1. Auflage 2013 Werberecht Ein Leitfaden für Praktiker. Nicolas Schwarz Über den Autor Nicolas Schwarz hat in Zürich und Chicago Rechtswissenschaften studiert und ist seit 2000 als Anwalt tätig. Seit 2006 führt er seine eigene Anwaltskanzlei in Zürich und berät und vertritt vornehmlich Unternehmen – unter anderem auch im Werberecht. Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Autors. © 2013 by Nicolas Schwarz i Einführung 1 In diesem Kapitel erhalten Sie eine Einführung in die Materie des Werberechts. Player und Verfahren werden vorgestellt, und das Werberecht (kommerzielle Kommunikation) wird der redaktionellen Kommunikation gegenübergestellt. Zuerst erfahren Sie jedoch, wie dieses Buch aufgebaut ist und wie Sie es am besten nutzen können. Abschnitt 1 Hinweise an den Benutzer schlussendlich aus rechtlichen Gründen nicht umgesetzt werden kann. Aufbau dieses Buches Werberecht ist eine typische Querschnittmaterie, d.h. verschiedene Rechtsgebiete sind betroffen. Zweck dieses Buches In der Schweiz gibt es kein eigentliches Werbegesetz. Die für die Werbetreibenden relevanten Bestimmungen ergeben sich aus einer Vielzahl verschiedener Gesetze und Verordnungen. Dem juristischen Laien präsentiert sich die Situation daher etwas unübersichtlich. Mit diesem Buch möchte ich Abhilfe schaffen. Dieses Buch soll insbesondere Personen, die mit der Konzeption und Gestaltung von Werbemassnahmen betraut sind, für rechtliche Fragestellungen sensibilisieren. Ziel ist es, dass Sie nach der Lektüre über ein Grundwissen verfügen, welches Ihnen hilft, mögliche Gefahren und Probleme bei der Umsetzung kreativer Ideen frühzeitig zu erkennen, damit Sie gegebenenfalls weitere Abklärungen treffen oder in Auftrag geben können. Dadurch kann vermieden werden, dass Sie viel Herzblut und Kreativität in ein Projekt stecken, welches dann aber 1. Im Moment lesen Sie gerade das erste Kapitel mit der Einführung. Die weitere Materie habe ich in fünf Kapitel aufgegliedert, wie sie auch im nebenstehenden Schema dargestellt sind: 2. Im zweiten Kapitel erkläre ich, in welchen Fällen Werbung als unlauter qualifiziert wird. In dieses Kapitel gehört auch die vergleichende Werbung und die Vorschriften über die Preisbekanntgabe. 3. Im dritten Kapitel lege ich dar, was Sie in Bezug auf den Persönlichkeitsschutz wissen müssen. 4. Im vierten Kapitel stelle ich medienspezifische Einschränkungen dar, d.h. Werbevorschriften, welche nur für einzelne Werbemedien gelten: • Aussenwerbung • E-Mail-Werbung 3 • Werbung in Radio und Fernsehen WERBERECHT • Werbung auf Transportmitteln 5. Im fünften Kapitel präsentiere ich produkt- oder branchenspezifische Werbebeschränkungen. Es gibt Produkte, bei denen die Regeldichte besonders hoch ist. Die wichtigsten Beispiele sind Alkohol, Tabak, Lebens- und Heilmittel. 6. Im sechsten Kapitel kommen schliesslich Vorschriften zur Sprache, welche mit Werbeargumenten und -motiven zu tun haben: Preisausschreiben, Umweltargumente, Testimonials, Banknoten oder Swissness etc. Im Anhang finden Sie • eine umfassende Checkliste, • ein Gesetzesverzeichnis mit Download-Links, • das Literaturverzeichnis sowie • das Abkürzungsverzeichnis. Unlautere Werbung Persönlichkeitsschutz Medienspezifische Vorschriften Produktspezifische Vorschriften Werbung mit bestimmten Argumenten Vergleichende Werbung Weitere Schutzvorschriften Aussenwerbung Alkohol Gewinnspiele E-Mail Tabak Herkunftsangaben Radio / TV Heilmittel Swissness Transportmittel Lebensmittel Geistiges Eigentum Dritter Preisbekanntgabe Finanzdienstleistungen, Banken Weitere Schmuck, Edelmetalle Weitere Ich habe mich auf die klassischen Bereiche einer Werbeagentur beschränkt. Nicht zum Umfang dieses Buches gehören: • Direktmarketing und Fernabsatz, Telefonwerbung • Sponsoring • Gestaltung von Produktverpackungen (Hier besteht eine Vielzahl von detaillierten, meist produktbezogenen Bestimmungen, etwa betreffend Heilmittel, Zigaretten, Alkoholika, Spielwaren etc.) Bitte beachten Sie auch, dass sich sämtliche Aussagen nur auf das Gebiet der Schweiz beziehen. Bei grenzüberschreitender bzw. transnationaler Werbung ergeben sich komplexe Zuständigkeits- und Abgrenzungsfragen, die hier nicht behandelt wer4 den. In diesem Zusammenhang gebe ich jedoch den Grundsatz Nr. 1.7 der Schweizerischen Lauterkeitskommission wieder. Was es mit diesen Grundsätzen auf sich hat, erfahren Sie im nächsten Abschnitt. sige Nachführungen bzw. Neuauflagen. Sie können gerne auch den Newsblog auf meiner Webseite besuchen und sich dort die Beiträge zum Werberecht anzeigen lassen. Die wichtigsten Neuerungen und Änderungen werde ich dort vermerken. > SLK-Grundsatz Nr. 1.7: Transnationale kommerzielle Kommunikation Ihre Hinweise Für die Beurteilung einer Massnahme der kommerziellen Kommunikation ist das Recht des Staates massgeblich, auf dessen Markt die Massnahme ihre Wirkung entfaltet. Aktualität Dieses Buch wurde im Frühjahr 2013 geschrieben. Rechtsvorschriften können natürlich ändern. In der Politik werden immer wieder Werbeverbote und -beschränkungen diskutiert. Häufig werden Bestimmungen an die EU-Gesetzgebung angepasst, etwa jüngst im Lebensmittelrecht. In den eidgenössischen Räten wird im Moment die Swissness-Debatte geführt. Hier geht es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Produkt als „Swiss made“ bezeichnet werden darf. Dies hat natürlich grössere Auswirkungen auf die Bewerbung eines Produkts. Ich komme darauf zurück. Weiter können Gerichtsentscheide wichtige Impulse geben bzw. offene oder streitige Fragen klären. Ich bin Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir Anregungen und Hinweise (wie etwa nicht funktionierende Links) per E-Mail mitteilen. Bedienungshilfen Text dieses Buches können Sie markieren und mit Notizen sowie Lesezeichen versehen. Mehr Informationen finden Sie in der Bedienungsanleitung zu iBooks (der App, mit welcher Sie dieses Buch gerade betrachten). Dieses Buch stellt somit zwangsläufig eine Momentaufnahme dar. Je nach Resonanz des Buches plane ich jedoch regelmäs5 Disclaimer Alle Informationen in diesem Buch dienen nur zu Ihrer vorläufigen Orientierung. Sie können eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Die Benutzung dieses Buches und die Umsetzung der darin enthaltenen Informationen erfolgt ausdrücklich auf eigenes Risiko. Dieses Buch wurde unter grosser Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Druckfehler, Falschinformationen und veraltete Informationen nicht vollständig ausgeschlossen werden. Der Autor übernimmt keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte des Buches, ebenso nicht für Druckfehler. Es kann vom Autor keine rechtliche Verantwortung sowie Haftung in irgendeiner Form für fehlerhafte Angaben und daraus entstandenen Folgen übernommen werden. 6 Abschnitt 2 SLK-Grundsätze Die SLK – das Kontrollorgan der Werbebranche Die Werbebranche unterhält seit 1966 eine Selbstkontrolle in der Form der der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK). Die SLK ist paritätisch mit Konsumenten, Medienschaffenden und Werbern besetzt. Die SLK-Grundsätze sind somit kein Gesetz, sondern von einer privaten Organisation erlassene Regeln. Sie spielen aber in der Praxis eine herausragende Rolle. Dies hat dazu geführt, dass es im Werberecht relativ wenig Urteile von staatlichen Gerichten gibt, da dem Beschwerdeverfahren der SLK in vielen Fällen der Vorzug gegeben wird. Es ist daher für jeden Werbetreibenden in der Schweiz ein Muss, sich an den SLK-Richtlinien zu orientieren. Im vorliegenden Buch sind praktisch alle SLK-Grundsätze abgedruckt und zwar jeweils kursiv gesetzt. Das Urheberrecht an den Grundsätzen steht der SLK zu. Achtung: Der besseren Übersicht und Lesbarkeit wegen habe ich einzelne Zwischentitel und Passagen sowie Stichworte in den SLK-Grundsätzen fett gesetzt. Bitte beachten Sie, dass diese Hervorhebungen nicht zum offiziellen Text gehören. Jedermann ist befugt, Werbung bei der SLK zu beanstanden. In der Praxis sind dies überwiegend Konsumenten, aber auch Konkurrenten. Auf das Beschwerdeverfahren komme ich in > Abschnitt 4 zurück. Die SLK hat Grundsätze über die Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation erarbeitet und legt diese Grundsätze ihren Entscheiden zugrunde. Die aktuelle Ausgabe der Grundsätze stammt vom April 2008. Die Grundsätze können auf der Webseite der SLK heruntergeladen werden. 7 Geltungsbereich und Anwendungsregeln der SLK-Grundsätze • der Gesamteindruck Nachfolgend finden Sie die allgemeinen Grundsätze, welche sich mit der Geltung und Anwendung der Regeln befassen. Die spezifischen Grundsätze finden Sie in den einzelnen Kapiteln – jeweils im Kontext mit dem gerade behandelten Thema. • der Charakter des Mediums > SLK-Grundsatz 1.1: Geltungsbereich und Anwendungsregeln • die Grundaussage • die Art des beworbenen Produktes • der Vergleich zur dargestellten Wirklichkeit • ironische Aussagen oder Parodien sind entsprechend ihrem Charakter auszulegen • die aktuelle und tatsächlich herrschende Auffassung über Ethik, Sitte und Moral in der Gesellschaft 1. Geltungsbereich a)Diese Grundsätze bezwecken die Beachtung fairer Geschäftspraktiken in der kommerziellen Kommunikation; sie dienen damit der Vertrauensbildung der Öffentlichkeit in die kommerzielle Kommunikation. b)Kommerzielle Kommunikation soll rechtmässig, wahrheitsgemäss und nicht diskriminierend sein sowie den Grundsätzen von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr entsprechen. 2. Anwendungsregeln Für die Beurteilung einer kommerziellen Kommunikation sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: • das Verständnis der massgebenden Zielgruppe 8 Die SLK-Grundsätze auf einen Blick 1. Geltungs- und Anwendungsbereiche 1.1 Geltungsbereich und Anwendungsregeln 1.2 Begriff der kommerziellen Kommunikation 1.3 Formen der kommerziellen Kommunikation 1.4 Politische Propaganda 1.5 Gemeinnützige und religiöse Propaganda 1.6 Direktwerbung/Direktmarketing 1.7 Transnationale kommerzielle Kommunikation 1.8 Verantwortlichkeit für die Werbeaussage 1.9 Beweislast 2. Unzulässige Aussagen 2.1 Verwendung des Begriffs „Schweiz“ 2.2 Verwendung akademischer Titel 2.3 Verwendung des Begriffs „Invalid“ 2.4 Verwendung von Medizinalpersonen 3. Grundlagen 3.1 Firmengebrauchspflicht in der Werbung 3.2 Persönlichkeits- und Datenschutz 3.3 Durchführung und Kommunikation von Tests 3.4 Ausländische Gutachten und dergleichen 3.5 Vergleichende Werbung 3.6 Werbung mit Selbstverständlichkeiten 3.7 Nachahmung werblicher Gestaltungen 3.8 Gratis-Gutscheine zu Werbezwecken 3.9 Gewinnspiele oder Publikumswettbewerbe 3.10 Garantierte Rückgabemöglichkeit 3.11 Geschlechterdiskriminierende Werbung 3.12 Trennung zwischen redaktioneller Information und kommerzieller Kommunikation 4. Vorschriften für Direktmarketing 4.1 Fernabsatz 4.2 Informationspflichten beim Fernabsatz 4.3 Bestätigung und Widerruf beim Fernabsatz 4.4 Aggressive Verkaufsmethoden im Fernabsatz 4.5 Geschäftsabschluss ohne Bestellung 4.6 Werbung mit Rechnungen 5. Vorschriften für einzelne Branchen 5.1 Carfahrten zu Werbezwecken 5.2 Werbung für Finanzinstitute 5.3 Werbung für Heimarbeit 5.4 Werbung von Lehrinstituten 5.5 Promotionen von Medien im Werbemarkt 5.6 Werbung für Registereintragungen 5.7 Werbung für quasikosmetische/-medizinische Erzeugnisse und Methoden 9 5.8 Werbung für Schmuck und Edelmetalle 5.9 Werbung für Tabakwaren und alkoholische Getränke 5.10 Werbung für konzessionspflichtige Erzeugnisse 5.11 Werbung für Versicherungen 5.12 Werbung für Heirat Weitere Branchengrundsätze, Richtlinien und Vereinbarungen Es gibt in der Schweiz noch weitere Branchengrundsätze, Richtlinien und Vereinbarungen. Nachstehend finden Sie eine Auswahl der wichtigsten (die Stichworte sind zu den Webseiten verlinkt, wo die entsprechenden Dokumente eingesehen werden können): • Verhaltenskodex der pharmazeutischen Industrie in der Schweiz • Verhaltenskodex der Alkoholindustrie • Vereinbarung zwischen Swiss Cigarette und der Schweizerischen Lauterkeitskommission betreffend Selbstbeschränkungen der Zigarettenindustrie in der Werbung • Swiss Pledge: Einzelne Schweizer Markenartikelproduzenten haben sich freiwillig dazu verpflichtet, auf Produktwerbung für Nahrungsmittel, die an Kinder unter 12 Jahren gerichtet ist, zu verzichten. Davon ausgenommen sind Produkte, die spezifische Ernährungskriterien auf der Grundlage von wissenschaftlich anerkannten Ernährungsempfehlungen sowie nationalen und internationalen Ernährungsrichtlinien erfüllen. Ende 2012 beteiligten sich folgende Unternehmen am Programm: Coca-Cola, Danone, Intersnack, Kellogg, Kraft 10 Foods, Mars, Nestlé, PepsiCo, Procter & Gamble, Unilever und Zweifel Pomy-Chips. • Werbeagenturen haben insbesondere die Branchengrundsätze für Schweizer Werbe- und Kommunikationsagenturen zu beachten • Schliesslich ist auf die Richtlinien der Internationalen Handelskammer (ICC) in Paris hinzuweisen, namentlich auf die ICCPraxis der Werbe- und Marketingkommunikation. Diese enthält auch Regelungen zum Thema Verkaufsförderung, Sponsoring, Direktmarketing, elektronische Medien, Umweltwerbung, Marktforschung und Direktvertrieb und kann auf dieser Webseite der ICC heruntergeladen werden. Die ICC ist wie die SLK ein Organ der Selbstregulierung. 11 Abschnitt 3 Kommerzielle Kommunikation KOMMUNIKATION Publizistische = Medienrecht Kommerzielle = Werberecht Presserat Schweizerische Lauterkeitskommission Kommerzielle vs. publizistische Kommunikation Auf publizistische Kommunikation – etwa redaktionelle Beiträge in Radio und Fernsehen und in Zeitungen und Zeitschriften – finden teilweise andere rechtliche Bestimmungen Anwendung als auf kommerzielle Kommunikation (Werbung). Wie wir in > Kapitel 3, Abschnitt 1 zum Persönlichkeitsschutz sehen werden, geniessen Medienschaffende (Journalisten) mehr Freiheiten als Werbetreibende. Ausserdem finden unter Umständen verschiedene Verfahren Anwendung (publizistische Kommunikation: Presserat, kommerzielle Kommunikation: SLK). Die Abgrenzung zwischen kommerzieller und publizistischer Kommunikation ist daher wichtig, leider aber nicht immer ganz einfach. Denken Sie etwa an Publireportagen und Kundenzeitschriften. Die SLK hat daher in ihren Grundsätzen verschiedene Bestimmungen aufgenommen, welche die Abgrenzung zwischen redaktioneller und kommerzieller Kommunikation erleichtern sollen. Nicht zur kommerziellen Kommunikation gehört etwa gemeinnützige, religiöse und (mit wenigen Ausnahmen) politische Werbung. Soweit religiöse oder gemeinnützige Organisationen aber eine kommerzielle Tätigkeit betreiben, haben diese die Grundsätze der SLK zu beachten. Die SLK hatte 2012 einen Fall zu beurteilen, in welchem eine religiöse Organisation kostenpflichtige Dienstleistungen (Abholdienst und Wohnungsauflösung) in ei12 nem Flyer beworben hatte. Die SLK entschied, dass sich der fragliche Verein nicht auf seine Gemeinnützigkeit berufen könne. Es handelte sich demnach um kommerzielle Kommunikation, welche den SLK-Grundsätzen zu entsprechen hatte (Fall Nr. 460/11, Quelle: SLK-Tätigkeitsbericht 2012). SLK-Grundsätze > SLK-Grundsatz Nr. 1.2: Begriff der kommerziellen Kommunikation Unter kommerzieller Kommunikation ist jede Massnahme von Konkurrenten oder Dritten zu verstehen, die eine Mehrheit von Personen systematisch in ihrer Einstellung zu bestimmten Waren, Werken, Leistungen oder Geschäftsverhältnissen zum Zweck des Abschlusses eines Rechtsgeschäftes oder seiner Verhinderung beeinflussen. > SLK-Grundsatz Nr. 1.3: Formen der kommerziellen Kommunikation Kommerzielle Kommunikation umfasst sämtliche Formen von Werbung, Direktmarketing, Sponsoring, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit. > SLK-Grundsatz Nr. 1.4: Politische Propaganda Kommerzielle Kommunikation ist politische Propaganda nur, soweit sie wirtschaftliche Fragen beinhaltet. Werden solche Fra- gen jedoch Gegenstand einer Abstimmung, so sind sie der politischen Propaganda zuzuordnen und zwar während der Zeitdauer von der Bekanntgabe des Abstimmungsdatums bis einen Tag nach erfolgter Abstimmung. > SLK-Grundsatz Nr. 1.5: Gemeinnützige und religiöse Propaganda Gemeinnützige und religiöse Propaganda gilt nicht als kommerzielle Kommunikation. Soweit religiöse oder gemeinnützige Organisationen eine kommerzielle Tätigkeit betreiben, haben diese die Grundsätze der werblichen Lauterkeit zu beachten. > SLK-Grundsatz Nr. 3.12: Trennung zwischen redaktioneller Information und kommerzieller Kommunikation 1. Kennzeichnung und Erkennbarkeit von kommerzieller Kommunikation Kommerzielle Kommunikation, gleichgültig in welcher Form sie erscheint oder welchen Werbeträger sie benutzt, soll als solche eindeutig erkennbar und vom übrigen Inhalt klar getrennt sein. Wird sie in Werbeträgern veröffentlicht, die gleichzeitig Nachrichten und Meinungen publizieren, muss sie so gestaltet und gekennzeichnet sein, dass sie als bezahlte Einschaltung klar erkennbar ist. 13 2. Verbot von Schleichwerbung Unentgeltliche redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Produkte (Waren oder Dienstleistungen) hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere vor, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse des Medienkonsumenten hinausgeht. 3. Verbot der Koppelung von kommerzieller Kommunikation mit redaktionellen Beiträgen Es ist unlauter, im Interesse der Akquisition von kommerziellen Aufträgen redaktionelle Beiträge zuzusichern oder kommerzielle Aufträge vom Entgegenkommen im redaktionellen Teil abhängig zu machen. 4. Sponsoring von redaktionellen Beiträgen gelt oder ähnliche Gegenleistungen ist unlauter, soweit dies für das Publikum nicht transparent gemacht wird. 6. Beilagen Beilagen oder Sonderseiten, deren Zustandekommen von einem entsprechenden Anzeigenaufkommen abhängt, sind durch eine vom übrigen redaktionellen Teil abweichende Gestaltung zu kennzeichnen. Der Kopf dieser Seiten ist mit den Wörtern “Sonderseite”, “Sonderbeilage” oder “Verlagsbeilage” zu versehen. Ausserdem sind in einem separaten Impressum der Herausgeber und die verantwortliche Redaktion aufzuführen. 7. PR-Botschaften auf bezahltem Raum PR-Botschaften können auch auf bezahltem Raum, d.h. als Inserate, veröffentlicht werden. Um die Unterscheidung gegenüber dem Redaktionsteil sicherzustellen, sollen solche PR-Botschaften klar ersichtlich als “Werbe- oder Publireportage” bzw. als “Anzeige” oder “Inserat” bezeichnet werden. Sponsoring von redaktionellen Beiträgen ist unlauter, sofern für den Medienkonsumenten nicht erkennbar ist, welche Teile der Publikation gesponsert sind und wer der Sponsor ist. 5. Product Placement Die Abbildung oder Nennung von Produkten sowie Firmen- und Markenbezeichnungen in redaktionellen Beiträgen gegen Ent14 Beispiel aus der Praxis der SLK Einer „love life Stop Aids“-Aufklärungskampagne des Bundesamtes für Gesundheit BAG fehlte der kommerzielle Charakter. Die Kampagne – so die SLK – bewerbe keine kommerziellen Dienstleistungen oder Waren, sondern den Schutz der öffentlichen Gesundheit. Somit könne sie von der SLK nicht auf ihre Lauterkeit überprüft werden (Quelle: SLK-Tätigkeitsbericht 2008). 15 Abschnitt 4 Verfahren und Sanktionen reicht eine Person bei der SLK Beschwerde gegen eine Werbung treibende Person ein. Zivilprozess Verwaltungsverfahren Behörde Einleitung Da es sich beim Werberecht um eine Querschnittmaterie handelt, kommen bei der Umsetzung der verschiedenen Bestimmungen verschiedene Verfahrenstypen zur Anwendung. Diese können am einfachsten anhand der Beteiligten unterschieden werden: • Bei einem Zivilprozess stehen sich stets Privatpersonen (natürliche oder juristische Personen) gegenüber: Eine Person klagt gegen eine andere, etwa einen Konkurrenten. • An einem Verwaltungsverfahren ist immer eine Verwaltungsbehörde beteiligt. Person 1 Klage Person 2 Person Strafverfahren Bechwerde an SLK Staatsanwalt Person 1 Beschwerde Person 2 Person • Bei einem Strafverfahren erhebt der Staatsanwalt vor Gericht Anklage gegen eine natürliche oder juristische Person, oder er erlässt einen Strafbefehl. • Daneben gibt es Verfahren vor nicht staatlichen Organisationen wie etwa das Beschwerdeverfahren vor der SLK. Hier 16 Zivilprozesse • Begehren, die Widerrechtlichkeit einer Verletzung gerichtlich festzustellen, Bei Vorliegen einer • Schadenersatz, • Persönlichkeitsverletzung, • Herausgabe eines Gewinns, • Verletzung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (Wettbewerbsverletzung) oder • Genugtuung (bei schweren Persönlichkeitsverletzungen). • Verletzung von geistigem Eigentum (Markenrechte, Urheberrechte oder Rechte an Designs) kann die geschädigte natürliche oder juristische Person eine Zivilklage gegen die Werbung treibende Person einreichen. Das Verfahren wird nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung durchgeführt. In einem Zivilprozess stehen sich private (natürliche oder juristische) Personen gegenüber. Es gilt: ohne Kläger kein Richter. Es entscheidet somit allein die geschädigte Person, ob sie ein Verfahren anstrengen will oder nicht. In vielen Fällen wird dem eigentlichen Gerichtsverfahren ein obligatorisches Schlichtungsverfahren vorgeschaltet. Auf dem Weg des Zivilprozesses kann die geschädigte Person folgende Begehren geltend machen: • Begehren, eine drohende Verletzung gerichtlich zu verbieten, Mehr zu Wettbewerbsverletzungen finden Sie in > Kapitel 2, mehr zu Persönlichkeitsverletzungen in > Kapitel 3 und mehr zu geistigem Eigentum in > Kapitel 6, Abschnitt 3. Die geschädigte Person kann im Rahmen von vorsorglichen Massnahmen auch verlangen, dass das Gericht sofort gewisse Anordnungen trifft (z.B. ein Publikationsverbot), unter Umständen sogar, ohne dass die Gegenseite vorher angehört wird (in diesem Fall spricht man von superprovisorsichen Massnahmen). Falls ein Zivilprozess droht oder ansteht, empfiehlt es sich, die Beratung und Prozessvertretung eines spezialisierten Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen. In Zivilprozessen können erhebliche Verfahrenskosten entstehen. Die Gerichtskosten sind in der Regel von der klagenden Partei vorzuschiessen. Die unterliegende Partei hat der obsiegenden Partei in der Regel eine so genannte Parteientschädigung zu bezahlen. • Begehren, eine bestehende Verletzung durch geeignete Anordnungen des Gerichts zu beseitigen, 17 Falls das Gericht eine Persönlichkeits- oder Wettbewerbsverletzung bejaht, müssen Werbeagenturen damit rechnen, dass Auftraggeber versuchen, Rückgriff zu nehmen, d.h. zumindest einen Teil des entstandenen Schadens auf die Agentur abzuwälzen. Im Rahmen des Auftrages, den die Werbeagentur mit dem Kunden abgeschlossen hat, haftet die Agentur für eine sorgfältige Ausführung. Missachtet die Agentur bei der Konzeption von Werbemassnahmen Werbevorschriften oder -verbote, kann dies eine Vertragsverletzung darstellen und eine Schadenersatzpflicht auslösen. In diesem Zusammenhang spielt der SLKGrundsatz Nr. 1.8 eine Rolle: Zu beachten ist ferner Art. 2 der Branchengrundsätze für Schweizer Werbe- und Kommunikationsagenturen. Danach hat die Agentur bei ihrer Tätigkeit für den Kunden die gesetzlichen Bestimmungen und die nationalen und internationalen Grundsätze über die Lauterkeit in der Werbung zu befolgen. > SLK-Grundsatz Nr. 1.8: Verantwortlichkeit für die Werbeaussage Die Verantwortung für die Richtigkeit und Rechtmässigkeit der Werbeaussage liegt beim Auftraggeber. Berater haften für die Rechtmässigkeit einer Werbeaussage. Auftragnehmer und Mittler haben die übernommenen Aufträge mit der nötigen Sorgfalt auszuführen und haften bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. > SLK-Grundsatz Nr. 1.9: Beweislast Jeder Werbetreibende muss die Richtigkeit seiner Werbeaussagen beweisen können. 18 Verwaltungsverfahren • Bundesamt für Gesundheit BAG, • Eidgenössische Alkoholverwaltung, Die gesetzlichen Bestimmungen, welche im Verwaltungsrecht statuiert sind, werden von Behörden überwacht. Diese greifen von sich aus ein und eröffnen von Amtes wegen ein Verfahren, wenn die Regeln verletzt werden. Teilweise können die Behörden auch Bewilligungen verlangen. Das Verfahren wird in der Regel nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes durchgeführt. Ein typisches Sanktionsmittel sind Bussen. Die Behörde auferlegt der beteiligten Person in der Regel auch die Verfahrenskosten. • Schweizerisches Heilmittelinstitut Swissmedic, • Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, • Kantonales Amt für Wirtschaft und Arbeit AWA. Vor allem dann, wenn die öffentliche Sicherheit und Gesundheit tangiert ist, wird somit ein Verwaltungsverfahren durchgeführt. Zum Verwaltungsrecht gehören zum Beispiel: • die Vorschriften zur Benutzung des öffentlichen Grundes (Aussenwerbung), • die Vorschriften über Radio und Fernsehen, • die Vorschriften über Alkohol- und Tabakwerbung, • die Vorschriften über Heilmittel und Lebensmittel, • die Vorschriften über Lotterien. Zuständig können Bundesbehörden oder kantonale Behörden sein. Einige Beispiele für solche Behörden: • Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, • Bundesamt für Kommunikation BAKOM, 19 Strafverfahren • Nachmachen von Banknoten (siehe > Kapitel 6, Abschnitt 4), • Tierquälerei, Gewisse Gesetze, allen voran das Strafgesetzbuch, aber auch das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sehen ausdrücklich Strafbestimmungen vor. • Unlauterer Wettbewerb. Strafverfahren richten sich nach der Strafprozessordnung. Ein Staatsanwalt oder die Polizei ermittelt. In leichteren Fällen erlässt der Staatsanwalt einen Strafbefehl, in schwereren Fällen hat das Gericht zu entscheiden, nachdem der Staatsanwalt Anklage erhoben hat (natürlich nur, wenn das Verfahren nicht bereits im Untersuchungsstadium stecken bleibt und eingestellt wird). Falls Sie in ein Strafverfahren involviert sind, ist der Beizug eines Strafverteidigers empfehlenswert. Es drohen ja immerhin happige Geldstrafen (im Bereich des Werberechts dürften Freiheitsstrafen die Ausnahme darstellen) und Reputationsschäden. Hier die Auflistung einiger Strafdelikte, welche im Werberecht von Bedeutung sein können. Ich komme auf einzelne Delikte zurück: • Ehrverletzungsdelikte, • Rassendiskriminierung, • Verbot von Gewaltdarstellungen, 20 Verfahren vor der Schweizerischen Lauterkeitskommission Das Verfahren ist grundsätzlich kostenlos. Es gibt aber zwei Ausnahmen: • Bei Beschwerden über kommerzielle Kommunikation, die sich an eine individuelle Adresse richtet (z.B. Telefon, Fax oder E-Mail, direkt adressiert oder unadressiert im Briefkasten), wird eine Bearbeitungsgebühr von CHF 50.00 erhoben, wenn es sich um die Frage der Zulässigkeit der Zustellung handelt. • Richtet sich die Beschwerde gegen eine Konkurrentin der beschwerdeführenden Partei, so hat die beschwerdeführende Partei zunächst eine Bearbeitungsgebühr von CHF 500.00 zu bezahlen. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens verbleibt diese Gebühr der SLK. • Die Publikation des Entscheides unter voller Namensnennung (ohne Namensnennung bzw. anonymisiert kann der Entscheid in jedem Fall veröffentlicht werden), • die Empfehlung auf Ausschluss aus Fachverbänden, • die Aufforderung an die Werbeträger, die als unlauter befundene kommerzielle Kommunikation nicht mehr aufzunehmen, • der Antrag auf Widerruf der Berateranerkennung SW und Entzug der Beraterkommissionierung VSW. Die SLK ist nicht befugt, Rechtsauskünfte zu erteilen. Damit soll verhindert werden, dass der Kommission in einem allfälligen späteren Beschwerdeverfahren eine Vorbefassung oder Befangenheit vorgeworfen werden kann. Zum Schluss noch ein wenig Statistik: Im Jahr 2012 hat die SLK insgesamt 297 Beschwerden behandelt. Die Werbemedien sind prozentual wie folgt vertreten: Auf der Webseite der SLK kann eine Wegleitung zur Abfassung und Einreichung einer Beschwerde heruntergeladen werden. • Werbung am Telefon und per Fax: 40% Der Beschwerdegegner erhält natürlich Gelegenheit, zu der Beschwerde schriftlich Stellung zu nehmen. Danach trifft die SLK einen Entscheid. Wird dieser Entscheid von den Parteien nicht umgesetzt, kann die SLK folgende Sanktionen ergreifen: • Direktmarketing: 14,2% • Werbung im Internet: 16,5 % • Printwerbung: 9,4% • Plakatwerbung: 8,7% • TV-Werbung: 2,6% 21 • Unter „ferner liefen“ rangieren u.a. Schaufenster- und Radiowerbung. ten betroffen waren die Bereiche Verkehrsbetriebe und Unterhaltungselektronik/Foto. Knapp 59% der Beschwerden wurden 2012 gutgeheissen, 35% der Beschwerden wurde abgewiesen, auf den Rest (6%) wurde nicht eingetreten. Zum Schluss schauen wir noch kurz an, wer 2012 eine Beschwerde eingereicht hat: Am häufigsten wurden 2012 mit Abstand aggressive Verkaufsmethoden gerügt (40,2%), auf den Plätzen 2 und 3 folgen Irreführung (20,4%) und Sexismus (10,3%). Unter dem Titel „Unrichtige Angaben“ liefen 6,1% der Beschwerden. Alle anderen Beschwerdegründe haben jeweils einen Anteil von weniger als 5%. Eine steigende Tendenz ist gemäss der SLK bei den Tatbeständen „Irreführung“ und „Sexismus“ feststellbar. • 93,9% von Konsumenten • 6,1 von Konkurrenten Quelle: SLK-Jahresbericht 2012 Ich nehme an, dass Sie auch die Top 5 der betroffenen Branchen interessiert. Hier sind sie (die Zahlen beziehen sich wiederum auf das Jahr 2012): 1. Dienstleistungen, Administration (13,5%) 2. Handel und Industrie (13,2%) 3. Telekommunikation (10,2%) 4. Banken und Versicherungen (10,2%) 5. Directories (9,5%) Es folgen die Brachen Freizeit, Touristik Hotel und Restaurant (7,6%) und der Versandhandel (5,3%). Alle anderen Branchen weisen einen Anteil von jeweils weniger als 5% auf. Am wenigs22 Exkurs: Zivilrechtliche Haftung für Werbeaussagen Bei anpreisender Werbung stellt sich oft die Frage, ob gewisse beworbene Eigenschaften eines Produkts als sogenannte zugesicherte Eigenschaften gelten. Was heisst das? Nach Art. 197 OR haftet der Verkäufer dem Käufer für die zugesicherten Eigenschaften an der Kaufsache. Sind Eigenschaften zugesichert worden, kann eine Haftung selbst dann greifen, wenn im Kaufvertrag nichts davon steht bzw. sogar dann, wenn die Haftung vertraglich wegbedungen worden ist (Gewährleistungsausschluss). ne Tochtergesellschaft haften muss. In den Werbeunterlagen der Tochtergesellschaft wurde die Einbindung dieses Unternehmens in den Swissair-Konzern in verschiedener Hinsicht werbemässig herausgestrichen (der Ruf der Swissair war damals noch unbeschadet). Das Bundesgericht war der Ansicht, dass diese Werbeaussagen haftungsbegründend waren und bejahte darum eine Haftung der Muttergesellschaft Swissair. Mit diesem Entscheid war die so genannte Vertrauenshaftung oder Haftung aus erwecktem Konzernvertrauen geboren. Bloss reklamehafte Anpreisungen stellen jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts keine Zusicherungen dar. Ob Äusserungen in der Werbung Zusicherungen darstellen, muss im Einzelfall durch Auslegung ermittelt werden. Das Bundesgericht hat eine Zusicherung etwa in einem Fall bejaht, in welchem ein Auto als „fabrikneu“ beworben wurde, in Tat und Wahrheit aber damit gefahren worden war. In einem berühmten Grundsatzentscheid aus dem Jahr 1994 („Swissair-Fall“) hat das Bundesgericht festgehalten, dass als haftungsbegründende Erklärungen auch Werbeaussagen in Betracht kommen. Es ging um die Frage, ob die Swissair (= Muttergesellschaft) gegenüber Dritten für ihre in Konkurs gegange23