NEWSLETTER März 2009 SCHELLENBERG WITTMER Rechtsanwälte Die Massenentlassung Die gegenwärtige Wirtschaftslage hat zur Folge, dass zahlreiche Unternehmen Kurzarbeit einführen oder gar eine markante Reduktion ihrer Belegschaft in Erwägung ziehen. Diesbezüglich wird der Arbeitgeber darauf zu achten haben, ob die geplanten Anpassungen allenfalls in den Anwendungsbereich der gesetzlichen Bestimmungen über die Massenentlassung fallen. Diese Bestimmungen, deren Erlass unmittelbar durch das europäische Recht beeinflusst wurde, sollen nachfolgend kurz erläutert werden. 1 Der Begriff « Massenentlassung » Die Legaldefinition des Begriffs « Massenentlassung » findet sich in Art. 335d des Obligationenrechts (nachfolgend « OR »). Als Massenentlassung gelten Kündigungen, die der Arbeitgeber innert 30 Tagen in einem Betrieb aus Gründen ausspricht, die in keinem Zusammenhang mit der Person des Arbeitnehmers stehen, und von denen betroffen werden : 1. mindestens 10 Arbeitnehmer in Betrieben, die in der Regel mehr als 20 und weniger als 100 Arbeitnehmer beschäftigen ; 2. mindestens 10% der Arbeitnehmer in Betrieben, die in der Regel mindestens 100 und weniger als 300 Arbeitnehmer beschäftigen ; 3. mindestens 30 Arbeitnehmer in Betrieben, die in der Regel mindestens 300 Arbeitnehmer beschäftigen. Ein Betrieb, der gewöhnlich 20 oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt, ist nicht von den OR-Bestimmungen über die Massenentlassung betroffen. Ein solches Unternehmen muss allerdings prüfen, ob es nicht den in der Verordnung über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih enthaltenen Bestimmungen untersteht (siehe dazu hinten, Ziff. 7). Die einzelnen Elemente der Legaldefinition sollen nachfolgend erörtert werden. 1.1 Kündigungen Es werden nur durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigungen erfasst. Nicht betroffen sind entsprechend Kündigungen durch den Arbeitnehmer selbst oder Auflösungsvereinbarungen. Ein Teil der Lehre vertritt allerdings die Ansicht, dass auch Arbeitnehmerkündigungen, die in direktem Zusammenhang mit dem Verhalten des Arbeitgebers stehen, berücksichtigt werden müssen. Als Beispiele erwähnt werden etwa Abänderungen der Arbeitsbedingungen durch den Arbeitgeber in der Weise, dass dem Arbeitnehmer nichts anderes übrig bleibt, als zu kündigen; oder Arbeitnehmer, die sich gezwungen sehen, selber zu kündigen, da ihnen sonst gekündigt würde. Die Kündigungen können nicht nur Arbeitsverträge auf unbestimmte Dauer betreffen; sie können auch befristete Arbeitsverhältnisse betreffen, sofern diese vorzeitig beendet werden, indem etwa wichtige Gründe vorgeschoben werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese gegeben sind oder nicht; sie dürfen allerdings nicht mit dem betreffenden Arbeitnehmer in Zusammenhang stehen (s. Ziffer 1.2). Änderungskündigungen (Kündigungen also, die deshalb ausgesprochen werden, weil die betroffenen Arbeitnehmer die neuen Arbeitsbedingungen nicht akzeptieren) fallen ebenfalls in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Massenentlassung. Die Lehre ist sich diesbezüglich allerdings uneinig. 1.2 Kündigungen, die in keinem Zusammenhang mit der Person des Arbeitnehmers stehen Die Massenentlassung erfasst wirtschaftlich motivierte Kündigungen. Entsprechend fallen Kündigungen, welche aus Gründen, die mit der Person des Arbeitnehmers in Zusammenhang stehen, nicht darunter. Dazu zählen etwa Kündigungen infolge ungenügender Arbeitsleistung oder als Folge eines durch den Arbeitnehmer begangenen Regelverstosses (z.B. Teilnahme an einem nicht bewilligten Streik). Keine Einigkeit herrscht in der Lehre über die Frage, wie zu verfahren ist, wenn die Kündigung auf mehreren Gründen beruht, von denen einige im Zusammenhang mit dem Arbeitnehmer stehen, andere jedoch nicht. Einige Autoren sprechen sich diesbezüglich dafür aus, nur auf den effektiv ausschlaggebenden Grund abzustellen. Andere schlagen vor, danach zu fragen, ob die betreffende Kündigung auch dann ausgesprochen 1.3 Zeitraum von 30 Tagen Berücksichtigt werden nur Kündigungen, die innerhalb von 30 Tagen ausgesprochen worden sind (was nicht zwingend einem Kalendermonat entsprechen muss). Darunter ist die Zeitspanne zu verstehen, innert welcher die Kündigungen ausgesprochen werden und nicht etwa diejenige, innert welcher die Arbeitsverhältnisse beendet werden. Bei der Bestimmung des Zeitraums von 30 Tagen ist man sich allerdings uneinig darüber, ob der Tag, an welchem die Kündigungsschreiben abgeschickt werden, oder ob vielmehr der Tag, an welchem die Schreiben von den Arbeitnehmern in Empfang genommen wurden, mitgezählt werden soll. Dieses Problem stellt sich dann nicht, wenn die Kündigungsschreiben persönlich überbracht werden oder wenn die Kündigung mündlich mitgeteilt wird (diese letztgenannten Vorgehensweisen führen allerdings zu Beweisschwierigkeiten). Der Arbeitgeber kann die Vorschriften über die Massenentlassung umgehen, indem er die Kündigungen gestaffelt ausspricht, sodass die geforderte Mindestanzahl in einem Zeitraum von 30 Tagen nicht erreicht wird. Eine solche Staffelung ist nicht zwingend zum Nachteil der Arbeitnehmer. Vielmehr kann dadurch etwa vermieden werden, dass sich gleichzeitig zu viele Arbeitssuchende derselben Branche auf dem Arbeitsmarkt wiederfinden. Folglich können gestaffelte Kündigungen die Wiedereingliederung der betroffenen Arbeitnehmer erleichtern. Freilich sieht sich der Arbeitgeber allenfalls mit dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs konfrontiert, wenn er solche Staffelkündigungen wiederholt ausspricht, ohne dass es dafür hinreichende betriebliche Gründe gibt oder dies im Hinblick auf die erleichterte Wiedereingliederung der Arbeitnehmer angebracht ist. Mit Staffelkündigungen ist also Vorsicht geboten. 1.4 Kündigungen innerhalb desselben Betriebs Wie die Definition des Begriffs Massenentlassung bereits impliziert, orientiert sich der Begriff nicht am Arbeitgeber, sondern am « Betrieb ». Darunter ist eine Organisationseinheit zu verstehen, welche mit Personal sowie materiellen und immateriellen Betriebsmitteln so ausgestattet ist, dass die anvisierten Arbeitsziele umgesetzt werden können. Der « Betrieb » muss nicht unbedingt eine rechtliche, wirtschaftliche, finanzielle, administrative oder technologische Selbständigkeit aufweisen. Uneinig ist sich die Lehre bezüglich der Frage, wie Betriebe ein und derselben juristischen Person einzuordnen sind, die einander sowohl geographisch nahe stehen, als auch dieselben soziale Arbeitnehmerschichten ansprechen und folglich für alle betroffenen Arbeitnehmer gleichwertige Auswirkungen hinsichtlich des Sozialplans und des Arbeitsmarktes haben. Ein Teil der Lehre betrachtet solche Betriebe als Einheit im Sinne von Art. 335d OR, ein anderer Teil lehnt sich dagegen eng an den Wortlaut der Bestimmung an. Die Vertreter dieser Ansicht sprechen sich dafür aus, dass selbst unter diesen Umständen auf jeden Betrieb einzeln abgestellt werden muss. 1.5 Die Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer Das Bundesgericht hatte bislang noch keine Gelegenheit zu präzisieren, was unter dem Begriff « in der Regel » beschäftigte Arbeitnehmer zu verstehen ist. Gewisse Autoren sind der Ansicht, dass Temporärangestellte nicht zu berücksichtigen sind, während andere gegenteiliger Ansicht sind. Ein Zeitraum von sechs Monaten soll sodann ausreichend sein, um die Anzahl der « in der Regel » beschäftigten Arbeitnehmer zu bestimmen. Andere Autoren schlagen vor, von einem Jahresdurchschnitt auszugehen, da die Anzahl der in einem Betrieb angestellten Personen grösseren Schwankungen unterliegt. Gelegentliche Teilzeitangestellte wie etwa das Reinigungspersonal werden nicht zu den « in der Regel » beschäftigten Arbeitnehmern gezählt. Ein Teil der Lehre schlägt sogar vor, auch die Teilzeitangestellten mit einem Pensum von weniger als 50% nicht miteinzubeziehen. Folgt man dieser Ansicht, stellt sich allerdings zusätzlich die Frage, ob diese Arbeitsplätze überhaupt zu der Anzahl Kündigungen hinzugezählt werden sollen. 1.6 Keine Massenentlassung im Fall von Betriebsschliessungen auf Anordnung des Richters Die Bestimmungen über die Massenentlassung finden keine Anwendung bei Betriebsschliessungen infolge gerichtlicher Entscheidungen (Art. 335e Abs. 2 OR). Damit ist insbesondere eine Betriebsschliessung infolge Konkurs gemeint. Der Gesetzgeber ist der Ansicht, dass das Verfahren der Konsultation der Arbeitnehmer sich im Falle eines Konkurses nicht rechtfertigt, da die Arbeitnehmer als Gläubiger bereits über Einflussnahme im Konkursverfahren verfügen (BGE 130 III 102 ; BGE 123 III 176). In der Lehre ist dieser Punkt allerdings nicht unumstritten. Die Frage der Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Massenentlassung im Falle der Betriebseinstellung infolge einer Nachlassstundung, einer Notstundung oder eines Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung wurde bislang noch nicht entschieden. Das Bundesgericht hat jedoch präzisiert, dass die Bestimmungen über die Massenentlassung in jedem Fall anwendbar sind bei Massenentlassungen, die vor der gerichtlichen Entscheidung beabsichtigt waren (BGE 123 III 176). Diese Ansicht wird in der Lehre ebenfalls kritisiert. 2 Die Pflicht zur Konsultation Eine Merkmal der Massenentlassung ist die dem Arbeitgeber auferlegte Pflicht zur Konsultation der Arbeitnehmer, und zwar bevor er eine definitive Entscheidung hinsichtlich der Umsetzung der Massenentlassung trifft (BGE 130 III 102 ; BGE 123 III 176). Die Konsultation muss zu dem Zeitpunkt erfolgen, in dem der Arbeitgeber konkret eine Massenentlassung in Betracht zieht, selbst wenn diese noch von Bedingungen abhängt, nicht jedoch bereits dann, wenn der Arbeitgeber auch nur an eine in ferner Zukunft mögliche Massenentlassung denkt. In den Betrieben, in welchen eine Arbeitnehmervertretung existiert, ist diese zu konsultieren. In den anderen Betrieben sind es die Arbeitnehmer selbst, die konsultiert werden und zwar gemeinsam und unabhängig davon, ob sie persönlich von der möglichen Entlassung betroffen sind oder nicht. 2 SCHELLENBERG WITTMER NEWSLETTER MÄRZ 2009 worden wäre, wenn die Gründe, welche im Zusammenhang mit dem Arbeitnehmer stehen, nicht existiert hätten. SCHELLENBERG WITTMER NEWSLETTER MÄRZ 2009 Diese Konsultation ist obligatorisch und erlaubt es der Arbeitnehmervertretung (oder mangels einer solchen: den Arbeitnehmern selbst), Vorschläge zu formulieren, welche die Kündigungen abwenden, deren Anzahl einschränken oder, allgemein gesprochen, deren Auswirkungen mildern. Letzteres beispielsweise durch Ausarbeitung eines Sozialplans. Diese Pflicht zur Information und Konsultation besteht auch dann, wenn der Entscheid über die Entlassungen bereits von einer ausländischen Muttergesellschaft gefällt wurde, ohne dass die Tochtergesellschaft, obwohl formell Arbeitgeberin, diesbezüglich Entscheidgewalt gehabt hätte. Die Gesellschaft, welche formell als Arbeitgeberin anzusehen ist, muss jederzeit ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen. Der Arbeitgeber muss jegliche zweckdienlichen Auskünfte erteilen und in jedem Fall schriftlich folgendes mitteilen: a. die Gründe der Massenentlassung ; b. die Zahl der Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll ; c. die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer ; d. den Zeitraum, in dem die Kündigungen ausgesprochen werden sollen. Unter den anderen zweckdienlichen Auskünften versteht die Lehre etwa Angabe über die Möglichkeit von Versetzungen innerhalb des Betriebes oder der Unternehmensgruppe, über die Neuorganisation der Arbeitszuteilung, über die Mittel, welche zur Verfügung stehen, um Arbeitnehmer zu entschädigen, die den Betrieb freiwillig verlassen oder über frühzeitige Pensionierungen. Der Gesetzgeber hat keine Frist gesetzt, innerhalb derer die Arbeitnehmervertreter (oder mangels einer solchen, die Arbeitnehmer selber) ihre Gegenvorschläge unterbreiten müssen. Dies hängt im grossen und ganzen vom Umfang der Entlassungen, von der Grösse des Unternehmens, von der Dringlichkeit der Situation, vom Vorhandensein einer Arbeitnehmervertretung und anderen konkreten Umständen im Einzelfall ab. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine Frist von fünf Tagen, welche an einem Montagmorgen früh abläuft, zu kurz (BGE 130 III 102). Im konkreten Fall ging es um die Entlassung von 124 der 132 Angestellten eines Betriebes [den verbleibenden 8 war bereits gekündigt worden]). Eine Frist von 24 Stunden ist ebenfalls generell zu kurz, während eine Frist von vier bis sechs Wochen demgegenüber zu lang ist (BGE 123 III 176). Der Arbeitnehmervertretung (bzw. den Arbeitnehmern) muss genügend Zeit zur Verfügung stehen, um sich zu beraten, Expertenmeinungen einzuholen, sich auszutauschen und eine Antwort auszuarbeiten. Gewisse Lehrmeinungen schlagen eine Frist von 7 bis 10 Arbeitstagen vor bei einem Betrieb mittlerer Grösse, der nicht mehr als 300 Beschäftige hat. Andere sprechen sich dafür aus, dass die Frist in der Regel zwischen zwei Wochen bis 20 Tagen betragen sollte. In jedem Fall kann ein Arbeitgeber eine sehr kurze Konsultationsfrist nicht damit rechtfertigen, dass die Entlassungen sehr dringend seien, wenn er selbst für die verspätete Einleitung der Konsultation verantwortlich ist (BGE 130 III 102 ; BGE 123 III 176). Ein Teil der Lehre ist der Ansicht, dass sich der Arbeitgeber inhaltlich mit den von der Arbeitnehmervertretung (bzw. den Arbeitnehmern) unterbreiteten Vorschlägen auseinandersetzen und dass er sich namentlich erklären bzw. seine Entscheidung begründen muss, falls er die Vorschläge verwirft. Diese Meinung ist aber umstritten und wie auch immer man hier entscheiden will, so bleibt doch festzuhalten, dass die Arbeitnehmer kein Mitbestimmungsrecht haben und dass die ins Auge gefassten Entlassungen nicht von ihrer Zustimmung abhängen. 3 Die Anzeigepflicht Ist das Konsultationsverfahren erst einmal beendet, so muss der Arbeitgeber dem kantonalen Arbeitsamt die geplante Massenentlassung schriftlich anzeigen und der Arbeitnehmervertretung (oder mangels einer solchen, den Arbeitnehmern) eine entsprechende Kopie der Anzeige zukommen lassen. Die Anzeige muss die Ergebnisse der Arbeitnehmerkonsultation enthalten sowie jegliche zweckdienlichen Angaben bezüglich der Massenentlassung. Die Arbeitnehmer können ihre Ansichten dem kantonalen Arbeitsamt ebenfalls mitteilen. In einem solchen Fall versucht das Arbeitsamt zu vermitteln, ohne dass ihm allerdings eine eigentliche Entscheidgewalt zukommt. Vielmehr wird es versuchen, sämtliche Lösungen vorzuschlagen, welche eine Massenentlassung verhindern oder deren Folgen mildern. Gewisse Autoren empfehlen eine Zusammenlegung der Verfahrensschritte und zwar insofern, als bereits im Zeitpunkt der Konsultation dem kantonalen Arbeitsamt sämtliche Informationen mitgeteilt werden sollen. Das Arbeitsamt könnte diesfalls bereits während der Konsultation intervenieren. Das würde den Arbeitgeber allerdings nicht davon befreien, dem Arbeitsamt die Ergebnisse der Konsultation mit einer neuen Anzeige mitzuteilen. 4 Die Vertragsauflösung Nach der Anzeige der bevorstehenden Massenentlassung und dem Ergebnis der Konsultation beim kantonalen Arbeitsamt kann der Arbeitgeber mit der Umsetzung der Massenentlassung fortfahren. Die Arbeitsverhältnisse können frühestens 30 Tage nach dieser Anzeige beendet werden. Es versteht sich von selbst, dass diese Frist länger ist, falls der jeweilige Arbeitsvertrag oder das Gesetz eine längere Kündigungsfrist vorsehen (und im konkreten Einzelfall nicht mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund gekündigt wurde). Der Schutz vor einer Kündigung zur Unzeit kommt Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die krank geschrieben oder schwanger sind, auch im Falle der Massenentlassung zu. 5 Konsequenzen im Falle der Nichtbeachtung der Bestimmungen über die Massenentlassung 5.1 Eine missbräuchliche Kündigung Die Kündigung durch den Arbeitgeber ohne vorgängige Konsultation, wie sie bei Massenentlassungen vorgeschrieben ist, ist missbräuchlich (Art. 336 Abs. 2 lit. c OR). Entsprechend kann jeder entlassene Arbeitnehmer eine Entschädigung in der Höhe von maximal zwei Monatslöhnen fordern. Es handelt sich hierbei um einen Maximalbetrag und diese Sanktion findet dann keine Anwendung, wenn die Verfahrensfehler keine gravierenden waren. Die gesamten Umstände müssen bei der Festsetzung der Entschädigung berücksichtigt werden, also insbesondere auch 3 a. 5.2 Rechtsfolgen der Vertragsauflösung c. Wie vorstehend bereits erwähnt, werden die Arbeitsverhältnisse frühestens 30 Tagen nach Anzeige der Massenentlassung beim kantonalen Arbeitsamt beendet. Dies gilt unabhängig davon, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde oder nicht (bspw. bei einer Unterlassung der vorgängigen Konsultation oder einer zu kurzen Frist zur Stellungnahme). Falls der Arbeitgeber allerdings die Anzeige beim kantonalen Arbeitsamt vollständig unterlässt, so kann die Frist von 30 Tagen nicht zu laufen beginnen. Diesfalls ist die Kündigung zwar gültig, ihre Rechtswirkung aber ist aufgeschoben (BGE 132 III 406). Die Arbeitsverhältnisse werden jedoch stillschweigend beendet, wenn der Arbeitnehmer bspw. eine neue Stelle annimmt oder wenn sich der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gegenüber während längerer Dauer passiv verhält, die Kündigungsfrist nicht beanstandet, seine Arbeitsleistung nicht anbietet und folglich eine allfällige Intervention des Arbeitsamtes keinen Sinn mehr machen würde. 5.3 Verwaltungsrechtliche Strafen Das kantonale Recht kann ferner verwaltungsrechtliche Strafen vorsehen im Falle der Nichtbeachtung der Bestimmungen über die Massenentlassung (z.B. bei Unterlassen der Anzeige beim Arbeitsamt). 6 Der Sozialplan Vorbehältlich anderslautender Bestimmungen in Individual- oder Gesamtarbeitsverträgen ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitnehmern zusätzlichen Leistungen zu erbringen. Dennoch wird häufig im Zusammenhang mit Massenentlassungen ein Sozialplan erstellt. Stellt der Arbeitgeber einen Sozialplan auf, so sollte er auf Gleichbehandlung bedacht sein. Dies bedeutet, all diejenigen Arbeitnehmer, die sich in vergleichbaren Situationen befinden, gleich zu behandeln. 7 Die Meldepflicht gemäss der Arbeitsvermittlungsverordnung Gemäss Art. 53 der Verordnung über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (Arbeitsvermittlungsverordnung, AVV) ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitsamt Entlassungen und Betriebsschliessungen zu melden, die innerhalb eines Monats mindestens zehn Arbeitnehmer betreffen. Die Kantone können diese Meldepflicht auf mindestens sechs Arbeitnehmer, die von Entlassungen oder Betriebsschliessungen betroffen sind, herabsetzen. Von dieser Möglichkeit hat insbesondere der Kanton Genf Gebrauch gemacht. Anzahl, Geschlecht, Herkunft (Schweiz oder Ausland) der betroffenen Arbeitnehmer ; b. den Grund der Betriebsschliessung ; bei Entlassungen den Arbeitsbereich der betroffenen Arbeitnehmer ; d. den Zeitpunkt der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen (im Berichtsmonat oder auf einen späteren Zeitpunkt). In diesem Zusammenhang und anders als bei der Massenentlassung im engeren Sinn beschränkt sich das Arbeitsamt darauf, den entlassenen Arbeitnehmern bei der Stellensuche behilflich zu sein. Der Arbeitgeber, der die Meldepflicht absichtlich unterlässt, hat eine Busse von maximal CHF 40'000.- zu gewärtigen. Die Busse wird bei fahrlässiger Nichtbeachtung auf maximal CHF 20'000.- reduziert. 8 Schlussbemerkung Bezüglich der Frage, in welchen Fällen die Bestimmungen über die Massenentlassung überhaupt Anwendung finden sowie zum Verfahrensverlauf sind die Vorgaben des schweizerischen Gesetzgebers ziemlich vage. Das Bundesgericht hatte bislang noch nicht genügend Möglichkeiten, diese Fragen zu klären. Entsprechend ist jedem Arbeitgeber, der eine Massenentlassung in Betracht zieht, zu empfehlen, juristischen Rat beizuziehen, und zwar namentlich bezüglich der Praxis des jeweiligen Kantons und zu den zu ergreifenden Massnahmen im konkreten Einzelfall. Kontakte Der Inhalt dieses Newsletter stellt keine Rechts- oder Steuerauskunft dar und darf nicht als solche verwendet werden. Sollten Sie eine auf Ihre persönlichen Umstände bezogene Beratung wünschen, wenden Sie sich bitte an Ihre Kontaktperson bei Schellenberg Wittmer oder an eine der folgenden Personen: I In Zürich: THOMAS BOLLIGER [email protected] CHRISTINE BEUSCH-LIGGENSTORFER [email protected] I In Genf: CHRISTIAN GIROD [email protected] VINCENT CARRON [email protected] Dieser Newsletter ist auf unserer Website www.swlegal.ch auf Deutsch, Englisch und Französisch verfügbar. Diese Anzeige muss spätestes am Tag der Kündigung vorgenommen werden. Anders als bei der Massenentlassung im engeren Sinn erfasst sie alle Kündigungen unabhängig von ihrem Grund und folglich auch Kündigungen, die im Zusammenhang mit der Person des Arbeitnehmers stehen. Löwenstrasse 19 Postfach 1876 CH-8021 Zürich Tel. +41 (0) 44 215 5252 Fax +41 (0) 44 215 5200 Der meldepflichtige Arbeitgeber bringt der zuständigen kantonalen Behörde folgende Informationen zur Anzeige : www.swlegal.ch 15bis, rue des Alpes Postfach 2088 CH-1211 Genf 1 Tel. +41 (0) 22 707 8000 Fax +41 (0) 22 707 8001 4 SCHELLENBERG WITTMER NEWSLETTER MÄRZ 2009 den vom Arbeitgeber begangenen Verstoss und seine finanzielle Situation. Auch die Gewerkschaften sind befugt, die Missbräuchlichkeit der Kündigungen gerichtlich feststellen zu lassen.