Handout BG 19: Alltags-/ Lebensbewältigung Hochschule Magdeburg/Stendal – Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen WiSe 2016/17 – BAS 01.4 Soziale Arbeit als Profession – Wissenschaftliches Arbeiten Verfasser: Isabel Weber, [email protected] Nancy Elena Stephan, [email protected] 02. Februar 2017 1 Begriffsdeutung 1.1 Alltags- und Lebensbewältigung o o o o 1.2 auch: Alltags- und Lebensweltorientierung; ist ein von Hans Thiersch geprägter Begriff und eines der bedeutsamsten Rahmenkonzepte der Sozialen Arbeit Orientierung an den Subjekten und deren Deutung der Lebensverhältnisse Betrachtung der individuellen und gesellschaftlichen Schwierigkeiten, Bedingungen und Möglichkeiten Ziel ist es den Alltag der Menschen zu verändern, stärken oder anzuregen bestenfalls durch „Hilfe zur Selbsthilfe“ (lebensweltorientierter Arbeitsansatz) Soziale Arbeit o o 1.3 Unterscheidung zwischen den Begriffen Sozialpädagogik, Soziale Arbeit und Sozialarbeit Soziale Arbeit = System der Unterstützung, Beratung, Hilfe Hilfebedürftigkeit o Hilfsbedürftigkeit betrifft all diejenigen, die nicht allein ausreichend für ihren Lebensunterhalt sorgen können das betrifft also nicht nur Arbeitslose, sondern auch Arbeitstätige, welche aber zu wenig verdienen, um die gesamte Bedarfsgemeinschaft zu versorgen 2 Faktoren einer Lebenswelt o o Alltag und Wohlbefinden eines Individuums oder einer Gruppe unterliegen zwei Arten von Bedingungen/Faktoren: subjektive und objektive prägend für die Lebens- und Alltagsbewältigung (Lebensweltorientierung) des Subjekts diese Faktoren schaffen die Spielräume und die Struktur, in denen das Subjekt handelt und entscheidet Subjektive Bedingungen Objektive Bedingungen individuelle, soziale, kognitive und o gesellschaftlich und politische Aspekte, emotionale Aspekte räumlich, physische und materielle Gestalt o beeinflussbar durch das Subjekt der Lebenswelt o gekoppelt mit eigenen Werten und den o Subjekt kann kaum Einfluss nehmen Erfahrungen, die in der Vergangenheit gemacht wurden Einige Beispiele: Biografische Erfahrungen Ideologie o Erfahrungen die im Verlauf des Lebens o die dominanten Vorgaben einer des Subjekts gemacht worden sind gesellschaftlichen Gruppe/Gemeinschaft z. B. zum einheitlichen Verhalten, die ein o Erziehung in der Kindheit durch Eltern Subjekt erfüllen soll und Institutionen z. B. o Marxismus = strebt den Kommunismus an, in dem alle Klassengegensätze aufgehoben werden sollen o 1 Handout BG 19: Alltags-/ Lebensbewältigung Hochschule Magdeburg/Stendal – Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen WiSe 2016/17 – BAS 01.4 Soziale Arbeit als Profession – Wissenschaftliches Arbeiten Verfasser: Isabel Weber, [email protected] Nancy Elena Stephan, [email protected] 02. Februar 2017 Rassismus = biologische, körperliche Eigenschaften als alleinige Faktoren für Fähigkeiten und Wert der Menschen Vorherrschende Regierung o politische Vorstellungen/Erwartungen an und Vorschriften (Recht) für das Subjekt z. B. o rechtlich festgelegte Sanktionen bei Verstoß gegen Gesetze o Verpflichtung zur Teilnahme am Arbeitswesen o Regelungen von Rechten und Pflichten in gegenseitigen Verträgen o Soziale Beziehungen o zwischenmenschlicher Kontakt, bei dem das Subjekt Gefühle, Gedanken und Handlungen auf ein anderes Subjekt bezieht z. B. o Familie o Freundeskreise und Kollektive (z. B. Kollegium) o Nachbarschaften und Gemeinden Milieu o das Subjekt ist bestimmten Bedingungen (Normen, Politik, Wirtschaft, Gesetze, etc.) ausgesetzt z.B. o politisches Milieu o religiöses Milieu o soziale Milieus (z. B. bürgerlich, konservativ, etc.) Rituale o im sozialen Umfeld und/oder Kulturen existieren bestimmte immer wiederkehrende Umgangsweisen, die sich das Subjekt annehmen kann z. B. o Religiöse Rituale (Gottesdienste, der Sabbat im Judentum) o gruppeninterne und -übergreifende Rituale (Begrüßungen, strukturierte Tagesabläufe) Zeit o die Struktur und Wahrnehmung von Zeit z. B. o Zeitliche Abläufe (Tag, Woche, Monat, etc.) durch Schule oder Arbeit Institutionen o institutionelle Einrichtungen, die für das Subjekt zur Verfügung stehen z. B. o Zugang zu Bildungseinrichtungen o Sozialplanung der Städte Materielle Mittel o Ressourcen, die dem Subjekt zur Verfügung stehen, um Handlungen auszuführen z. B. o finanzielle Mittel o Arbeitsgelegenheit o Infrastruktur o Informationsressourcen Unterschiedliche Lebensfelder (Alltagswelten) o Orte, an denen sich das Subjekt bewegt und sich öffentlich darstellt z. B. o Jugendfreizeitclubs o Sportvereine o öffentliche Treffpunkte 2 Handout BG 19: Alltags-/ Lebensbewältigung Hochschule Magdeburg/Stendal – Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen WiSe 2016/17 – BAS 01.4 Soziale Arbeit als Profession – Wissenschaftliches Arbeiten Verfasser: Isabel Weber, [email protected] Nancy Elena Stephan, [email protected] 02. Februar 2017 3 Armut 3.1 Begriffserklärung Definition Armut: o o o 3.2 nicht klar zu definieren ist ein Begriff, der über die Hilfebedürftigkeit und Notlagen eines Subjektes Auskunft gibt und damit ein wichtiges Feld in der Sozialen Arbeit einnimmt als Weltmaßstab wird bei Armutsuntersuchungen meist die absolute Armut betrachtet, bei welcher ein physisches Existenzminimum im Vordergrund steht Bei Untersuchungen in hoch entwickelten Industriestaaten, wie Deutschland, ist eher eine materielle Armut und das Auftreten von Armut als Ausprägung einer sozial-ökonomischen Ungleichheit gemeint Strukturen/ Einordnungen 3.2.1 o o o Absolutes Armutskonzept Zustand, bei der die physische Existenzfähigkeit der Betroffenen in Frage gestellt ist gekennzeichnet durch eine unzureichende Ausstattung der Mittel, welche man zum Stillen der Grundbedürfnisse brauchen würde 1-Dollar-Grenze (bzw. 1,25 US-Dollar) 3.2.2 o Relatives Armutskonzept ist eine Unterversorgung an materiellen und immateriellen Gütern, sowie die Beschränkung der Lebenschancen im Vergleich zur jeweiligen Gesellschaft Folge: arm ist, wer deutlich weniger als die meisten anderen in seinem Land hat 3.2.3 o Subjektives Armutskonzept ist die Einschätzung der Armut durch alle Gesellschaftsmitglieder, welche unter Einschluss der Betroffenen entschieden werden soll arm ist, wer nach individuellem Urteil so wenig Geld zum Leben hat, dass es nicht ausreichend ist o 3.2.4 o Politisches Armutskonzept arm ist, wer die staatlich festgelegten Kriterien von Unterstützungsleistungen unterschreitet, sprich, wessen Einkommen unter dem festgelegten Minimum liegt 3 Handout BG 19: Alltags-/ Lebensbewältigung Hochschule Magdeburg/Stendal – Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen WiSe 2016/17 – BAS 01.4 Soziale Arbeit als Profession – Wissenschaftliches Arbeiten Verfasser: Isabel Weber, [email protected] Nancy Elena Stephan, [email protected] 02. Februar 2017 4 Formen der Hilfe 4.1 Hilfe für Familien in Armut o finanzielle Hilfe o o Beratung Begleitung 4.2 Kinderarmut o o 4.3 Hilfen in der täglichen Organisation Sachspenden Projekte planen und umsetzen Sucht und Armut o Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? 5 Antrag 5.1 Arten von Anträgen zur Lebenssicherung o o o o o 5.2 HARTZ IV Wohngeld Sozialhilfe Bildung/ Teilhabe Grundversorgung im Alter (Deutsche Rentenversicherung Rente) Zu Beachtende Richtlinien für allgemeine Verwaltungsakte 5.2.1 o o o Verfahrensbeginn Zuständigkeit prüfen (§§18-29 SGB I) Sachlich: ist die Behörde für diesen Sachverhalt tatsächlich zuständig? Wenn nicht, muss der Antrag weitergeleitet werden an entsprechende Behörde Örtlich: an Wohnsitz gebunden/ gewöhnlicher Aufenthaltsort Instanziell: untere Verwaltungsebene Einleitung des Verfahrens (§18 SGB V) auf Antrag, kann auch formlos und mündlich erfolgen Informations- und Beratungspflichten seitens einer Behörde (§§13-16 SGB I) Aufklärung, Auskunft, Beratung, sowie Weiterleitung von Anträgen 5.2.2 Rechte und Pflichten im Verfahrensablauf 5.2.2.1 Beginn eines Verfahrens o Beteiligte (§12 SGB V) sind Antragssteller und Behörde (ab 15. Geburtstag Antragstellung möglich) o Bevollmächtigte (§13 SGB V) ein Beteiligter kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt der Bevollmächtigte muss auf Verlangen seine Vollmacht schriftlich vorweisen Widerruf der Vollmacht ist erst dann wirksam, wenn er der Behörde zugeht 4 Handout BG 19: Alltags-/ Lebensbewältigung Hochschule Magdeburg/Stendal – Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen WiSe 2016/17 – BAS 01.4 Soziale Arbeit als Profession – Wissenschaftliches Arbeiten Verfasser: Isabel Weber, [email protected] Nancy Elena Stephan, [email protected] o 02. Februar 2017 die Behörde muss sich an die bevollmächtigte Person wenden, außer der Beteiligte steht unter Mitwirkungspflicht Beistand (§13, Abs.4) ein Beteiligter darf immer einen Beistand zu Besprechungen mitbringen 5.2.2.2 Ermittlungen durch die Behörde o Amtsermittlungsgrundsatz (§§20, 21 SGB V) die Behörde ermittelt den Sachverhalt auf Amtswegen und bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen o Vorschüsse (§42 SGB I) kann vorab geleistet werden, wenn im Grunde ein Anspruch besteht o Vorläufige Leistungen (§43 SGB I) wenn das Subjekt sich in einem Zuständigkeitsstreit befindet o Mitwirkungspflicht (§§60-67 SGB I) jeder Antragssteller ist verpflichtet wahre und vollständige Angaben zu leisten er muss unaufgefordert Mitteilung über Änderungen machen persönlich Erscheinen die Behörde ist berechtigt psychol. oder ärztl. Untersuchungen/ Atteste anzufordern 5.2.2.3 Ende des Verfahrens o Bekanntgabe des Verwaltungsantrages (§ 37 SGB V) Bekanntgabe nach Zugang ist Voraussetzung für die Wirksamkeit 5 Handout BG 19: Alltags-/ Lebensbewältigung Hochschule Magdeburg/Stendal – Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen WiSe 2016/17 – BAS 01.4 Soziale Arbeit als Profession – Wissenschaftliches Arbeiten Verfasser: Isabel Weber, [email protected] Nancy Elena Stephan, [email protected] 02. Februar 2017 6 Literaturverzeichnis Böhnisch, Lothar, Lebensbewältigung. Ein Konzept für die Soziale Arbeit, 1. Aufl., Weinheim/Basel 2016. Brand, Jürgen, Hartz IV - Mein Recht auf Arbeitslosengeld II. Mit Tipps zum Ausfüllen der Antragsvordrucke, 2., überarb. Aufl., Düsseldorf 2005. Crome, Malte, Hartz IV - Rechte erfolgreich durchsetzen. Ein Leitfaden für Sozialberater, Stand: Juli 2011, Freiburg im Breisgau 2011. DGB Abteilung Arbeitsmarktpolitik, Steigende Armut trotz guter Wirtschaftslage - Problem Kinderarmut ungelöst, in: arbeitsmarktaktuell 3/2016, 05.01.2017, http://www.dgb.de/themen/++co++bd8e35bc-fb0c-11e5-bd5a-52540023ef1a. Jüngst, Wolfgang/Matthias Nick, WISO-Ratgeber Hartz IV, Arbeitslosengeld II - Worauf Sie Anspruch haben. Antrag stellen, Besitz retten, Wohnung behalten, Altersversorgung sichern, Arbeit finden, Frankfurt/M. 2005. Kreft, Dieter/Ingrid Mielenz (Hg.), Wörterbuch Soziale Arbeit. Aufgaben, Praxisfelder, Begriffe und Methoden der Sozialarbeit und Sozialpädagogik, 7. Aufl., Weinheim/Basel 2013. Litau, John/Andreas Walther/Annegret Warth/Sophia Wey (Hg.), Theorie und Forschung zur Lebensbewältigung. Methodologische Vergewisserungen und empirische Befunde, 1. Aufl., Weinheim/Basel 2016. Schröder-Printzen, Günther (Hg.), Sozialgesetzbuch. Verwaltungsverfahren - SGB X ; Kommentar, 3. Aufl., München 1996. Schutz, Alfred/Thomas Luckmann, Strukturen der Lebenswelt. Band 1, 5. Aufl., Frankfurt am Main 1994. Thiersch, Hans, Lebensweltorientierte Soziale Arbeit. Aufgaben der Praxis im sozialen Wandel, 3. Aufl., Weinheim/München 1997. Wendt, Peter-Ulrich, Faktoren der Lebenswelt. Arbeitsblatt. Hochschule Magdeburg-Stendal. Wendt, Peter-Ulrich, Lebensführung, -stil, -bewältigung. Arbeitsblatt. Hochschule MagdeburgStendal. Wendt, Peter-Ulrich, Lehrbuch Methoden der sozialen Arbeit, Weinheim/Basel 2015. 6