Rahmenrichtlinien für das Gymnasium Latein

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Rahmenrichtlinien
für das Gymnasium
Latein
Gymnasiale Oberstufe
Gelten auch für Fachgymnasium,
Abendgymnasium und Kolleg
An der Erarbeitung der Rahmenrichtlinien für das Fach Latein waren mit
unterschiedlichen Zeitanteilen die nachstehend genannten Mitarbeiter
beteiligt.
Bei der Schlußredaktion im Niedersächsischen Kultusministerium wurden
die Ergebnisse des gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungsverfahrens eingearbeitet.
Wolf-Dieter Boeckmann
Georg Edzard Buitkamp
Johannes Gappa
Werner Hilkenbach
Bruno Krause
Wilfried Mertens
Dr. Hellmut Roemer
Ernst Steinecke
Alfons Zimmer
Herausgegeben vom Niedersächsischen Kultusminister (August 1982)
Schiffgraben 12, 3000 Hannover 1
Aktenzeichen: 201 -82 165/2-23
Diese Rahmenrichtlinien wurden nachträglich digitalisiert. Hieraus
können sich optische Abweichungen gegenüber dem Original in der
ursprünglichen Druckfassung ergeben.
Inhalt
1
Aufgaben und Ziele des Lateinunterrichts
in der gymnasialen Oberstufe ..........................................................
2
2.1
2.2
2.3
5
Lernziele............................................................................................ 8
Instrumentale Lernziele ...................................................................... 8
Affektive Lernziele ............................................................................. 9
Kognitive Lernziele ............................................................................. 10
3 Unterrichtsinhalte ............................................................................ 13
3.1 Auswahlkriterien ................................................................................ 13
3.2 Gegenstandsbereiche ........................................................................ 15
4
4.1
4.2
4.3
Unterrichtsverfahren ........................................................................
Verfahren der Texterschließung ..........................................................
Formen des Lernens ...........................................................................
Medien und Hilfsmittel ........................................................................
19
19
22
24
5
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
5.6
Organisation des Unterrichts .........................................................
Die Profile des Lateinunterrichts in der gymnasialen Oberstufe............
Die Vorstufe1) ....................................................................................
Die Kursstufe1) ..................................................................................
Kursarten...........................................................................................
Kursfolgen.........................................................................................
Kombinierte Kurse ............................................................................
25
25
27
27
28
30
32
6 Lernerfolgskontrollen und Leistungsbewertung ............................ 35
6.1 Formen der Lernerfolgskontrollen...................................................... 35
6.2 Leistungsbewertung.......................................................................... 38
7
7.1
7.2
7.3
7.4
Beispiele für Unterrichtsangebote/Kursfolgen ..............................
Profil A - Vorstufe..............................................................................
Profil A - Kursstufe: Grundkursfolge ................................................
Profil A - Kursstufe: Leistungskursfolge .........................................
Profil C - Kursstufe: Grundkursfolge ................................................
41
41
42
44
48
1
) Im Abendgymnasium und Kolleg ist die Bezeichnung „Vorstufe" durch die Bezeichnung „Einführungsphase", die Bezeichnung „Kursstufe" durch die Bezeichnung
„Kurssystem" zu ersetzen.
8
8.1
8.2
8.3
Anhang ........................................................................................
Anhang I: Anforderungsbereiche ...................................................
Anhang II: Korrekturschlüssel ........................................................
Anhang III: Die inhaltlichen Anforderungen zum Erwerb des
Kleinen Latinums, des Latinums und des Großen Latinums ..........
8.4 Anhang IV: Übersicht über die formalen Bedingungen für den
Erwerb des Kleinen Latinums, des Latinums und des Großen
Latinums in der gymnasialen Oberstufe und im Fachgymnasium ..
54
54
55
56
57
5
1 Aufgaben und Ziele des Lateinunterrichts
in der gymnasialen Oberstufe
Der gemeinsame Auftrag der Alten Sprachen
Grundlegende Texte der europäischen Kultur, die unser Denken im Sinne
des Humanismus, des Christentums und der Demokratie geprägt haben,
sind in griechischer bzw. in lateinischer Sprache abgefaßt. Zugleich sind die
meisten Sprachen Europas über ihren gemeinsamen indogermanischen
Ursprung hinaus in erheblichem Maße von der antiken Kultur und Zivilisation beeinflußt.
Der altsprachliche Unterricht in der gymnasialen Oberstufe will deshalb
dem Schüler auf dem Wege über die Erschließung lateinischer und/oder
griechischer Originaltexte und ihre kritische Reflexion einen unmittelbaren
Zugang zu Grundlagen und Geschichte unserer eigenen Sprache und Kultur
ermöglichen und die Ergebnisse für das Verständnis der Gegenwart und die
Bewältigung ihrer Probleme fruchtbar machen.
Aufgaben des Lateinunterrichts in der gymnasialen Oberstufe
Die lateinische Sprache, die in ihr verfaßten Texte und die Sachen (res), die
durch sie vermittelt werden bzw. deren Kenntnis das Verstehen dieser Texte
ermöglicht, sind die drei konstitutiven Bereiche des Lateinunterrichts. Sie
werden zwar aus methodischen Gründen gesondert beschrieben, stellen
aber in ihrem Wesen eine untrennbare Einheit dar. Während im Sekundarbereich I Spracherwerb und Sprachreflexion im Vordergrund gestanden
haben, liegt in der gymnasialen Oberstufe das Schwergewicht auf der von
der Sprach- und Textreflexion ausgehenden Erschließung von literarischen
Texten und ihrer Interpretation.
Sprache
Als Sprachunterricht führt der Lateinunterricht in der gymnasialen Oberstufe unter Einbeziehung neuerer Verfahren der Sprachbeschreibung zu vertieftem Einblick in das besondere Funktionsgefüge und die speziellen Kommunikationsbedingungen eines sprachlichen Systems, dessen Entwicklung
zwar abgeschlossen ist, das aber trotzdem - anders als etwa eine Kunstsprache - typische Phänomene einer lebenden Sprache aufweist. Der
Lateinunterricht regt den Heranwachsenden zu intensivem Nachdenken
über Sprache, ihre Gesetze und Wirkungen an und vermittelt ihm grundlegende Einsichten in die Leistungen sprachlicher Ausdrucksformen. Damit
wird zugleich die im Lateinunterricht des Sekundarbereichs I begonnene
Erziehung zu kompetenter, verantwortungsbewußter Sprachverwendung
fortgesetzt.
Die Kenntnisse in Formenlehre und Syntax werden nur erweitert, die Fähigkeit zur Sprachreflexion gefördert, soweit es für die Texterschließung erforderlich ist. Das Schwergewicht des Sprachunterrichts verlagert sich auf die
Textreflexion. Die sprachliche Arbeit konzentriert sich auf das Übersetzen,
6
das Vergleichen und das Interpretieren als Verfahren zur Erschließung von
Texten.
Texte
Der Lateinunterricht in der gymnasialen Oberstufe ist also primär Lektüreunterricht. Er verschafft dem Schüler Kenntnisse und Fähigkeiten im
Umgang mit Texten, macht ihm deren literarische Formen und ästhetische
Qualitäten zugänglich und leitet ihn an, den sachlichen Gehalt und die
Intentionen eines Textes zu erfassen und sich kritisch mit ihnen auseinanderzusetzen. Damit hilft er dem Schüler nicht nur, sein Denkvermögen, sein
Methodenbewußtsein, sein ästhetisches Urteilsvermögen und seine sprachliche Auffassungs- und Gestaltungskraft zu entwickeln, sondern regt ihn
auch an, darüber nachzudenken, wieweit die Texte trotz ihrer historischen
Gebundenheit für ihn bedeutsam sind.
Sachen (res)
Als Sachunterricht vermittelt der Lateinunterricht die mit der Originallektüre gegebenen Inhalte. Für ein hinreichendes Verständnis des lateinischen
Textes muß außer dem sprachlichen auch der außersprachliche Kontext
(z. B. Verfasser, literarischer, geschichtlicher und kulturgeschichtlicher,
politischer Hintergrund) im notwendigen Umfang herangezogen werden.
Dabei hat der Lateinunterricht vor allem die Aufgabe, die Mittlerrolle der
römischen Literatur und Kunst bei der Rezeption und Tradition griechischer
Kultur bewußt zu machen, die auf der praktischen Begabung und der pragmatischen Haltung der Römer beruhenden historisch bedeutsamen Leistungen Roms auf den Gebieten der Politik, des Rechts und des Ingenieurwesens herauszustellen und Einblick zu vermitteln in die in ihren Folgen bis
heute wirksame Entwicklung des Imperium Romanum, in das Fortwirken
der Romidee und in das Weiterleben der lateinischen Sprache in christlicher
und weltlicher Literatur seit der Spätantike.
Der thematischen Ergänzung, der allgemeinen Information und der Klärung
von Einzelfragen können Paralleltexte - auch aus anderen Sprachen und
Epochen - sowie Sachlexika und andere Sekundärliteratur dienen.
Der Sachunterricht dient somit der Veranschaulichung der Lektüre, der Vergegenwärtigung der Verfasserpersönlichkeit und der Verdeutlichung des
situativen, kulturellen und historischen Kontextes sowie ihrer Bedeutung im
Traditionszusammenhang von Antike und Gegenwart. Damit ist er wesentlicher Bestandteil des lateinischen Lektüreunterrichts: er ermöglicht die
Überwindung der zeitlichen Distanz und führt zu einer angemessenen Interpretation der Originaltexte.
Unterrichtsprinzipien
Die den Lateinunterricht der gymnasialen Oberstufe bestimmenden Grundsätze sind für die Unterrichtsinhalte das thematische Prinzip und für die
Unterrichtsverfahren das komparativ-kontrastive Prinzip. Damit werden die
7
Ansätze thematisch und komparativ-kontrastiv orientierter Textarbeit im
Lateinunterricht der Klassen 5/7 - 10 oder 9 - 10 fortgesetzt.
Das thematische Prinzip
Das thematische Prinzip bestimmt die Auswahl und Gruppierung von Texten sowie die Fragestellungen, unter denen Texte interpretiert und verglichen werden. Zugleich dient es der Konzentration des Stoffes.
Aus der Bedeutung des thematischen Prinzips läßt sich jedoch kein Vorrang
der Themen gegenüber den Texten ableiten. Die Themen stellen vielmehr
den Bezug her zwischen den wechselnden Fragestellungen der Gegenwart
und den lateinischen Texten als den Konstanten eines lernzielorientierten
Unterrichts.
Die Anwendung des thematischen Prinzips erfolgt nach Auswahlkriterien,
denen bei der Suche nach Themen und bei der Aufstellung von Kursfolgen
Leitfunktion zukommt. So wird vermieden, daß ein Text oder ein bestimmter
Autor nur deshalb ausgewählt werden, weil sie Material zu einem bestimmten Thema liefern. Vielmehr gewährleisten die Auswahlkriterien, daß
sowohl die Belange der Gegenwart und die Bedürfnisse der Schüler in den
Unterricht einbezogen werden als auch der literarische Rang für die Textauswahl maßgebend bleibt.
Das komparativ-kontrastive Prinzip
Anders als im Unterricht in den modernen Fremdsprachen wird im Lateinunterricht eine aktive lateinische Sprachkompetenz nicht angestrebt. Das im
Lateinunterricht durchgehende didaktisch-methodische Prinzip der Zweisprachigkeit und die historische Distanz der vermittelten Inhalte erfordern
ein ständiges Vergleichen und Gegenüberstellen. So ist bei den im Lateinunterricht vorrangig geübten Verfahren der Sprach- und Textreflexion, speziell des Verstehens und Interpretierens lateinischer Texte, des Übersetzens
ins Deutsche sowie der Methodenkritik das komparativ-kontrastive Prinzip
leitender methodischer Gesichtspunkt.
Dabei werden sowohl der kategoriale Charakter der Gegenstandsbereiche
als auch die Bindung der konkreten Sachverhalte an eine einmalige historische Situation erkennbar. In diesem Spannungsfeld ermöglicht das komparativ-kontrastive Prinzip eine Betrachtungsweise, die den Standort sowohl
des betrachteten Objekts als auch des betrachtenden Subjekts genauer
bestimmt. Sie läßt im jeweils Besonderen das Allgemeine erkennbar werden
und macht so die Auseinandersetzung mit den antiken Texten für die
Urteilsbildung über verwandte Probleme der Gegenwart fruchtbar. In diesem Sinne sind antike Texte modellhaft und aktuell.
Die komparativ-konstrastive Arbeit im Lateinunterricht soll auch die Kenntnisse in anderen Bereichen nutzen, insbesondere Kenntnisse in anderen
Fremdsprachen, in den Methoden der Sprachanalyse und Sprachbeschreibung, in der deutschen Literatur und in fremdsprachigen Literaturen, aber
auch auf den Gebieten der Geschichte, Literatur- und Kunstgeschichte,
Politik und Gesellschaftswissenschaften, Religionslehre und Philosophie.
8
2 Lernziele
Die Fachlernziele des Lateinunterrichts stehen in einem doppelten Bezugsrahmen:
Sie stellen einerseits die fachbezogene Konkretisierung des aus dem öffentlichen Auftrag der Schule sich ergebenden allgemeinen Leitziels: „Selbstverwirklichung in sozialer Verantwortung" dar und dienen zugleich der übergeordneten Aufgabe der gymnasialen Oberstufe, dem Schüler eine wissenschaftspropädeutische Grundbildung zu vermitteln mit dem Ziel allgemeiner Studierfähigkeit bzw. der Fähigkeit zu entsprechend hoch qualifizierter
beruflicher Ausbildung.
Andererseits beschreiben sie die Kenntnisse, Fähigkeiten, Einsichten und
Einstellungen, die bei einer sinnvollen Beschäftigung mit den Inhalten des
Lateinunterrichts zu erreichen sind.
Die Lernziele des Lateinunterrichts lassen sich in drei Bereiche gliedern:
- instrumentale Lernziele
- affektive Lernziele
- kognitive Lernziele.
Diese Reihenfolge stellt ebensowenig wie die Reihenfolge der Lernziele
innerhalb dieser Bereiche eine Rangfolge dar. Vielmehr bedingen sich die
Lernziele sowohl innerhalb ihrer Bereiche als auch über deren Grenzen hinweg in vielfältiger Weise gegenseitig.
Aus diesem Grunde und wegen der Komplexität der Inhalte des Lateinunterrichts wäre es verfehlt, einzelne Lernziele isoliert anstreben zu wollen.
Es ist zwar aus methodischen Gründen oder für die Konzeption von Lernerfolgskontrollen zweckmäßig, im Kursverlauf schwerpunktmäßig einzelne
Lernziele in den Vordergrund zu stellen; auch äußere Sachzwänge wie die
begrenzte Themenstellung und Textauswahl eines Halbjahres erfordern
eine Schwerpunktbildung. Doch auch in diesen Fällen muß jedes Lernziel
immer zugleich als Teil des gesamten Lernzielspektrums gesehen werden,
dessen Ausfüllung nur in einem die ganze Oberstufe umfassenden, konsequent geplanten Unterricht angestrebt werden kann.
Die instrumentalen und die affektiven Lernziele lassen sich zwar weitgehend auch fachübergreifend beschreiben; sie sind aber ebenso unentbehrliche Ziele des lateinischen Fachunterrichts. Von den Gegenständen und
Methoden des Lateinunterrichts her sind auch diese Lernziele fachspezifisch geprägt.
2.1 Instrumentale Lernziele
Fähigkeit zu wissenschaftsorientiertem Arbeiten:
- Fähigkeit, wichtige Fachtermini sachgerecht zu verwenden
- Fähigkeit, allgemeine und fachspezifische Hilfsmittel zu benutzen (z. B.
Lexika, Kommentare, ausgewählte sonstige Fachliteratur)
9
- Fähigkeit, sinnvoll und korrekt zu zitieren
- Fähigkeit, Informationen zu finden, zu vergleichen, auszuwählen, zu ordnen und mitzuteilen
- Fähigkeit, Arbeitsstrategien zu entwickeln und anzuwenden
- Fähigkeit, erarbeitete Ergebnisse sinnvoll zu ordnen, folgerichtig zu verknüpfen und angemessen darzustellen.
2.2 Affektive Lernziele
Die affektiven Lernziele sind allgemeine Erziehungsziele und zugleich fachspezifische Unterrichtsziele. Hier werden, nach Leitzielen geordnet, Haltungen und Einstellungen genannt, die im Umgang mit den typischen Inhalten
des Lateinunterrichts und bei Anwendung der entsprechenden Lernverfahren gewonnen werden sollen.
Der persönlichkeitsbildende Wert, den man von der Erfüllung der Lernziele
im kognitiven Bereich erwartet, wird erst dann wirksam erschlossen, wenn
aus der Beschäftigung mit den Inhalten und Problemstellungen des Fachunterrichts Folgerungen für das eigene Verhalten und die Sinnerfüllung des
eigenen Lebens gezogen werden. Es wird daher einerseits erwartet, daß
eine intensive Begegnung mit den Inhalten des Lateinunterrichts und die
sinnvolle Anwendung seiner Methoden die Bereitschaft und Fähigkeit des
Schülers zu wissenschaftlicher Haltung, Selbstverwirklichung und sozialer
Verantwortung fördert. Umgekehrt kann aber auch das Vorhandensein solcher Haltungen und Einstellungen die Unterrichtsarbeit positiv beeinflussen und damit den Unterrichtserfolg verbessern. Außerdem hängen Reife
und Mündigkeit des Schülers nach dem Besuch der gymnasialen Oberstufe
weitgehend von einer gleichmäßigen Förderung sowohl der kognitiven
Fähigkeiten als auch der affektiven Einstellungen ab. Aus den genannten
Gründen muß die Unterrichtsgestaltung die affektiven Lernziele bewußt einbeziehen.
2.2.1 Wissenschaftlichkeit
- Sachlichkeit und Distanz in der Bemühung, mit Genauigkeit und Sorgfalt
die Richtigkeit von Textaussagen und von Lösungen bei der Texterschließung zu überprüfen
- kritisches Verwenden von Beurteilungsmaßstäben und Klären eigener
Wertvorstellungen bei der Aufgabe, in Anwendung des komparativ-kontrastiven Prinzips ständig Sachverhalte, Aussagen und Intentionen beurteilen und damit Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden zu
müssen
- Bereitschaft zu methodisch überprüfbarem Vorgehen und zu größtmöglicher Objektivität
- Beharrlichkeit bei der Anwendung sachgerechter Methoden aus der
Erfahrung heraus, daß schwierige Probleme, wie sie besonders bei der
Übersetzung und Interpretation antiker, d. h. dem vertrauten Verständ-
10
nishorizont fernliegender Texte gegeben sind, sich so am ehesten lösen
lassen
- Einsicht in die Subjektivität des eigenen Denkens und Urteilens und in
die dadurch gezogenen Grenzen, in die Relativität der eigenen Stellung
und der Gegenwart allgemein; daraus resultierend ein historisches
Bewußtsein, das inhaltlich durch die Beschäftigung mit antiker Literatur
und Kunst und mit der Rezeptionsgeschichte ihrer Vorstellungen, Motive und Formen um Wesentliches bereichert wird.
2.2.2 Selbstverwirklichung
- Offenheit für den Umgang mit kulturell fremdartigen Gegenständen;
Erfahrung, daß die Begegnung mit den Inhalten des Lateinunterrichts
zur eigenen Persönlichkeitsentwicklung beiträgt
- Freude aus dem Erlebnis, daß es sich lohnt, sich mit lateinischen Texten, in der Regel Dichtung oder Kunstprosa von hohem inhaltlichen Niveau und besonderer ästhetischer Qualität, auseinanderzusetzen
- Bereitschaft und Fähigkeit zu kontrolliertem Umgang mit den eigenen
Affekten, ohne daß Kreativität und Spontaneität, wo sie sinnvoll und notwendig sind, eingeengt werden
- Bereitschaft und Fähigkeit zur Relativierung eigener Wertvorstellungen
und zur Auseinandersetzung mit ihnen.
2.2.3 Soziale Verantwortung
- Toleranz gegenüber Wertungen anderer
- Bereitschaft, mit anderen in sinnvolle Diskussion über Wertvorstellungen einzutreten
- Bereitschaft und Fähigkeit, auch aus dem Potential der europäisch humanistischen Tradition und der darin angesammelten mitmenschlichen Erfahrung Konsequenzen für das eigene soziale Verhalten zu ziehen
- Bereitschaft, sich mit Gegenständen zu beschäftigen, die der eigenen
unmittelbaren Realität zunächst fernliegen, und damit eine von Zwang
und starrer Zweckbindung befreite spielerische Form kultureller, geistiger Betätigung zu verwirklichen und in seinem sozialen Verhalten wirksam werden zu lassen.
2.3 Kognitive Lernziele
Die drei Bereiche der kognitiven Lernziele umfassen grundlegende und weiterführende Lernziele. Sie sind immer aufeinander bezogen und müssen
daher als Einheit betrachtet werden.
11
2.3.1 Kenntnis der lateinischen Sprache
- Kenntnis eines Grundvokabulars, das einen Kulturwortschatz einschließt, d. h. Wörter, von denen eine die europäische Kultur prägende
Kraft ausgegangen ist
- Kenntnis eines Aufbauvokabulars, d. h. solcher Wörter, die in den gelesenen Texten häufiger vorkommen oder für deren Verständnis von besonderer Bedeutung sind
- Kenntnis wichtiger Lautgesetze und Wortbildungsregeln
- Beherrschung der Formenlehre, soweit sie für die Texterschließung notwendig ist
- Beherrschung der syntaktischen Strukturen und ihrer Funktionen,
soweit sie für die Texterschließung notwendig sind
- Fähigkeit, lateinische Texte in korrekter Aussprache sinngemäß zu
lesen
- Kenntnis einiger wichtiger Metren und Fähigkeit, in diesen Metren abgefaßte lateinische Verse vorzutragen.
2.3.2 Fähigkeit zur Sprach- und Textreflexion
- Fähigkeit, mit Hilfe der Lautgesetze und Wortbildungsregeln Wortbedeutungen zu erschließen
- Fähigkeit, Fremdwörter, Fachtermini sowie sprachverwandte Wörter im
Deutschen und in anderen lebenden Sprachen mit Hilfe des lateinischen
Vokabulars zu verstehen
- Fähigkeit, semantische und syntaktische Grundstrukturen der lateinischen Sprache zu erkennen und mit entsprechenden Strukturen des
Deutschen und anderer Sprachen zu vergleichen
- Fähigkeit, die Bedeutung und Funktion lateinischer Wörter, Wendungen,
Formen und syntaktischer Strukturen im Kontext zu erfassen
- Fähigkeit, verschiedene Stil- und Sprachebenen in lateinischer Poesie
und Prosa zu unterscheiden
- Kenntnis verschiedener Verfahren der Sprachbeschreibung
- Fähigkeit, lateinische Originaltexte zu verstehen und sachlich zutreffend, sprachlich richtig und stilistisch angemessen zu übersetzen
- Fähigkeit, die Qualität einer vorgegebenen Übersetzung durch Vergleich
mit dem Original zu überprüfen und verschiedene Übersetzungen untereinander mit Bezug auf den Originaltext zu vergleichen
- Einsicht in den Übersetzungsvorgang und in die Problematik jeder Übersetzung
- Kenntnis verschiedener Interpretationsmethoden und Fähigkeit, sie
sinnvoll anzuwenden
12
-
-
Fähigkeit, stilistische und metrische Phänomene in Poesie und Prosa zu
erkennen und ihre Bedeutung für den Textzusammenhang zu beschreiben
Fähigkeit, Texte unter Berücksichtigung der Beziehungen zwischen
Form und Inhalt auf die Aussageabsicht des Autors hin zu interpretieren
Einsicht in die Abhängigkeit eines Textes von der literarischen Tradition
Einsicht in die Wechselwirkung zwischen dem Text und der Situation
des Autors und seiner Zeit
Einsicht in die Begrenztheit der Interpretationsmethoden und in die Vorläufigkeit und Zeitgebundenheit jeder Interpretation.
2.3.3 Einblick in die lateinische Literatur, die in ihr vermittelten Inhalte
und ihre Wirkungsgeschichte
- Kenntnis repräsentativer Texte aus verschiedenen Epochen der lateinischen Literatur durch Originallektüre
- Kenntnis repräsentativer Inhalte und Fragestellungen der lateinischen
Literatur und Einblick in ihre aktuellen Bezüge
- Kenntnis der Merkmale und Funktionen einiger von den Römern geprägter oder weiterentwickelter literarischer Gattungen, darunter mindestens einer Gattung der Poesie
- Kenntnis derjenigen biographischen Daten der behandelten Autoren, die
für ihre geistesgeschichtliche Einordnung wichtig sind
- Fähigkeit, römische Leitbegriffe und die ihnen zugrundeliegenden Wertund Zielvorstellungen in ihrer gesellschaftlichen und geschichtlichen
Bedeutung und Problematik zu erkennen
- Kenntnis philosophischer Fragestellungen und Begriffe in ihrem ideengeschichtlichen Zusammenhang
- Kenntnis von wesentlichen historischen und kulturellen Erscheinungen
und Vorgängen sowie von Werken der antiken Kunst und Technik, soweit sie für das Verständnis und für die Einordnung eines Textes in den
kulturellen Zusammenhang notwendig sind und zur Verdeutlichung der
übergeordneten Problemstellung dienen
- Fähigkeit, thematisch einander zugeordnete Texte - auch aus verschiedenen Epochen - in ihrer Aussageabsicht zu vergleichen
- Einblick in das Fortwirken repräsentativer Formen, Motive, Stoffe und
Fragestellungen der lateinischen Literatur in der europäischen Tradition
-
Fähigkeit, in der Literatur der Antike fundamentale Existenzfragen zu
erkennen und aus der Sicht der Gegenwart dazu Stellung zu nehmen.
13
3
Unterrichtsinhalte
3.1 Auswahlkriterien
Die Frage der richtigen Auswahl der Texte und sonstiger Unterrichtsinhalte
ist mit der Lernzielproblematik eng verknüpft: Auch die allgemeinen, fachübergreifenden Lernziele, wie sie sich aus den Bedürfnissen der Gegenwart
ergeben, lassen sich nicht unabhängig von Gegenständen realisieren; erst
in der Auseinandersetzung mit dem Stoff werden sie konkret. Die Gegenstände wiederum und die an sie geknüpften Fachlernziele dürfen sich nicht
soweit verselbständigen, daß die übergeordneten Lernziele aus dem Blick
geraten. Demnach ist ebenso wie die Formulierung allgemeiner Lernziele
stets auch die Auswahl von Unterrichtsinhalten abhängig von Fragen, Problemen und Bedürfnissen der Gegenwart. Da diese, trotz einer gewissen
Konstanz in den Grundfragen, Veränderungen und Akzentverschiebungen
im einzelnen unterliegen, würde durch die Aufstellung eines festen Kanons
von Inhalten deren Isolierung begünstigt und die Aktualisierung erschwert
werden.
Andererseits müssen sich die für das Fach Latein spezifischen Gegenstände und Methoden und die durch sie angestrebten Fachlernziele mit ihrem
Eigengewicht auf den Auswahlprozeß auswirken. Bei der Festlegung von
Themen werden daher vorrangig solche Gegenwartsfragen berücksichtigt,
für deren Behandlung gerade die Fachgegenstände und Fachmethoden
des
Lateinunterrichts ihren besonderen Beitrag leisten können. Vorschnelle
Scheinaktualisierung wird so am ehesten vermieden. Dagegen erschließt
die sinnvolle Ausnutzung des in den fachspezifischen Gegenständen vorhandenen didaktischen Potentials die Möglichkeiten des Faches Latein für
eine sachgerechte Aktualisierung.
Die Aufgabe besteht also darin, in einem Prozeß des ständigen Abwägens
die übergeordneten allgemeinen Lernziele und die fachspezifischen Gegenstände, Methoden und Lernziele in eine möglichst enge und fruchtbare
Beziehung zu setzen.
Daraus ergeben sich zwei Reihen von Auswahlkriterien, die noch nicht an
Inhalte gebunden sind:
Allgemeine Kriterien
Die allgemeinen Kriterien werden gewonnen unter Berücksichtigung gesellschaftlicher, anthropologischer, pädagogischer und lernpsychologischer
Gesichtspunkte.
Texte und sonstige Unterrichtsinhalte, die solche Kriterien aufweisen,
1) werden in einem Auswahlvorgang gefunden, der sich an den Lernzielen
und deren sinnvoller Kombination und Abfolge orientiert;
2) sind für einen lernzielorientierten Lernprozeß geeignet strukturiert:
- exemplarisch, überschaubar, in sich geschlossen, anschaulich
14
-
begreiflich, dem Alter und dem Erfahrungshorizont des Schülers
angemessen
- ergiebig, perspektivenreich und interessant
- geeignet für den Transfer, für die Entwicklung des Schülers bedeutsam
- kreativitätsfördernd;
3) besitzen ästhetische Qualität und wecken Sinn für ästhetische Phänomene;
4) sind unter methodischen Gesichtspunkten
- gut zu erschließen
- mit vertretbarem Zeitaufwand zu erarbeiten
- dem jeweiligen Leistungsstand der Lerngruppe angemessen
- geeignet, die Selbständigkeit der Schüler zu fördern;
5) eignen sich für Lernerfolgskontrollen:
- sind quantitativ ausreichend
- lassen eine differenzierte Aufgabenstellung zu.
Fachbezogene Kriterien
Texte und sonstige Unterrichtsinhalte, die solche Kriterien aufweisen,
1) sind repräsentativ für Inhalte und Methoden des Faches Latein;
2) berücksichtigen den literarischen Rang bzw. die literarhistorische
Bedeutung des Werkes/Autors;
3) repräsentieren wichtige literarische Formen und Darstellungsweisen;
4) lassen wesentliche Aspekte des Gesamtwerkes erkennen;
5) sagen Wesentliches über die römische Welt und über römisches Denken
und Empfinden aus;
6) enthalten typische Züge antik-abendländischen, humanistischen und
christlichen Denkens.
Aus diesen beiden Kriterienreihen ergibt sich: Die Forderung, bei der Auswahl von Lerninhalten von Fragen, Problemen und Bedürfnissen der Gegenwart auszugehen, darf nicht vordergründig verstanden werden. Aufgabe des
Lateinunterrichts ist es vielmehr, diese Fragen, Probleme und Bedürfnisse
der Gegenwart mit Hilfe der fachspezifischen Möglichkeiten aufzuarbeiten,
zu vertiefen, zu verallgemeinern und so die Selbst- und Weltkenntnis des
Schülers in der Auseinandersetzung mit Texten in lateinischer Sprache und
mit der in ihnen sichtbar werdenden Kultur zu erweitern und zu differenzieren.
Besonders die fachbezogenen Kriterien setzen klare Akzente im literaturgeschichtlichen und inhaltlichen Bereich: Repräsentativ für die Inhalte des
Faches Latein sind vor allem Texte aus Prosa und Dichtung der republikanischen Zeit und der frühen Kaiserzeit. Aus ihnen sollen daher mindestens
zwei Drittel der auf der Oberstufe zu behandelnden Texte ausgewählt werden; denn besonders in Werken dieser Zeit ist Wesentliches über die römi-
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sche Welt und über römisches Denken und Empfinden ausgesagt. Daneben
sollten Texte aus der Spät- und Nachantike, in denen christliches und/oder
humanistisches Denken sich äußert, Gegenstand des Lateinunterrichts auf
der Oberstufe sein.
3.2 Gegenstandsbereiche
Die Anwendung der Auswahlkriterien auf die Fachgegenstände führt zur
Auswahl geeigneter Unterrichtsinhalte und zur Formulierung von Kursthemen. Die Kursthemen sind den vier Halbjahren der Kursstufe so zuzuordnen,
daß in ihrem Verlauf alle Fachlernziele berücksichtigt werden können. Zu
diesem Zweck werden die Inhalte in vier Gegenstandsbereiche gegliedert:
in den Basisbereich Sprache - Literatur und in die drei weiteren Gegenstandsbereiche Gesellschaft - Kultur, Politik - Geschichte und
Philosophie - Religion.
Diese Gegenstandsbereiche sind zwangsläufig sehr allgemein formuliert.
Damit ihr inhaltlicher Umfang besser erkennbar ist, werden sie weiter aufgefächert. Die so gewonnenen Teilbereiche lassen sich noch vermehren, wenn
man sie stärker differenziert oder zusätzliche Aspekte aufnimmt. Vielfältige
Überschneidungen sind nicht nur unvermeidbar, sondern sogar wünschenswert, da sie einer ungerechtfertigten Isolierung einzelner Bereiche entgegenwirken.
Die Bedeutung der Teilbereiche und ihrer Gegenstände und Fragestellungen für das Auffinden und Ausgestalten von Kursthemen hängt davon ab,
wie viele untergeordnete thematische Aspekte sie enthalten und wieweit sie
die Bildung der beabsichtigten Kursschwerpunkte ermöglichen. Dabei empfiehlt es sich, für verschiedene Kursthemen die Gegenstände und Fragestellungen des jeweiligen Bereichs immer wieder neu und möglichst vielfältig
zu kombinieren.
Alle Teilbereiche eines Gegenstandsbereichs in einem Kurs zu erfassen ist
weder möglich noch wünschenswert. Doch soll der Lehrer bei der Gestaltung eines Kursthemas einen Einblick in den Aspektreichtum des jeweiligen
Gegenstandsbereichs vermitteln und damit zugleich einen Überblick geben
über den Schwerpunktbereich des jeweiligen Halbjahres.
Grundlage des Lateinunterrichts in der gymnasialen Oberstufe sind immer
Texte, in der Regel Texte von hohem literarischem Rang. Die Inhalte des
Bereichs Sprache - Literatur haben daher Basisfunktion. Sie sind auch in
solchen Kursen in angemessenem Umfang Gegenstand des Unterrichts,
deren Schwerpunkt in einem der weiteren Gegenstandsbereiche liegt. Im
Profil A (vgl. 5.1) sollte der Schwerpunkt eines Kurses auch aus dem Basisbereich selbst gewählt werden.
Der Basisbereich und die weiteren Gegenstandsbereiche sind im folgenden
jeweils in Teilbereiche und thematische Aspekte aufgegliedert; ihnen sind
geeignete Autoren und Texte zugeordnet. Diese Angaben sind jedoch nur
als Hinweise gedacht; sie lassen sich durch andere Autoren und Texte
ersetzen bzw. erweitern.
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Teilbereiche / thematische Aspekte
Autoren / Texte
Basisbereich
Sprache - Literatur
Sprachebenen und Sprachepochen
(synchronisch und diachronisch)
Sprachstrukturen allgemein und lateinische Sprachstrukturen im Vergleich mit denen anderer Sprachen
ästhetische Qualität von Texten
Textstrukturen, Textsorten
an allen Texten realisierbar
Texterschließungs- und Interpretationsmethoden
Bedeutung von Kontext, Gesamtwerk, Person und Umwelt des
Autors für die Texterschließung
literarische Formen und Ausdrucksmöglichkeiten und vergleichbare
Stilentwicklungen in Malerei,
Plastik und Architektur
Formen und Theorie der Rhetorik
Formen und Theorie der Poesie
Rezeption und Tradierung von Inhalten und Motiven
Ovid; Vergil; christliche Legenden
Cicero, Reden und rhetorische
Schriften;
(Aristoteles, Rhetorik); Quintilian
Ovid; Vergil; Catull; Horaz, opera,
speziell ars poetica; (Aristoteles,
Poetik)
Cicero; Ovid; Vergil; Seneca
Weitere Gegendstandsbereiche
1. Gesellschaft - Kultur
wirtschaftliche und soziale
Verhältnisse
römische Rechtsverhältnisse
römischer Alltag
Religion und Kultus
Sallust, Catilina; Komödie; Cato
maior; Martial; Satire
Cicero, Reden; Livius; Corpus iuris;
XII Tafeln
Plinius d. J.; Satire; Komödie;
Cicero, Briefe; Martial; Petron
Cicero, de natura deorum; Livius;
christliche Texte
17
Teilbereiche / thematische Aspekte
Autoren / Texte
Erziehung und Bildung
Cicero, Briefe, rhetorische Schriften; Seneca; Quintilian; Tacitus, dialogus
die römische Familie
Probleme des einzelnen in der
Gesellschaft
Komödie
Sallust, Catilina; Ovid; Seneca; Catull
Selbstverständnis des einzelnen
Augustus, monumentum Ancyranum; Seneca; Elegie; Catull
Verhältnis zur Kunst; Architektur
und Technik als Ausdruck römischer Eigenart
Cicero, in Verrem; Augustus; außerliterarische Werke der Malerei,
Plastik, Mosaistik, Architektur und
Ingenieurkunst
Phaedrus; Martial; Petron;
Komödie; Satire; Tacitus, Germania;
Catull
Gesellschaftskritik
Sozialkritik
Livius, Ständekämpfe; Seneca
2. Politik - Geschichte
politische Entwicklungen
Caesar; Cicero, Reden und Briefe;
Augustus, monumentum Ancyranum; Livius, 1. Dekade;
Tacitus
historische Entwicklungen
Livius; Tacitus; Sallust; Eugippius
politische Auseinandersetzungen
Caesar; Sallust; Cicero; Livius; Tacitus
Tertullian; Augustin; Christenverfolgungen; Kreuzzüge
religiös-weltanschauliche Auseinandersetzungen
römische Außenpolitik
Geschichte, Geschichtsschreibung,
Geschichtsdenken
Politik und Rhetorik
Caesar; Augustus; Livius; Cato, pro
Rhodiis; Tacitus; Cicero, ad Quintum fratrem; Sallust
Sallust; Vergil, Aeneis; Livius;
Tacitus; Velleius Paterculus
Sallust, Cat. 51 f.; Cicero, Reden und
rhetorische Schriften; Tacitus, dialogus
18
Teilbereiche / thematische Aspekte
Autoren / Texte
Staat und Religion
Vergil, Aeneis; Horaz; Augustus; Livius; Plinius d. J.; Tertullian; Augustin; Märtyrerakten; Minucius Felix;
Symmachus; Tacitus, Christenkapitel
Foren; Triumphbögen; Arenen;
Aquädukte; Thermen; Tempel;
Augustus
Sallust; Livius; Tacitus; Augustin,
de civitate dei
Livius; Einhard; christliche Legenden; Notker
repräsentative Baukunst
Ideologiekritik
Legendenbildung
3. Philosophie - Religion
Staatsformen, politische Philosophie
römisches Rechtsdenken
Theoriebildung
Cicero, staatspolitische Schriften;
(Polybios; Platon; Aristoteles)
Cicero, de legibus; XII Tafeln;
Digesten; Pandekten; Corpus iuris;
Spinoza; Descartes
Lukrez; Cicero; Augustin; (Vorsokratiker; Platon; Aristoteles)
Philosophie und Geschichte
religiös-weltanschauliche Fragestellungen
christliches und humanistisches
Denken
Augustin; Cicero, de re publica
Cicero, de finibus; Vergil, Aeneis;
Lukrez; Seneca; Salvian
Augustin; Vulgata; Lactanz;
Petrarca; Erasmus
Wissenschaft und Weltanschauung
philosophische Lebensformen
Lukrez
Cicero, de finibus und de officiis;
Boëthius; Petrarca; Erasmus;
Spinoza
Ideologiekritik
Seneca; Augustin
19
4 Unterrichtsverfahren
Wenn auch spontanes Verständnis lateinischer Texte durchaus möglich ist,
bedarf es wegen ihrer Komplexität in der Regel doch besonderer Verfahren
der Texterschließung. Diese sind vor allem das Übersetzen, das Interpretieren sowie der Sprach- und Textvergleich. Im Rahmen des themenorientierten Lektüreunterrichts der gymnasialen Oberstufe haben diese Verfahren
nicht mehr nur funktionale Bedeutung, sondern sind selbst auch Gegenstand der Reflexion.
4.1 Verfahren der Texterschließung
4.1.1 Übersetzen
Übersetzen ist der Prozeß der Texterschließung und die Methode zur Steuerung dieses Vorgangs; das Ergebnis aus beiden ist die Übersetzung. Übersetzen als Prozeß ist ein bilingualer, komplexer, vom Interpretieren nicht zu
trennender Vorgang und als Methode ein sprachvergleichendes Verfahren
mit dem Ziel, eine Übersetzung als Ergebnis der Verständigung über das Original zu erstellen. Prozeß, Methode und Ergebnis stehen unter der Forderung, Form und Inhalt des Originaltextes so genau wie möglich in die Muttersprache umzusetzen.
Wenn auch eine vom Lernenden angefertigte Übersetzung selten den Wert
einer guten literarischen Übersetzung erreichen wird, so ist doch der pädagogische Wert einer solchen produktiven Leistung als sichtbares Ergebnis
der Texterschließung und des Textverständnisses hoch zu veranschlagen.
Denn als Verfahren der Sinnerschließung und als Verstehensprozeß endet
das Übersetzen in der Schule nicht bei vordergründigen Wort- und Sinngleichungen und führt auch nicht zum Nachvollzug des ursprünglichen Schreibvorgangs des Autors, sondern zum Nachbilden eines Textes, das sich unter
ständigem Vergleichen zwischen Muttersprache und Fremdsprache vollzieht und durch ein Vorverständnis des im Text Gesagten gesteuert wird.
Qualität und Intensität dieses dialektisch verlaufenden Prozesses der
sprachlichen und inhaltlichen Erschließung und das damit zugleich angestrebte Ziel des Leseverstehens sind abhängig vom Grad der erreichten
Sprachkompetenz im Sinne grammatischer und semantischer Kenntnisse
(auch in der Muttersprache), der erzielten Sachkompetenz im Sinne einer
Kenntnis der außersprachlichen Wirklichkeitsbereiche und der Methodenkompetenz im Sinne des Sprachvergleichs zwischen Muttersprache und
Ausgangssprache.
Der Lernende ist an eine Textvorlage gebunden, deren komplexe sprachliche Form und Aussageabsicht nicht durch Umschreiben, sondern nur durch
gezieltes Anwenden der sprachlichen und sachlichen Kenntnisse entschlüsselt werden können. Damit dient das Übersetzen auch punktuellen
oder generellen Verständniskontrollen.
20
Beim Übersetzungsvorgang muß der Schüler im einzelnen die lexikalischen,
grammatischen und stilistischen Phänomene in Ausgangs- und Muttersprache vergleichen und die jeweils optimale Entsprechung in der Muttersprache auswählen. Dieses Auswählen als der eigentliche Übersetzungsprozeß
schärft in besonderem Maße den Blick für sprachliche Strukturen, fördert
exakte Begriffsbildung und weckt sprachästhetisches Empfinden.
Der intensive Vergleich zwischen Originaltext und den von Schülern angefertigten Übersetzungen oder auch von vorgegebenen Übersetzungen
erzieht zu bewußterem Umgang mit Muttersprache und Fremdsprache,
schafft ein Fundament für die Fähigkeit zu sachgerechter Übersetzungskritik und verdeutlicht die Situationsgebundenheit jeder Übersetzung.
4.1.2 Interpretieren
Unter Interpretieren sprachlicher Äußerungen können alle Akte der Deutung
eines Textes und auch die dazu angewandten Methoden verstanden werden. Interpretation als Begriff umschließt neben der Summe aller Deutungsvorgänge und -methoden außerdem Ziel und Ergebnis der Arbeit an Texten
im Lateinunterricht.
Bestimmend für alle Deutungsakte und -verfahren ist die Absicht, zu einem
möglichst umfassenden Textverständnis zu gelangen und damit zur
Bewußtseinserweiterung des Interpretierenden beizutragen.
Aus dem zeitlichen Abstand der antiken Kultur zur Gegenwart und aus der
Tatsache, daß bei thematischer Lektüre in der Regel Texte zunächst aus
ihrem originalen Zusammenhang herausgelöst werden, ergeben sich die
besonderen Forderungen an die Interpretationsmethoden im lateinischen
Lektüreunterricht der gymnasialen Oberstufe.
Der Schüler benötigt Informationen zu den sachlichen Voraussetzungen
und Hintergründen dieser Texte, er muß mit den Besonderheiten der verschiedenen Autoren vertraut gemacht werden und den einzelnen Text als
Teil des Gesamtzusammenhanges erkennen können.
Die Bereitschaft eines Schülers, sich mit diesen Texten zu befassen, hängt
nicht nur von deren Qualität und Thematik ab, sondern auch davon, inwieweit es gelingt, den Schüler zu befähigen, mit Hilfe eines geeigneten methodischen Instrumentariums nicht nur die sprachlichen, sondern auch die
sachlichen und inhaltlichen Probleme eines Textes in angemessener Zeit
und mit der notwendigen Sicherheit zu erkennen und zu lösen.
Es bedarf unterschiedlicher Interpretationsansätze und -methoden, um die
Ergebnisse in einen Gesamtrahmen einordnen, Objektivität im Sinne von
Vergleichbarkeit und Kontrollierbarkeit erreichen und so ein subjektiv
geprägtes Vorverständnis korrigieren zu können. Diese mit der Sache gegebene Fülle an Perspektiven und von daher geforderte Methodenvielfalt fördert einerseits die Selbständigkeit in der Anwendung dieser Methoden und
unterstützt damit die wissenschaftspropädeutische Funktion des Lateinun-
21
terrichts; andererseits ermöglicht sie ein genaues Erfassen der Textaussage, das Erschließen der Textintention und die Auseinandersetzung mit ihr;
sie klärt damit Werthaltungen und erweitert die Erlebnisfähigkeit.
4.1.3 Sprach- und Textvergleich
Unter Sprach- und Textvergleich wird im Lateinunterricht die Gegenüberstellung lateinischer Texte oder Textstellen desselben oder verschiedener
Autoren sowie einer oder mehrerer Übersetzungen mit dem lateinischen Original verstanden.
Das komparativ-kontrastive Verfahren der Texterschließung hat motivierende Wirkung, da es dem Schüler bei sorgfältiger Anleitung die Möglichkeit
bietet, zu gezielten Beobachtungen und begründeten Deutungen zu gelangen. Der Sprach- und Textvergleich schärft in besonderem Maße das Methodenbewußtsein, indem er die Fähigkeit schult, zu differenzieren, zu systematisieren, das Wesentliche zu erkennen und eine abgewogene Bewertung
vorzunehmen. Schließlich schafft die Methode des Vergleichens die Voraussetzung für sinnvolles Lernen - besonders im Lateinunterricht der gymnasialen Oberstufe -, weil sie zeigt, daß das Einzelphänomen grundsätzlich
Bestandteil eines wie auch immer gearteten Beziehungsgefüges ist.
Bei dieser Methode muß aber der Bezug zum lateinischen Originaltext
immer gewahrt bleiben, da sonst die Gefahr eines zu allgemeinen vergleichenden Literaturunterrichtes besteht, der sich von der lateinischen Sprache ablöst. Zur Vermeidung methodisch nicht abgesicherter Analogien
müssen die Vergleichstexte so umfangreich sein, daß sie mindestens einen
für das Thema relevanten Vergleichspunkt bieten, ihre Struktur klar erkennbar ist und ihr Kontext im erforderlichen Umfang deutlich wird. So sehr die
Vergleichsmethode geeignet ist, die Kenntnisse des Schülers in der lateinischen Sprache zu erweitern und zu vertiefen, so muß doch beim Gebrauch
zweisprachiger Textausgaben, wie er sich bei dieser Methode bewährt hat,
darauf geachtet werden, daß das selbständige Entschlüsseln lateinischer
Texte durch den Schüler nicht vernachlässigt wird.
Da lateinische Texte niemals nur als Informationsträger, sondern immer
auch und vor allem als komplexe, in Schriftform vorliegende sprachliche
Äußerungen Gegenstand des Unterrichts sind, bezieht sich die Methode des
Vergleichens auf die drei Ebenen Sprache, Literatur und Textpragmatik.
Sprache
Äquivalenzen und Differenzen ergeben sich im morphosyntaktischen,
semantischen und stilistischen Bereich. Verglichen werden z. B. Wortbildung, Wort-, Satz- und Gedankenverbindungen, Wortfolgen, Periodenbau
ebenso wie Bezeichnungsumfang und Bedeutungsinhalt von Wörtern. Da
auch die beste Übersetzung immer nur eine Annäherung an das Original
sein kann, wird ein Vergleich sinnvoll nur in dauerndem Rückbezug auf den
Originaltext, wobei gerade auf den metaphorischen Sprachgebrauch zu
achten ist. Die Beschäftigung mit stilistischen Fragen setzt die Fähigkeit
22
voraus, Stilmittel sicher zu identifizieren, damit ihre semantische und kommunikative Funktion angemessen beurteilt werden kann.
Literatur
Da besonders bei anspruchsvoller Literatur keine Interpretation alleinige
Gültigkeit beanspruchen kann, ermöglicht der Vergleich von Interpretationen, Nachdichtungen und Übersetzungen mit dem Original einen Einblick in
die Vielfalt von Verwendungsweisen literarischer Motive und Formen und
von ästhetischen und ethischen Beurteilungsprinzipien. Damit verbunden
ist die Diskussion über Rezeptionsprobleme wie Übersetzungstheorien,
sprachästhetische Auffassungen und Originalität.
Textpragmatik
Der lateinisch-deutsche Übersetzungsvergleich muß immer im Blick auf die
unterschiedliche kommunikative Funktion des lateinischen Originaltextes
und der Übersetzung vorgenommen werden. Der Vergleich weist auf die
jeweils besonderen Rezeptionsbedingungen hin: er kann z. B. die geistige
Welt von Autor und Übersetzer herausstellen, verschiedene Sprachepochen
mit ihren Ausdrucksmöglichkeiten und ihren sprachlichen und geistigen
Strukturen zum Gegenstand haben und überhaupt einen Einblick in die
Rezeptionsgeschichte geben; er kann aber auch den Schüler veranlassen,
seine eigene Rezeptionssituation zu reflektieren.
4.2 Formen des Lernens
Die übergeordneten Lern- und Erziehungsziele in der gymnasialen Oberstufe erfordern Lernformen, die sowohl die Selbständigkeit fördern als auch die
Bereitschaft und Fähigkeit zu sinnvoller Mitarbeit in der Gemeinschaft.
Die Auseinandersetzung mit Sprache und Geist der Texte, die im Lateinunterricht der gymnasialen Oberstufe gelesen werden, erfordert methodische
Strenge, aber auch Kreativität. Darin liegen Hilfe und Anreiz zugleich, selbständig nach Lösungen zu suchen. Andererseits ist der Lateinunterricht
wegen der historischen Distanz sowie wegen der Abstraktheit und Komplexität vieler Texte und Problemstellungen gerade in der gymnasialen Oberstufe in besonderer Weise auf solche sozialen Formen des Lernens angewiesen, die die zweckbestimmte Aktivität des einzelnen bewußt fördern und
in den Lernprozeß der Gruppe einbeziehen und umgekehrt aus der gemeinsamen Arbeit heraus dem einzelnen Anregungen und hilfreiche Hinweise
vermitteln.
Gespräch
Das entwickelnde Lehrgespräch eignet sich im lateinischen Lektüreunterricht dann, wenn Ergebnisse schnell erzielt werden müssen oder wenn bei
besonders komplizierten Sachverhalten ein anderer Zugang nicht möglich
erscheint.
23
Vorzuziehen ist i. a. das offene Gespräch, vor allem bei Interpretationsaufgaben. Hier werden alle Beiträge der Schüler angehört und erörtert,
Lösungsvorschläge weiterverfolgt und ggf. verworfen und damit auch Falsifikationserfahrungen ermöglicht.
Die Diskussion eignet sich zur Auseinandersetzung mit kontroversen Positionen. Doch darf sie nicht dem Zufall überlassen werden, sondern muß zielgerichtet sein; ihre Qualität wird darüber hinaus durch die Organisation
ihres Ablaufs und durch die Sachkenntnis der Teilnehmer bestimmt. Zur
Sicherung der Ergebnisse sollte ein Protokoll angefertigt werden.
Spezielle Formen der Diskussion wie Rundgespräch und Podiumsgespräch
werden nur im Ausnahmefall eingesetzt.
Gruppenarbeit
Die Gruppenarbeit (Partnerarbeit, Arbeit in Kleingruppen) ermöglicht es
dem Schüler in besonderem Maße, seine speziellen Fähigkeiten und Interessen einzusetzen; sie fördert das Leistungsvermögen des einzelnen, seine
Fähigkeit zur Kommunikation und Kooperation sowie seine Bereitschaft zu
Kritik und Selbstkritik. Dabei erfährt er unmittelbar die Vorteile, aber auch
die Grenzen der Arbeitsteilung.
Fast jede Form der Textarbeit ist für die Gruppenarbeit geeignet. Besonders
in kombinierten Kursen kann auf diese Unterrichtsform nicht verzichtet werden.
Vorbereitung und Planung erfordern vom Lehrer ein hohes Maß an Sorgfalt.
Er muß die Arbeitsmaterialien sichten, exakte Arbeitsanweisungen geben,
die erforderlichen Hilfsmittel bereitstellen und die Gruppen ständig beraten. Besonders wichtig ist die Zusammenfassung und Sicherung der Ergebnisse im gesamten Kurs.
In Großgruppen wird im Lateinunterricht wohl nur bei szenischen Aufführungen gearbeitet.
Einzelarbeit
Im Unterricht hat die Einzelarbeit, hier vor allem als Arbeit am Text, nur in
begrenztem Umfang Platz. Wichtig ist sie hingegen zur Bearbeitung einer
allgemein oder individuell gestellten Hausaufgabe, zur ergänzenden Lektüre, zum Beschaffen zusätzlicher Informationen, zum Erstellen eines Protokolls, eines Referats oder einer Facharbeit. Sie fördert die Selbständigkeit,
Eigeninitiative und individuelle Beteiligung am Unterrichtsgeschehen.
Darbietung
Die Lehrerdarbietung ist geeignet, wenn z. B. ein neues Kursthema vorgestellt oder in ein neues Gebiet eingeführt werden soll. Sie dient dazu, Überblick zu schaffen und Problemhorizonte abzustecken, und muß so angelegt
sein, daß der Schüler Interesse gewinnt und befähigt wird, einer längeren
24
Darstellung konzentriert zu folgen, das Wesentliche zu erfassen und ggf. in
einer Mitschrift festzuhalten.
Die Schülerdarbietung (Schülerreferat) fördert bei sorgfältiger Vorbereitung
durch den Lehrer und bei klarer Abgrenzung des Themas in erster Linie die
selbständige Arbeit des einzelnen Schülers. Um zu gewährleisten, daß das
Referat zu einem Erfolg für die gesamte Gruppe wird, sollte sich der Lehrer
über Zwischenergebnisse informieren und erst nach Sicherstellung der
Ergebnisse den Schüler referieren lassen.
Neben größeren Arbeitsvorhaben, die sich auf die Biographie eines Autors,
sein literarisches Werk insgesamt, den zeitgeschichtlichen Rahmen, die
Rezeptionsgeschichte und Archäologisches beziehen können, eignen sich
kurze Referate von höchstens zehn Minuten Dauer zur Vermittlung von
Sachinformationen.
4.3 Medien und Hilfsmittel
Neben den Texten sollten im Lateinunterricht zur Förderung der Motivation
und zur Veranschaulichung geeigneter Inhalte auch andere Medien eingesetzt werden. Dabei ist nicht nur an Wandtafel, Folien und Landkarten, sondern an den gesamten Bereich der audiovisuellen Medien zu denken.
Für die Arbeit am Text müssen den Schülern folgende Hilfsmittel zugänglich sein:
- je ein lateinisch-deutsches Schulwörterbuch, das in ausreichendem
Maße den Wortschatz der Lektüre berücksichtigt
- eine ausführliche Schulgrammatik
- Kommentare und Übersetzungen
- Sachlexika und Realienbücher
- sonstige ausgewählte Sekundärliteratur.
Diese Hilfsmittel werden verwendet, soweit sie nicht die angestrebten
Unterrichtsergebnisse vorwegnehmen. Ihr Einsatz muß auch unterrichtsökonomisch sinnvoll sein.
25
5 Organisation des Unterrichts
5.1 Die Profile des Lateinunterrichts in der gymnasialen Oberstufe
Der Lateinunterricht der gymnasialen Oberstufe führt entweder im Profil A
als Latein I (1. Pflichtfremdsprache ab Klasse 5) und als Latein II (2. Pflichtfremdsprache ab Klasse 7) oder im Profil B als Latein III (Wahlsprache ab
Klasse 9) den Fachunterricht aus dem Sekundarbereich I fort, oder er setzt
mit Eintritt in die Vorstufe im Profil C als Latein IV neu ein.
Diesen Profilen entsprechen am Beginn der gymnasialen Oberstufe drei
unterschiedliche Fachleistungsniveaus; auf ihnen bauen in der Kursstufe
jeweils Grund- und Leistungskursfolgen auf. In jedem Profil ist Latein als
Prüfungsfach möglich.
Unabhängig davon, ob Latein in der gymnasialen Oberstufe weitergeführt
wird (Profil A und B) oder neu einsetzt (Profil C), gelten im Bereich der
Sprach- und Textreflexion grundsätzlich dieselben Zielvorstellungen, abgestuft nach Grund- und Leistungskurs; die inhaltlichen Anforderungen sind in
den Profilen B und C im Vergleich zum Profil A eingeschränkt.
Darüber, wieweit Kurse von unterschiedlicher Lernausgangslage oder/und
unterschiedlichem Anforderungsniveau in der Kursstufe zusammengefaßt
werden, und über die Bildung gemeinsamer Kurse benachbarter Schulen
entscheiden die jeweiligen Schulen. (Auf die Verordnung über die gymnasiale Oberstufe vom 12. März 1981[VGO], Erg. Reg. u. Erl. zu § 11, Nr. 2 Abs. 3
wird hingewiesen.)
Die formalen Bedingungen für den Erwerb des Kleinen Latinums, des Latinums und des Großen Latinums sind in der Verordnung über die Abschlüsse
in der gymnasialen Oberstufe, im Fachgymnasium, im Abendgymnasium
und im Kolleg vom 21.12.1982, Erg. Best. zu § 22 festgelegt.1)
Für die inhaltlichen Bedingungen wird auf Anhang III zu diesen Rahmenrichtlinien verwiesen.
1)
Vgl. die Übersicht im Anhang IV zu diesen Rahmenrichtlinien.
26
27
5.2 Die Vorstufe
Die Vorstufe bereitet den Schüler nicht nur auf die steigenden Anforderungen der Kursstufe vor, sondern stellt gegenüber dem Unterricht bis Klasse
10 ihrerseits gesteigerte Ansprüche im Bereich schon behandelter Lernziele
und hat insofern Fortsetzungscharakter. Der Lateinunterricht in der Vorstufe kann also die vorher erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzen. Das Ziel der Vorstufe ist es, diese Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern und zu vertiefen, Defizite auszugleichen, aber auch die Kenntnisse und
Fähigkeiten auf neuen Gebieten zu schulen und so zwischen dem voraufgegangenen Unterricht und der Kursstufe zu vermitteln. Dazu sind bei Bedarf
die Ausgleichskurse mit mindestens zwei zusätzlichen Wochenstunden heranzuziehen.
Sofern der Lateinunterricht in der Vorstufe neu einsetzt (Profil C), bezieht er
verstärkt die grammatisch-sprachlichen und literarischen Vorkenntnisse in
anderen Fremdsprachen mit ein. Gerade bei der Kürze des Lehrgangs ist es
wichtig, durch Einbindung des Stoffes in bereits bekannte Zusammenhänge
den Lernprozeß ökonomisch zu steuern und das Lernen zugleich zu intensivieren.
5.3 Die Kursstufe
In der Kursstufe wird Latein als Grundkursfach mit 3 Wochenstunden oder
als Leistungsfach mit 5 oder gem. VGO, Erg. Reg. u. Erl. zu § 11 Nr. 2 Abs. 2
mit 6 Wochenstunden unterrichtet.
Kriterien zur Unterscheidung von Grund- und Leistungskurs
Grundsätzlich ist jeder thematische Bereich und sind alle Methoden sowohl
für Grund- als auch für Leistungskurse geeignet, soweit in ihnen Originallektüre betrieben wird. Grund- und Leistungskurse sind wissenschaftspropädeutisch. Ebenso unterscheiden sich die Lernziele der Grundkursfolge von
den Lernzielen der Leistungskursfolge weder nach Zahl noch Art, sondern
nur im Anspruchsniveau. Grundsätzlich aber gilt, daß die höheren Lernzielebenen des Transfers und des problemlösenden Denkens auch im Grundkurs anzustreben sind; doch müssen sie im Leistungskurs häufiger erreicht
werden als im Grundkurs.
Der geringeren Wochenstundenzahl des Grundkurses ist durch Einschränkungen im Bereich der Gegenstände und Bevorzugung zeitsparender
Methoden Rechnung zu tragen. Damit ergibt sich - im Unterschied zum
Leistungskurs - für den Grundkurs:
- Das Thema wird innerhalb eines thematischen Gesamtbereichs enger
gefaßt.
- Der Umfang der lateinisch gelesenen Texte ist geringer; doch ist auch in
Grundkursen die Lektüre einer Vielzahl zu knapper Textproben zu vermeiden. Zur Ergänzung der Originallektüre werden verstärkt Übersetzungen herangezogen.
28
-
-
Inhalte und Problemstellungen werden vorwiegend exemplarisch und
orientierend behandelt; der Grad der Abstraktion und der Differenzierung ist geringer.
Kenntnisse, insbesondere im Lernzielbereich 2.3.3, sind ihrem Umfang
nach zu begrenzen; die im Bereich der Poesie geforderten Kenntnisse
können in den Profilen B und C auch in einem Kurs erworben werden, in
dem neben Prosatexten in ausreichendem Umfang poetische Texte behandelt werden.
Die Aufgaben sind weniger komplex, eher kurzschrittig, auf bestimmte
Fragestellungen beschränkt; es werden verstärkt Hilfen bereitgestellt.
5.4 Kursarten1)
5.4.1 Kurse mit themenorientierter Originallektüre (s. Tabelle zu
Die Teilbereiche und thematischen Aspekte eignen sich nicht unmittelbar
als Kursthemen. Denn jedes nach den Auswahlkriterien entwickelte Kursthema ist so komplex, daß in ihm zwangsläufig Gesichtspunkte aus mehreren Gegenstandsbereichen zur Sprache kommen. Doch muß der Schwerpunkt jedes Kurses eindeutig einem dieser vier Bereiche zugeordnet werden. Diese Zuordnung muß aus der Kursbeschreibung eindeutig erkennbar
sein.
Kern- oder Basistext ist ein umfangreicherer, möglichst geschlossener Text,
der nach seinem Inhalt oder dem vom Kursleiter zu setzenden Interpretationsschwerpunkt eindeutig zu einem der vier Gegenstandsbereiche gehört.
An die Stelle eines solchen Textes können auch mehrere thematisch zusammengehörige Texte eines Autors oder höchstens zweier Autoren treten.
Ergänzungstexte sind in der Regel kurz; sie dürfen nicht ohne Erläuterung
ihres sprachlichen, kulturellen und historischen Kontextes vorgelegt werden. Dabei ergeben sich oft Nebenaspekte, die den Schwerpunktbereich
überschreiten. Sie sind im erforderlichen Umfang einzubeziehen. Dasselbe
gilt für Sekundärliteratur, außerliterarische Zeugnisse und Material zur
Aktualisierung oder zum kontrastiven Vergleich.
5.4.2 Kurse mit Originallektüre unter thematischen Aspekten (s. Tab. zu
In diesen Kursen wird Originallektüre betrieben, die aber noch nicht einem
einzigen Thema zugeordnet ist. Vielmehr werden anhand eines oder mehrerer Texte verschiedene thematische Aspekte aus den Gegenstandsbereichen aufgenommen; dabei bestimmen die thematischen Aspekte die Textauswahl in stärkerem Maße, als dies im voraufgegangenen Unterricht möglich war.
In allen drei Profilen müssen im Verlauf des Unterrichts mit Originallektüre
unter thematischen Aspekten alle vier Gegenstandsbereiche in ausreichend
großem Umfang behandelt werden.
1
) Die Beschreibung der Kursarten gilt sinngemäß auch für den Unterricht in der Vorstufe.
29
5.4.3 Kurse zur Vermittlung und Festigung von Elementarkenntnissen
Diese Kurse dienen überwiegend dazu, auf der Grundlage kürzerer lateinischer Texte elementare Kenntnisse und Fertigkeiten in der Sprache und in
der Interpretation zu vermitteln.
Sobald diese elementaren Kenntnisse und Fähigkeiten hinreichend vorhanden sind, werden Originaltexte -gegebenenfalls in erleichterter Form herangezogen und unter thematischen Leitlinien behandelt (s. Tabelle zu
vgl. auch die Rahmenrichtlinien für das Gymnasium, Klasse 7-10,
Latein, Abschnitt 2.1.1, Bereich: Lateinische Literatur).
5.4.4 Projekte
Wenn sich auch Projekte vom Fachunterricht nach Themenstellung, Methoden, Arbeitsformen, Schülerrolle und Lehrerfunktion unterscheiden, so
erwachsen doch Ziele und Themen eines Projektes in der Regel direkt oder
indirekt aus Fragestellungen des Fachunterrichts oder aus Bedürfnissen,
denen der Fachunterricht nicht oder in nur geringem Maße gerecht werden
kann.
Projekte können eine wichtige Stütz- und Motivationsfunktion haben, dem
Fachunterricht zusätzliche Impulse geben und über das Fach hinausgreifende Fragehaltungen bewirken, indem sie
- in besonderem Maße auf die Interessen und Vorstellungen der Schüler
eingehen
- den Schülern ein breiteres und vielfältigeres Spektrum des im Fachunterricht behandelten Gegenstandes und seines gesamten literarischen
und nichtliterarischen Kontextes vermitteln
- die Eigentätigkeit der Schüler durch andere, im Fachunterricht kaum
anwendbare Methoden und Arbeitsformen fördern
- die Schüler erfahren lassen, daß zur Bewältigung solcher Projektthemen
unterschiedliche Disziplinen zusammenwirken müssen (z. B. Sprachwissenschaft, Geschichtswissenschaft, Philosophie, Archäologie, Theaterwissenschaft, neuere Literaturwissenschaften, Photographietechnik,
Naturwissenschaften)
- dem Fachlehrer mehr die Rolle des koordinierenden Partners und sachkundigen Beraters zuweisen.
Projekte können sich in der Organisationsform eines literarischen Zirkels
bewegen, die Aufführung eines Theaterstücks anstreben, kunsthistorische
und musisch-künstlerische Neigungen und Fähigkeiten fördern, der Vorbereitung und Durchführung einer Studienreise dienen u. a. m.
Gerade für den Lateinunterricht der gymnasialen Oberstufe sind daher mit
den Schülern sorgfältig geplante und erfolgreich durchgeführte Projekte als
der Bewertung entzogene, freiwillige und auch aus eigener Initiative
erfolgende Unterrichtsveranstaltungen eine wünschenswerte Ergänzung
des fachspezifischen Kursangebots.
30
5.5 Kursfolgen
Die Ausfüllung des ganzen Spektrums der im Kapitel 2 dieser Rahmenrichtlinien aufgeführten Lernziele kann nur in einem die gesamte Oberstufe
umfassenden, konsequent geplanten Unterricht angestrebt werden. Deshalb sind der Beschreibung der Kursfolgen bei jedem der drei Profile Ausführungen zum Unterricht in der Vorstufe vorangestellt.
5.5.1 Das Profil A
Im Profil A wird in der Vorstufe anhand von Originallektüre unter thematischen Aspekten, wie sie den Schülern aus dem vorherigen Lektüreunterricht
unter thematischen Leitlinien ansatzweise bereits bekannt ist, ein Einblick
in die Gegenstandsbereiche gegeben. Dabei gewinnt neben den Bereichen
Gesellschaft-Kultur und Politik-Geschichte der Basisbereich Sprache
-Literatur auch als eigenständiger Sachbereich besonders an Gewicht,
während der Bereich Philosophie-Religion erst ansatzweise einbezogen
wird. Im 2. Halbjahr der Vorstufe sollte sich der Lateinunterricht im Profil A
bereits auf ein einziges Thema konzentrieren und damit auf die themenorientierte Originallektüre der Kursstufe vorbereiten. Spätestens in der Vorstufe sind auch Texte aus der lateinischen Dichtung Gegenstand des Unterrichts.
Wenn an einer Schule Latein von Klasse 5 oder 7 an unterrichtet worden ist,
so ist grundsätzlich davon auszugehen, daß es in der Kursstufe auch als
Leistungsfach angeboten wird. Für die Entscheidung eines Schülers, Latein
als Grund- oder Leistungskurs weiterzuführen, ist es eine wichtige Voraussetzung, daß er in geeigneten Unterrichtsabschnitten - vornehmlich zu
Beginn des zweiten Halbjahres der Vorstufe - die Arbeitsweise in Leistungskursen kennengelernt hat.
Innerhalb bestimmter, eng begrenzter Unterrichtsphasen - ggf. auch nur
für Neigungsgruppen leistungsfähigerer Schüler - können spezielle Aufgaben vorgesehen werden, die an kurzen Beispielen Erweiterungsmöglichkeiten der thematischen Arbeit erkennen lassen und durch höheren Abstraktionsgrad, stärkere Differenzierung und größere Komplexität Leistungskursanforderungen stellen. Falls mit Neigungsgruppen gearbeitet wird, werden
die Ergebnisse in die Arbeit der ganzen Klasse bzw. Lerngruppe so eingebracht, daß auch die übrigen Schüler auf die erweiterten Möglichkeiten des
Faches Latein in der gymnasialen Oberstufe aufmerksam gemacht werden
und zusätzliche Kriterien für die Wahl ihrer Fächer in der Kursstufe gewinnen.
In den vier Halbjahren der Kursstufe belegt im Profil A ein Schüler, der mit
vier Lateinkursen seine Fremdsprachenauflage erfüllen will oder der Latein
als Prüfungsfach wählt, insgesamt vier themenorientierte Lateinkurse.
Dabei muß den Gegenstandsbereichen Gesellschaft-Kultur, Politik Geschichte und Philosophie-Religion jeweils ein Halbjahreskurs gewidmet sein. Der verbleibende Halbjahreskurs kann sich - ggf. unter Berück-
31
sichtigung der besonderen Interessen der Kursteilnehmer - entweder dem
Basisbereich Sprache-Literatur als eigenem Schwerpunktbereich zuwenden oder ein weiteres Thema aus einem der übrigen Gegenstandsbereiche
behandeln. Dabei muß allerdings sichergestellt sein, daß zumindest die
Kerntexte wechseln und daß die Schwerpunkte des 2. und des 3. Halbjahres
verschiedenen Gegenstandsbereichen zugeordnet sind. Lateinische Dichtung ist in angemessenem Umfang einzubeziehen.
5.5.2 Das Profil B
Im Profil B wird mit der Vorstufe der dreistündig erteilte wahlfreie Lateinunterricht der Klassen 9 und 10 fortgesetzt; die Vermittlung der elementaren
Kenntnisse und Fähigkeiten muß am Ende der Vorstufe abgeschlossen
sein. Spätestens im 2. Halbjahr der Vorstufe werden originale Texte gelesen, an denen Aspekte aus zweien der vier Gegenstandsbereiche verdeutlicht werden können. Dabei verlagert sich zunehmend der Schwerpunkt der
Unterrichtsarbeit auf die Textreflexion und in den inhaltlichen Bereich.
Im 1. Halbjahr der Kursstufe wird Originallektüre unter thematischen Aspekten, vom 2. Halbjahr an wird themenorientierte Originallektüre betrieben.
Neben den Inhalten des Basisbereichs Sprache - Literatur werden die Inhalte der weiteren drei Gegenstandsbereiche durch je einen dieser Kurse
schwerpunktmäßig erfaßt. Spätestens vom 1. Halbjahr der Kursstufe an
werden in angemessenem Umfang auch Texte aus der lateinischen Dichtung im Unterricht behandelt.
5.5.3 Das Profil C
Im Profil C vermittelt und festigt der Lateinunterricht während der gesamten
Vorstufe die elementaren Kenntnisse und Fähigkeiten, bezieht aber von
Anfang an thematische Aspekte mit ein. Möglichst früh sind auch originalsprachliche Texte heranzuziehen.
Dieser Lateinunterricht sollte in der Vorstufe durchgehend mit 5 Wochenstunden1) erteilt werden, insbesondere, wenn Latein als Prüfungsfach vorgesehen ist und der Erwerb des Latinums angestrebt wird.2)
In der Kursstufe ist am Ende des 1. Halbjahres die mit der Vorstufe beginnende sprachliche Einführungsphase weitgehend abzuschließen. Die eher
inhaltlich ausgerichtete Unterrichtsarbeit zur Hinführung auf die themenorientierte Originallektüre setzt in der Leistungskursfolge bereits im 1. Halbjahr, in der Grundkursfolge mit dem 2. Halbjahr der Kursstufe ein. Dabei
1
) bzw. mit der im Abendgymnasium und Kolleg in Einführungsphase und ggf. Vorkurs höchstmöglichen Wochenstundenzahl
2
) Vgl. Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung des Landes Niedersachsen (Nds. EPA) für das Fach Latein, Ziff. 1.2.2: Gefordert wird die „Fähigkeit,
lateinische Originaltexte, deren Anspruchsniveau durch sprachlich eher leichtere,
aber inhaltlich durchaus anspruchsvolle Stellen (bezogen auf Autoren wie Cicero
und Catull) bestimmbar ist, (…)zu übersetzen". Vgl. auch die inhaltlichen Anforderungen zum Erwerb des Latinums im Anhang III dieser Rahmenrichtlinien.
32
sind die Texte Aspekten aus den vier Gegenstandsbereichen zuzuordnen.
Gegebenenfalls kann der Bereich Philosophie-Religion vorerst noch
zurückgestellt werden.
Im 2. Halbjahr der Kursstufe wird Originallektüre unter thematischen Aspekten mit Schwerpunkt in einem der weiteren drei Gegenstandsbereiche
betrieben. Im 3. und 4. Halbjahr folgen Kurse mit themenorientierter Originallektüre, die je einem der beiden bisher nicht schwerpunktmäßig erfaßten
weiteren Gegenstandsbereiche zugeordnet sind. Die Inhalte des Basisbereichs Sprache - Literatur sind gemäß Abschnitt 3.2 in allen Kursen Gegenstand des Unterrichts. Lateinische Dichtung ist in angemessenem Umfang
einzubeziehen.
5.5.4 Profilübergreifende Hinweise
In Leistungskursfolgen der Profile B und C ist für ein Halbjahr ein längerer
Basistext aus der Dichtung verbindlich, damit die auf poetische Texte bezogen Lernziele erreicht werden können.
Eine aufeinander aufbauende Folge der Gegenstandsbereiche und der
Kursthemen in den drei Profilen legt die Fachkonferenz der einzelnen Schule fest.
Die Bestimmungen der Verordnung über die gymnasiale Oberstufe, der Verordnung über die Abschlüsse in der gymnasialen Oberstufe, im Fachgymnasium, im Abendgymnasium und im Kolleg und die Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung des Landes Niedersachsen (Nds. EPA) für
das Fach Latein sind zu beachten.
Themengleiche Kurse im Sinne der VGO § 14 Nr. 10 liegen vor, wenn derselbe Kern- bzw. Basistext oder eine überwiegend gleiche Textauswahl benutzt
wird oder wenn die spezifischen Kurslernziele weitgehend übereinstimmen.
Zu achten ist auch auf die besonderen Bedingungen bei kombinierten Kursen (vgl. Abschnitt 5.6).
5.6 Kombinierte Kurse
Kombinierte Kurse sollten in der Kursstufe dort eingerichtet werden, wo
jahrgangs-, profil- und niveaubezogene Kurse wegen zu geringer Schülerzahlen und fehlender Kooperationsmöglichkeit mit anderen Schulen nicht
stattfinden können.
Die Entscheidung über die Einrichtung kombinierter Kurse trifft die Schulleitung in Absprache mit der Fachkonferenz.
Es sollte vermieden werden, die verschiedenen Arten der kombinierten Kurse nochmals zu kombinieren.
Kombinierte Kurse können sich zusammensetzen aus
- Schülern, die zu unterschiedlichen Zeiten bzw. in unterschiedlichen
Schultypen den Lateinunterricht begonnen haben (profilübergreifender
Kurs)
33
-
Schülern verschiedener Jahrgänge (jahrgangsübergreifender Kurs)
Schülern, die in einem dreistündigen Grundkurs und solchen, die in einem
fünf- bzw. sechsstündigen Leistungskurs das diesen Kursen jeweils entsprechende Anspruchsniveau anstreben (niveauübergreifender Kurs).
Profilübergreifende Kurse der Profile A und B können in der Regel erst vom
3. Halbjahr der Kursstufe an stattfinden (vgl. Tabelle zu 5.1). Kurse des Profils C sollten nur in Ausnahmefällen mit denen des Profils B oder gar A kombiniert werden.
Jahrgangsübergreifende Kurse als einfachste Form der kombinierten Kurse
sind im Profil A im Verlauf der Kursstufe immer möglich, in den anderen Profilen in der Regel jedoch nicht.
In jahrgangsübergreifenden Kursen besteht die Gefahr thematischer Überschneidungen. Das wird am ehesten dadurch verhindert, daß die Fachkonferenz für die 4 Halbjahre der Kursstufe die Abfolge der vier verschiedenen
Gegenstandsbereiche gem. Abschnitt 3.2 festlegt und dann unverändert
beibehält, so daß der eine Jahrgang diese Gegenstandsbereiche in der Reihenfolge A - B - C - D, der andere Jahrgang in der Reihenfolge C - D A - B erarbeitet. Innerhalb dieser Festlegung ist es aber durchaus möglich,
aus jedem Gegenstandsbereich in den verschiedenen Durchgängen unterschiedliche Einzelthemen auszuwählen.
Die Einzelthemen müssen im Anspruchsniveau den unterschiedlichen
Fähigkeiten der Schüler aus den beteiligten Schuljahrgängen gerecht werden.
Niveauübergreifende Kurse sind entweder Leistungskurse, an denen auch
Grundkursschüler, ggf. mit geringerer Wochenstundenzahl, teilnehmen,
oder Grundkurse mit zwei- oder dreistündigem Zusatzkurs für Leistungsfachschüler; derartige Grundkurse mit Zusatzkurs bedürfen nach der VGO,
Erg. Reg. u. Erl. zu § 11, Nr. 2 der Zustimmung der oberen Schulbehörde.
Die besondere Schwierigkeit der niveauübergreifenden Kurse ergibt sich
aus dem Problem der inhaltlichen Füllung der zusätzlichen Stunden für die
Schüler des Leistungskurses und aus den Fragen, ob und in welcher Form
die Ergebnisse aus diesen Stunden den Schülern des Grundkurses zugänglich gemacht werden. Diese Schwierigkeiten dürfen keinesfalls dadurch
umgangen werden, daß die Arbeit in den zusätzlichen Stunden vom übrigen
Unterricht isoliert wird. Vielmehr ist nach den Kriterien zur Unterscheidung
von Grund- und Leistungskurs (Abschnitt 5.3) in den zusätzlichen Stunden
das Kursthema durch Einbeziehung weiterer Aspekte und anderer Bereiche
auszuweiten und intensiver unter komplexeren Fragestellungen zu behandeln. Als Folge davon muß auch der Umfang der zu lesenden lateinischen
Originaltexte größer sein. Die Ergebnisse aus diesen Stunden sollten nur
dann in den Grundkurs eingebracht werden, wenn sie dort für den Fortgang
des Unterrichts wichtig sind. Die Schüler des Leistungskurses können diese
Aufgabe etwa in Form von kurzen Schülerdarbietungen oder Protokollen
34
übernehmen. In besonderen Fällen können sie auch auf Grund ihres größeren Überblicks eine Diskussion vorbereiten und ggf. auch leiten.
Niveauübergreifende Kurse können nach den ersten beiden Halbjahren der
Kursstufe als jahrgangsübergreifende reine Leistungs- und Grundkurse weitergeführt werden:
In den gemeinsamen Stunden der niveauübergreifenden Kurse sowie in den
jahrgangs- und profilübergreifenden Kursen sind binnendifferenzierende
Maßnahmen für einen erfolgreichen Unterricht unumgänglich. Als unterrichtliche Form bietet sich besonders die Gruppenarbeit an. Dort können
z. B. an denselben Texten Aufgaben unterschiedlichen Anspruchs bearbeitet oder auch im Schwierigkeitsgrad verschiedene, aber inhaltlich aufeinander bezogene Texte übersetzt und/oder interpretiert werden.
35
6 Lernerfolgskontrollen und Leistungsbewertung
Die Lernerfolgs- und Leistungskontrollen müssen den Lernzielen des Unterrichts in der Vorstufe und den nachfolgenden Grund- und Leistungskursen
zugeordnet sein, die einzelnen Anforderungsbereiche berücksichtigen und
die Transparenz der Beurteilung gewährleisten. Dabei ist zu bedenken, daß
die entscheidenden Lernziele im Bereich der Texterschließung und Interpretation wegen ihrer Komplexität kaum in schematisierten Leistungskontrollen erfaßt werden können.
Die Formen der Lernerfolgskontrollen, die die Mitarbeit im Unterricht (mündliche und schriftliche Leistungen) und die Klausuren erfassen, sollen Vielfalt und Offenheit der Aufgabenstellung gewährleisten. Für den Schüler ist
es günstig, wenn er für seine Beurteilung voneinander unabhängige Leistungsnachweise erbringen kann. Es ist notwendig, im Verlauf der Kursfolge, mindestens im dritten Kurshalbjahr, die Lernerfolgskontrollen und die
Leistungsbewertung an die Formen und das Anspruchsniveau der Abiturprüfungsaufgaben anzulehnen.
6.1
Formen der Lernerfolgskontrollen
6.1.1 Mitarbeit im Unterricht
In die Bewertung der Mitarbeit im Unterricht gehen alle Arten von Unterrichtsbeiträgen ein, die sich den Zielen des jeweiligen Unterrichts bzw. Kurses zuordnen lassen.
Dazu zählen z. B.:
- mündliches Übersetzen
- Interpretationsbeiträge
- Hausaufgaben
- Beschaffung von Informationen und Materialien
- Referate
- Aktivität in einer Arbeitsgruppe
- Tätigkeit als Diskussionsleiter.
Der Grad der Lernzielerfüllung im instrumentalen, affektiven und kognitiven
Bereich ist vor allem von folgenden Kriterien abhängig:
- Sachkenntnisse
- Sprachverwendung
- Methodenbeherrschung
- Denkanstöße
- Produktivität und Kreativität
- Ausdauer
- Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft.
Diese Anordnung stellt keine Rangfolge dar.
Es ist darauf zu achten, daß allen Schülern in vergleichbarer Weise Gelegenheit gegeben wird, wesentliche Unterrichtsbeiträge zu leisten. Zeitpunkt
36
und Art der Beiträge bestimmt der Lehrer. Schüler, die sich am Unterrichtsgespräch nicht aktiv beteiligen (die „stillen" Schüler), müssen Gelegenheit
erhalten, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse in den Unterricht einzubringen.
Dies kann u. a. dadurch erreicht werden, daß solche Schüler wiederholt
gezielt zu Unterrichtsbeiträgen aufgefordert werden, ohne daß dabei der
Eindruck einer punktuellen mündlichen Prüfung entstehen muß.
Die Mitarbeit im Unterricht zeigt sich auch in folgenden Leistungen:
- Tests zum Wortschatz sowie zu sprachlichen und inhaltlichen Teilkomplexen, z. B. Kurzarbeit in zusammenhängender Darstellung, Bearbeitung einer mehrteiligen/mehrgliedrigen Aufgabe oder Lösung von
Testaufgaben
Die Anzahl dieser Kurzarbeiten pro Semester bleibt dem Kursleiter freigestellt, darf jedoch nicht zur Belastung der Kursteilnehmer führen.
- Protokolle
- Referate
- Facharbeiten.
6.1.2
Klausuren
Anzahl und Dauer sind festgelegt in der VGO, Erg. Reg. u. Erl. zu § 9, Nr.14
und zu §11, Nr. 5 und 6.
Die Anforderungen orientieren sich an den Lernzielen und Inhalten des
jeweiligen Kurses sowie an den Nds. EPA für das Fach Latein. Sie sind
grundsätzlich bezogen auf vorgegebene Texte und/oder Materialien. Bei der
Aufgabenstellung wird eine größere Anzahl von Lernzielen erfaßt.
Aufgabentypen
Je nach Art der geforderten Leistung lassen sich folgende Aufgabentypen
unterscheiden:
1. Übersetzung
2. Aufgaben zur Sprach- und Textreflexion (Interpretationsaufgabe)
- Fragen zum Verständnis des Inhalts
- Textparaphrase
- Interpretationsaufgaben
- Textvergleich (Gegenüberstellung zweier lateinischer Texte; Vergleich
zwischen Original und Übersetzung oder Paralleltext)
- Aufgaben zur Sprachreflexion
- Erörterung von Sekundärliteratur, Kommentarzitaten und/oder Interpretationsthesen.
Diese Aufgabentypen lassen sich miteinander verbinden.
Aufgabentypen, die keine Übersetzung verlangen, müssen auf Originaltexten basieren und Aufgaben enthalten, die in genügendem Umfang den
Nachweis lateinischer Sprachkenntnisse fordern.
37
Aufgabenstellung
Wenigstens eine Klausur jedes Kurses muß eine Übersetzungsaufgabe enthalten, die mindestens die Hälfte der geforderten Gesamtleistung darstellt.
Jede Klausur enthält Aufgaben zur Sprach- und Textreflexion; diese müssen
den Anforderungsbereichen I - III zugeordnet werden (s. Anhang I). Für die
Aufgabenstellung ist das unterschiedliche Anspruchsniveau von Grundund Leistungskurs sowie die vorgegebene Arbeitszeit zu berücksichtigen.
Aus der Formulierung der Aufgaben muß die Art der geforderten Leistung
eindeutig erkennbar sein. Diesem Zweck kann vor allem die gegliederte mehrteilige und/oder mehrgliedrige - Aufgabenstellung dienen; sie ist bei
allen Aufgabenarten der nichtgegliederten vorzuziehen. Auch jede einzelne
Teilaufgabe muß klar formuliert sein: Sie darf die Lösung nicht schon in der
Fragestellung vorwegnehmen; sie soll aber die Lösung dem Inhalt, dem
Umfang und dem Anspruchsniveau nach möglichst eindeutig begrenzen.
Eine schrittweise Annäherung (z. B. nach Umfang und Schwierigkeit des
Textes, Zahl der Hilfen, Länge der Bearbeitungszeit, Differenzierung der
Aufgabenstellung und nach der Zuordnung zu den Anforderungsbereichen,
die sich nach der erwarteten Qualität der Aufgabenerfüllung richtet) an das
Niveau der Abituranforderungen ist notwendig.
Da die Anforderungen im Abitur nicht nach den Profilen A, B und C unterschieden sind, müssen im Profil C bei den Lernerfolgskontrollen die Aufgaben zur Sprach- und Textreflexion (Interpretationsaufgabe) dieselben Anforderungsbereiche erfassen wie in den Grund- und Leistungskursen der Profile A und B. Zwar können die Lernziele im Bereich der sprachlichen und
inhaltlichen Kenntnisse und Fähigkeiten wegen der Kürze des Lehrgangs in
der Regel nur in einem geringeren Umfang erreicht werden; dafür werden
wegen der größeren Lernerfahrung der Kursteilnehmer bei Lehrgangsbeginn im Bereich der Sprach- und Textreflexion bereits relativ früh erhöhte
Anforderungen gestellt. Dies setzt voraus, daß der Aufgabenstellung durchaus anspruchsvolle Texte zugrundegelegt werden, deren sprachliche Bewältigung durch Art und Umfang der Hilfen ermöglicht wird.
Eine angemessene und zielgerichtete Aufgabenstellung erfordert, daß der
Kursleiter die erwartete Lösung für sich vorskizziert.
Gewichtung bei der Kombination von Übersetzung und anderen Aufgaben
Die Übersetzung stellt in der Regel entweder zwei Drittel oder die Hälfte der
schriftlichen Gesamtleistung dar und beansprucht demnach diesen Anteil
bei der Bemessung der Arbeitszeit.
Der Umfang des zu übersetzenden Textes beträgt ca. 60 Wörter je Zeitstunde des für die Übersetzung zur Verfügung stehenden Anteils der Gesamtarbeitszeit.
38
6.2 Leistungsbewertung
6.2.1 Mitarbeit im Unterricht
Zu Beginn des Halbjahres legt der Lehrer entsprechend den Lernzielen und
Schwerpunkten des Unterrichts bzw. Kurses die Formen der Lernerfolgskontrollen und die Beurteilungskriterien für die Mitarbeit im Unterricht fest;
dies geschieht - unbeschadet der Verantwortlichkeit des Lehrers - in
Absprache mit der Fachkonferenz und im Gespräch mit den Schülern.
Die mündliche Leistung
Die Bewertung der mündlichen Leistung kann nur sinnvoll sein, wenn sie
einen längeren Zeitraum zugrunde legt. Zensuren sollen nicht das arithmetische Mittel punktueller Benotungen sein.
Die schriftliche Leistung
- Tests und Kurzarbeiten
Korrektur und Bewertung von Kurzarbeiten ergeben sich aus der Art und
Anlage dieser Lernerfolgskontrollen. Diese Aufgaben sollten so angelegt sein, daß eine ausreichende Leistung im Sinne der Zensurendefinition erreicht ist, wenn mindestens die Hälfte der geforderten Leistungsnachweise erzielt ist.
- Protokolle
Gesichtspunkte für die Bewertung dieser Aufgabenart sollten in erster
Linie Richtigkeit, dann Konzentration auf die zentralen Arbeitsergebnisse sowie Klarheit und Prägnanz in Gliederung und Sprache sein.
- Facharbeiten
6.2.2 Klausuren
Die Korrektur der Übersetzung
Die Korrektur der Übersetzung berücksichtigt folgende Leistungen:
- Kenntnisse in der lateinischen Sprache (Vokabular, Formenlehre, Syntax)
- Fähigkeit zur Sprach- und Textreflexion (sinngemäße Wiedergabe von
Wörtern, Begriffen und Wendungen; Erfassen formaler Strukturen; Textverständnis)
- Fähigkeit, ein Lexikon zu benutzen
- muttersprachliche Kompetenz
Zur Ermittlung der Leistung werden sowohl besonders gelungene Lösungen
herausgehoben als auch Verstöße festgestellt, durch Unterstreichen kenntlich gemacht und am Rande der Arbeit nach Art und Gewicht bezeichnet.
Auf den Korrekturschlüssel im Anhang II dieser Rahmenrichtlinien wird hingewiesen.
Halbe Fehler sind leichte Fehler aus dem Anforderungsbereich I, sofern sie
den Sinn nicht wesentlich entstellen.
39
Ganze Fehler sind vorwiegend Fehler aus den Anforderungsbereichen II und III.
Doppelfehler sind schwere Konstruktions- und Interpretationsfehler aus
den Anforderungsbereichen II und III.
Bei völlig verfehlten Stellen („Fehlernestern") ist zunächst die Ursache der
festgestellten Fehler so weit wie möglich zu analysieren. Sodann sind die
unabhängig voneinander erfolgten Verstöße nach Art und Schwere gemäß
Korrekturschlüssel bei der Bewertung zu berücksichtigen.
Verstöße, die deutlich aus bereits bewerteten Fehlern herleitbar sind (Folgefehler), bleiben bei der Bewertung unberücksichtigt.
Bei Lücken in der Übersetzung (Auslassungen größeren Umfangs) gelten in
der Regel fehlende sinntragende Wörter bzw. fehlende funktional oder konstruktionsmäßig zusammengehörende Wortgruppen als Fehler (gemäß Korrekturschlüssel).
Die Bewertung der Übersetzungsaufgabe
Grundlage der Benotung ist in erster Linie das durch die Übersetzung nachgewiesene Textverständnis.
Die besonders gelungene Wiedergabe vor allem schwierigerer Textstellen
soll ebenso wie eine insgesamt überdurchschnittliche sprachliche Qualität
der Übersetzung bei der Benotung der Leistung angemessen gewürdigt werden.
In welchem Umfang die mit der Übersetzungsaufgabe angestrebten Lernziele erreicht worden sind, kann vor allem indirekt an der Zahl der Fehler abgelesen werden. Man kann in der Regel davon ausgehen, daß die Übersetzungsleistung dann noch ausreichend ist, wenn sie auf je hundert Wörter
des lateinischen Textes Verstöße im Gewicht von nicht mehr als zehn ganzen Fehlern enthält.
Die Bewertung der Interpretationsaufgabe
Die Bewertung der Interpretationsaufgabe steht in engem Zusammenhang
mit der Aufgabenstellung:
Das Schwergewicht der Anforderungen soll gemäß Ziff. 5.3 im Leistungskurs überwiegend im Anforderungsbereich II liegen, im Grundkurs in den
Anforderungsbereichen II und I. Die Anforderungen im Leistungskurs und
im Grundkurs sollen sich darin unterscheiden, daß die einzelnen Fragen und
Arbeitsaufträge im Leistungskurs umfassender, komplexer und tiefgreifender als im Grundkurs sind.
Grundlage für die Bewertung der Interpretationsaufgabe ist das richtige
Erfassen der Aufgabenstellung und der Grad der Vollständigkeit und Richtigkeit der Lösung.
40
Soweit Teilleistungen ausgewiesen werden kann als Richtwert gelten, daß
die Interpretationsleistung „ausreichend" (05 Punkte) ist, wenn von der
erwarteten Gesamtleistung annähernd die Hälfte (mindestens vier Zehntel)
erbracht worden ist.
Für die Bewertung können folgende Kriterien herangezogen werden:
- Aufgabenbezogenheit der Aussagen
- Kenntnis der für die Bearbeitung der Aufgabe notwendigen
Sachverhalte
- Anwendung der für die Lösung erforderlichen fachspezifischen
Methoden und Fachtermini
- Verständlichkeit und Übersichtlichkeit der Darstellung.
Die Gesamtbewertung von Übersetzungs- und Interpretationsaufgabe
Übersetzung und Interpretationsaufgabe werden gesondert bewertet. Aus
den Teilbewertungen ergibt sich im Verhältnis der Anteile an der geforderten schriftlichen Leistung die Gesamtbewertung.
Schwerwiegende und gehäufte Verstöße gegen die sprachliche Richtigkeit
in der deutschen Sprache oder gegen die äußere Form führen zu einem
Punktabzug von bis zu zwei Punkten.
41
7. Beispiele für Unterrichtsangebote/Kursfolgen
Die folgenden Beispiele sind Vorschläge, wie die Bestimmungen der Rahmenrichtlinien konkretisiert werden können. Weder die formale Gestaltung
der Unterrichts- bzw. Kursangebote, noch deren inhaltliche Füllung und
Abfolge sind im einzelnen festgelegt.
Unterricht, der überwiegend der Vermittlung und Fertigung der Elementarkenntnisse dient, ist hier nicht berücksichtigt. Kursfolgen im Profil B sind
analog zu den hier gegebenen Beispielen zu gestalten, so daß ein eigener
Vorschlag sich erübrigt.
7.1 Profil A - Vorstufe
1. Halbjahr:
Rahmenthema:
Lektüre unter thematischen Aspekten
1.1 Die Fabel
Gegenstandsbereiche: Sprache - Literatur
Gesellschaft - Kultur
Texte:
1. Lateinischer Kerntext:
Phaedrus, Fabeln
2. Paralleltexte:
Aesop, La Fontaine, Lessing
Gesichtspunkte:
- die Fabel als literarische Kleinform
- Gesellschaft und menschliches Zusammenleben als Themen der
Fabel
- der Kritiker und die Kritisierten
- die Fabeln des Phaedrus als Rezeptionsproblem
1.2 Biographie als literarische Leistung
Gegenstandsbereiche: Sprache - Literatur
Geschichte - Politik
Texte:
1. Lateinischer Kerntext:
Einhard, Vita Caroli Magni
2. Paralleltext:
Theodor Eschenburg, Matthias Erzberger, Piper Serie Nr. 39,
München 1973
Gesichtspunkte:
- Einhards sprachliche und inhaltliche Darstellungskriterien
42
- die Vita Caroli Magni als literarischer Ausdruck der karolingischen
Renaissance
- renovatio imperii als politisches Programm
- Vergleich mit biographischen Darstellungskriterien der Moderne
2. Halbjahr:
Thema:
Rom und die Germanen
Gegenstandsbereich: Geschichte - Politik
Texte:
1. Lateinischer Kerntext:
Tacitus, Germania
2. Paralleltexte:
Caesar, b. G. VI 21 - 28
Tacitus, Ann. I 60 - 62; II 80
3. Archäologie:
Die Römer an Rhein, Limes und Donau
Gesichtspunkte:
- die „Germania" als literarisches Werk
- Sprache und Stil der „Germania"
- die Kriterien der taciteischen Geschichtsschreibung und Geschichtsdeutung
- das Verhältnis Roms zu den Völkern des Nordens, bes. zu den Germanen
- Roms Erbe in Germanien
7.2
Profil A - Kursstufe: Grundkursfolge
1. Kurshalbjahr
Thema:
Die Rede als literarisches Genus und als Mittel der Beeinflussung
Gegenstandsbereich: Sprache - Literatur
Texte:
1. Lateinische Kerntexte:
Cicero, 1. Rede gegen Catilina; 1. Rede gegen Verres
Sallust, Catilina, Kap. 51 und 52
2. Paralleltexte:
Tacitus, Dialogus
Joseph Goebbels, Sportpalastrede
3. Archäologie:
Topographie Roms
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Gesichtspunkte:
- Funktion der Rede in Politik, Gerichtswesen und Geschichtsschreibung
der Antike
- Sprach- und Stilmittel der antiken Rede
- antike Theorie der Rhetorik
- Vergleich zwischen antiken und modernen Sprach- und Stilmitteln der
politischen Rede
- das Problem der Redefreiheit und Verantwortlichkeit des Redners
2. Kurshalbjahr
Thema:
Römisches Alltagsleben im Spiegel von Briefliteratur und Kunst der römischen Kaiserzeit
Gegenstandsbereich: Gesellschaft - Kultur
Texte:
1. Lateinische Kerntexte:
Plinius, Epistulae; Seneca, Epist. morales
2. Paralleltexte:
Cicero, ad Quintum fratrem; ad fam.; Horaz, epistulae
3. Archäologie:
das röm. Haus; archäologisches Material aus den Vesuvstädten und aus
Ostia
Gesichtspunkte:
- der Brief als literarisches Genus
- Funktion des Briefes als Medium persönlicher Mitteilungen und als Mittel der Belehrung
- der Brief als historischer Bericht
- römisches Haus und römische Gesellschaft als Gegenstände von Briefliteratur und Architektur/Kunst
- Vergleich moderner und antiker Briefliteratur
3. Kurshalbjahr
Thema:
Die augusteische Kultur in Literatur und Kunst
Gegenstandsbereich: Politik - Geschichte
Texte:
1. Lateinische Kerntexte:
Livius; Horaz, Oden; Epoden
2. Paralleltexte:
Augustus, Mon. Ancyranum; Ovid, Tristia
3. Archäologie:
Ara pacis, Augustus von Prima Porta, Mausoleum des Augustus
44
Gesichtspunkte:
- römische Geschichte als Gegenstand politischer Reflexion in der Antike
- Theorie antiker Geschichtsschreibung
- Livius und Augustus
- politische Dichtung und der Prinzipat des Augustus
- Romideologie und Ideologiekritik in Literatur und Kunst der Augusteischen Zeit
- Fortwirken der Augusteischen Kultur
4. Kurshalbjahr
Thema:
Politische Philosophie
Gegenstandsbereich: Philosophie - Religion
Texte:
1. Lateinische Kerntexte:
Cicero, de re publica; de officiis; pro Sestio
2. Paralleltexte:
Augustinus, de civ. dei; Platon, Staat; Aristoteles, Politik; Macchiavelli, II
Principe; Montesquieu; Marx; Leibholz
Gesichtspunkte:
- Römischer Staat und Staatsgedanke
- antike Staatstheorien bei Cicero als Rezeptionsproblem
- Cicero als politischer Reformer zwischen Ideologie und politischer Realität
- Ciceros Sprache als Ausdruck literarischer Kreativität
- Vergleich antiker und moderner Staatstheorien
7.3
Profil A - Kursstufe: Leistungskursfolge
1. Kurshalbjahr
Thema:
Die Dichtung der Augusteischen Zeit - Dichtung im Spannungsfeld der Politik des Augustus (Ovid und Vergil)
Gegenstandsbereich: Gesellschaft - Kultur
Texte:
Ovid, Amores I 9; II 4,1 - 18; 45 - 48; III 1 -14. Ars amatoria I 135 - 165;
229 - 252; II 233 - 250; III 101 - 134; 433 - 440; 749 - 768. Remedia amoris
135 - 162. Tristien IV 10 (deutsch). Metamorphosen I 452 - 567; 1 - 88;
89 -150. XV 745 - 879.
(ggf. Horaz, Carm. III 30; I 1,1 - 2; I 20; I 38; II 17)
Vergil, Aeneis I 1 - 33 (dazu: Proömien von llias und Odyssee); I 233 - 296;
IV 173 - 188; IV 791 - 807; 847 - 853; XII 818 - 841.
45
Werke der bildenden Kunst: z. B. Pompejanische Wandgemälde; Augustusporträt
Lernziele:
1 sprachlich
1.1 Erweiterung des Wortschatzes
1.2 Kenntnis von Distichon und Hexameter;
Fähigkeit, metrische Gestaltung und Inhalt zueinander in Beziehung zu
setzen
1.3 Kenntnis poetischer Mittel der Sprache (Metapher, Bild, Vergleich; poetisch-rhetorische Ausdrucksmittel)
Fähigkeit, Formung und Inhalt der Texte zueinander in Beziehung zu
setzen und interpretierend die Aussageabsicht des Dichters zu erschließen
2 inhaltlich
2.1 Kenntnis zweier Dichterpersönlichkeiten der Augusteischen Zeit: Ovid
und Vergil
2.2 Einblick in die literarischen Gattungen Elegie, Lehrgedicht und Epos
2.3 Einblick in die Entwicklung des Epos seit Homer und in das Fortwirken
literarischer Formen, Stoffe und Motive, auch in der bildenden Kunst
2.4 Kenntnis wichtiger innen- und außenpolitischer Fakten der Augusteischen Zeit
2.5 Einblick in die gesellschaftlichen Verhältnisse der späten Republik und
der Augusteischen Zeit
2.6 Einsicht in die Wechselwirkung zwischen dem Werk Ovids bzw. Vergils
und der persönlichen Situation der Dichter und ihrer Zeit,
Einsicht in die unterschiedliche persönliche Einstellung Ovids und Vergils zur (Innen-)Politik des Augustus
2.7 Einsicht in die grundsätzliche Problematik des Verhältnisses von Dichtung und Politik
2. Kurshalbjahr
Thema:
Ideologie des römischen Imperialismus
Gegenstandsbereich: Politik - Geschichte
Texte und Gesichtspunkte:
1. zur territorialen Expansion
Cicero, de provinciis consularibus 30 ff.
Augustus, Monumentum Ancyranum (zweisprachig lat. - dt.), bes. 3; 26;
27; 29 -32
2. zur Assimilationsbereitschaft der Römer
Livius I 13,1 - 5; V 21,2 - 7
Cicero, pro Balbo 13 ,31
C.I.L. XVI 160 (Militärdiplom)
Tacitus, Agricola 21,1 - 3; Annalen XI 23 - 24
46
3. zur römischen Bündnispolitik
Livius VIII 13,11 - 13; XXXIII 12,4 -11; 32 f. XXXIX 37 (vgl. Polybios
18,46 f.). XXXIV 57,6 -11; XXXVII 45,3 –19 (vgl. Polybios 21,18 f.)
4. zur römischen Provinzialverwaltung
Cicero, in Verrem II 2,2 - 9; II 4,105 ff.; ad Quintum fratrem I 1,8 -10;
13 -15; 17; 20 f., 24 -30; 32 f.
5. Kritik am römischen Imperialismus
Cicero, in Verrem II 3, 102; de re publica III 16; Livius XLV 18;
XXXI 29,4 - 16; XXXI 31,6 ff.; VII 30, 1 ff., XLIV 24,1 - 6
Sallust, epist. Mithr. 5; 17 - 21
Pompeius Trogus, hist. Phil. Lib. 38 Frg. 152,4,1 - 4 und 6,1 - 8
Caesar, b. G. VII 77,14 - 16
Polybios 31, 18 (Übers.)
Tacitus, Agricola 29,30 - 31; hist. IV 14,2 - 4
Plinius, nat. hist. II 67,174 f.
Tertullian, Apol. 25,14 - 17
Augustinus, de civ. dei 4,4; 19,21; 19,24; 19,27
Orosius, hist. 5,1
6. Rechtfertigung der Pax Romana
das Prinzip der Rechtlichkeit in Kriegsführung und Friedensordnung:
Cicero, de re publica III 35; de officiis I 33 ff.; II 26 - 27
Livius I 22,3 - 7; I 32,5 - 14
Bekämpfung der superbia:
Cato, or. pro Rhod. 162 - 168 (vgl. Liv. XLV 23 ff.)
Cicero, de imp. Cn. Pomp. 11
Caesar, b. G. I 31 und 33; I 14,4
pragmatischer Hinweis auf Folgen beim Zusammenbruch des Reiches:
Tacitus, hist. IV 74
Tertullian, Apol. 31,3 ff.
philosophische Rechtfertigung:
Cicero, de re publica III 21 - 24; de officiis III 21 ff.
mythisch-religiöse Begründung durch Berufung auf die göttliche Sendung Roms:
Vergil, Aeneis VI 851 ff; 792 ff.; I 254 - 276; 277 - 282; 235 - 237; I 522 ff.;
Livius I 16; praef. 7
Cicero, harusp. resp. 18
Werke der bildenden Kunst und Architektur:
Ara pacis, Triumphbögen, Forum Romanum, Porträts, Augustus von
Primaporta, Ausgrabungen in römischen Provinzen
Lernziele:
1 sprachlich
1.1 Sicherung und Erweiterung des Grundwortschatzes
1.2 Fähigkeit, die sprachliche Formung von Texten zu erkennen, zu
beschreiben und als Interpretationsansatz zu benutzen
47
2 inhaltlich
2.1 Kenntnis von historischen Grundtatsachen der Entwicklung des
Imperium Romanum
2.2 Kenntnis politischer Fakten und außenpolitischer Grundsätze römischer
Befriedungsstrategie; Fähigkeit, sie zu analysieren
2.3 Entwickeln der Bereitschaft und Fähigkeit, Herrschaftsverhältnisse auf
ihre Entstehung und ihre Zwecke sowie auf die ihnen zugrunde
liegenden Interessen, Normen und Wertvorstellungen hin zu
untersuchen
2.4 Entwickeln eines kritischen Bewußtseins gegenüber sprachlichen
Informationen; durch Vergleichen von Fakten und Aussagen erkennen,
daß Ideologien dazu dienen können, politisches Handeln zu rechtfertigen
und die wahren Motive zu verschleiern
2.5 Einsicht, daß Ideologie weitgehend aus interessegerichtetem Denken
entsteht, als bestimmte Sicht politischer Denkformen und Wertbegriffe
trotz ihrer interessebedingten Einengung absolute Gültigkeit fordert und
zu einem ständig vorhandenen Strukturelement politischen Handelns
wird
2.6 Fähigkeit, Werke der bildenden Kunst und Architektur nicht nur unter
ästhetischen Gesichtspunkten zu betrachten, sondern auch als
Ausdruck des politischen Wollens der Römer zu interpretieren
3. Kurshalbjahr
Thema:
Die Frage nach dem Glück - das „summum bonum " bei Epikur und in der
Stoa
Texte und Gesichtspunkte:
1. die Lehre Epikurs
Cicero, Tusc. Disp. V 61/62 (Damocles); de finibus I 29 - 70 (Haupttext)
Lucrez, de rerum natura III 1 - 30
Horaz, Carmen I 11
Augustinus, de civ. dei XIX 1
2. die Lehre der Stoa
z. B.: „Die Philosophie der Stoa", Textauswahl von H. Leretz, oder
Cicero, de finibus III in Auswahl und einige Seneca-Texte
Lernziele:
1 sprachlich
1.1 Festigung der sprachlichen Kenntnisse; Erweiterung des Wortschatzes,
z. B. um philosophische Termini
1.2 Erweiterung der Interpretationsfähigkeit, insbesondere beim Anwenden
der Methode des Textvergleichs
2 inhaltlich
2.1 Kenntnis der Grundthesen der Ethik Epikurs und der Stoa
2.2 Einblick in die historischen Voraussetzungen dieser beiden Theorien;
Einblick in ihre historische Gebundenheit
2.3 Einsicht in die gesellschaftliche Funktion von Glückstheorien und die
politische Dimension von „Glück"
48
4. Kurshalbjahr
Thema:
Pessimistische Geschichtsschreibung am Beispiel Tacitus
Gegenstandsbereich: Politik - Geschichte
Texte:
Tacitus, Germania (zweisprachige Ausgabe). Annalen XV 60 - 65 (Tod Senecas). Annalen I 1 -15; 31 - 41; 44 - 48; 56 - 69; 72 - 74. II 9 - 10; 88;
IV 38; VI 45 - 46; 50 - 51; III 65 (Sekundärtexte z.B. von: L. Marcuse,
Nietzsche, Musil, Broch, Th. Lessing, Schopenhauer, Eykman)
Lernziele:
1 sprachlich
1.1 Fähigkeit, stilistische Besonderheiten inhaltsbezogen zu verstehen
1.2 Einblick in die Unterschiedlichkeit des Stilwillens von Autoren der republikanischen Zeit, der Augusteischen Zeit und des Tacitus
2 inhaltlich
2.1 Überblick über Leben und Werk des Tacitus
2.2 Kenntnis wichtiger historischer Fakten der frühen Kaiserzeit
2.3 Fähigkeit, vorgeprägte Grundhaltungen des Autors aus diversen Äußerungen des Autors zusammenzufügen und als Deutungskategorien weiterzuverwenden
2.4 Fähigkeit, sozialpsychologische Erkenntnisse aus dem Text zu gewinnen und zur Interpretation des Tacitustextes zu nutzen
2.5 Fähigkeit, pessimistische Züge im Werk des Tacitus zu erkennen und
mit anderen Beispielen pessimistischer (Geschichts-) Auffassung zu
vergleichen
7.4 Profil C - Kursstufe: Grundkursfolge
1. Kurshalbjahr
Rahmenthema:
Ausgewählte Formen der Historiographie
Thematische Aspekte aus den Gegenstandsbereichen: Sprache und Literatur; Politik und Geschichte; Kultur und Gesellschaft
Texte:
I.Caesar, b. G. I,1-16
2. Nepos, vita Hannibalis
Ergänzungstexte:
- Tacitus, Historien, I 1 (Übers.)
- Livius XXI 1,1- 4; 4,1 - 5,3
- Heuß, A., Römische Geschichte, 1971
- Grant, M., Mittelmeerkulturen der Antike, 1981
- Grant, M., Antike Geschichtsschreibung 1973
49
Zusätzliche Materialien und Informationen:
- Die Staatenwelt des Mittelmeerraumes vom 3. bis 1. Jh. vor Christi
Geburt
- Die Möglichkeiten der Archäologie als historischer Hilfswissenschaft
Lernziele:
- Festigung der Kenntnisse in Formenlehre und Syntax
- Kenntnis eines Grund- und Aufbauvokabulars unter Berücksichtigung
der gelesenen Autoren
- Fähigkeit, einfache bzw. leicht vereinfachte lateinische Originaltexte zu
verstehen
- Fähigkeit, einen Text sachlich korrekt und in angemessenem Deutsch
wiederzugeben
- Kenntnis einiger Grundelemente der Stilistik (z. B. Parallelismus, Chiasmus, Anapher, Antithese)
- Fähigkeit, die Funktionalität von Form und Inhalt einer sprachlichen
Information zu erkennen und zu beschreiben
- Einsicht in Sinn und Absicht der Historiographie
- Kenntnis spezifischer Aussagemöglichkeiten von Kommentaren besonders der commentarii Caesars – und Viten
- Einblick in die Rolle der Biographie für die Ausbildung des Redners
- Fähigkeit, wesentliche Unterschiede zwischen der Historiographie der
römischen Zeit und der Gegenwart zu erkennen und zu beurteilen
- Kenntnis der Staatenwelt des Mittelmeerraumes vom 3. bis 1. Jh. vor
Christi Geburt
Inhaltliche Gesichtspunkte
Texte und Materialien
Die Historiographie in Anspruch
und Absicht
Tacitus, Hist. I ,1 (Übers.)
Livius XXI 1,1 - 4
Sprache und Stil in ausgewählten
Formen der Historiographie
Caesar, b. G. I 1 - 16
Nepos, Vita Hannibalis
Livius XXI 4,1 - 5,3
Vergleich und Beurteilung von antiker und moderner Historiographie
Tacitus, Hist. I 1; Nepos
Heuß, Römische Geschichte
Grant, Mittelmeerkulturen
Grant, Antike Geschichtsschreibung
Die Romanisierung Mittel- und
Westeuropas
die Archäologie als Hilfswissenschaft der Historiker
2. Kurshalbjahr
Thema:
Der Staatsstreich als politisches, soziales und gesellschaftliches Phänomen
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Thematische Aspekte aus den Gegenstandsbereichen: Politik und
Geschichte (Schwerpunktbereich); Kultur und Gesellschaft
Texte:
1. Sallust, coniuratio Catilinae in Auswahl
2. Catull, Carmen 49
Ergänzungstexte:
- Cicero, 1. Rede gegen Catilina (Übers.)
- Cicero, 3. Rede gegen Catilina, 1 ff.
- Heuß, A., Römische.Geschichte, 1971
- Syme, R., Römische Revolution, o. J.
- Koepcke, C, Revolution, Ursachen und Wirkung, 1971
Zusätzliche Materialien und Informationen:
- die Topographie der Stadt Rom
- die römische Verfassung
Lernziele:
- Kenntnis eines Grund- und Aufbauvokabulars
- Beherrschung der Formenlehre
- Festigung der Kenntnisse in der Syntax
- Kenntnisse in Stilistik, sofern sie für die Texterschließung (inhaltlich/formal) wichtig sind
- Kenntnisse in verschiedenen Verfahren der Sprachbeschreibung
- Fähigkeit, im Vergleich eines Originaltextes mit einer Übersetzung die
Qualität der Übersetzung zu überprüfen
- Fähigkeit zur Interpretation von Texten in Hinsicht auf die Aussageabsicht des Autors unter Berücksichtigung der Beziehung zwischen Form
und Inhalt
- Kenntnis der wesentlichen Merkmale der römischen Verfassung
- Kenntnisse in der Topographie der Stadt Rom unter besonderer Berücksichtigung der Lage der politisch relevanten Institutionen
- Kenntnis von der römischen Gesellschaft sowie den politischen Gruppierungen des 1. Jh. vor Christi Geburt
Inhaltliche Gesichtspunkte
Texte und Materialien
Staatsstreich und Revolution
Koepcke, Revolution
Cicero, 1. Rede gegen Catilina
(Übers.)
Sallust, Cat. 17 - 22
Sallust, Cat. 6 - 13
Heuß, Römische Geschichte
Syme, Römische Revolution
Sallust, Cat. 5 -16, 28 ff., 25.
Die römische Ausgangssituation
Die Putschisten
51
Das Eingreifen der Staatsmacht
Möglichkeit einer Wertung der katilinarischen Verschwörung als Indiz
für die Notwendigkeit einer Umgestaltung des römischen Staates
Cicero, 3. Rede gegen Catilina, 1 ff.
Sallust, Cat. 39, 50 - 54 (Übers.)
Catull, Carmen 49
die römische Verfassung
Topographie der Stadt Rom
Sallust, Cat. 3
Heuß, Römische Geschichte
3. Kurshalbjahr
Thema:
Die römische Gesellschaft des 1. Jh. vor Christi Geburt im Spiegel zweier
unterschiedlicher literarischer Genera
Gegenstandsbereich: Kultur und Gesellschaft
Texte:
1. Cicero, pro Caelio
2. Catull, carmina 79, 86,13
Ergänzungstexte:
- Aristoteles, Rhetorik
- Heuß, A., Römische Geschichte, 1971
- Rostovtzeff, M., Geschichte der alten Welt, Rom, o. J.
- Brockmeyer, N., Sozialgeschichte der Antike, 1972
Zusätzliche Materialien und Informationen:
- Die ständische Gliederung der römischen Bevölkerung in der Republik
- Die Frau in der römischen Gesellschaft
- Das römische Haus: Architektur und Ausstattung
Lernziele:
- Kenntnis eines Grund- und Aufbauwortschatzes unter besonderer
Berücksichtigung der Themenstellung
- Beherrschung von Formenlehre und Syntax, soweit sie zur Texterschließung notwendig sind
- Kenntnisse in der Stilistik, sofern sie zur Texterschließung wichtig sind
- Kenntnisse in verschiedenen Verfahren der Sprachbeschreibung
- Kenntnis der Merkmale und Funktionen der literarischen Gattung
„Rede"
- Kenntnisse zur Funktion und politischen Wirkung des Gerichtsredners
- Fähigkeit zur Anwendung verschiedener Texterschließungs- und Interpretationsverfahren
- Kenntnis ausgewählter Metren
- Fähigkeit, Textpassagen in Versen zu skandieren und metrisch korrekt
vorzutragen
- Kenntnisse zur Sozialstruktur im antiken Rom und im Vergleich dazu in
der Gegenwart
- Einblick in das römische Privatleben
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Inhaltliche Gesichtspunkte
Texte und Materialien
der Gerichtsredner
Cicero, pro Caelio
die Gattungen der Rede
Aristoteles, Rhetorik
Cicero, pro Caelio
Heuß, Römische Geschichte
Rostovtzeff, Geschichte der alten
Welt
die ständische Gliederung
Catull,carmina
Brockmeyer, Sozialgeschichte der
Antike
das römische Haus: Architektur und
Ausstattung
Cicero, pro Caelio
die Klienten, die Klientel
die Frau in der Gesellschaft
das römische Privatleben
Struktur der römischen
Gesellschaft
Gesellschaft in Antike und Gegenwart
Heuß, Römische Geschichte
4. Kurshalbjahr
Thema:
Der Mensch als zeitliches Wesen
Gegenstandsbereich: Philosophie und Religion
Text:
Seneca, de brevitate vitae
Ergänzungstexte:
- Haag, K. H., Die Lehre vom Sein in der modernen Philosophie, 1963
- Maurer, G., Seneca als Philosoph, Wege der Forschung 414, Darmstadt
1975
- Pohlenz, M., Die Stoa, Bd. 1-2, Göttingen 1978 - 80
- Praktische Philosophie/Ethik, Bd. 1-2, hrsg. v. Hoffe u. Kadelbach
1980 - 81, Fischer TB 6854 - 55
Zusätzliche Materialien und Informationen
- Die Existenzphilosophie
- Die Stoa
- Die Gesellschaft der römischen Kaiserzeit
- Der Kaiserkult - eine Ersatzreligion
Lernziele:
- sichere Kenntnis von Formenlehre und Syntax, soweit sie für die Texterschließung notwendig sind
- Kenntnis der wichtigen Erscheinungen der Stilistik
- Kenntnis eines Grund- und Aufbauvokabulars
53
-
Kenntnis von verschiedenen Verfahren der Sprachbeschreibung
Fähigkeit, lateinische Originaltexte angemessenen Schwierigkeitsgrades zu verstehen und sachlich zutreffend sowie sprachlich und stilistisch angemessen zu übersetzen
Einsicht in die Einbindung des Textes in den geistigen und literarischen
Rahmen der Zeit
Einsicht in die Beziehung zwischen Text und Situation des Autors in seiner Zeit
Fähigkeit, die Leitbegriffe der Stoa sowie ausgewählter anderer philosophischer Schulen in ihrem Sachzusammenhang sowie in ihrer Zielvorstellung darzulegen
Fähigkeit, den Anspruch des Philosophen und die Wirklichkeit seines
Lebens darzulegen und in der gesellschaftlichen Bedeutung zu beurteilen
Grundkenntnisse im Bereich philosophischer Fragestellungen und
Begriffe
Kenntnis des ideengeschichtlichen Fortwirkens antiker Philosophie in
der europäischen Kultur
Fähigkeit, im Vergleich zwischen antiker und gegenwärtiger Existenz
Unterschiede und Parallelen aufzuzeigen und eine eigene Stellungnahme dazu zu entwickeln
Inhaltliche Gesichtspunkte
Texte und Materialien
der Mensch und die Zeit
Seneca, de brevitate vitae
Zeit als Kapital
das Wesen des Menschen und der
Mensch als Glied einer Gesellschaft
die Stoa
die Gesellschaft der römischen
Kaiserzeit
der Kaiserkult als Ersatzreligion?
philosophische Theorie und
Lebenspraxis
die Existenzphilosophie
die Philosophie in der modernen
Industriegesellschaft
Sinn des Lebens
Maurer, Seneca als Philosoph
Pohlenz, Die Stoa
Praktische Philosophie/Ethik
54
8 Anhang
8.1 Anhang I: Anforderungsbereiche
Allgemeine Hinweise
Die angeführten Lernziele sind Grundlage für die Auswahl und Gestaltung
von Aufgaben und deren Bewertung. Sie lassen sich für den Zweck der Lernerfolgskontrolle und Leistungsbewertung zu drei Anforderungsbereichen in
Beziehung setzen. Diese sind ein Hilfsmittel, das die Aufgabenstellung und
die Bewertung durchschaubar und vergleichbar machen soll. Sie können im
konkreten Fall nicht immer klar getrennt werden. Für die Auswahl und
Gestaltung von Aufgaben gilt, daß in den höheren Bereichen die niederen
Bereiche immer mit enthalten sind. Die Zuordnung von konkreten Aufgaben
zu diesen Anforderungsbereichen ist von den Vorgaben der Rahmenrichtlinien und vom vorangegangenen Unterricht abhängig.
Fachspezifische Beschreibung der Anforderungsbereiche
Die drei Anforderungsbereiche werden im folgenden fachbezogen erläutert;
eine Differenzierung der Aufgabenstellung nach der geforderten Intensität
ist in allen drei Anforderungsbereichen möglich.
Anforderungsbereich I
Leistungen im Anforderungsbereich I umfassen
- die Wiedergabe von Sachverhalten (z. B. Fakten, Regeln, Aussagen)
- das Wiedererkennen von sprachlichen Erscheinungen und Gesetzmäßigkeiten aus einem abgegrenzten Gebiet im Zusammenhang, auch als
Voraussetzung für das Übersetzen
- das Auswählen, Zuweisen, Zusammenstellen und Beschreiben von bekannten sprachlichen und inhaltlichen Sachverhalten.
Anforderungsbereich II
Leistungen im Anforderungsbereich II umfassen
- das selbständige Verarbeiten, Darstellen und Erklären eines Sachverhaltes unter vorgegebenen Gesichtspunkten in einem bekannten Zusammenhang
- das Paraphrasieren und Gliedern eines unbekannten lateinischen Textes
- das selbständige Übertragen des Gelernten auf vergleichbare Situationen, vor allem im Zusammenhang mit dem Übersetzen; dabei kann es
entweder um veränderte Fragestellungen oder um veränderte Sachzusammenhänge gehen, an denen das Analysieren, Erschließen, Einordnen, Entwickeln zu leisten ist.
Anforderungsbereich III
Leistungen im Anforderungsbereich III umfassen
- das selbständige Auswählen eines zur Bewältigung der Aufgabe geeigneten gelernten Lösungsverfahrens und Anpassen an die neue Problemstellung
55
-
das besonders bei der Übersetzung geforderte planmäßige und selbständige Verarbeiten komplexer sprachlicher und inhaltlicher Gegebenheiten
das Definieren, selbständige Interpretieren, Begründen, Vergleichen und
das begründete Stellungnehmen.
8.2 Anhang II: Korrekturschlüssel
56
8.3 Anhang III: Die inhaltlichen Anforderungen zum Erwerb des
Kleinen Latinums, des Latinums und des Großen Latinums
Der Erwerb des Kleinen Latinums, des Latinums oder des Großen Latinums
setzt Unterricht nach Maßgabe der Rahmenrichtlinien im Umfang der in den
Ergänzenden Bestimmungen zur Verordnung über die Abschlüsse in der
gymnasialen Oberstufe, im Fachgymnasium, im Abendgymnasium und im
Kolleg festgelegten Bestimmungen voraus (vgl. Anhang IV).
Zum Erwerb des Kleinen Latinums muß der Schüler nachweisen, daß er in
angemessenem Umfang Kenntnisse in der Elementargrammatik, im Wortschatz und aus der römischen Geschichte besitzt, so daß er lateinische Originaltexte im sprachlichen Schwierigkeitsgrad der Anfangslektüre - bezogen auf Autoren wie Caesar und Nepos - verstehen und übersetzen kann.
Zum Erwerb des Latinums muß der Schüler nachweisen, daß er in angemessenem Umfang Kenntnisse in der Elementargrammatik, im Wortschatz und
aus dem Bereich der römischen Geschichte, Philosophie und Literatur
besitzt, so daß er lateinische Originaltexte im sprachlichen Schwierigkeitsgrad inhaltlich anspruchsvollerer Stellen - bezogen auf Autoren wie Cicero, Sallust, Livius - verstehen und übersetzen kann.
Zum Erwerb des Großen Latinums muß der Schüler nachweisen, daß er in
angemessenem Umfang Kenntnisse in der Elementargrammatik, im Wortschatz und aus dem Bereich der römischen Geschichte, Philosophie und
Literatur besitzt, so daß er lateinische Originaltexte im sprachlichen
Schwierigkeitsgrad inhaltlich anspruchsvollerer Stellen - bezogen auf
Tacitus oder Livius, Cicero oder vergleichbare Autoren und auf das Werk
mindestens eines Dichters (Horaz, Ovid, Vergil) - verstehen und übersetzen
kann.
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