LP BOS Latein 12-13

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BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT UND KULTUS
Lehrpläne für die Berufsoberschule
Unterrichtsfach: Latein
Die Lehrpläne wurden mit KMBek vom 22. Dezember 1999 Nr. VII/7-S9410-1-13/111379 genehmigt.
Jahrgangsstufen 12 und 13
Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
EINFÜHRUNG
1
2
3
4
Vorbemerkungen zum Aufbau und zur Verbindlichkeit der Lehrpläne
Schulartprofil Berufsoberschule
Stundentafel
Übersicht über die Lerngebiete
LEHRPLÄNE
Latein
Anlagen:
Mitglieder der Lehrplankommission
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3
4
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6
16
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
EINFÜHRUNG
1
Vorbemerkungen zum Aufbau und zur Verbindlichkeit der Lehrpläne
Die folgenden Lehrpläne beschreiben die Bildungs- und Erziehungsaufgaben der Fachoberschule und der Berufsoberschule auf drei Ebenen.
Die erste Ebene umfasst die Schulartprofile und erläutert den jeweiligen Bildungsauftrag der Schulart allgemein. Die zweite Ebene ist die der Fachprofile.
Das Fachprofil charakterisiert den Unterricht eines bestimmten Fachs im Ganzen, indem es übergeordnete Ziele beschreibt, didaktische Entscheidungen begründet und fachlich-organisatorische Hinweise (z. B. auf fächerübergreifenden Unterricht) gibt. Die Fachlehrpläne bilden die dritte Ebene. Sie enthalten
jeweils eine Übersicht über die Lerngebiete sowie eine nach Jahrgangsstufen geordnete, detaillierte Darstellung der Lernziele, Lerninhalte und Hinweise zum
Unterricht.
Die Lernziele geben Auskunft über die Art der personalen Entwicklung, die bei den Schülerinnen und Schülern gefördert werden soll. Sie sind frei formuliert; die jeweils gewählte Formulierung will gleichwohl deutlich machen, mit welchen der vier didaktischen Schwerpunkte Wissen, Können und Anwenden,
produktiv Denken und Gestalten sowie Wertorientierung die beschriebenen Entwicklungsprozesse in Verbindung stehen. Den Lernzielen sind Lerninhalte
zugeordnet. Diese stellen die fachspezifischen Lerngegenstände des Unterrichts dar.
Die in den drei Lehrplanebenen aufgeführten Ziele und Inhalte bilden zusammen mit fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsaufgaben1, den einschlägigen Artikeln des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, der Verfassung des Freistaates Bayern und des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen die verbindliche Grundlage für den Unterricht und die Erziehungsarbeit.
Die Fachlehrpläne stellen Lernziele und Lerninhalte des Unterrichts systematisch dar. Ihre konkrete Abfolge im Unterricht ergibt sich aus dem jeweils gewählten Unterrichtsgegenstand, für den u. U. verschiedene Lernziele des Lehrplans kombiniert werden müssen, aus der gewählten Unterrichtsmethode und
der gegenseitigen Absprache der Lehrkräfte.
Die Hinweise zum Unterricht sowie die Zeitrichtwerte dienen der Orientierung oder Abgrenzung und sind nicht verbindlich; die Freiheit der Methodenwahl
im Rahmen der durch die Lernziele ausgedrückten didaktischen Absichten ist damit nicht eingeschränkt. Die Lehrpläne sind grundsätzlich so angelegt, dass
ein ausreichender pädagogischer Freiraum bleibt, damit (unabhängig vom Lehrplan) auf spezifische Interessen der Schülerinnen und Schüler sowie aktuelle
Themen eingegangen werden kann.
1
Z. B. dargestellt in: Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung, Abt. Berufliche Schulen (Hrsg.), Bildungs- und Erziehungsaufgaben an Berufsschulen und Berufsfachschulen, München 1996.
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
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LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
Schulartprofil Berufsoberschule
Die Berufsoberschule führt Schülerinnen und Schüler mit mittlerem Schulabschluss und Berufsausbildung oder Berufserfahrung in zwei Jahren zur fachgebundenen Hochschulreife, mit dem Bestehen der Ergänzungsprüfung in einer zweiten Fremdsprache zur allgemeinen Hochschulreife. Durch die erfolgreiche
Teilnahme an der fakultativen Fachhochschulreifeprüfung können sie nach einem Jahr die Fachhochschulreife erwerben. Entsprechend ihrer beruflichen Qualifikation werden die Schülerinnen und Schüler vier Ausbildungsrichtungen zugeordnet: Technik, Wirtschaft, Sozialwesen, Agrarwirtschaft.
Um Studierfähigkeit zu erwerben, werden die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt, schwierige theoretische Erkenntnisse nachzuvollziehen, komplizierte Zusammenhänge zu durchschauen, zu ordnen und verständlich darzustellen. Dazu sollen die Schülerinnen und Schüler hohe kommunikative Kompetenz in der deutschen Sprache erwerben, hohes Sprach- und Literaturverständnis entwickeln, mindestens eine Fremdsprache auf anspruchsvollem Niveau
beherrschen, über geschichtliches Bewusstsein und soziale Reife verfügen, sicher mit komplexeren mathematischen Problemen umgehen und moderne Informations- und Kommunikationsmittel kompetent und verantwortungsvoll benutzen können. Die Schülerinnen und Schüler werden darüber hinaus befähigt,
mit den wesentlichen Problemstellungen der Profilfächer der jeweiligen Ausbildungsrichtungen umzugehen.
Der Unterricht an der Berufsoberschule soll die im Berufsleben erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen der jungen Erwachsenen aufgreifen
und - bestehende Unterschiede ausgleichend - den Bildungszielen der Schule entsprechend erweitern. Die Lehrkräfte sollen ihnen zudem die Gelegenheit geben, im fächerübergreifenden und projektorientierten Arbeiten ihre bereits erworbenen Arbeitstugenden zu entfalten. Der Unterricht zielt darüber hinaus darauf ab, die Schülerinnen und Schüler zum selbstständigen Wissenserwerb und zum eigenständigen Urteilen anzuleiten. Er verlangt eigenverantwortliches Lösen komplexer Aufgaben und fördert dadurch Flexibilität und Kreativität. Die Schülerinnen und Schüler sollen neben der Vervollständigung ihrer fachlichen
Kompetenzen und der Entwicklung eines umfassenden Problembewusstseins auch Einstellungen und Haltungen entwickeln, die auf verantwortliches Handeln
in der Gemeinschaft ausgerichtet sind.
Die Verwirklichung der Bildungsziele der Berufsoberschule setzt bei den Schülerinnen und Schülern neben grundlegenden Kenntnissen in den allgemein bildenden Fächern und in den Fächern des jeweiligen Profilbereichs die hohe Bereitschaft voraus, sich auf geistige und ethische Herausforderungen einzulassen.
Da sie sich über längere Zeit vorgegebenen oder selbst gestellten Aufgaben widmen sollen, müssen sie zudem große Ausdauer und geistige Beweglichkeit
zeigen.
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
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LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
Stundentafel
Den Lehrplänen für die Berufsoberschule liegt die folgende Stundentafel zugrunde:
Allgemein bildender Unterricht:
Deutsch
Englisch
Mathematik (nichttechnisch)
Geschichte
Sozialkunde
Religionslehre
Jgst. 12
Jgst. 13
5
6
5
2
2
1
5
6
5
2
0
1
Jgst. 12
Jgst. 13
7
6
2
3
7
5
2
5
Jgst. 12
Jgst. 13
6
3
2
2
5
4
3
2
Fachlicher Unterricht:
Ausbildungsrichtung Technik:
Mathematik
Physik
Chemie
Technologie/Informatik
Ausbildungsrichtung Wirtschaft:
Betriebswirtschaftslehre mit Rechnungswesen
Volkswirtschaftslehre
Wirtschaftsinformatik
Technologie
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
Ausbildungsrichtung Sozialwesen:
Pädagogik/Psychologie
Biologie
Chemie
Rechtslehre
Wirtschaftslehre
Ausbildungsrichtung Agrarwirtschaft:
Chemie
Biologie
Physik
Technologie/Informatik
Wirtschaftslehre
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Jgst. 12
Jgst. 13
6
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2
0
2
5
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2
2
2
Jgst. 12
Jgst. 13
2
5
2
2
2
3
5
2
2
2
Übersicht über die Lerngebiete
Jahrgangsstufen 12 und 13
Latein
1 Sprache
2 Textarbeit
3 Antike Kultur (mit Anhang: Lektüre)
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
Berufsoberschule
Alle Ausbildungsrichtungen
LATEIN
Fachprofil:
Aufgaben und übergeordnete Ziele des Unterrichts
Der Lateinunterricht an der Berufsoberschule hat die Aufgabe, den Schülern und Schülerinnen diejenigen Lateinkenntnisse zu vermitteln, die
nach der einschlägigen KMK-Vereinbarung dem sprachlichen Niveau von vier Jahren Unterricht an einer allgemein bildenden Schule entsprechen, und ihnen damit den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife zu ermöglichen.
Mit der Entscheidung für Latein als zweite Fremdsprache an der Berufsoberschule verbinden die Schüler und Schülerinnen aber auch Erwartungen, die über den Erwerb schulischer Berechtigungen hinausgehen. Insbesondere erwarten sie, dass der Lateinunterricht ganz besonders zur
Schärfung ihrer sprachanalytischen Fähigkeiten und zur Herausbildung eines kulturhistorischen Bewusstseins beiträgt und damit ihre allgemeine
Studierfähigkeit fördert.
Das bedeutet für den Lateinunterricht an der Berufsoberschule, dass seine wichtigsten übergeordneten Unterrichtsziele die folgenden sind:
- die Befähigung der Schüler und Schülerinnen zu genauem Beobachten, exakter Analyse und differenziertem Urteil;
- die Bereitschaft zur Reflexion über die eigene Sprache und andere moderne Fremdsprachen.
Rahmenbedingungen und Unterrichtsprinzipien
Obgleich die Schüler und Schülerinnen, die Latein als zweite Fremdsprache an der Berufsoberschule wählen, sehr unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen, die von keinerlei Vorkenntnissen bis zu einer dreijährigen gymnasialen Vorbildung reichen können, stellt dieser Sachverhalt
nicht das Hauptproblem des Unterrichts an der Berufsoberschule dar. Problematischer ist vielmehr die kurze Zeit, die den Schülern und Schülerinnen an der Berufsoberschule zur Verfügung steht, um das angestrebte Niveau zu erreichen.
Dieser Sachverhalt zwingt zum ökonomischen Arbeiten. Lexik, Morphologie und Syntax des Lateinischen können nicht im vollen Umfang behandelt, sondern müssen in geschickter, Wissenstransfer ermöglichender Auswahl dargeboten werden. Im Unterricht muss dementsprechend zu
einem effektiven Umgang mit Hilfsmitteln und zum Wissenstransfer angeleitet werden.
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
Aus Gründen der Unterrichtsökonomie ist auch ein regelmäßiges Zurückgreifen auf die vorhandene sprachliche Kompetenz der Lernenden nötig.
Von Anfang an sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Schüler und Schülerinnen mit Lebenserfahrung und Berufsausbildung über
einen allgemeinen Fremdwortschatz und ggf. auch einen Fachwortschatz verfügen, der in den alten Sprachen wurzelt. Zudem sind Lernende dieser Altersstufe besser als jüngere Lernende in der Lage, komplexe Satzstrukturen zu erfassen.
Bei aller Reife der Schüler und Schülerinnen gilt auch für den Lateinunterricht an der Berufsoberschule der Grundsatz, dass er anschaulich, interessant und motivierend sein muss, um seine Ziele zu erreichen. Der Textauswahl kommt daher eine entscheidende Rolle zu. Bereits in der
Spracherwerbsphase sollte auf altersgerechte und interessante Themen geachtet und - soweit möglich - in Abstimmung mit anderen Fächern wie
Geschichte, Religion/Ethik, Musik, Kunst und Deutsch gearbeitet werden.
Ebenso sollte die spätere Lektüre Grundfragen menschlicher Existenz berühren, Möglichkeiten der Lebensbewältigung bzw. charakteristische antike Beispiele dafür aufzeigen und zur Auseinandersetzung mit Erscheinungen der Gegenwart herausfordern. Wenn die Textauswahl somit nicht
alleine vom sprachlichen Niveau und einem sprachlichen Übungsprogramm her bestimmt sein soll, sondern vorrangig von der Zeitlosigkeit und
dem Gegenwartsbezug ihrer Thematik, dann ist u. U. das Arbeiten mit zweisprachigen Textausgaben oder erleichterten Texten nötig und auch
gerechtfertigt.
Inhalt und Struktur des Lehrplans
Der Lehrplan enthält die Lernziele und Lerninhalte für die drei Lerngebiete Sprache (LG 1), Textarbeit (LG 2) und Antike Kultur (LG 3). Diese
Lerngebiete sind nicht als in sich geschlossene Einheiten eines nach dem anderen zu behandeln, sondern als Betrachtungsschwerpunkte zu verstehen, die im Unterricht stets eng miteinander verzahnt in Erscheinung treten.
Aus diesem Grund wurde auf eine Angabe von Zeitrichtwerten für die Lerngebiete ebenso verzichtet wie auf eine Unterscheidung von Lernzielen
und -inhalten für die Jahrgangsstufen 12 und 13. Der Lateinunterricht beginnt natürlicherweise mit einer Phase des Spracherwerbs, in der der
Schwerpunkt auf LG 1 liegen muss, gefolgt von der Lektürephase, in der die LG 2 und 3 zunehmend stärker in den Vordergrund treten werden.
Jedoch sind die Grenzen fließend und es erscheint nicht sinnvoll, einen allgemeinen Zeitpunkt für das Ende der Spracherwerbsphase festzulegen.
Zielsetzung in beiden Phasen ist stets das rasche Erlernen einer Versionstechnik.
12. und 13. Klasse
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
Lerngebiete:
1
2
3
Sprache
Textarbeit
Antike Kultur (mit Anhang: Lektüre)
LERNZIELE
1
Sprache
1.1
Wortschatz
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
Die Schüler und Schülerinnen erwerben den Wortschatz, den sie
benötigen, um die vorgesehene
Textarbeit ohne übermäßige Verzögerungen zu bewältigen. Sie
werden mit der lateinischen Wortbildungslehre und Wortkunde vertraut und üben sich im Erschließen
neuer Wörter unter Rückgriff auf
dieses Wissen sowie auf ihre vorhandenen deutschen und fremdsprachlichen Kenntnisse. Sie gewöhnen es sich an, Wörter im Kontext zu lernen, und prägen sich die
Wörter mit Hilfe altersgemäßer
Lerntechniken ein.
LERNINHALTE
HINWEISE ZUM UNTERRICHT
Grundvokabular von ca. 800 Wörtern
Von Beginn an sollte die Lehrkraft die Schüler und Schülerinnen
zum eigenständigen, ökonomischen und effizienten Arbeiten ermutigen. Der Zeitpunkt der Einführung in die Arbeit mit dem Lexikon hängt von der jeweiligen Schülergruppe ab und bleibt daher
grundsätzlich der Lehrkraft überlassen. In der Regel sollte jedoch
erst nach der Spracherwerbsphase mit dem Lexikon gearbeitet
werden.
Prinzipien der Wortbildung und Wortkunde
wie
- Bedeutung von Präfixen und Suffixen
- einfache und zusammengesetzte Verben
- etymologische Zusammenhänge
- Wortfamilien
Lerntechniken wie
- Zusammenstellen von Wortfeldern und
Sachgruppen
- Aufzeigen von Zusammenhängen zwischen
lateinischen und deutschen (englischen u. a.)
Wörtern
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
- Veranschaulichung
Mnemotechniken
1.2
Formenlehre
In der Arbeit mit lateinischen Texten lernen die Schüler und Schülerinnen die wichtigsten Elemente
des Formensystems der Sprache
kennen und üben sich in der Anwendung ihres Formenwissens
beim Übersetzen und bei der Textanalyse. Sie erkennen, dass das
Formensystem der lateinischen
Sprache ihnen den Zugang zur
Grammatik der Muttersprache und
anderer moderner europäischer
Sprachen erleichtert.
Alle Deklinationen der Substantive und Adjektive
Alle Konjugationen der Verben
Trotz der beschränkten Zeit ist es notwendig, die Schüler und
Schülerinnen zu exakter Formenanalyse anzuleiten. Gleichwohl
sollte der Grammatikunterricht nie das übergeordnete Ziel der
Lektürefähigkeit aus den Augen verlieren.
Deponentien und Semideponentien
Arten der Perfektbildung
Alle Tempora und Modi in Aktiv und Passiv
Alle Nominalformen
Steigerung der Adjektive, Bildung und Steigerung der Adverbien
1.3
Wichtige Pronomina
Unter dem Gesichtspunkt der Ökonomie und Effizienz ist eine
Anleitung zur Zusammensetzung ähnlicher Pronomina sinnvoll.
Satzglieder und ihre wichtigsten Füllungsarten
Von Anfang an sollten die Schüler und Schülerinnen mit der Eigenart des lateinischen Satzbaus vertraut gemacht und zu einem
schnellen Erfassen der Kernaussage des Satzes angeleitet werden.
Die Schüler und Schülerinnen sollten ermuntert werden, nicht
Wort für Wort zu übersetzen, weil dies dem Lateinischen nicht
Satzlehre
Die Schüler und Schülerinnen lernen die Elemente des Satzes und
deren Beziehungen zueinander
kennen und verstehen. Beim Vergleich der lateinischen Syntax mit
Satzarten: Aussage-, Frage-, Begehrsatz
Satzverknüpfung, Arten von Nebensätzen
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
der deutschen und der anderer moderner Sprachen werden ihnen die
Unterschiede und Gemeinsamkeiten bewusst und sie gewöhnen sich
an, diese beim Übersetzen besonders zu beachten. Beim Gliedern
zusammengesetzter lateinischer
Sätze erwerben sie zudem eine
wichtige Technik für die Analyse
komplexer sprachlicher Strukturen
überhaupt.
2
Satzwertige Konstruktionen: Gerund-, Partizipialkonstruktionen
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
entspricht. Vielmehr sollten sie sich vorrangig auf die wichtigen
Elemente des Satzes konzentrieren. Eine monotone Wort-für-Wort-Übersetzung ist auf alle
Fälle zu vermeiden.
Satzanalyse: Satzbaupläne, wichtige Elemente
der Kasuslehre
Textarbeit
Um lateinischen Wortschatz zu
konsolidieren und Sicherheit in der
Formenlehre zu gewinnen, produzieren die Schüler und Schülerinnen gelegentlich einfache Formen und Sätze. Vor allem aber
erwerben sie die weit wichtigere
Fähigkeit, lateinische Texte unter
Zuhilfenahme geeigneter Hilfsmittel
ins Deutsche zu übersetzen und
inhaltlich zu erschließen. Nachdem
sie sich daran gewöhnt haben, die
lateinischen Texte sprachlich wie
stilistisch präzise auf Deutsch wiederzugeben, üben sie sich darüber
hinaus in der Interpretation lateini-
Ergänzen lateinischer Lückentexte, Bilden und
Umformen lateinischer Sätze aus vorgegebenen Bausteinen
Übungen dieser Art sollten nur gelegentlich durchgeführt werden,
da das Üben des Übersetzens weitaus wichtiger ist.
Anwenden von Übersetzungstechniken:
- Gliedern des Satzes
- Finden der passenden Bedeutung eines
Wortes
- Erschließen von Wortbedeutungen aus dem
Kontext
- Paraphrasieren
- Vergleichen verschiedener Übersetzungsmöglichkeiten
Obgleich auf exaktes Übersetzen keinesfalls verzichtet werden
kann, ist auch die Einübung der Techniken des Paraphrasierens
und des Übersetzungsvergleichs notwendig, um das oberste Ziel
der Studierfähigkeit auch bei der Textarbeit nicht aus den Augen
zu verlieren. Die Texte sollten stets so gewählt werden, dass sie
zur Reflexion und kritischen Auseinandersetzung anregen.
Anwenden von Techniken der Texterschließung und Interpretation:
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
scher Texte, indem sie die sprachliche Gestalt mit der Aussageabsicht
in Beziehung setzen. Sie lernen
antike Textsorten und poetische
Gattungen kennen, die in der europäischen Tradition weiterleben, und
lernen dabei, auch auf rhetorische
und poetische Textelemente zu
achten.
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
-
Gliedern des Textes
Beantworten von Fragen zum Text
Bestimmen der Textsorte
Ermitteln von Kernaussagen
Erkennen von Elementen der Textkohärenz
Beschreiben des Aufbaus
Charakterisieren von Personen
Analysieren von Stilmitteln und rhetorischen
Figuren
- exemplarisches Analysieren von Klang,
Rhythmus und Metrum
Selbstständiges Umgehen mit Hilfsmitteln der
Übersetzung und Textanalyse:
- Wortkunde
- Lexikon
- Grammatik
3
Übersetzen und Interpretieren kurzer Texte,
z. B.
- Sage, Legende
- Anekdote, Biographie
- Geschichtsschreibung
- Brief, Dialog, Rede
Hier ist - je nach Interesse der Schülerinnen und Schüler - eine
Auswahl zu treffen.
Anhand der Lektüren (vgl. Anhang) Beschäftigung mit Themen wie
Die Antike sollte den Schülern und Schülerinnen nicht als etwas
Abgeschlossenes vermittelt werden. Sie sollten sich vielmehr des
Antike Kultur
Die Schüler und Schülerinnen begegnen in Lesestücken diversen
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
Bereichen des Lebens und der Kultur der Antike. Indem sie sich mit
prägenden Persönlichkeiten der
römischen Geschichte, mit der politischen und gesellschaftlichen Ordnung und mit dem römischen Recht
kritisch auseinander setzen, erkennen sie die Leistungen der Römer, aber auch die Schattenseiten
der römischen Gesellschaft. Die
Lektüre gibt ihnen zudem Einblick
in das Bildungswesen, die Geisteswelt und die Literatur der Römer
und lehrt sie, die römische Kultur
als Teil der europäischen Tradition
zu sehen. Sie erkennen die Prägung
der römischen Antike durch die
griechische, vollziehen den Einfluss
der lateinischen Kultur auf das
christliche Mittelalter nach und
werden sich der Nachwirkung antiker Wertbegriffe und Mythen bis in
die Gegenwart bewusst.
- Gestalten und Stoffe aus Mythos und Geschichte
- politisches und gesellschaftliches Leben in
Republik und Kaiserzeit
- römischer Imperialismus
- Institutionen und Ämter
- Bildung und Erziehung
- römische Wertbegriffe
- antike Technik und Kunst
- die Römer in Deutschland und in Bayern
- griechische und römische Philosophie
- Latein als Amts- und Gelehrtensprache
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
Fortlebens der Antike in der bildenden Kunst, in Musik, Literatur
und Architektur bewusst werden. Exkursionen, Museums-, Konzert- und Theaterbesuche bringen den
Schülern und Schülerinnen die Antike näher.
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
Anhang
Lektüre
Bei der Auswahl der Lektüretexte und -themen ist auf die Interessenslage der erwachsenen Schüler und Schülerinnen
Rücksicht zu nehmen.
I
1
Zu Caesar:
Bei Schülern und Schülerinnen dieser Altersstufe sollte neben der sprachlichen Erarbeitung von Cäsars Texten stets
auch eine inhaltliche Analyse erfolgen - jeweils unter Herstellung eines Bezugs zur Gegenwart. Nach einem Überblick
über das Werk können ausgewählte wichtige Teile (z. B. Prooem, Helvetierkrieg, Gallien- und Germanenexkurs, Freiheitskrieg der Gallier) gelesen werden. Dabei werden die folgenden Interpretationsaspekte vorgeschlagen, aus denen je
nach Zeit und Leistungsfähigkeit der Klasse eine Auswahl zu treffen ist:
- Bedeutung der politischen Wachsamkeit
- Entlarvung von Propaganda
- persuasive Textstrategien und Möglichkeiten der Beeinflussung des Lesers
- Problematik der römischen Weltherrschaft
- Infragestellung ethnographischer Stereotypen
- Erkennen der Textgattungen; Vergleich Historiographie - Kommentar
- die Persönlichkeit Cäsars und seine Beurteilung in der Literatur (z. B. Shakespeare, Wilder, Brecht, Comics)
Verpflichtende Lektüre:
Auswahl aus
Caesar, de bello gallico oder
Cicero, de re publica
Bedeutung und Nachwirken der
technischen und organisatorischen
Leistungen der Römer (z. B. Recht,
Heereswesen, Brückenbau)
Zu Cicero:
Wegen des sprachlichen Schwierigkeitsgrades von Ciceros Texten sollte zumindest teilweise mit zweisprachigen Ausgaben gearbeitet werden. Die folgenden Interpretationsaspekte, aus denen eine geeignete Auswahl zu treffen ist, bieten
sich an:
- antike und neuzeitliche Theorien von Staat und Verfassung
- Spannungsfeld Freiheit - Knechtschaft
- Recht-Gerechtigkeit-Nutzen
- Verpflichtung zum politischen Engagement
- Lebensmodelle: vita activa/contemplativa
- Probleme der römischen Weltherrschaft
- Cicero als Politiker, Philosoph und Privatperson
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
2
Auswahl aus Ovid, Metamorphosen oder ausgewählte
Epigramme Martials oder
Auswahl aus Catulls Gedichten
(Lesbia- und satirische Gedichte)
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Die Auswahl sollte immer vom Bezug zur Gegenwart geleitet sein. Gerade bei der Dichtung erscheint die Verwendung
einer zweisprachigen Textausgabe sinnvoll. Bei Catull und Martial sind Übersetzungsvergleiche (wörtliche Übersetzung
- freie Nachdichtung) von großer Bedeutung. Sie machen bewusst, wie schwierig es wegen der Prägnanz und Konzentration der lateinischen Sprache ist, sie adäquat ins Deutsche zu übertragen. Auf die Bedeutung griechischer Vorbilder
sollte hingewiesen werden. Eine kurze Einführung in die lateinische Metrik ist empfehlenswert.
Zu Ovid:
Wichtige und für die Schülerinnen und Schüler interessante Teile der Metamorphosen sind z. B. Daedalus und Ikarus,
Orpheus und Eurydike, die vier Weltalter. Empfehlenswerte Interpretationsaspekte sind z. B.
- Bedeutung von Weltbildern
- Geschichtspessimismus
- Ambivalenz des technischen Fortschritts
- menschliche Grenzerfahrungen
Fortleben Ovid‘scher Stoffe in Musik, bildender Kunst, Literatur und
Film
Zu Martial:
Empfehlenswerte Interpretationsaspekte sind z. B.
- Form und Aufbau, Kürze, Prägnanz und Klarheit der Epigramme
- Hinterfragen des Spotts über menschliche Schwächen (besonders körperliche Defizite)
- Fortwirken der Spottdichtung (z. B. Lessing, Goethe)
- Frage der Abhängigkeit des freischaffenden Künstlers
- Spannung zwischen Leben und Werk des Autors
Zu Catull:
Schülerinnen und Schüler dieser Altersstufe sind in der Lage, unbefangener mit Sexualität als Thema von Dichtung und
mit obszönen Inhalten von Texten umzugehen.
Empfehlenswerte Interpretationsaspekte sind z. B.
- Bandbreite menschlicher Gefühle
- Zeitlosigkeit menschlicher Empfindungen
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
- Frage nach der Identität von Autor und lyrischem Ich
- Kennzeichen von Ironie und Parodie
- Fortleben und Vergleich mit moderner Satire (z. B. Orff, Catulli Carmina)
3
Ausgewählte Texte zur römischen Philosophie
Nach einem kurzen Überblick über die wichtigsten griechischen Philosophenschulen bietet es sich an, den einen oder
anderen Senecabrief (z. B. 1, 41 oder 47) in zweisprachiger Textausgabe zu lesen und dann - nach der Interessenlage
der Schüler und Schülerinnen ausgewählte - biographische, philosophische und philosophiegeschichtliche Aspekte zu
behandeln, z. B.
- die stoische und epikureische Philosophie im Vergleich miteinander und mit christlichem Gedankengut
- Modelle der Lebensbewältigung, besonders angesichts von Leiden
- Widersprüche in der Biographie bedeutender Philosophen; Spannungsfeld Leben-Werk
- Humanismus bei Cicero und Seneca (z. B. Haltung gegenüber Sklaven, Spielen)
- Fortleben in modernen philosophischen Richtungen (z. B. Existenzialismus)
II Fakultative Lektüre:
Ausgewählte mittel- und neulateinische Sprüche, Urkunden,
Inschriften
Derartige Texte dokumentieren das Fortleben der lateinischen Sprache und die Bedeutung des Lateinischen für die Gelehrten- und Fachsprache. Sie ermöglichen den Schülerinnen und Schülern ggf. den Zugang zur lateinischen Sprache
von ihrer beruflichen Erfahrung und/oder ihren Berufswünschen aus und ergänzen die obligatorische Lateinlektüre daher gewinnbringend.
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Berufsoberschule, Alle Ausbildungsrichtungen
LATEIN, Jahrgangsstufen 12 - 13
Anlage
Die Mitglieder der Lehrplankommission waren:
Reinhard Haiplik
Anne Kübel
Dr. Hildegard Träger
Pfaffenhofen
München
ISB München
Seite 16
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