Ratgeber Ratgeber So beurteilen Sie Gesundheitsinfos im Internet: Ist klar, wer die Information geschrieben hat? Suchen Sie am Ende des Textes oder im Impressum nach einem Autor und seiner Qualifikation. Es sollten Autoren verschiedener Fachgebiete einbezogen sein. Verwechseln Sie nicht den Webmaster oder Inhaber der Webseite mit dem Autor. Seriöse Gesundheitsinfos im Internet: Kompetent in eigener Sache Das medizinische Wissen wächst immer schneller – genau wie die Möglichkeiten, sich darüber zu informieren. Kein Wunder also, dass mehr und mehr Patienten auch über den Arztbesuch hinaus Informationen einholen: über Krankheiten, ihre Behandlungsmöglichkeiten und sinnvolle Vorsorgemaßnahmen. Das Internet bietet sekundenschnellen Zugriff auf tausende von Ratgeberseiten. Doch neben seriösen Angeboten gibt es auch viele, die eher zweifelhaften Profitinteressen dienen als dem Wohl der Patienten. Wir sagen Ihnen, woran Sie gute Gesundheitsinfos im Internet erkennen. Im deutschen Gesundheitsmarkt werden jährlich mehr als 250 Milliarden Euro umgesetzt. Kein Wunder also, dass in der Branche die Grenze zwischen sachlicher Information und Schleichwerbung oft verschwimmt. So sponsern zum Beispiel Pharmakonzerne scheinbar neutrale Ratgeberseiten im Internet, auf denen ganz bestimmte Wirkstoffe zur Behandlung empfohlen werden – selbst wenn diese stark umstritten sind. Ähnliches gilt für zum Beispiel auch für die Diagnostika-Industrie und Anbieter von Medizintechnik. Beim Lesen von Gesundheitsinfos ist also grundsätzlich eine gute Portion Skepsis angebracht. Dazu kommt, dass sich bei vielen Krankheiten erst allmählich Behandlungsleitlinien etablieren, die überhaupt auf gesicherten wissenschaftlichen Daten beruhen. Sogar für seit langem verbreitete Therapien gibt es manchmal keine tauglichen Erfolgsstatistiken, sondern nur grobe Erfahrungswerte. Schlimmer noch: In seiner SPIEGEL-Titelgeschichte vom 29. August 2005 beklagt der bekannte Medizinjournalist Jörg Blech: „Viele Therapieversuche beruhen auf Trugschlüssen oder finanziellen Interessen“, und belegt dies mit zahlreichen aktuellen Studien. Eines von vielen Beispielen ist die weit verbreitete Infusionstherapie bei Hörsturz, die Praxen und Krankenhäusern jährlich rund 500 Millionen Euro einbringt, aber laut SPIEGEL schlichtweg Unfug ist: Die Wirksamkeit keiner einzigen Substanz konnte bisher belegt oder wenigstens als wahrscheinlich erklärt werden. Bis zu 90 Prozent der Hörsturz-Patienten genesen von allein 20 Auch Websites von Selbsthilfegruppen garantieren nicht automatisch Unabhängigkeit, da manche Gruppen Geld von Pharmakonzernen annehmen, um ihre Arbeit zu finanzieren. In Extremfällen gründen die Konzerne sogar selbst „Patientenorganisationen“, die dann formal als gemeinnützig und unabhängig auftreten. Klare Kriterien und Qualitätssiegel trennen die Spreu vom Weizen Dennoch: Wenn man weiß, woran man gute Qualität erkennt, ist das Internet eine wertvolle Informationsquelle. Lohnende Tipps bietet www.patienten-information.de - eine Seite des Qualitätsinstituts von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung. Unter „Informationsqualität“ findet sich hier eine Qualitäts-Checkliste für Patienten, die sich am „Discern-Projekt“ orientiert. Dort haben unabhängige Wissenschaftler Qualitätskriterien für Patienteninformationen festgelegt. Einige Websites tragen Qualitätssiegel, die Orientierung bieten sollen – am bekanntesten sind AFGIS (Aktionsforum Gesundheitsinformationssystem) und HON (Healt on the Net Foundation). Zertifizierte Seiten sind nicht garantiert neutral, verpflichten sich aber immerhin zu bestimmten Mindeststandards. Allerdings bedeutet das Logo selbst noch gar nichts: Beim Klick auf das Logo muss sich die Website www.afgis.de bzw. www.hon.ch öffnen, wo zum Beispiel Geldgeber der Site und mögliche Interessenkonflikte genannt werden. Sind die Ziele der Webseite klar? An wen richtet sich die Seite und mit welcher Absicht? Lesen Sie hierzu „Wer wir sind“, "Impressum" etc. Auf welche Quellen stützt sich die Webseite? Wenn Diagnose- oder Therapieverfahren erklärt werden, sollten Sie unbedingt nach Quellen suchen (Klinische Studien, Leitlinien, Literaturstellen), auf die sich der Inhalt stützt – meist in einem Literaturverzeichnis am Ende. Am sichersten sind i.d.R. Informationen, die sich auf große klinische Studien stützen, in denen die Wirksamkeit eines Untersuchungs- oder Behandlungsverfahrens nachgewiesen wurde. Genannt werden sollten: Name der Studie, durchführende Institution (z.B. Gesundheitsbehörde oder Universität), Teilnehmerzahl (mind. mehrere hundert) und Veröffentlichungsjahr. Sehr unsicher sind dagegen Informationen, die auf bloßen Expertenmeinungen beruhen. Werden Unsicherheiten beschrieben? Für viele Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden ist die Wirksamkeit nicht nachgewiesen. Manche Behandlungen wirken nur bei einigen Patienten. Manche Methoden sind noch im „experimentellen Stadium“. Werden mögliche Untersuchungen / Behandlungen / Maßnahmen genau beschrieben? Erklärt werden sollte: Welche anderen Möglichkeiten bestehen außer den beschriebenen? Ist die Durchführung ausreichend und verständlich erklärt? Sind Nutzen, Risiken und Nebenwirkungen beschrieben? Müssen Sie eventuell Einbußen an der Lebensqualität in Kauf nehmen? Welche? Was passiert, wenn die Maßnahmen nicht ergriffen werden? Wie steht es mit der Sicherheit im Internet? Wenn jemand Ihre persönlichen Daten erfragt, achten Sie auf eine Datenschutzerklärung. Eine E-mail können immer auch Fremde lesen. Vermailen Sie nicht einfach Ihre Krankengeschichte! Internet-Tipps: Gute Seiten Enthält die Webseite weitere Hilfsangebote? Eine Information alleine beantwortet Ihre Fragen meist nicht vollständig. Gute Websites nennen Stellen, an die Sie sich außerdem wenden können und Internet-Seiten mit dem gleichen Thema. Bei der Medikamentenberatung der Stiftung Warentest finden Sie 9.000 Mittel – ob selbst gekauft oder vom Arzt verschrieben – für 175 Anwendungsgebiete mit Preisvergleichen und Infos zu Wirksamkeit, Nebenwirkungen und Alternativen: www.medikamente-im-test.de Wie aktuell ist die Information? Gesundheitsnformationen haben im Regelfall ein "Verfallsdatum" von 2 Jahren. Sie sollten daher das Erstellungsoder Überarbeitungsdatum kennen. Falls das Tagesdatum angezeigt wird, verwechseln Sie dies bitte nicht mit der Aktualitätsangabe. Ein Überarbeitungsdatum bezieht sich nicht automatisch auf die Aktualität der Informationen. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft informiert über neue Wirkstoffe und berät bei vielen Krankheitsbildern: www.akdae.de Ist die Webseite ausgewogen und unabhängig? Achten Sie darauf, wer der Betreiber oder Sponsor der Seite ist und welche Interessen er hat. Sachverhalte sollten neutral und ohne Wertung formuliert sein (also nicht „halb volles“ bzw. „halb leeres Glas“, sondern „50 % Füllstand“), damit Sie nicht unbemerkt in eine Richtung gedrängt werden. Wenn eine Information Sie verunsichert oder erschreckt, berücksichtigen Sie diese nicht weiter. Berichte über Sensationen oder Wunderheilungen sind meist unseriös. Das neue, öffentlich-rechtliche „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin“ untersucht Nutzen, Kosten und Nachteile medizinischer Maßnahmen: www.iqwig.de Verständliche, einführende Informationen bietet Netdoktor – allerdings enthält die Seite teilweise subtile Werbung, z.B. der Pharmaindustrie: www.netdoktor.de Objektiv informiert das Robert-Koch-Institut, die wissenschaftliche Beratungsstelle des Bundes. Die Rubrik „Gesundheit A – Z“ bietet eine Fülle von Patienteninfos: www.rki.de III/05 21