„Wenn’s in der Zeitung steht, wird es schon stimmen!?“ Warum Öffentlichkeitsarbeit für die Pflege so wichtig ist 15. Süddeutscher Pflegetag 24. September 2013 Dozentin: Brigitte Teigeler, Diplom-Pflegewirtin, Chefredakteurin „Die Schwester Der Pfleger“ und „PflegenIntensiv“ Bibliomed Verlag, Melsungen Kleiner Überblick Wie wird über die Pflege in den Medien berichtet? Warum ist Pressearbeit wichtig? Was hat das Thema mit mir zu tun? Was kann ich tun, um das Bild der Pflege in der Öffentlichkeit positiv zu beeinflussen? Wie wird über die Pflege in den Medien berichtet? 21. November 2012, 08:42 Uhr Berliner Charité Pfleger soll 16-jährige Patientin vergewaltigt haben Schwere Vorwürfe gegen einen Krankenpfleger an der Kinderklinik der Berliner Charité: Der Mann soll eine 16 Jahre alte Patientin sexuell missbraucht haben. Jetzt will das Krankenhaus Strafanzeige erstatten. Berlin - Die 16 Jahre alte Patientin der Kinderklinik der Berliner Charité soll während der Narkose von einem Pfleger missbraucht worden sein. Als das Mädchen aus der Betäubung erwachte, habe es sich seinen Eltern anvertraut, hieß es. Diese hätten dann die Klinikleitung über die mutmaßliche Vergewaltigung in Kenntnis gesetzt. "Es gibt einen entsprechenden Verdacht gegen einen Pfleger", sagte eine Sprecherin des Krankenhauses. Der Beschuldigte soll seit 40 Jahren in der Klinik arbeiten. Er hat wohl schon früher Kinder unsittlich berührt. "Mir sind drei Ereignisse bekannt, die allerdings schon mindestens fünf Jahre zurückliegen", sagte der Klinikchef der Berliner Charité, Karl Max Einhäupl. An der Glaubwürdigkeit der 16-Jährigen zweifele er nicht. … 8. Oktober 2012 7. August 2012, SCHADEN: 136.000 EURO Pfleger klaut Senioren Schmuck und Geld München – Aus Liebe wird er zum Dieb: Michael H. (30) beklaut monatelang Senioren, die er als Altenpfleger eigentlich betreuen sollte! 15. November 2012, WEHE, DU WIRST ALT UND SCHWACH Schock-Video zeigt Gewalt im Pflegeheim Es sind unfassbare Szenen aus einem Bremer Altenheim. Eine alte Dame wird von einer Pflegerin an den Haaren gezogen, angebrüllt. Der Sohn des Gewalt-Opfers hat den Film mit versteckter Kamera gemacht. 13. August 2013 Neue Studie Transparency enthüllt Betrug in der Pflegebranche Lasche Regeln, zu wenig Kontrollen, zu viel Bürokratie: In der Altenpflege werden laut einer Studie von Transparency jedes Jahr Milliarden durch Betrug und Korruption verschleudert. Transparency Deutschland erhebt schwere Vorwürfe gegen die Betreiber von Pflegeheimen und Pflegediensten: Korruption, Betrug und Geldmacherei auf Kosten der Schwächsten der Gesellschaft seien bei den Heim- und Dienste-Betreibern an der Tagesordnung, kritisierte die Anti-KorruptionsOrganisation bei der Vorstellung einer Studie in Berlin. … 19. November 2012 Zukunft Der Pflegefall Die Zahl pflegebedürftiger Menschen wird stark zunehmen. Eine Studie zeigt die Situation in den Städten und Landkreisen im Jahr 2030 - und prognostiziert einen dramatischen Mangel an Betreuungskräften. Der einen Leid, der anderen Sicherheit. 17 Schüler sitzen in einem Hamburger Klassenraum, auf dem Stundenplan steht eine heimtückische Krankheit: multiple Sklerose. Es ist das dritte Jahr ihrer Ausbildung zum Altenpfleger, acht Monate sind es noch bis zum Abschluss, aber eines wissen die 3 Schüler und 14 Schülerinnen bereits: Sie werden einen Arbeitsplatz haben - in acht Monaten und bis zur Rente, wenn sie denn in dem anstrengenden Beruf so lange durchhalten. „Alle Absolventen können sich die Jobs aussuchen“, sagt Petra Büse, die in der Geschäftsleitung der Hamburger Caritas für die Berufsschüler zuständig ist. … Über die Pflege wird in den Medien selten berichtet – und wenn dann meist im Zusammenhang mit Negativschlagzeilen (Misshandlungen, Diebstahl, Tötungen, Pflegenotstand usw.). Positive Beispiele werden kaum genannt, Fortschritte oder gar wissenschaftlich Ergebnisse im Bereich Pflege so gut wie nie thematisiert. Warum ist Pressearbeit wichtig? Die Berichterstattung in den Medien kreiert das Bild, das in der Gesellschaft über bestimmte Themen vorherrscht. Berichterstattungen können dabei ein positives Bild fördern, aber auch negative Assoziationen verstärken. Sie entscheiden mit darüber, welches Image ein Unternehmen oder auch ein Berufsbild hat. Was für ein Bild der Pflege wird durch die vorgestellte Berichterstattung gefördert? Pflegende als gewissenlose Rechtsbrecher Pflegende als überforderte gestresste Berufsgruppe Einzelfälle<-> fehlende Positivbeispiele Eine gute Pressearbeit von Kliniken und anderen Institutionen bietet die Chance, positiv auf das Bild der Pflege in der Öffentlichkeit einzuwirken Einige Positivbeispiele... tz, 2. April2012 Serie über die größten und spannendsten Arbeitgeber der Stadt Hier wird das Klinikum Großhadern vorgestellt, mit unterschiedlichen spannenden Arbeitsgebieten und als attraktiver Arbeitgeber. Wichtig: die Arbeit dort wird als fachlich sehr herausfordernd und interessant dargestellt. Münchner Merkur, Oktober 2010 Ein Gourmet-Menü für Eilige Freitags schauen wir im Wechsel Wirten und Hobbyköchen über die Schulter. Heute sind wir zu Gast bei Peter Jacobs in Olching. Der Pflegedirektor des Klinikums der Universität München kocht ein Menü für Menschen mit wenig Zeit. „Es gibt keine schönere“, sagt er über die Arbeit als Pfleger. Nirgends komme man den Menschen so nahe – und habe dazu so große Aufstiegschancen. „Mit mittlerer Reife können Sie über das Fachabitur sogar UniProfessor werden“, wirbt Jacobs, der seine Berufung selten vergisst. 22. November 2012, VERANTWORTUNG Ich freue mich, dass Du da bist Von DANIELA-LIESELOTTE MARTIN Anja Beck ist Krankenpflegerin auf der Station für krebskranke Kinder der Frankfurter Uniklinik / Der Beruf ist erfüllend, gleichwohl aber physisch wie psychisch anstrengend. Trägt Verantwortung: Kinderkrankenschwester Anja Beck ZDF Magazin Kontraste am 19. Juli 2012 Personalabbau gefährdet Patientenleben in Krankenhäusern – Kontraste Ob öffentlich oder privat, deutsche Krankenhäuser sollen den Eigentümern kräftige Renditen erwirtschaften. Der Weg dorthin: Immer mehr Fälle und immer weniger Personal. Eine neue Studie zeigt auf, gerade im Intensiv-Bereich wird der Personalmangel für Patienten lebensgefährlich. Negative Berichterstattung ist nicht grundsätzlich negativ! Solange sie auf seriöse Quellen beruht, kann sie der Pflege auch dienlich sein. Durch öffentliche Thematisierung wird ein gesellschaftlicher Druck auf die Akteure ausgeübt. Durch negative Berichterstattung über Pflege wird auch der Boden bereitet, positive Themen platzieren zu können. Was hat das Thema mit mir zu tun? „Das ist doch eine Aufgabe der Professionellen!“ Unterschätzen Sie nicht die Außenwirkung eines Einzelnen: Jeder betreibt „Öffentlichkeitsarbeit im Kleinen“! Wie berichten Pflegende über Ihre Arbeit? Die beiden amerikanischen Journalistinnen Bernice Buresh und Suzanne Gordon platzierten mit dem Buch „From Silence to voice“ einen Bestseller in Fachkreisen. Das Buch will Mut machen, der Öffentlichkeit mitzuteilen, wie Pflegende kranke und pflegebedürftige Menschen unterstützen, belastende Lebenssituationen zu bewältigen und welchen wesentlichen Beitrag sie dazu leisten. Wie berichten Pflegende über ihre Arbeit? Pflegende haben häufig die Neigung, sich eher bescheiden im Hintergrund zu halten und ihre eigene Rolle und Bedeutung herunterzuspielen. Im Umfeld der beruflich Pflegenden erleben die Verwandten und Freunde die Pflegearbeit als „Jammern und Stöhnen“ – positive und befriedigende Aspekte des Berufs werden kaum mitgeteilt. Viele Menschen denken, dass die Pflegenden vor allen Dingen den Ärzten helfen. Welche Kompetenzen der Beruf fordert, bleibt unklar. Die Pflege hat ein Kommunikationsproblem. Während der Pflegebedarf und der ökonomische Druck auf die Pflege steigen, wird das, was Pflegende für ihre Mitmenschen und die Gesellschaft leisten, vielfach nicht gehört, gesehen und wahrgenommen. Pflege muss sichtbarer, hörbarer und einflussreicher werden. Professionelle Öffentlichkeitsund Medienarbeit: Kontakte zu den Medien pflegen, Pressemeldungen schreiben, Reporter einladen, … Positive Darstellung des Berufsbildes einer jeden einzelnen Pflegekraft Was kann ich tun, um das Bild der Pflege in der Öffentlichkeit positiv zu beeinflussen? 1. Präsentieren Sie sich professionell! Die Art und Weise, wie Sie sich bei Patienten und Angehörigen vorstellen, zeigt, wer Sie sind – eine seriöse Expertin mit wichtigem klinischen Wissen. „Hallo, ich bin Ruth von der allgemeinen Pädiatrie. Sie haben angerufen, weil ihr Kind Fieber hat.“ „Hallo, ich bin Ruth Steffens, Pflegeexpertin in der allgemeinen Pädiatrie. Ich habe gehört, Sie machen sich Sorgen, weil Ihre Tochter hohes Fieber hat. Können Sie mir sagen, seit wann es ihr schlecht geht?“ Beispiel aus: Buresh, Gordon: Der Pflege eine Stimme geben, 2006 2. Sagen Sie allen, was Sie tun! Über die Pflege herrschen vielfach noch falsche, antiquierte Vorstellungen – gerade die Medien vermitteln hier oft ein falsches Bild. Wenn die Pflegenden nicht selbst die Öffentlichkeit über ihre wichtige Arbeit informieren, werden sich diese veralteten Vorstellungen noch lange halten. 3. Nutzen Sie „normale“ Situationen! Klären Sie Menschen auf, mit denen Sie täglich in Kontakt kommen – Grillfeste, Schule, Kneipenbesuch … Nutzen Sie Situationen in der Pflege, um Angehörige darüber zu informieren, was Pflegende leisten. Sie kümmern sich um einen Patienten, der einen Schlaganfall hatte. Während sie ihm das Essen reichen, kommt seine Tochter zu Besuch. Sie können Ihre Arbeit einfach fortsetzen, ohne etwas zu sagen, oder Sie können währenddessen dem Patienten und seiner Tochter erklären, worauf es bei Ihrer Arbeit ankommt: Würgereflex prüfen, gefahrlos Essen verabreichen … Beispiel aus: Buresh, Gordon: Der Pflege eine Stimme geben, 2006 4. Liefern Sie informative Details! Achten Sie darauf, dass Sie dem Laien einen Eindruck von der Komplexität Ihrer Arbeit vermitteln und von der Umgebung, in der sie stattfindet. „Ich kümmere mich um eine 25-jährige Patientin mit Brustkrebs, die eine Knochenmarktransplantation bekommen soll. Meine Patientin wird ihre Brust verlieren, die Haare werden ihr ausgehen und vielleicht wird sie keine Kinder mehr bekommen können. Als meine Patientin dies alles hörte, war sie völlig überwältigt. Sie müssen sich vorstellen, dass sie all das aufnimmt, aber nicht verarbeitet. Als Pflegeperson weiß ich, dass ich für sie da sein und herausfinden muss, ob sie noch Fragen hat, die ihr nach dem ersten Schock nicht eingefallen sind. Vielleicht muss ich ihr auch bei der Formulierung dieser Fragen helfen. Außer den Pflegenden gibt es niemanden, der das für sie tut. Beispiel aus: Buresh, Gordon: Der Pflege eine Stimme geben, 2006 5. Erzählen Sie Geschichten! Sie begleiten Menschen in den existenziellen Situationen seines Lebens, bei Geburt, Krankheit und Tod. Sie erleben Geschichten, die oft interessanter sind als in jeder Soap. Geben Sie einen Einblick, wie vielfältig und menschlich spannend der Pflegeberuf ist. Jede Pflegende sollte immer drei Beispiele aus ihrem Arbeitsalltag parat haben. Bsp: Das Baby mit dem Turmschädel 6. Vermeiden Sie Fachjargon! Es ist wichtig, die tägliche Arbeit in der Pflegepraxis anschaulich und leicht verständlich zu kommunizieren. „Mein Patient litt an einem Versagen der Ventrikeltachykardie und meine Intervention bewahrte ihn vor einem negativen Ereignis.“ „Der Herzrhythmus des Patienten war unregelmäßig und mein schnelles Eingreifen hat ihm das Leben gerettet. Beispiel aus: Buresh, Gordon: Der Pflege eine Stimme geben, 2006 7. Mischen Sie mit! Wenn sich die Gelegenheit bietet, öffentlich Stellung zu beziehen, nutzen Sie diese. Schreiben Sie Leserbriefe mit Berufsbezeichnung. Leserartikel Zeit online 28.12.2012 Damit es wertvollen Menschen gut geht Große Verantwortung, schlechte Bezahlung und eine ältere Dame, die besonderes Einfühlungsvermögen braucht: Leser Markus Thulin erzählt vom Alltag als Altenpfleger. Ich mag es, Menschen zu pflegen. Sie sollen es gut bei mir haben. Eigentlich bin ich Krankenpfleger, aber seit zwölf Monaten verdiene ich meinen Lebensunterhalt mit der Pflege älterer Menschen. Das Kölner Altenheim, in dem ich arbeite, heißt offiziell Seniorenzentrum. Doch der Begriff Altenheim trifft es besser. Es wurde innerhalb eines Jahres aus dem Boden gestampft, für 80 Bewohnerinnen und Bewohner. Während meiner Arbeitszeit bin ich für einige dieser Menschen verantwortlich. Von meinem Gesundheitszustand, meinem Organisationstalent, meinem Wissen und meiner Motivation hängt es ab, ob es den 25 Damen und Herren während der acht Stunden, die wir zusammen verbringen, gut geht. Zehn von ihnen würden ohne mich ihr Zimmer nicht verlassen, sie könnten nicht essen und nicht auf die Toilette gehen. Einige wüssten nicht einmal, dass sie Hilfe bräuchten. … 8. Trauen Sie sich! Sie haben einen so schönen, herausfordernden und besonderen Beruf – präsentieren Sie ihn gut! Oft scheint es banal, vom alltäglichen Berufsleben zu erzählen – aber woher soll die Öffentlichkeit sonst wissen, worum es in der Pflege geht? So können Sie im Kleinen dazu beitragen, das Bild der Pflege in der Öffentlichkeit mitzuprägen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Brigitte Teigeler, Diplom-Pflegewirtin, Redakteurin, Bibliomed Verlag, Melsungen E-Mail: [email protected] Tel.: (0 56 61) 73 44 45