Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter

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Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
Ernst Uehli
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
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Uitgeverij:
Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Zevende hoofdstuk; bladzijde 85 tot en met 100
Ernst Uehli
Philosophische-Anthroposophischer Verlag – Goetheanum/Schweiz
Nagelopen oplage en uitgave van 1979 (eerste oplage 1958)
Die Welterkenntnis aller vorchristlichen Kulturvölker, welche den Inhalt ihrer
Mysterien gebildet hat, ist in Form von Mythen überliefert worden. So wurde in
der bereits dargelegten Weise die Welterkenntnis zur Volksreligion und wirkte
sich als geistige Führung aus. Alle vorchristlichen Kulturvölker haben ihre Mysterien und demgemäß ihre Mythen und ihre Volksreligionen gehabt. Gemeinsam
sind ihnen allen in dieser Beziehung die Schöpfungs- und Göttermythen sowie die
Urlehrer-, Stammväter- und Heroenmythen und -Sagen.
In jeder Kulturepoche ist die in den Mysterien errungene und bewahrte Welterkenntnis auf ihre besondere Art zu Mythen geformt worden, und jede hatte ihre
besonderen Urlehrer, Stammväter und Heroen. Die Schöp fungs- und Göttermythen der Kulturvölker Asiens und Ägyptens sind voneinander verschieden, und
sie unterscheiden sich wiederum von denen der Griechen. Zwar gibt es unter diesen beiden Ähnlichkeiten und Verwandtschaften, und die griechischen Schriftsteller haben selber auf solche hingewiesen; dennoch sind die griechischen Schöpfungs- und Göttermythen ganz griechisch; sie finden sich trotz Verwandtschaften
in gleicher Art bei keinem anderen Volke.
Die Verschiedenartigkeit der mythischen Bilder, die doch aus einer gemeinsamen
Quelle der Welterkenntnis, den Mysterien, stammen, verliert sogleich den Schein
des Widerspruchsvollen, wenn berücksichtigt wird, daß die im Mythos enthaltene
Welterkenntnis sich zu jeder Zeit und in jedem Volke auf verschiedene Weise offenbarte, weil die Mysterien diese selber nach Zeit und Kulturepochen in verschiedener Weise gespiegelt haben. Wie das Sonnenlicht im Regenbogen sich in
sieben Farben spiegelt, es jedoch nur eine Sonne, aber viele Farben gibt, so gab es
vielartige Spiegelungen derselben Welterkenntnis.
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Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
Ernst Uehli
Die griechische Welterkenntnis ist aus den griechischen Mysterien heraus in mythische Bilder geprägt worden zu einer Zeit, welcher eine Reihe älterer Kulturperioden bereits vorangegangen waren. Sie ist diesem Volke in einer Gestalt gegeben worden, die den besonderen Anlagen und Aufgaben völlig entsprochen und
daher unermeßlich viel zu dessen Entwicklung beigetragen und an dessen höchsten Leistungen mitgearbeitet hat.
Schöpfungsmythen mit ihren aufeinanderfolgenden Göttergeschlechtern bilden
den grundlegenden Inhalt der allgemeinen Welterkenntnis der älteren vorchristlichen Menschheit, insbesondere auch des griechischen Volkes. Die mythische
Vorzeit aller Völker weist auf ganz andere Eigenschaften, ein völlig anderes Seelenleben hin, als es in späteren Zeiten vorhanden war. Erst durch eine Erkenntnis
der Seelenverfassung der vorzeitlichen Menschheit erhalten deren Mythen ihre
wahre Bedeutung und ihren erzieherischen Wert als Volksreligion. Man muß, um
die mythische Zeit der Griechen zu verstehen, in erster Linie die Seelenverfassung
jener Zeit berücksichtigen, was in seiner grundlegenden Bedeutung bisher von
den hierbei in Frage kommenden Wissenschaftsgebieten nicht getan worden ist,
weil eine Erkenntnis des wirklichen Mysterienwesens nicht vorhanden war.
Es ist schon in dem vorhergehenden Abschnitt auf den « Gang in die Unterwelt»
hingewiesen worden. Wer ihn gemacht und an der Schwelle des Todes gestanden
hatte, war zu einer sinnlichkeitsfreien Erkenntnis des Geistigen gelangt. Geburt
und Tod hatten für den Eingeweihten nur noch die Bedeutung von wechselnden
Erscheinungsformen eines ewigen Lebens, oder wie Heraklit sagte: «Geburt und
Tod ist in unserem Leben wie in unserem Sterben.» Er hatte sein wahres Wesen
gefunden, das vor der Geburt und nach dem Tode vorhanden ist und durch das er
in das Leben zwischen Geburt und Tod hineingestellt worden war.
Wenn der Eingeweihte sagen konnte, er sei «von der Gottheit gegrüßt» worden,
so sagte er damit, daß er die göttlich schaffenden Kräfte in der Natur und in der
menschlichen Seele in ihrer wahren Gestalt erkannt habe. Er hatte durch seine
Einweihung eine Weltenwanderung gemacht und damit seine Seele in den lebendigen, majestätischen Götterkosmos hinausgeführt. Den Ursprung und das Werden der Welt erkannte er, welche Stellung der Mensch in der Schöpfung einnimmt
und welche Bestimmung, welches Ziel ihm darin gesetzt ist.
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Die Aufgabe, welche der Menschheit als ganzer in der Welt gesetzt ist, kann nicht
in einer allgemein gehaltenen Theorie bestehen. Sie muß von Zeitepoche zu Zeitepoche, von Volkstum zu Volkstum als eine klare, konkret zu fassende vor der
Erkenntnis stehen können. Die Welterkenntnis, welche in den griechischen Mysterien erlangt werden konnte, wurde richtunggebend für die konkreten Aufgaben
und Ziele des griechischen Volkes und der griechischen Kulturepoche. Es lag für
die geistige Führung Griechenlands eine genau umgrenzte Aufgabe vor, auf lange
Sicht für die Dauer einer ganzen Kulturepoche eine Volksreligion zu schaffen,
Welterkenntnis zu mythischen Sinnbildern zu formen, die als innere, unterbewußte Wachstumskraft wirken konnten. Die Schöpfungsbilder und aufeinanderfolgenden Göttergeschlechter der griechischen Mythologie sind von den Vorfahren der Griechen, von der Urbevölkerung Griechenlands in einer Seelenverfassung aufgenommen worden, welche in differenzierter Art bei der ganzen vortzeitlichen Menschheit vorhanden gewesen war. Ohne Kenntnis dieser Seelenverfassung wird verständlich, daß die bisherige Forschung die wunderbare Mythenwelt der Griechen für Symbole, für Romantik oder für Abbilder von Naturvorgängen gehalten hat.
Die gesamte vorzeitliche Menschheit besaß eine Form des menschlichen Zusammenlebens, das auf Blutsippe und Nahehe beruhte, verbunden mit einem träumerischen Seelenleben, welches in Bildern verlief; einem natur haften, dem Träumen verwandten Hellsehen, das an Blutsippe und Nahehe gebunden war. Einem
so gearteten Seelenleben erschien die Natur nicht in ihrer abgeschlossenen, sondern in ihrer werdenden Gestalt, in ihren Bildekräften. Der mit naturhaftem Hellsehen begabte vorzeitliche Mensch stand in der Sinneswelt so darinnen, daß er
sie stärker durch das Blut als durch das Sinnes-Nervensystem erlebte. Wer aber
so mit seinen Blutskräften in die Sinneswelt untertauchte, dessen Seelenleben
verlief in Bildern, in denen sich die schöpferischen Kräfte des Kosmos kundgaben.
Es gab im Zusammenleben der vorzeitlichen Menschheit einen Naturzustand in
Gestalt von Blutsippe und Nahehe, und es gab unzertrennlich davon ein traumhaft hellseherisches, in Bildern ablaufendes Seelenleben, wodurch sich der
Mensch in einer lebendigen, durchgöttlichten kosmischen Welt eingebettet und
geborgen wußte. Man kann dieses vorzeitliche Seelenleben auch den mythischen
Zustand der Menschheit nennen, denn in ihm urständet der Mythos. Die Mysterien, welche die mythische Volksreligion geschaffen haben, bestanden schon da-
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mals. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Mythenschöpfung nicht als ein einmaliger Vorgang anzusehen ist, sondern ein in der Zeit fortlaufender schöpferischer
Prozeß, welcher sich aus dem Werdegang der allgemeinen und speziellen Entwicklung ergab. Zu den Mythen mit ihren Schöpfungsbildern und Göttergeschlechtern kamen im Laufe der Zeit die Sagen hinzu. Die Mythen- und Sagenschöpfungen verhalten sich zum traumhaften Hellsehen der ältesten Vorzeit, wie
sich künstlerisches Schaffen zur Natur verhält. Die Mythen und Sagen sind in
ihrer Art vollendete Kunstwerke, deren Naturgrundlage in dem gemeinsamen
Blut der Sippe und im natürlichen Hellsehen bestanden hat; Kunstwerke, die nach
den Gesetzen und dem Werden des Geistkosmos aufgebaut worden waren und
die in dem zu bildhaftem Erleben veranlagten vorzeitlichen Menschen als innere
seelische Wachstumskräfte wirken konnten.
Als dann im Laufe der Entwicklung das traumhaft-hellseherische Seelenleben dahinschwand und andere Fähigkeiten an dessen Stelle traten, blieb Neigung und
Begabung zum bildhaften Erleben weiter bestehen. Das hellseherische Seelenleben ging über in ein bildhaftes Vorstellungsleben. Der Mythos als Volksreligion
blieb unantastbar, wirkte weiter und wurde zugleich zu einer mit größter Verehrung gepflegten Erinnerung an die einstige Vorzeit. In dieser Weise bestand
eine lebendige Kontinuität von den ältesten Zeiten bis in die geschichtliche Zeit
hinab, die nur dort zur starren Tradition wurde, wo die schöpferischen Kräfte
eines Volkes und einer Kulturepoche zum Versiegen gekommen waren.
Was über das Seelenleben der vorzeitlichen Menschheit und den Mythos im allgemeinen dargelegt worden ist, das gilt im besonderen für die Griechen. Die Griechen und ihre Kultur sind das glänzendste Beispiel dafür, wie das Kunstwerk des
Mythos und der Sage als lebendige Kontinuität und als plastisches Anschauungsvermögen bis in die historische Zeit in ihrer Kultur weitergewirkt hat. Diese
niemals unterbrochene geistige Kontinuität, durch welche Mythos und Sage, Vorzeit und geschichtliche Zeit mit ihren höchsten Kunstschöpfungen dem Blick als
ein den Gesetzen des Werdens folgender Gesamtorganismus erscheint, ist die
Voraussetzung, die Erkenntnisgrundlage für den Beitrag, den die griechische Kultur an die menschheitliche Kultur geleistet hat.
Die Tatsache des Ursprunges des griechischen Mythos aus den Mysterien und des
aus dem Blutsippentum entspringenden traumhaften, instinktartigen Hellsehens
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der vorzeitlichen Menschheit ist es, die bisher nie mit voller Klarheit und wissenschaftlicher Einsicht erkannt worden ist. Erst durch Rudolf Steiner hat sie eine
vielseitige Darstellung und eine geisteswissenschaftliche Erkenntnisgrundlage
gefunden.
Burckhardt hat als einen für die Griechen besonders charakteristischen Zug hervorgehoben die Lokalisierung mythischer Begebenheiten an bestimmten Orten,
während wichtige historische Ereignisse nicht lokalisiert worden seien. Ein solcher Ort war z. B. die Quelle Kyane, aus welcher der Anapos bei Syrakus
entspringt. Dort sei nach dem Mythos Pluton mit der geraubten Persephone in die
Unterwelt hinabgestiegen, und aus den Tränen der Geraubten sei die Quelle entstanden.
Diese Sitte der Griechen findet ihre sinnvolle Erklärung durch die Eigenart der
vorzeitlichen Seelenverfassung. Es gab in jener Zeit keine tote Natur. Mit träumender Seele, man kann auch sagen, mit träumenden Augen sah man auf das lebendige Walten der Natur hin. Die mythische Begebenheit wurde vermöge des
vom Sippenblut abhängigen traumhaften Hellsehens in engen Zusammenhang
mit der Natur gebracht und an einem bestimmten Orte lokalisiert, und dieses aus
einer Erinnerungskraft, die der Ahnenerinnerung, der Ahnenverehrung verwandt
war. Aus dem Sippenblut heraus entstand die Ahnenverehrung, denn der Ahne
lebte im Blut der Nachfahren fort. Aus dem Sippenblut ging auch das Lokalisieren
mythischer Begebenheiten hervor, es wurde die Begebenheit auf die Natur, auf
einen bestimmten Naturort übertragen. Für die historischen Ereignisse trafen
diese Voraussetzungen, die der Mythos hatte, nicht zu. Was jedoch aus der mythischen Vorzeit an Erlebnissen lokalisiert worden war, das galt als geheiligte,
unantastbare Erinnerung, die wie eine Insel, welche einer ganz anderen Welt angehörte, in die geschichtliche Zeit hineinragte.
Der Schöpfungsmythos der Griechen nennt den Urzustand der Welt das Chaos,
welches von einer schaffenden Weltenkraft, dem Eros, in eine erste Gestaltung
und Ordnung gebracht wurde. Diese Ordnung war eine dreifache, eine obere
himmlische Welt-. Uranos, eine irdische Welt: Gaia, und als drittes die Unterwelt:
Tartaros. Aus dieser ersten Ordnung der Welt gingen dann drei aufeinanderfolgende Göttergeschlechter hervor.
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Als erstes, ältestes Göttergeschlecht galten Uranos und Gaia. Uranos, das obere,
das himmlische Prinzip, Gaia, das untere, irdische Prinzip. Ihre Nachkommen waren die Titanen. Es gab deren zwölf, sechs männliche und sechs weibliche, darunter Kronos, Iapetos, Okeanos, Rhea und Themis.
Das zweite Göttergeschlecht waren die Uraniden Kronos und Rhea. Da Uranos die
Titanen aus Furcht, sie würden ihn seiner Herrschaft berauben, in den Tartaros
warf, rächte sich Gaia, indem sie Kronos mit einer Sichel bewaffnete und dieser
den Uranos tödlich verwundete. Aus seinen Blutstropfen entstanden die Giganten, die auch Nachkommen hatten, darunter die Erinyen, die Rachegeister.
Kronos befreite die Titanen, worauf sich diese mit ihren Schwestern vermählten
und ebenfalls eine zahlreiche Nachkommenschaft hatten. Kronos selber, vermählte sich mit Rhea, die ihm sechs Kinder gebar: Pluton, Poseidon, Zeus, Demeter,
Hestia und Hera. Kronos, dem seine Eltern gleichfalls die Entthronung prophezeit
hatten, verschlang seine fünf Kinder. Das zuletzt geborene Zeuskind rettete Rhea
dadurch, daß sie Kronos einen in Windeln gewickelten Stein vorsetzte, den er anstatt des Kindes verschlang. Darauf brachte sie das Kind in Sicherheit nach Kreta,
wo es aufwuchs. Als Zeus erwachsen war, gab Rhea dem Kronos ein Brechmittel
ein, das sie von Metis, der Göttin der Klugheit, erhalten hatte, wodurch die verschlungenen Kinder wieder zum Vorschein kamen. Da aber verband sich Zeus mit
seinen Geschwistern, stürzte den Kronos und nahm den Thron seines Vaters ein.
So ging die Herrschaft an ein drittes Göttergeschlecht über.
Gegen diese Änderung der Weltherrschaft wandten sich die Titanen; es entstand
in der Folge ein Krieg zwischen den Uraniden und den Kro niden. Zeus schleuderte die Titanen in den Tartaros und ließ sie dort be wachen. Nun wiegelte Gaia die
Giganten gegen das Zeusgeschlecht auf, damit sie den Olymp erstürmten; es kam
zum Gigantenkampf, und erst als Pallas Athene den Herakles zu Hilfe rief, konnten die olympischen Götter der Giganten Herr werden und ihre Herrschaft behaupten.
Von den olympischen Göttern sind neben Zeus bereits fünf, seine Geschwister,
genannt worden. Die andern Götter sind Nachkommen. Pallas Athene wurde aus
dem Haupte des Zeus geboren. Ares und Hephaistos waren Kinder der Hera.
Apollon, Artemis, Aphrodite und Hermes stammten aus anderen Verbindungen
des Zeus.
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Diese drei aufeinanderfolgenden Göttergeschlechter sind mythische Bilder für
Welterlebnisse und Entwicklungsstufen, welche in dem dargelegten Sinne den
Inhalt der Volksreligion bildeten. Die Griechen haben ihren Göttern gegenüber
eine ganz andere Empfindung gehabt als die Menschen der vorangegangenen Kulturen. Die letzteren fühlten sich als eine Hülle des Göttlichen, der Grieche als eine
Darstellung des Göttlichen. Dieses wird sogleich verständlich durch einen Vergleich, wie die Ägypter und wie die Griechen in ihrer Plastik den Menschen dargestellt haben.
Die Ägypter haben z. B. ihre Pharaonen mit bestimmten Attributen gebildet, mit
der Uräusschlange an der Stirn, mit dem Henkelkreuz in der Hand, oder auch
gleichsam als Säugling der Isis, womit ein bestimmtes elementares, ein mächtigschöpferisches, ein geheiligtes Verhältnis zur Natur und deren kosmischen Lebenskräften gemeint war. Das taten die Griechen nicht. Sie bildeten den Menschen
in ihren Kunstwerken nach göttlicher Schönheit und Harmonie. Der Grieche fühlte sich menschlich als Darstellung des Göttlichen.
Homer und die Griechen der nachfolgenden Zeiten haben sich mit den Göttern als
verwandt empfunden, und deren Vermenschlichung ging aus diesem Empfinden
hervor.
Die Griechen sahen in den Göttern Wesen, welche in der übersinnlichen Welt zurückgeblieben waren, während der Mensch in die sinnliche Welt hinabsteigen
mußte, um in einem Erdenleib zu wohnen; die Götter aber konnten auf dem
Olymp leben. Sie wurden für Wesen gehalten, die auf ihre Weise auch eine Entwicklung durchzumachen hatten und daher auf verschiedenen Stufen einer solchen standen, d. h. es gab ältere und jüngere Göttergeschlechter, die in verschiedenen Zeitältern die Welt regiert haben.
Rudolf Steiner hat nachdrücklich darauf hingewiesen, daß die Griechen die olympischen Götter, das Zeusgeschlecht, nicht als Götter ansahen, die den Menschen
geschaffen haben, daß die Menschen schon da waren, ehe Zeus nach Entthronung
des Kronos die Weltherrschaft angetreten hatte. Aus dem griechischen Mythos
über die aufeinanderfolgenden Menschenalter, dem goldenen, silbernen, ehernen,
geht unzweideutig hervor, daß jenes Menschengeschlecht, das von Zeus regiert
wurde, von Menschenvorfahren abstammte, die schon vor der Zeusherrschaft
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gelebt hatten*1. Ein Vergleich mit der alttestamentlichen Genesis ergibt, daß im
Gegensatz zum griechischen Mythos dort nur von einem einzigen Göttergeschlecht gesprochen wird, von welchem das Menschengeschlecht erschaffen
worden ist. Dort haben sich die sieben Elohim, was in der Bibel mit Gott übersetzt
ist, entschlossen, den Menschen zu schaffen.
Ein anderer wichtiger Zug des griechischen Göttermythos ist die Vorstellung eines einheitlichen Urzustandes der Welt, eines einheitlichen Weltenursprunges
und eines daraus hervorgegangenen ersten Göttergeschlechtes. Dieser Urzustand
wird das Chaos genannt. Dem Chaos lag aber eine Anschauung zugrunde, die dem
heutigen Denken genau entgegengesetzt ist.
Chaos bedeutet für die griechische Welterkenntnis einen schöpferischen Zustand
auf höchster geistiger Stufe, der noch nicht in das Werden, noch nicht in die Gestaltung übergegangen war. In das Werden, in die Gestal tung tritt er durch Eros.
Durch die Weltenliebe wurde die Schöpfung ins Dasein gerufen. Im griechischen
Schöpfungsmythos wirkt Eros als eine Urkraft, die aus dem Chaos die Schöpfung
aufkeimen läßt. Als junge Liebeskraft des Weltenursprunges tritt er darin auf. Mit
einem tiefsinnigen Wesenszug beginnt der griechische Mythos von der Weltschöpfung; Weltenschöpfung kann nicht entstehen ohne Weltenliebe. Eros wirkt
am Weltenanfang und im Weltenwerden überall dort, wo in der Natur wie im
Menschen unschuldige Liebe keimt. Aus dem Wechselspiel zweier Weltprinzipien, aus Chaos und Eros ging das Weltenwerden hervor. Das Volk der Griechen,
das die höchste Kunst geschaffen hat, besaß auch einen Schöpfungsmythos, der
die höchsten weltenkünstlerischen Prinzipien enthält.
Aus solchem Weltenwerden ging ein erstes Göttergeschlecht hervor, das selber
noch eine Einheit war: Uranos und Gaia. Dieses älteste Göttergeschlecht hat nach
dem Mythos die Welt und den Menschen geschaffen. Nach der mythischen Anschauung über Uranos und Gaia war die menschliche Gestalt aus zwei verschiedenen Gestaltungsprinzipien, einem oberen, kosmischen, und einem unteren, irdischen, hervorgegangen. Die Hauptesbildung wurde dem uranischen Prinzip, die
übrige Leibesbildung dem Gaiaprinzip zugeschrieben. Der Weltengrund, aus dem
die menschliche Gestalt hervorging, war ein einheitlicher, aber zweierlei Gestal1
Rudolf Steiner: «Alte Mythen und ihre Bedeutung».
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tungskräfte haben sie gebildet. Unter Gaia versteht die mythische Anschauung
formende Urkräfte, aus denen die Erde in ihrer späteren Gestalt erst entstanden
ist. Gaia ist mythisch als Urmutter, als Urgebärerin der Erde anzusehen.
Im Fortgang des Weltenwerdens ging die Einheit des Uranfanges in eine Zweiheit
über; es kam zu einem Gegensatz gegenüber dem früheren Zustand. Im mythischen Bilde ausgedrückt: Es entstand ein zweites Göttergeschlecht, das zum Gegner des ersten wurde. Auf Anstiften der Gaia wurde Uranos gestürzt und getötet;
aber auch Kronos wurde gestürzt. Die olympischen Götter behaupteten schließlich die Herrschaft und sind die eigentlichen Götter der griechischen Volksreligion geworden.
Nach diesen mythischen Weltenbildern gab es zwei Arten von Göttergeschlechtern: gestürzte und ein solches, das dauernd herrschte, das Zeusgeschlecht. Damit
aber weisen diese Bilder auf ein umfassendes Geheimnis der griechischen Welterkenntnis hin.
Das ursprüngliche Göttergeschlecht schuf die Welt und das Menschengeschlecht.
Auf dieses folgte ein zweites, das nicht menschenschaffend, sondern götterschaffend war: aus ihm gingen Zeus und der olympische Götter kreis als das schließlich
dauernd herrschende Göttergeschlecht hervor. Die Welt und das Menschengeschlecht waren schon da, als dieses zur Herrschaft kam. Es ergibt sich aus dem
Verlauf dieser mythischen Schöpfungsbilder die merkwürdige Tatsache, daß die
beiden ersten, die gestürzten Göttergeschlechter aus dem mythischen Bewußtsein verschwinden und nur das Zeusgeschlecht weiter besteht. Um zu erkennen,
was dieser Tatbestand verbirgt, muß das Verhalten des Kronos seinen Nachkommen gegenüber näher betrachtet werden.
Kronos verschlang seine Kinder, weil er wußte, daß er seine Herrschaft an sie
verlieren werde. Was ist aber Kronos, und was bedeutet das Verschlingen seiner
Kinder, die dann doch wieder auf die geschilderte Weise zum Vorschein gekommen sind?
Den Schöpfungsmythen der orientalischen Völker, welche dem griechischen Mythos vorangegangen sind, lag eine Anschaung zugrunde, daß es beim Weltenursprung noch nicht die Zeit gegeben habe, daß die hinströ mende Zeit, das lebendige Zeitenwesen, erst im Laufe des Weltenwerdens entstanden und dadurch eine
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Teilung der ursprünglichen Einheit der Welt eingetreten sei. Die Geburt eines
göttlichen Zeitenwesens ist in diesen älteren Schöpfungsmythen in verschiedene
Bilder geprägt worden, die alle den einen Sinn haben, daß die Zeit entstanden,
daß sie geschaffen worden sei.
Im griechischen Mythos führt das aus einem früheren Zustande heraus geborene
Zeitenwesen den bezeichnenden Namen Kronos (oder Chronos). Als der Zustand
des Chaos bestand, gab es noch nicht die Zeit; sie wurde von dem ersten Göttergeschlecht geboren. Kronos ist einer der Titanen. Mit Kronos trat eineTeilung im
Weltenwerden ein, es gab nun ein Vorher und Nachher, ein Früher und ein Später. Die hinfließende Zeit verzehrt fortwährend die Gegenwart und macht aus ihr
ein Vergangenes. Im mythischen Bilde ausgedrückt: Kronos verzehrt seine eigenen Kinder. Was aber vom Zeitenwesen verzehrt worden ist, das lebt als Erinnerung weiter und kann als solche wieder in Erinnerungsbildern aus dem Zeitenwesen in die Gegenwart zurückgeholt werden. Mythisch ausgedrückt: Durch
ein Brechmittel gibt Kronos seine Kinder wieder her. Mit dem Übergang von einem unmittelbar erlebten Geschehen zu einem nur erinnerten Geschehen vollzieht sich im lebendigen, nicht im abstrakt erlebten Zeitgeschehen ein Bruch. Die
Erinnerung verhält sich zum wirklichen Geschehen wie ein Bruchteil zu einer
ganzen Zahl. Ohne die Erinnerung, ohne das Gedächtnis würde das in der lebendigen Zeit Erlebte abreißen und verloren gehen. Es geht aber im Zeitenstrom
nicht verloren, es kehrt als Erinnerung zurück, aber das erinnerte Erlebnis ist,
verglichen mit dem wirklichen Erlebnis, doch nur ein Bruchteil.
Diese mythischen Bilder, welche eine kosmische Sprache reden und das Weltenwerden malen, legen nahe, daß unter den sechs Kindern des Kronos, den Kroniden, ein Göttergeschlecht ganz anderer Art zu verstehen ist als die Ursprungsgötter. Diese waren Welt- und menschenschaffende Götter, nicht aber die Nachkommen des Kronos, deren Eigenschaften und Fähigkeiten dem Zeitenwesen, aus
dem sie stammten, angemessen sind. Sie gehörten einer anderen Sphäre des
Weltbewußtseins an als die Ursprungsgötter. Zu diesen standen die olympischen
Götter so, wie sich Vorstellung und Erinnerung, wie sich der Gedanke verhält zu
dem Geschaffenen. Die Ursprungsgötter waren weltschaffende, die olympischen
Götter dagegen sinnende Götter. Im Weltenwerden ist das Schaffen zuerst da, und
das Sinnen, das über dem Geschaffenen schwebende Gedankenleben, kam später,
es wurde nachgeboren.
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Zeus nahm unter seinen fünf Geschwistern von Anfang an eine Sonderstellung
ein. Er wurde auch nicht wie diese von Kronos verschlungen, sondern Rhea reichte diesem statt des lebendigen Zeuskindes einen in Windeln gewickelten Stein,
den er an dessen Stelle verschlang.
Aus den griechischen Mythenbildern geht zur Evidenz hervor, wie intim das griechische Seelenleben mit der Wirksamkeit der vier Elemente, Erde, Wasser, Luft
und Wärme, verknüpft war. Wie die elementarischen Kräfte der Natur im Laufe
und Wechsel der Jahreszeiten, aber auch wie sie in der menschlichen Organisation wirkten, das war in den älteren griechischen Zeiten noch lebendigste Lebenserfahrung und Anschauungsweise.
Zeus, der oberste der olympischen Götter, war für das Weltbewußtsein der Griechen nicht der Welten- und Menschenschöpfer; das waren die Ursprungsgötter;
aber er war Weltenordner durch die ordnende Kraft des Gedankens. Den Griechen war Zeus der Vater des Gedankens als der oberste und herrschende der sinnenden Götter, die gegep die Titanen kämpften, welche die Weltordnung durch
Überschreiten der ihnen gesetzten Grenzen zerstören wollten.
Die tätige, die herrschende und ordnende Kraft des Gedankens steht aber, worauf
die mythischen Bilder unverkennbar hinweisen, in intimer Verbindung mit dem
Elemente der Luft und mit dem Atemvorgang. Das Sinnen, das Leben in Vorstellungen, d. h. der Denkvorgang wurde als ein verfeinertes Atmen empfunden, als
ein Vorgang, der sich im Elementarischen abspielt und von einem Mineralisierungsprozeß begleitet ist. Daß der Denkvorgang in der menschlichen Hauptesorganisation von einem mineralisierenden, d. h. einem Salzprozeß begleitet ist, das
haben die Griechen, indem sie das besonders entwickelte Denken der Athener als
«attisches Salz» bezeichneten, zum Ausdruck gebracht.
Dem mythischen Bild, wie Kronos den in Windeln gewickelten Stein statt des lebendigen Zeuskindes verschlungen hat, kommt noch eine weitere Bedeutung zu.
Auch in diesem Vorgang wird, aber mit mythisch bild hafter Ausdrucksweise, auf
den Mineralisierungsprozeß, der an die Stelle des Lebens tritt, hingewiesen. Das
lebendige Zeuskind und das steinerne, das mineralisierte Zeuskind, das von Kronos verschlungen wird, sind die wirksamen Bilder für einen Denkvorgang, der im
Lebendigen bleibt, und einen solchen, bei dem der mineralisierende Prozeß zu
weit vorgetrieben wird und der Gedanke unlebendig, abstrakt, als Totgeburt er-
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scheint und als solche in die kronidische Erinnerungswelt eingeht. Es ist der Gegensatz von prometheischer und epimetheischer Denkweise.
Für das gegenwärtige Bewußtsein betrifft es dasjenige Denken, das nicht mehr
aus den lebendigen elementarischen Kräften der Seele hervorsprudelt, sondern
sich ausschließlich auf Sinneswahrnehmung stützen will; ein Denken, das nicht
mehr das Weltwesen in lebendigen, sondern in toten, abstrakten Begriffen erfassen will, während ursprünglich das Denken der Griechen ein lebendiges war, weil
ihnen in der Wahrnehmung auch zugleich die anschaulichen Begriffe gegeben
waren, mit denen sie das Weltwesen, das sie in Zeus verehrten, erfaßt haben.
Die Jugend des Zeus hat der Mythos auf der Insel Kreta lokalisiert, und die idäische Höhle, in welcher er aufwuchs, war für die Griechen ein heiliger Ort. Die Insel Kreta galt nicht nur als ein geographischer Begriff, sondern als eine mythische
Stätte, als ein Geistgebiet, von dem auch die Heroensagen handeln.
Der griechische Mythos unterschied also zwei verschiedene Göttergeschlechter,
die oberen und die unteren Götter. Der Kreis der oberen, der Volksgötter, umfaßte die Zwölf heit der Olympier. Die unteren Götter waren diejenigen des Ursprunges, welche den Menschen geschaffen haben; man nannte sie auch die Unterirdischen. Die oberen, die sinnenden Götter haben mit den unteren, den Ursprungsgöttern, das gemeinsam, daß beide die Titanen in den Tartaros warfen. Ihre Verschiedenheit trägt auch der Mensch in sich, der, dem Weltbewußtsein der Griechen entsprechend, selber als ein Abbild der beiden Göttergeschlechter angesehen wurde. Alles, was die menschliche Gestalt, die menschliche Gesamtorganisation betrifft, miteingeschlossen alles, was im Unterbewußtsein vorhanden ist,
wurde den unteren, den Ursprungsgöttern zugeschrieben. In allem dagegen, was
den Umfang des menschlichen Bewußtseins, was den rasch bewegten Gedanken
ausmacht, erlebte man das Herrschaftsgebiet der oberen Götter. Das wahre Wesen des Menschen hatte Anteil an diesen zwei völlig von einander verschiedenen
Göttergeschlechtern. Den unteren Göttern gehörte er in umfassendem Sinne an,
weil er mit seiner Organisation und dem unterbewußten Teil seines Wesens aus
deren Weltschöpfung hervorgegangen war und sich als Glied derselben wußte.
Den oberen Göttern dagegen gehörte er an durch den Ablauf seines tagwachen
Bewußtseins, den Ablauf seiner Gedanken. Die mythischen Schöpfungsbilder der
Griechen lassen den Unterschied, ja den Gegensatz zwischen diesen Götterge-
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schlechtern klar hervortreten. Die Ursprungsgötter besaßen die Macht, aus ihrer
Urgewalt heraus die Welt zu schaffen, die Wirklichkeit des Weltenwerdens entstehen zu lassen. Die olympischen Götter haben diese Macht nicht. Ihr sinnendes
Wesen spiegelt nur das Weltenschaffen der Ursprungsgötter, und weil sie nur
Bewußtseinslicht entzünden können, sind sie obere Götter, die im Lichte wesen
und wirken; sie sind Lichtträger, oder anders ausgedrückt, luziferische Götter.
Zu den weltschaffenden unteren Göttern konnte man nur durch die Einweihung
gelangen. Sie waren die eigentlichen Mysteriengötter, die großen Unterirdischen.
Das Geheimnis der unteren Götter wurde in den Mysterien streng bewahrt. Wer
sie durch die Einweihung kennen lernte, der wurde unter Androhung der Todesstrafe zum Schweigen verpflichtet. Ein solcher Eingeweihter hatte dadurch
Kenntnis vom Weltenwerden und vom Weltenursprung erlangt, aber auch von
dem wahren Ursprung und Wesen der Volksgötter. Es kann auffallen, daß Homer,
der gerade die olympischen Götter in ihrer Erhabenheit, aber auch in ihrem vermenschlichten Wesen mit vollendeter künstlerischer Meisterschaft zu schildern
vermochte, sich über die unteren Götter völlig ausgeschwiegen hat.
Die Griechen empfanden Furcht und Grauen vor den «unterirdischen Gottheiten»,
wenn solche, wie z. B. die Erinyen, den blutbefleckten Mörder verfolgten und als
Rachegötter tragisches Schicksal über den Menschen verhängten.
Der jüngste Gott der Griechen war Dionysos der Jüngere, der aber in Wirklichkeit
kein Gott, sondern ein Heros gewesen ist. Er gehörte weder den oberen noch den
unteren Göttern an, vereinigte jedoch in seinem Wesen Eigenschaften beider.
Zum Mysteriengott erst später geworden, erschien er in den großen dionysischen
Mysterien zu Eleusis. Man nannte ihn den Dionysos lakchos. Als Volksgott hieß er
Bakchos.
Aus dem ersten Göttergeschlecht stammten die Titanen und die Giganten. Die ersteren waren gemeinsame Nachkommen von Uranos und Gaia, die letzteren entstanden aus den Blutstropfen des Uranos, sie sind daher als völlig verschiedene
und verschieden wirkende Wesen anzusehen. Warum aber warf Uranos die Titanen in den Tartaros? Warum mußte er fürchten, durch sie seine Herrschaft zu
verlieren?
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Hier muß an den Ausspruch Heraklits erinnert werden, wonach der Krieg der Vater aller Dinge sei. Heraklit hat seinen «dunklen» Ausspruch getan aus einer Erkenntnis, die ihm in den Mysterien von Ephesos zuteil geworden war. Diese Mysterien bewahrten die Geheimnisse des Weltenursprunges und des Weltenwerdens. Der Ausspruch Heraklits bezieht sich auf das Weltenwerden; er besagt, daß
unter dem Krieg als Vater aller Dinge die aufeinanderfolgenden Stufen dieses
Weltenwerdens zu verstehen sind. Krieg bedeutet in diesem Falle Werden, Entwicklung im großen und im kleinen, wodurch die Dinge entstehen. Krieg im Sinne
Heraklits entsteht auch in der Retorte des Chemikers, der Stoffe mischt, wodurch
sie neue Verbindungen eingehen. Überall dort, wo die Elemente des Kosmos, wo
Weltenkräfte und Erdenkräfte aufeinander wirken, herrscht der Krieg, aus dem
die Dinge werden. Der «dunkle» Ausspruch Heraklits erhellt sich zu einer klaren
Anwendung auch in bezug auf die Aufeinanderfolge von Göttergeschlechtern,
worunter ganze Weltenstufen gemeint sind.
Auch Zeus warf die Titanen auf einer späteren Stufe des Weltenwerdens in den
Tartaros, während Kronos seine Kinder verschlang. Das erste und das dritte Göttergeschlecht, die schaffenden und die sinnenden Götter haben ein Gemeinsames
in ihrem Verhalten gegenüber den Titanen. Andererseits gibt es zwischen dem
Zeusgeschlecht und den Titanen die Übereinstimmung und Teilung ihrer Zahl.
Beiden ist gemeinsam die Zwölfheit und die Teilung in Hälften. Es gab sechs männliche und sechs weibliche Titanen, und es gab sechs olympische Götter, die von
Kronos, und sechs, die von Zeus abstammten.
Die Zwölf heit von Göttern oder von Götternachkommen ist eine Zahl, welche den
Schöpfungsmythen der indo-germanischen Völker gemeinsam ist; jedenfalls besteht sie im persischen, germanischen und griechischen Schöpfungsmythos, wo
sie auf etwas Gemeinsames hinweist, den kosmischen Umkreis. Der Makrokosmos erscheint in diesen Mythen als ein Ort, wo zwölf Götterwesen oder Nachkommen von solchen herrschen oder herrschen wollen. Aus dem makrokosmischen Weltenwerden geht der Mensch hervor als ein Mikrokosmos, als ein Abbild
des Makrokosmos. Der griechische Schöpfungsmythos stellt das Hervorgehen des
Menschen aus dem makrokosmischen Umkreis in seiner besonderen Weise dar,
wobei der Zwölfheit der Nachkommenschaft eine besondere Bedeutung zukommt.
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Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
Ernst Uehli
Das Hinabwerfen der Titanen in den Tartaros durch Uranos, nachdem sie sich bis
dahin im höchsten Weltenkreis bei Uranos befunden haben, ist eines der gewältigsten mythischen Bilder, wie sich makrokosmisches Ge schehen im Laufe der
Entwicklung ein mikrokosmisches Abbild schafft, wie diese Entwicklung, auf den
Menschen angewendet, die menschliche Organisation zu einem Abbild des Kosmos machte. Was in kosmischer Hinsicht im Laufe des Weltenwerdens veranlagt
wurde, zur menschlichen Sinnes-Nervenorganisation zu werden, wodurch der
Mensch ein Erdenwesen geworden ist, das nennt der Mythos in einem lapidaren
Bild das Hinabwerfen der Titanen in den Tartaros. Das mythische Bild stellt der
Überwelt, dem kosmischen Umkreis, die Unterwelt des Tartaros entgegen; gegenüber der Überwelt, dem Weltbewußtsein, das zu den Schöpfungsurgründen emporsteigen kann, ist der Tartaros die Welt des Unterbewußtseins.
An einem Vergleich kann der Sinn dieses gewaltigen mythischen Bildes klar werden. Der Mensch wird hinsichtlich seines Hauptes uranisch geboren. Der Kopf
wird zuerst geboren, in weit ausgebildeterem Maße als die übrige Leibesorganisation, die zunächst mehr als ein Anhängsel des Kopfes erscheint und erst nach
der Geburt zur vollen Entwicklung gelangt. Seiner uranischen Geburt nach, seiner
Hauptesbildung nach, ist der Mensch ein gestürzter Titane. Die Titanengewalten
des Hauptes, das menschliche Bewußtsein, das sich der Sinne bedienen muß, um
stufenweise zur Erkenntnis der Welt aufzuwachen, befinden sich zunächst im Zustande des Unbewußten, der Nichterkenntnis. Die Hauptesorganisation ist im
Sinne der mythischen Bilder ihrer Gestaltung nach uranischen Ursprunges, den
Bewußtseins- und Erkenntniskräften nach, die sich aus dem UnbewuBten erst im
Erdendasein entwickeln müssen, ist sie titanidisch. Kosmisch-titanidisch sind die
im Unterbewußtsein gehaltenen Kräfte des Menschen.; sie wollen aus den unbewußten Tiefen hinaufdrängen, müssen aber im Tartaros, der menschlichen Organisation, zurückgehalten werden.
Der Tartaros ist daher nicht identisch mit dem Hades, in welchem Pluton, der
Bruder des Zeus, herrscht. Der Tartaros als Ort muß in Zusammenhang mit den
Vorgängen in der Nervenorganisation gebracht werden; der Hades mit dem Orte,
wo die Seelen im Leben nach dem Tode im Schattenreich weilen und sich nicht
mehr der Leibesorganisation bedienen können. Der Hades ist der Ort entkörperter Seelen, der Tartaros der Ort des an die Leibesorganisation gebundenen Unbewußten.
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Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
Ernst Uehli
Wer durch die Einweihung zu den unteren Göttern gelangte, der lernte auch die
Titanen kennen. Er konnte sie aber nur kennenlernen, wenn er durch den Gang in
die Unterwelt die Sinnestriebe völlig zum Schweigen gebracht hatte und sein
ewiges, sein göttliches Wesen wiederfand. Für den Nichteingeweihten blieben die
Titanen in den Tartaros geworfen.
Zeus, der einer viel späteren Stufe des Weltenwerdens angehörte, bannte die Titanen gleichfalls in den Tartaros und ließ sie dort bewachen. Aus den bisherigen
Darlegungen geht aber hervor, daß die sinnenden Götter in einem ganz anderen
Verhältnis zu den Titanen stehen als die schaffenden Götter. Nicht zum Weltenursprung können die Titanen hinaufdringen, wenn sie die olympische Herrschaft
anstreben, sondern nur in die Region des Bewußtseins, in welchem die sinnenden
Götter herrschen. Jene Kräfte des menschlichen Bewußtseins, welche sich bis zum
Zeusgeschlecht, bis zu den Volksgöttern erheben, würden die Herrschaft verlieren, wenn die Titanen aus dem Unterbewußtsein emporstiegen. Die Bewußtseinskräfte sind die ordnenden Kräfte, sie müssen die an die Organisation gebundenen Kräfte des Unterbewußtseins in Schach halten, müssen sie, weil sie die
oberen, die wachen Kräfte sind, bewachen. Die Weltherrschaft des Zeus beruht
auf der freien, der ordnenden Bewußtseinskraft. Das Weltbewußtsein der olympischen Götter ist den mythischen Bildern gemäß nicht eine schaffende, sondern
eine erkennende und daher ordnende Weltenkraft. Als Ordner, nicht als Schöpfer
der Welt ist Zeus der oberste Herrscher im Olymp.
In den Olymp hinaufdringen wollten nicht nur die Titanen, es wollten ihn auch die
Giganten erstürmen. Den mythischen Bildern gemäß sind die Giganten Weltenmächte, die, ins Menschliche übertragen, im Blute wirken, denn sie entstanden
aus den Blutstropfen des Uranos. Gaia wiegelte die ihrem Reich angehörenden
Giganten gegen die Zeusgötter auf, weil sie Rache für die Titanen nehmen wollte.
Was sich im mythischen Bild zwischen den olympischen Göttern und den Giganten abspielt, ist der Kampf zwischen den ordnenden Mächten des Bewußtseins
und den durch Gaia aufgewiegelten Trieben des Blutes; diese wollten die ordnenden Bewußtseinskräfte überwältigen, sie wollten den Olymp erstürmen. Die Gegner der ordnenden Weltenmächte sind die ihnen entgegenstürmenden Triebe
des Blutes. Die Bewußtseinsherrschaft und der Lebenstrieb des Blutes sind Gegensätze.
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Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
Ernst Uehli
Die Titanen und die Giganten verhalten sich im Hinblick auf den Menschen, wie
sich die Sinnes-Nervenorganisation zum Blute verhält. Allein die mythischen Bilder meinen mit den Titanen und Giganten nicht menschliche, sondern außermenschliche Gewalten; sie meinen damit Gewalten, die im Laufe des Weltenwerdens
bei der Menschenschöpfung mitgewirkt haben, außermenschliche Gewalten, die
im Sinnes-Nervenorganismus und im Blute wirken. Der Sinn dieser mythischen
Bilder ist darin zu erblicken, daß im Menschen, der von dem ersten Göttergeschlecht geschaffen worden ist, auch die Nachkommen desselben, die Titanen und
Giganten, in ihrem Wirken zu finden sind, einerseits in den an die Organisation
gebundenen unterbewußten Gebieten des menschlichen Seelenlebens und andererseits in den Mächten und Trieben des Blutes, welche beide die Tendenz haben,
die ordnenden Kräfte des Bewußtseins zu vergewaltigen; denn wo die Blutsgewalten die Grenzen ihres Herrschaftsgebietes überschreiten und hinaufdringen
wollen in die Gebiete des ordnenden Bewußtseins, wird das Sinnen, die Besonnenheit, welche die Voraussetzung der Erkenntnis ist, ausgelöscht.
Mit den Titanen konnte Zeus allein fertig werden, nicht aber mit den Giganten.
Um diese zu bezwingen, bedurften die unsterblichen Götter der Mithilfe eines
Sterblichen, des Herakles, welcher auf den Rat der Athene herbeigerufen wurde.
Warum konnten die olympischen Götter nicht allein sich des Ansturms der Giganten erwehren?
Die Olympier waren kein einheitliches Geschlecht, denn sechs von ihnen, Zeus
eingeschlossen, stammten von Kronos ab, die andern sechs von Zeus selber. Die
eine Hälfte der oberen Götter waren die Vorfahren der anderen Hälfte. Dem älteren Geschlechte gehörten Pluton und Demeter an. Pluton herrschte in der Unterwelt, im Hades, und Demeter wurde verehrt als die große Erdenmutter, sie wirkte
im Reich der Gaia. Eben darin bestand der große Unterschied zwischen dem älteren und jüngeren Kreise der Olympier. Pluton und Demeter waren Götter mit
chthonischen Eigenschaften, weshalb sie die Beinamen Chthonios und Chthonia
erhalten hatten; auch ein Sohn des Poseidon hieß Chthonios. Olympische Götter
mit chthonischen Eigenschaften sind solche, welche durch ihre Wesensart teilhaben an der chthonischen Welt der Gaia, das heißt an der Welt der Blutsgewalten,
wie an dem Reich des Zeus; sie bilden den Übergang, die Brücke zwischen der
chthonischen und der Welt des Zeus. Der grundsätzliche und einschneidende Un-
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Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
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terschied zwischen den älteren und den jüngeren olympischen Göttern besteht
darin, daß die ältere Gruppe chthonische Züge aufweist, die bei der jüngeren
Gruppe vollständig fehlen. In gewaltiger, umfassender Weise tritt dieser Unterschied in Erscheinung durch Poseidon und Athene, deren grundsätzlich verschiedene Verhaltungsweise in entscheidenden Angelegenheiten der olympischen Götter sich an zahlreichen Beispielen verfolgen läßt. Man erinnere sich nur an den
Kampf der beiden Götter um Attika oder an ihre geteilten Verhältnisse zu Odysseus. Soll Attika den chthonischen oder den erkenntnisschaffenden Göttern angehören?
Blutsmächte sind chthonische, sind Erdenmächte. Nur durch die Mithilfe eines
Erdensohnes, der in Fleisch und Blut verkörpert war, was die Götter nicht konnten, durch Herakles, vermochten sie die Blutsgewalten der Giganten vom Olymp
fernzuhalten. Herakles war jedoch nicht nur Erdensohn, den eine sterbliche Mutter, die Alkmene, geboren hatte, sondern auch ein Zeussohn. Er vereinigte in sich
ein Oberes und ein Unteres; als Zeussohn ein Olympisches, als Erdensohn ein
Chthonisches. Zum Siege über die Giganten konnte Herakles den Göttern nur verhelfen, weil er durch die zwölf Arbeiten über die Blutsgewalten, die er als Erdensohn in sich trug, Herr geworden war, weil der Göttersohn in ihm gesiegt hatte. Esist dies einer der wunderbarsten Züge des griechischen Mythos, daß der Gigantensturm gegen den Olymp nur abgewehrt werden konnte mit Hilfe eines
Heros, der sie in sich selber besiegt hatte. Doch dieser Zug erfährt noch eine weitere Vertiefung dadurch, daß Athene es ist, die den Göttern den Rat gegeben hat,
Herakles zur Hilfe herbeizurufen. Athene, die jungfräulich geborene Tochter des
Zeus, ist diejenige Gestalt des jüngeren olympischen Götterkreises, die durch ihre
Weisheit, ihre Besonnenheit als Raterin im ganzen Götterkreis darinnen stand.
Nicht nur, daß ihrem Wesen jede Beimischung eines Chthonischen fremd war, als
Athene Parthenos erscheint sie in den mythischen Bildern als die hehre Gestalt,
welche den Erdengewalten des Blutes die jungfräuliche Kraft der sinnenden Seele
entgegensetzte.
Im Weltbewußtsein der Griechen stand das mythische Bild des Gigantenkampfes
als jenes Ereignis, das den griechischen Genius als Sieger über die alten Blutsgewalten erscheinen läßt. Der Sieg der Götter über die Giganten unter Mithilfe des
Herakles erschien ihnen als die Geburtsstunde einer neuen Kultur, welche eine
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Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
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ältere, noch chthonisch gebundene Kultur ablösen sollte. Raterin und Führerin
dieser Kultur war die Athene Parthenos.
Ewige Gesetze der Geistesentwicklung der Menschheit enthalten die mythischen
Bilder der Griechen. Was dort noch in die Bildgestalten des Mythos gehüllt ist, das
tritt in der neuen Menschheit im Gewande der Wissenschaft, in Naturerkenntnis
und Naturbeherrschung auf. Die Welterkenntnis in mythischer Form hat seit der
griechischen Kulturepoche eine Metamorphose in die gegenwärtige Art der Welterkenntnis durchgemacht.
Der olympische Kampf gegen die Titanen und Giganten muß in jedem neuen
Zeitalter mit einer neuen Besonnenheit und Geist-Erkenntnis geführt werden. Die
Nachkommen der Titanen und Giganten prägen unserem Zeitalter ihre gewaltigen Züge ein. Die Nachkommen der Titanen herrschen in der modernen Naturerkenntnis und der daraus entstandenen titanisch gewordenen Technik als Regenten unseres Zeitalters. Die Giganten herrschen in den Gesetzen des Blutes, den
Vererbungsgesetzen und den Folgerungen, die daraus für das soziale Leben gezogen werden. Die Titanen und Giganten haben jedoch die Grenzen, die ihnen gesetzt sein müssen, überschritten. Wieder stürmen sie gegen den Olymp. Sie müssen durch eine neue Geist-Erkenntnis in ihre Grenzen zurückgewiesen werden,
wenn die Herrschaft des Geistes und das Kulturschaffen weiter bestehen sollen.
Der griechische Mythos nennt verschiedene aufeinanderfolgende Zeitalter, ein
Goldenes, ein Silbernes, ein Ehernes und ein Eisernes oder auch Finsteres Zeitalter. Unter anderen Namen findet man sie in den indischen Überlieferungen. Diese
Zeitalter bezeichnen vier verschiedene Bewußtseinsstufen der vorzeitlichen
Menschheit. Im Goldenen Zeitalter empfand sich der Mensch noch als Glied einer
göttlichen Welt, er fühlte sich vereinigt mit ihr, seine Seele lebte unter den Göttern; im folgenden Zeitalter hörte diese Göttergemeinschaft auf, sie schwand dahin und konnte nur in Ausnahmezuständen und in abgedunkelter Weise wieder
hergestellt werden. Was jedoch zurückblieb, war die Erkenntnis, die Gewißheit,
daß diese Gemeinschaft früher bestanden hatte. Dann kam das Eherne Zeitalter,
in welchem die früher erlebten Zustände nur noch als lebendig gebliebene Erinnerung fortlebten, Erinnerungen an eine einst vertraute Zeit, wie an ein Kindheitserlebnis. Mit dem Finsteren Zeitalter trat eine völlige Verdunkelung ein. Im
Verlauf desselben lenkte sich der Blick immer mehr auf die äußere Sinneswelt,
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Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
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und der Mensch beschränkte sich darauf, mit seinem Verstand die Eindrücke der
Sinneswelt zu verarbeiten. Über die früheren und ältesten Zustände, über die einstige Göttergemeinschaft, wie sie in den Mythen überliefert ist, konnte man nur
noch verstandesmäßig nachdenken, aber dieses Denken konnte nicht mehr zu
dem wahren Sinn dieser lang entschwundenen Zeitalter vordringen, weil die Bewußtseinsund. Erkenntnisbrücken zu ihnen abgebrochen waren.
Die griechische Sage nennt Prometheus als den Vorbereiter für das Finstere
Zeitalter, in welchem der einst götterverwandte Mensch Erdenmensch werden
sollte. Die Prometheussage ist eine griechische Umgestal tung eines älteren indischen Vorbildes. Nach der indischen Überlieferung gab es einen Gott Pramathusa.
Der Sohn dieses Gottes, hieß es, werde den Göttern die Führung des Menschengeschlechtes entreißen und ein Zeitalter herbeiführen, das die Menschen den Göttern entfremden werde, damit sie sich den Erdenaufgaben zuwenden. Damit sollten die früheren helleren Zeitalter in ein finsteres Zeitalter übergehen. So führte
der Sohn des Pramathusa das Kali-Yuga, das Finstere Zeitalter herauf, das im Jahre 3101 v. Chr. seinen Anfang nahm und 5000 Jahre dauern sollte.
Das Kali-Yuga trat zu diesem Zeitpunkt in Gestalt einer Katastrophe ein. Rudolf
Steiner schildert sie als eine Bewußtseinskatastrophe, indem bei der damaligen
Menschheit plötzlich eine Verdunkelung des Bewußtseins eintrat, wodurch sie
die bisherige Verbindung mit der Götterwelt verlor. Von einer Art Ohnmacht
wurden die Seelen ergriffen, als sie sich wie durch ein Zerreißen der alten Bande
mit den Göttern auf sich selbst angewiesen sahen. Die Tore zu der bisherigen
Geisteswelt fielen zu.
Bei den Griechen hat sich dieses Ereignis in der Prometheussage mit der Sintflutsage verbunden. Prometheus (eine Abwandlung von Pramathusa) hatte einen
Bruder, den Epimetheus, den Nachdenkenden, der dem Vergangenen nachsinnt.
Prometheus selber ist der Vordenkende, welcher ein neues Zeitalter vorbereitet,
in welchem die Menschen sich Erdenaufgaben zuwenden sollen; daher schildert
ihn die Sage als einen Urlehrer, der die menschliche Kultur begründete. Die Nachkommenschaft des Prometheus ist das Geschlecht des Deukalion, das erste Geschlecht des Finsteren Zeitalters, des Kali-Yuga. Deukalion rettete sich aus der
großen Flut mit seiner Gemahlin Pyrrha in einem Boot, das auf dem Parnaß landete. Damit wurde auf den Ort hingewiesen, der für die griechische Kultur in die-
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Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
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sem Zeitalter von so großer Bedeutung geworden ist, denn die Erinnerung an die
früheren Zeitalter lebte bei den Griechen weiter.
Prometheus war der Sohn des Titanen Iapetos. Im Kampfe gegen die Titanen
stand er auf der Seite des Zeus. Dann aber wurde Zeus sein Gegner, weil Prometheus den Menschen etwas brachte, was Zeus ihnen nicht geben konnte; Prometheus machte sie unabhängig von den Göttern, machte sie selbständig. So wurde
Prometheus zu einem Empörer gegen die Götterordnung.
Was Zeus, was die oberen Götter dem Menschen nicht geben konnten, war der
innere Feuerfunke des Ich, durch den der Mensch ein Eigenwesen werden kann,
das seinen göttlichen Ursprung in sich selber fühlt und sich von den Göttern
unabhängig macht. Zeus konnte dem Menschen alles geben, was in der Vielfalt
und dem Reichtum des Seelenlebens und dessen edlen Emotionen liegt. Das Ich
vermochte er ihm aber nicht zu geben, denn dieses konnte der Mensch nur auf
der Erde, in seinem Erdenleib erwecken. Das Ich konnten ihm nur die chthonischen Mächte verleihen.
Prometheus besaß diese chthonischen Eigenschaften, er war aber ein vorzeitiger
Bringer des Ich. Er entfachte Gewalten, die aus dem 'Reich der unteren Götter
stammten. Des Zeus Zorn wandte sich gegen diese empöre rischen Ich-Gewalten
und dämpfte sie herab. Er ließ den Prometheus an einen Felsen des Kaukasus
schmieden und sandte einen Adler, der an seiner Leber nagen sollte. Das ist das
gewaltige und tiefsinnige Sagenbild vom gefesselten Prometheus.
Damit das verfrüht verliehene Ich den Menschen nicht zu selbstsüchtig mache,
mußte dessen Gewalt herabgemindert werden. Das geschah durch den Zorn des
Zeus. Wie Rudolf Steiner in seinem Vortrag über die «Mission des Zornes» darlegt, hat der Zorn die Bestimmung, die Selbstbehauptung des Ich in dessen Maßlosigkeit zu dämpfen. Der die Seele ergreifende edle Zorn dämpft die Eigenliebe,
die Maßlosigkeit des Ich. Herabgedämpfter, verwandelter, geläuterter Zorn vermag das Ich selbstlos zu machen. So wird der Zorn zum Erzieher zur Besonnenheit.
In dem grandiosen Bilde des durch den Zorn des Zeus niedergerungenen vorzeitigen Bringers des Ich wurde eine tiefe Wahrheit in einer für das damalige Volks-
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Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
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empfinden verständlichen Form ausgesprochen. Die Leber ist aber dasjenige Organ, an dem der Zorn nagt. Der Adler des Zeus nagt an der Leber.
Die Prometheussage enthüllt das Geheimnis der menschlichen Willensnatur. Im
Drama des Aischylos «Der gefesselte Prometheus» bringen Kraft und Gewalt, die
Diener des Zeus, den gefesselten Titanensohn zu Hephaistos, damit er ihn an den
Felsen schmiede. Die unbändige Willensnatur kann sich durch Selbsterziehung
emporläutern zum selbstlosen Ich. Die Sage läßt daher den Herakles, der seine
niedere Willensnatur überwunden hat, als Befreier des Prometheus erscheinen.
Herakles erlegt den Adler, und der Kentaure Chiron opfert sich für Prometheus
und stirbt für ihn, damit der unerbittliche Wille des Zeus erfüllt werde. Chiron
war bis dahin unsterblich, er opferte seine Unsterblichkeit. Das selbstlos dargebrachte Opfer läutert den Willen; es befreit die an den Felsen des menschlichen
Leibes gefesselte niedere Willensnatur. Das Ich wird selbstlos und der Zorn des
Zeus besänftigt.
Die mythischen Bilder von den vier Weltenzeitaltern lenken den Blick auf die
Verhältnisse zwischen den Göttern und dem Menschengeschlecht, wie sie sich im
Laufe des weiteren Weltenwerdens herausgestaltet haben. Während des Goldenen Zeitalters haben sich die Menschen noch als Nachkommen, als Kinder der
Götter betrachtet. Während der folgenden Zeitalter verwandelte sich die Kindschaft in ein Reiferwerden, und mit dem vierten Zeitalter begann die Menschheit
den Göttern gegenüber ihre Selbständigkeit zu erringen. Im griechischen Mythos
ist Prometheus der Bringer dieser Selbständigkeit, der Rebell gegen die ausschließliche Götterherrschaft. So weist die Prometheussage auf einen bestimmten
Wendepunkt hin, der mit Beginn des Finsteren Zeitalters eingetreten ist. Zwar
erlosch die Zeusherrschaft nicht. Die sinnenden Götter sind unsterblich, aber die
Beziehungen zwischen Göttern und Menschen wandelten sich. Es begann mit
Prometheus das Zeitalter der Heroen.
Das neue, vierte Zeitalter brachte im griechischen Geistesleben eine für den Fortschritt der Kultur eingreifende Wandlung. Es wurde an der Schwelle der historischen Zeit der Übergang vom mythischen Bild zum Gedanken, zum philosophierenden Bewußtsein vollzogen und damit eine neue Stufe der Welterkenntnis angetreten, die bereits angedeutet wurde. An Stelle der einstigen Gemeinschaft mit
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Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
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den Göttern trat das Nachsinnen, das Nachdenken über sie. Bei den Griechen erhielt damit das vierte Zeitalter einen ganz konkreten, weltbedeutenden Inhalt.
Der Übergang vom mythischen Bilde zum Gedanken ist von Pherekydes von Syros
(er lebte im 6. Jahrhundert v. Chr.) vollzogen worden. Rudolf Steiner schildert ihn
als den Philosophen, bei welchem die Geburt des Gedankens beobachtet werden
könne («Die Rätsel der Philosophie», -Band I). Pherekydes ging, sagt Rudolf Steiner, noch nicht vom Gedanken, sondern vom mythischen Bilde aus. Wer davon
ausging, dessen Seelenleben wußte sich noch nicht von der Natur abgetrennt. Die
Naturvorgänge vollzogen sich in ihm auf seelische Art. Seelenwesen und Natur
bildeten eine Einheit. Daher hatte der Begriff Seele bei Pherekydes noch eine ganz
andere Bedeutung als bei den späteren Denkern. Wenn es in der Seele zur Bildung von Gedanken kommt, dann stellt sich der Erkennende mit dem Gedanken
der Natur gegenüber; er löst die Seele aus ihrer bisherigen Verbindung mit der
Natur. Natur und Seele sind dann eine Zweiheit geworden, es entsteht der Gegensatz von Natur und Seele. Diesen Übergang hat Pherekydes vorbereitet und damit
bestimmend auf spätere Denker wie Heraklit, Pythagoras, Empedokles u. a. gewirkt.
Auf die mythische Bildersprache des Pherekydes selber eingehend, sagt Rudolf
Steiner über sie das Folgende: «Pherekydes spricht von drei Ursprüngen der
Welt, dem Kronos, dem Zeus und der Chthonia. Er meinte mit diesen mythischen
Bildern nicht Götterwesen, aber es sind auch noch keine Gedanken. Er meinte
damit das schauende Erleben der Elemente der Natur, das vorhanden ist, wenn
die Seele sich noch nicht vom Naturwesen losgelöst hat, sich noch mit ihm eins
fühlt.»
Pherekydes nannte Kronos die Wirksamkeit des Feuers, nicht des sinnlichen Feuers, sondern die Urkraft, welche die Dinge verzehrt. Wasser, das sich in Luft oder
Dampf verwandelt, oder die sich auf lösenden Wolken, die elementare Kraft, welche in solchen Vorgängen tätig ist, nannte er Zeus, und Chthonia die Wirksamkeit,
aus welcher Flüssiges zu Festem, Festes zu Flüssigem wird. Erst später, als sich
das Gedankenhafte, das der Natur von außen entgegentritt, entwickelt hatte,
wurde Kronos zur Zeit, Zeus zum Äther, Chthonia zur Materie. Pherekydes war
der Wegbereiter zu jener philosophierenden Welterkenntnis, die sich in die Regionen erhob, in denen der Ursprung der Volksgötter zu finden war.
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Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
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Aus diesen Darstellungen Rudolf Steiners über Pherekydes läßt sich die Geburt
des Gedankens aus dem früheren, bildhaft mythischen Seelenleben deutlich verfolgen. Damit verknüpft war aber auch eine andere Auffassung der Götter gegenüber dem früheren mythischen Zeitalter. Zeus galt der ursprünglichen ältesten
Anschauung als ein Sonnenwesen. In der Welterkenntnis des Pherekydes ist er
dieses nicht mehr. Wenn er von den drei Weltgestaltungskräften Kronos, Zeus,
Chthonia spricht, so meint er jene, aus denen die vier Elemente Feuer, Luft, Wasser, Erde hervorgegangen sind. In einem mythischen Bilde drückte er dieses aus,
indem er sagte: Chthonia wurde zur Gaia, indem ihr Zeus das Ährengeschenk
überreichte. Die ältere Zeusauffassung verwandelte sich beim Übergang vom
bildhaftmythischen zum gedanklichen Erleben der Welt. Unter dem vierten, als
Gaia bezeichneten Elemente verstand diese Welterkenntnis die äußere Natur, das
Erdenelement, wozu aber auch das äußere Feuer, die äußere Luft, das äußere
Wasser gehörte. Die dreianderen, Chthonia, Zeus, Kronos, waren kosmische Gestaltungskräfte, welche in das Erdendasein - hineinwirkten. Wasser, Luft und
Feuer in diesem Sinne galten als Urbilder. Chthonia, das Urbild des Wässerigen,
wurde zur Gaia, zum festen Erdenelemente, zu dem Feuer, Luft und Wasser in
ihrer naturhaften Erscheinung gerechnet wurden. Drei kosmische Entwicklungsstufen benannte Pherekydes mit Kronos, Zeus und Chthonia: Kronos die älteste,
Zeus die nachfolgende und Chthonia die jüngste, at;s welcher die Natur hervorging, wobei alles naturhaftes Abbild eines kosmischen Urbildes war. In der Welterkenntnis des Pherekydes erscheinen die Götter in ihrer Umbildung zu kosmischen Gestaltungskräften, den Urbildern der vier Elemente, und indem es in ihm
und seinen Nachfolgern zur Bildung von Gedanken kam, war die Loslösung der
Seele von der Natur eingetreten. Natur und Seele bildeten nunmehr eine Zweiheit.
Zuerst bestand im mythischen Zeitalter die Götterwelt. Mit Pherekydes wurden
die Götter zu kosmischen Gestaltungskräften, zu Urbildern der vier Elemente, und
aus diesen Gestaltungskräften heraus geboren wurde der Gedanke. Mit anderen
Worten: Zeus war ursprünglich ein Sonnenwesen, dann wurde er als kosmisches
Urbild der Luft, als Elementargewalt angesehen und zuletzt als Vater des Gedankens. Der Gedanke war göttlichen Ursprunges, aber er wurde in der Seele des
Menschen, in seinem Innern geboren. Der Gedanke konnte sich zum Ursprung der
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Mythos und Kunst der Griechen im Geiste ihrer Mysterien
Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
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Götter erheben, weil ihm selber eine göttliche Natur, ein göttlicher Ursprung zugeschrieben wurde.
Mit Sokrates hatte sich die Verselbständigung des Denkens, die Trennung von
Natur und Seele ganz vollzogen. Während ein vorsokratischer Denker wie Pherekydes noch mythische Bilder benutzte, um seine Ge danken auszudrücken,
sprach Sokrates von einem Wesen, das ganz aus dem eigenen Innern der Seele
sprach, vom Daimon. Allein Sokrates leugnete die Volksgötter nicht, er anerkannte sie, weil er sich denkend zu ihrem Ursprung erheben konnte. Ihm aber wurden
nicht mehr die Götter zur geistigen und sittlichen Führungskraft, sondern der
Daimon, der nicht von der durchgöttlichten Natur her zu ihm sprach, sondern von
der göttlichen Seele her, die sich stärker erweisen sollte als der leibliche Tod.
Rudolf Steiner hat darauf hingewiesen, in welcher erschütternden Weise ein
Denker wie Nietzsche diesen Übergang vom mythischen zum denkenden Bewußtsein in der Entwicklung der Griechen erlebt hat. Er machte auf eine besondere Stelle in Nietzsches Schrift «Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen» aufmerksam, wo er die Philosophen des vorsokratischen Zeitalters wie
Thales, Anaximenes, Heraklit, Empedokles schildert. Nietzsche führte dort aus:
«Wie mag es gewesen sein in den Seelen dieser Heroengestalten, welche den
Übergang finden mußten aus der Zeit des lebendigen Anschauens» - von dem
auch Nietzsche nichts mehr wußte, das er aber ahnte -, «als die alte Lebendigkeit
in den Seelen abgelöst wurde durch die abstrakten, trockenen, nüchternen Begriffe, wo das ‘Sein’, dieses nüchterne, trockene, abstrakte, kalte Sein als Begriff trat
an die Stelle der vollen Lebendigkeit, die das hellseherische Bewußtsein hatte?»
Und Nietzsche empfindet: «Es ist, wie wenn das Blut einem erstarrt, wenn man
übergeht aus der Welt der Lebendigkeit in die Welt der Begriffe bei Thales oder
Heraklit, wenn diese Leute Begriffe von ‘Sein’ und ‘Werden’ brachten, so daß man
sich aus dem warmen Werden in die Eisregion der ‘Begriffe’ versetzt fühlt.» Daran anschließend sagt Rudolf Steiner: «Fast Zeitgenosse des Weisen von Syros
(Pherekydes) ist Empedokles; kaum zwei Drittel eines Jahrhunderts später lebte
er, aber ganz anders ist seine Seele beschaffen. Den Übergang mußte sie vollziehen über den Rubikon von dem alten Hellsehen zu dem abstrakten Begreifen des
Ich.»*2
2
Rudolf Steiner: «Das Markus-Evangelium», VII. Vortrag.
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Welterkenntnis und Mythos die olympischen Götter
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Neben dem philosophierenden Bewußtsein und der damit erstandenen neuen Art
der Welterkenntnis, die aus dem vorangehenden mythischen Bewußtsein vollzogen wurde, blieb die Volksreligion mit den mythischen Weltenbildern bestehen.
Man kann von zwei Strömungen oder Ästen eines gemeinsamen Stromes in der
griechischen Geistesentwicklung sprechen. Aus der demetrisch-hellseherischen
Vorzeit entwickelte sich der Ast, welcher die Früchte des philosophierenden Bewußtseins, des aus dem Innern der Seele emporsteigenden Gedankens heranreifen ließ. Der andere Ast trug die herrlichen Früchte des Kunstschaffens. Das philosophierende Bewußtsein war beherrscht vom Gedanken. Im künstlerischen
Schaffen fruchtete das mythische Bild weiter. Den demetrischen Mutterboden der
Vorzeit hatten beide gemeinsam.
Der menschheitliche Urmythos der Genesis vom Paradiese mit dem Baum der
Erkenntnis und dem Baum des Lebens kann erst auf die griechische Kulturentwicklung seine Anwendung finden. Das philosophierende Bewußtsein der Griechen als Baum der Erkenntnis; das griechische Künstlertum dagegen durfte die
Früchte vom Baume des Lebens genießen.
Über dem gesamten griechischen Geistesleben kreisten aber die majestätischen
Adler der Mysterien, und aus den Mysterien wurde die griechische Kulturentwicklung so geführt, daß Kunst, Wissenschaft und Religion eine Einheit gebildet haben.
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