entscheidende Unterschied in den Rechtsfolgen vorwegzunehmen: Ist eine Schulungs- und Bildungsteilnahme erforderlich, hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht nur bezahlt freizustellen, sondern er hat auch die durch die Veranstaltungsteilnahme entstehenden Kosten zu tragen und eventuell Freizeitausgleich zu gewähren. Nicht so bei der Teilnahme an einer geeigneten Schulung nach § 37 Abs. 7 BetrVG: Der Anspruch führt in der Regel lediglich zu einer bezahlten Freistellung. […] 2. Anspruch aus § 37 Abs. 6 BetrVG Für einen Anspruch auf Teilnahme an einer Veranstaltung gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG müssen dort erforderliche Kenntnisse vermittelt werden, die das entsandte BR-Mitglied noch nicht besitzt. Des Weiteren müssen die Dauer der Veranstaltung und die Anzahl der Teilnehmer verhältnismäßig sein, und bei der Festlegung der zeitlichen Lage müssen die betrieblichen Notwendigkeiten berücksichtigt werden. Unter erforderlichen Kenntnissen werden solche verstanden, die in einem unmittelbaren Bezug zur Tätigkeit des BR stehen. Es geht um die Vermittlung von Kenntnissen, die sich auf die Aufgaben des Betriebsrates und deren Durchführung im Betrieb beziehen. Der Anspruch ist ein kollektivrechtlicher des Betriebsrates als Organ. Ziel der Schulung ist es, die Kompetenz des Organs zur sachgemäßen Aufgabenerfüllung herbeizuführen und zu stärken. Die Rechtsprechung differenziert mit Blick auf die Anspruchsvoraussetzungen aus § 37 Abs. 6 zwischen der Erlangung erforderlicher Grundkenntnisse und der Erlangung erforderlicher Spezialkenntnisse. a. Erforderliche Grundkenntnisse - thematisch Die Besonderheit bei Schulungen, die lediglich Grundkenntnisse vermitteln, besteht darin, dass diese auch ohne konkreten betriebsbezogenen Anlass erforderlich sein können. Sie Stand: 24. März 2008 Praxisseminar Arbeitsrecht, Hamburg, Tel: 040-303 80 883 3 betreffen sozusagen die Alltagsarbeit des Betriebsrates, und es werden neben inhaltlichen Anforderungen keine weiteren Maßstäbe für eine Erforderlichkeit aufgestellt. Mit Blick auf die Erlangung von Grundkenntnissen kann nicht auf ein Eigenstudium oder die Kenntnisse anderer Mitglieder des BR verwiesen werden. Jedes Mitglied hat sein Amt in eigener Verantwortung und in eigener Kompetenz zu führen. Dafür ist die Vermittlung von Grundkenntnissen stets und für jedes Mitglied erforderlich. Nur auf diese Weise kann der BR als Organ handlungsfähig sein. Es besteht daher für jedes Betriebsratsmitglied ein Anspruch auf die Vermittlung solcher Kenntnisse, die eng mit der Betriebsratstätigkeit verbunden sind: durch die Rechtsprechung Betriebsverfassungsrecht, im seit Jahren allgemeinen anerkannt sind Arbeitsrecht Grundkenntnisse sowie im Bereich im der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung.1 Grundkenntnisse in diesen drei Bereichen umfassen neben Überblicksveranstaltungen und Einführungslehrgängen auch spezielle Teilgebiete einzelner Gesetze, soweit sie grundlegende Rechte und Pflichten regeln. Sobald es jedoch um eine Vertiefung der Kenntnisse geht, handelt es sich nicht mehr um die Vermittlung von Grundkenntnissen. Seminare mit dem Titel • „Neu im Betriebsrat – was nun?“, • „Betriebsverfassungsrecht Teil I“, • „Beteiligungsrechte des Betriebsrates in sozialen und personellen Angelegenheiten“, • „Grundzüge des Arbeitsrechts – vom Vertragsschluss zur Kündigung“ • „Was Sie über den Arbeits-, Gesundheits- und Brandschutz wissen müssen“ oder • „Regelungsgehalt des Arbeitsschutzgesetzes“ sind als Seminare, die Grundkenntnisse vermitteln, erforderlich. Dabei spielt es keine Rolle, wer der Träger der Veranstaltung ist. Meist kommen Angebote zu Schulungs- und Bildungsveranstaltungen von den Gewerkschaften, von Arbeitgeberverbänden, kirchlichen Einrichtungen, Universitäten oder aber privaten Anbietern. […] 1 Gängige Rechtsprechung, vergleiche BAG, Beschluss vom 04.06.2003, Aktenzeichen: 7 ABR 42/02, in: Arbeitsrechtliche Praxis Nr. 136 zu § 37 BetrVG. Stand: 24. März 2008 Praxisseminar Arbeitsrecht, Hamburg, Tel: 040-303 80 883