Erfahrungsbericht: Oslo Nico Karajannis Die ersten Monate wohnte ich in Kringså, einem Studentenwohnheim, wo die meisten ausländischen Studierenden ihren Erasmusaufenthalt verbringen. Leider bekam ich dort nur sehr selten die Gelegenheit Norwegisch zu sprechen. Es wohnen nur sehr wenige Norweger in Kringså. Die meisten wohnen in WGs und die, die in Studentenwohnheimen unterkommen, bevorzugen andere als Kringså. Somit wird in Kringså selber vor allem Englisch miteinander gesprochen. Dabei war es jedoch eines meiner Ziele, mir im Laufe des Jahres die norwegische Sprache so gut es geht anzueignen. Ich denke, es ist eine einmalige Möglichkeit eine Sprache in dem Land, in dem sie gesprochen wird, lernen zu können. Dabei trifft es der Begriff aufschnappen vielleicht besser. Daher war ich froh über einen Freund die Möglichkeit zu bekommen, in eine WG in die Innenstadt ziehen zu können. Dort war ich der einzige Ausländer und bekam somit die Gelegenheit, mein Norwegisch ausreichend praktizieren zu können. Wobei ich hier allerdings anmerken muss, dass die Norweger ein äußerst sprachinteressiertes Volk sind und sich gerne auf Fremdsprachen unterhalten. Mir fiel immer wieder auf, wie gerne Norweger während einer Unterhaltung gerne ins Englische oder sogar Deutsche wechseln. Trotzdem fiel mir nach nur kurzer Zeit auf, wie schnell sich mein Norwegisch verbesserte, sodass ich mich mittlerweile relativ problemlos auf Norwegisch verständigen kann. Das Jahr hat mich jedoch auch auf andere Weise enorm weitergebracht. Dank engagierter Professoren und Studienkollegen kam ich in dem Jahr mit einer Menge anregender Literatur, vor allem auf Englisch, in Kontakt. Die Notwendigkeit mein Studium ausschließlich in Englisch durchzuführen war anstrengend, aber sehr bereichernd. Dabei empfand ich besonders das Schreiben von Hausarbeiten auf Englisch enorm hilfreich. Ich denke, dass es auf jeden fall von großer Hilfe ist, zu lernen, wie man seine Standpunkte auch schriftlich auf englisch darlegt. Alles in allem bin ich von der Universität in Oslo sehr angetan. Man trifft dort optimale Studienvoraussetzungen an. Seien es ausreichend Computerplätze, motivierte Professoren, oder umfangreiche Bibliotheken, in Blindern ist für alles gesorgt. Eine Sache, die am Anfang Schwierigkeiten bereiten dürfte, ist mit Einheimischen in Kontakt zu kommen. Mir ist aufgefallen, dass Einheimische und Ausländer sich kaum vermischen. Selbst Studenten, die seit mehr als einem Jahr in Oslo studierten, hatten kaum oder überhaupt keinen Kontakt mit Norwegern. Das hat sicherlich einerseits mit der Wohnsituation zu tun; wie erwähnt leben die meisten ausländischen Studenten in einem Studentenwohnheim. Es wäre jedoch zu einfach, die ganze Schuld darauf abzuwälzen. Es mag auch ein generelles, strukturell bedingtes Phänomen sein, dass sich ErasmusStudenten eher mit anderen Austauschstudenten vermischen, aus dem einfachen Grund, weil Einheimische bereits in einem sozialen Umfeld eingebettet sind, das sie weniger motiviert, mit Neuankömmlingen in Kontakt zu treten. Der Kennenlernbedarf für einen neu angekommenen Austauschstudenten dagegen ist natürlich sehr hoch. Man sollte also nicht verzagen und sich zur Not auch ein viertes oder fünftes Mal bei einem Norweger melden. Mit diesem Volk braucht man etwas Geduld. Hat man die Nuss jedoch mal geknackt, wird man mit mitunter sehr tiefgehenden Freundschaften belohnt. Einen Grund für die scheinbare Ignoranz, die Norweger teilweise an den Tag legen, wurde mir eines Tages so erklärt: viele norwegische Studenten teilen strikt zwischen Studium und Freizeit; somit neigen sie auch dazu, Leute, mit denen sie an der Universität zu tun haben, nicht abends anzurufen, um zusammen auszugehen. Die Begründung scheint vernünftig. Allerdings war das die Meinung einer Person; während meines Aufenthalts habe ich nicht genügend Norweger über dieses Problem befragt, um sagen zu können, woran es liegt, warum es manchmal schwer fällt, Kontakt aufzubauen. Mir persönlich ist dies jedoch recht gut gelungen, und ich werde auch in Zukunft den Kontakt mit einigen Menschen, die ich in diesem Jahr kennen gelernt habe, aufrecht halten.