„Morpheus, der Gott des Schlafes“ Ärzte informierten über medizinische Möglichkeiten in der Sterbephase von Aranka Szabó Bremervörde. Um Schmerz, Ängste und Luftnot in der Sterbephase ging es auf einer Informationsveranstaltung im AWO-Seniorenzentrum. Die Ärzte Barbara Illig und Dr. Godecke von Appen zeigten Möglichkeiten der modernen Medizin auf, möglichst schmerzfrei zu sterben. „Viele haben keine Angst vor dem Tod, sondern Angst vor dem Sterben“, sagte Barbara Illig zu Beginn der Veranstaltung, und diese Angst wollten beide Mediziner den zahlreichen Zuhörern nehmen. Drei typische Szenarien Sterbender spielten Barbara Illig und Dr. Godecke von Appen in wechselnden Arzt-PatientenRollen durch. Im ersten Beispiel ging es um einen wuchernden Tumor im Bauch und das damit entstehende „Schreckensbild Darmverschluss“ sowie die Angst, mit Schmerzen zu sterben. Sollte eine Operation zum Zwecke eines künstlichen Darmausgangs nicht mehr möglich sein, so erklärte von Appen, führe das zu Erbrechen und auch Schmerzen. Übelkeit gäbe es jedoch keine. Es handele sich um ein Entlastungserbrechen, „wie ein größeres Aufstoßen“. In dieser Phase könnten noch kleine Portionen gegessen werden, erklärte er, und es seien meist noch mehrere Wochen Zeit, sich mit Angehörigen auszutauschen und „die Dinge zu erledigen, die noch zu erledigen sind“. Je weniger der Mensch trinkt, umso weniger scheiden die Nieren Giftstoffe aus. Verdursten jedoch müsste niemand, erklär- Barbara Illig und Dr. Godecke von Appen gaben den Tipp, im Handy den nächsten Ansprechpartner im Notfall unter „IM-Nummer“ zu speichern. Dann wüssten Rettungssanitäter, wen sie bei einem schweren Unfall zu benachrichtigen hätten. Foto: asz ten die Ärzte. Durch die Zugabe von Infusionen kann Flüssigkeit zugeführt und der Mund angefeuchtet werden. Der bevorstehende Tod zeige sich auch darin, dass das Durstgefühl nachließe, erklärten die Mediziner. „Es muss nicht Wasser sein“, das der Patient zum Befeuchten des Mundes erhält, waren sich beide Ärzte einig. „Sagen Sie vorher, was Sie möchten“, sagte Illig. Das könne durchaus auch Sahne mit einem Schuss Eierlikör sein. „Was macht dem Patienten Freude?“, ist die Überlegung, den das Pflegepersonal und die Angehörigen anstellen könnten. Mit weniger Trinken stellen nach und nach die Nieren ihre Arbeit und damit die Filterfunktion ein. Die sonst durch den Urin ausgeschiedenen Giftstoffe sammeln sich im Körper. Daraus folge oft Übelkeit und Juckreiz, erklärten die beiden Ärzte, die sich gut medikamentös unterdrücken ließen. Die Giftstoffe sammeln sich auch im Gehirn an, machten müde und eventuell „tüddelig“. Diese Verwirrtheit führe gelegentlich zu Ängsten. Auch diese ließen sich mit Morphium beheben. Beide Mediziner erklärten, dass sobald der Sterbeprozess begonnen habe, das Recht bestünde, so zu sterben, dass der Tod früher eintritt. Morphium, abgeleitet von „Morpheus, dem Gott des Schlafens“, ist das Mittel der Wahl, Menschen beim Sterben zu helfen, indem man sie damit in den Schlaf schicke, so die Ärzte. Auch bei einem Lungentumor mit Luftnot in der letzten Phase, brauche so niemand leiden. „Haben Sie keine Angst vor Morphium“, sagten die Ärzte. Es gehöre zum „Goldstandard der Schmerzmedikation“ und fände keineswegs nur in der letzten Lebensphase Anwendung und sei zudem auch dem körpereigenen Endorphin ähnlich, das bei Ausdauersportlern und auch Verliebten verstärkt produziert werde. Barbara Illig verdeutlichte das WHO-Schema zur Schmerzmedikation und erklärte, dass der Einsatz von Opiaten, wie Morphium, stufenweise an die Schmerzen des Patienten anpassbar wären. Die Ärzte beantworteten zudem zahlreiche Fragen der Zuhörer, darunter auch AWO-Einrichtungsleiter Claus Lange und Mitarbeiter des Hospizdienstes, und machten unter anderem deutlich, dass die Angst, mit einem Herzschrittmacher nicht sterben zu können, unbegründet sei, denn dieser unterstütze nur die Arbeit des Herzens. „Die Arbeit muss das Herz schon selbst machen“, hieß es. Beide erinnerten daran, rechtzeitig eine Patientenverfügung zu verfassen.