Stand der Cannabisforschung zu nicht

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Stand der Cannabisforschung zu nicht-problematischen und
problematischen Konsumformen.
Präventive und therapeutische Möglichkeiten
Cannabis Symposium – Handlungsansätze für Prävention
22. November 2016, Ludwigshafen
Dr. Henrik Jungaberle
FINDER Institut für Präventionsforschung | www.finder-research.com | [email protected]
AG Psychotrope Substanzen Charité Universitätsmedizin Berlin
Publications
researchergate.com/henrikjungaberle
henrikjungaberle.com
Ziel des Beitrags und Erkenntnisgewinn




Problematische und nicht-problematische Konsumformen unterscheiden
Behandlung und Prävention von problematischen Konsumformen
Politische Regulierung als Verhältnisprävention
Ausblick: Cannabis 2066
Hintergrund Henrik Jungaberle
Drogen- und Präventionsforschung
 10-Jahres-Längsschnittsprojekt RISA am Universitätsklinikum Heidelberg --> Salutogenese,
Konsummusterforschung, gelingende Formen des Substanzkonsums
 EU-Projekt: Lebenskompetenz und Präventionsprogramm REBOUND
 Aktuell:
 Anpassung des Universellen Präventionscurriculums (UPC) für Deutschland
 MDMA-unterstützte PTSD Therapie (Phase 3 Studie) in Kooperation mit
Charité Universitätsmedizin Berlin
Präventionspraktiker
 v.a. REBOUND, Risikokompetenz- und Integrationsansatz
 Beratung von Politik, Kommunen und Organisationen der
Suchthilfe – und therapie
Autor
 „High sein. Ein Aufklärungsbuch“ (mit Jörg Böckem)
Publikationen, Projekte, Weiterbildung,
Newsletter/Blog:
henrikjungaberle.com
finder-research.com
Startpunkt: Sicherheit, Risiko und Chance
„Nichts geschieht ohne Risiko,
aber ohne Risiko geschieht auch nichts.“
Walter Scheel (*1919), dt. Politiker (FDP), 1974-79 Bundespräsident
Gegensätzliche Kulturen im 21. Jahrhundert
Welten der Sicherheit: Versprechen einer sicheren Welt
 bei Versagen wird ein noch höherer Ressourceneinsatz
gefordert, um das Ziel dennoch zu erreichen: mehr Polizei,
schärfere Überwachung
Kulturen des Risikos: Entwicklung von Arrangements,
die Gefahr und Bedrohung berechen- und kalkulierbar machen
 darauf angelegt, "hinter jeder Gefahr eine Chance zu sehen“
Herfried Münkler, Matthias Bohlender, Sabine Meurer (Hg.) Sicherheit und Risiko. Über den Umgang mit Gefahr im 21. Jahrhundert
Cannabisarten und -präparate
Erlebte Rauschwirkung
positiv
Übliche Denkmuster verblassen, neuartige Ideen und
Einsichten, hinter die Oberfläche schauen, kreativ sein
Witzige Assoziationen und starke Gedankensprünge
Sich amüsieren, weil man sich nicht an die vorletzten 5 Minuten
bzw. am Ende eines Satzes nicht an den Anfang erinnern kann.
CANNABISFUNKTIONS
SPEKTRUM
Denken
Konzentration
Gedächtnis
Die gewohnte Ordnung beim Sehen, Hören, Riechen, Tasten
verändert sich; sonst Nebensächliches wird deutlicher
wahrgenommen, Intensivierung von Empfindungen, Zeitgefühl
verändert sich
Wahrnehmung
Empfindung
Eindruck, als ob man die Gedanken der anderen kennt und teilt,
gemeinsame Albernheit, Gemeinschaftserleben
Kommunikation
Beziehung
Euphorie, „High-sein“, gleichzeitig: Gefühle sind gedämpft,
emotionaler Abstand zu allem, Gelassenheit
Wohlige Entspannung, Wattegefühl, Leichtigkeit, Pulsfrequenz
steigt, trotzdem Verlangsamung der Bewegung, geringe
Schmerzempfindlichkeit, Appetitanregung, sexuelle
Stimulierung
Fühlen
Körper
Körpererleben
Erlebte Rauschwirkung
negativ
Sich in fixe Ideen reinsteigern, von Gedanken besessen sein,
geistige Selbstüberschätzung, Größenwahn
Konzentrationsschwäche, keinen klaren Gedanken fassen
können, „Peilung“ verlieren
Eingeschränkte Merkfähigkeit, Erinnerungslücken, Filmrisse
Wenig von der Umwelt mitkriegen, im eigenen Film gefangen
sein, sich in Einzelheiten Reinsteigern, Überempfindlichkeit,
Überreaktionen bis hin zu Halluzinationen und Horrortrips
Kontakt verlieren, „abdrehen“, sich nicht mehr mitteilen
können, sich ausgegrenzt erleben, nur noch abhängen
Ängste, Panik, Verfolgungsideen, Gefühle von Fremdheit, IchAuflösung, Verwirrung, Verlassenheit
„Breit“, „fett“, träge, lahm sein. Oder: Überdrehtheit, Übelkeit,
Schwindel, Herzrasen bis zum Kreislaufkollaps
Spektrum des Substanzgebrauchs
Negative Konsumformen
Positive Konsumformen
[email protected]
Konsummuster: nach Frequenzentwicklung
Morningstar & Chitwood 1983
[email protected]
Konsummuster: nach Typen
Typus
Motive und Merkmale
Subkultureller Typus
Suche nach Individuation in kulturellen Nischen
Grenzgänger Typus
Hedonistischer Typus
Neugier; „Sensation Seeking“; sowohl „Suche nach Grenzen“ als auch „Suche nach
Entgrenzung
Forscher Typus
Gemeinschaftlicher Typus
Problembewältigungs-Typus
Selbstbehandlungs-Typus
Neugier, Erkenntnisinteresse
Neugier, Spaß, Unterhaltung  Lockerheit, Leichtigkeit, Kontaktaufnahme, Sex usw.
Suche nach Geselligkeit und Zugehörigkeit; Neugier auf gemeinschaftliche Erfahrungen
oft Lebenslange Anpassungsprobleme bereits weit vor Einstieg in Substanzkonsum 
dann: gelingende oder misslingende Selbstmedikation
Zur Linderung oder Heilung eines körperlich-psychischen Leidens
Jungaberle H (2007) Qualitative Drogen- und Suchtforschung - am Beispiel eines kulturpsychologischen Forschungsprojekts. In: Dollinger B, Schmidt-Semisch H (Hrsg) Sozialwissenschaftliche
Suchtforsch. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, S 169–194
Stephan Gingelmaier, Henrik Jungaberle, Rolf Verres (2015) Der adoleszente Umgang mit psychoaktiven Substanzen in biografischer Perspektive – Versuch einer Modell- und Typenbildung. Zeitschrift
für Heilpädagogik 66:180–190.
Konsummuster: nach Pathologien
Prozentsatz derjenigen, die eine Abhängigkeit entwickeln, nachdem sie jemals eine
Substanz konsumiert haben
Cannabis 9%
Stimulantien 11%
Hall et al. 2015
Alkohol 15%
Kokain 17%
Heroin 23 %
Nikotin 32%
[email protected]
Merkmale nicht-problematischen Gebrauchs
Grundlage
• Fähigkeit zur Punktnüchternheit
• Produktivität/Arbeitsfähigkeit
• Keine nennenswerte Selbstschädigung
• Keine Fremdschädigung
Darüber hinaus
• Linderung oder Heilung eines Leidens (Medizinisch-therapeutischer Gebrauch)
• Konsumpausen (Selbstvergewisserung, Funktionscheck)
• Mehrwerte wie Inspiration, Verbesserung zwischenmenschlicher Kontakte,
Sexualität, körperlicher Gesundheit, Beziehung zur Natur usw.
[email protected]
Bundesweiter Trend Cannabiskonsum, BZgA 2015
[email protected]
Trends im Cannabiskonsum seit 1990
15-39 Jährige
1990
1995
2000
2006
2012
Lebenszeit
21,7
21,0
44,8
48,4
55,7
12 Monate
8,2
10,7
19,2
18,7
23,4
6.9
11,5
11,4
11,0
30 Tage
Institut für Therapieforschung, Berliner Suchtsurvey 2012
[email protected]
Trends der Cannabis-bezogenen Störungen
15-59 Jährige
2000
Missbrauch
Abhängigkeit
0,9
2006
2012
1,4
1,5
1,0
1,0
Behandlung und Prävention
Merkmale von Behandlungssuchenden: Dauer bis
Behandlungsbeginn (n=167.485; 809 Einrichtungen)
Alter bei Störungsbeginn
Alter
30
20
50
28,5
25
16,1
40
21,8
21,4
18,3
15,3
Alter bei Behandlungsbeginn
Alter
18,5
15,3
30
44,3
44,2
38,9
36,7
33,7
24,5
27,4
31,0
15
20
10
5
0
Quellle: Eva Hoch – ZI Mannheim, DSHS (2014)
10
0
Dauer der Cannabis-bezogenen Störung bis
Behandlungsbeginn: Ø 9 Jahre
[email protected]
Hauptdiagnosen in ambulanter Suchthilfe (n=156.067; 809 Einrichtungen)
F12 Cannabinoide
(n =25859)
Hauptdiagnosen aller Behandelten
Klienten
60%
56,6%
50%
16%
84%
Auflagen
15%
40%
30%
20%
Anzahl der Kontakte:
Ø 10
16,7%
10%
6,1%
0,9%
0%
Quellle: Eva Hoch – ZI Mannheim, DSHS (2014)
16,2%
2,5%
0,1%
1,0%
[email protected]
Diagnostischer Blickwinkel
Funktionen und Motive des Cannabiskonsums
Substanzspezifisch/
Biochemisch
Komplexes Wirkungsspektrum:
euphorisierend
entspannend, beruhigend
halluzinogen
Jugendtypisch,
entwicklungs- und
psychosoziale Perspektive
Entwicklungsaufgaben:
Neugier und Risikoverhalten,
Gemeinschaftsgefühl
Selbsterfahrung, Cool sein, Anders sein
Protestverhalten, Ablösung vom Elternhaus
Autonomieentwicklung, Identitätsfindung
Bewältigungsstrategien
Selbstmedikation
Suchtdynamik
Regulierung innerer Spannung und Impulse
Anregung von Gedanken und Phantasien
Milderung von Ängsten
Reduktion von depressiven Stimmungen
Abwehr von Leere und Verlassenheitsgefühlen
„Heilmittel“,
Cannabis als Medizin
Appetitsteigerung
Schmerzlinderung
Tourette/ADHS/Depressionen
Psychischer und sozialer Kontext des Konsums
Schutz und Risikofaktoren
Ausprägung
Einstiegsalter, Entwicklungsstand
Frühes Einstiegsalter (unter 16?), körperliche und psychosoziale
Reifungsaspekte, Entwicklungschancen und -krisen
Psychische Gesundheit, Vulnerabilität
Fähigkeiten und Kompetenzen, Komorbide Störungen (z.B.
Angststörungen, affektive Störungen, ADHS, Psychoseerkrankung)
Familiäre Situation und Ressourcen
Unterstützung in der Familie, Partnerschaft Bindungsverhalten,
Sucht in der Familie, Co-Abhängigkeit, Poly-Konsummuster
Peer-Group, Freundeskreis
Qualität von sozialen Beziehungen, Ausmaß drogenbezogener
Kontakte und Beziehungen
Schulische, berufliche, soziale Integration
Leistung in Schule, (Schulstress, Schwänzen Sitzenbleiben)
Berufseinstieg, Jobchancen, Probleme mit Justiz
[email protected]
Cannabis und Abhängigkeit
• 70 bis 90% aller Menschen mit einer Cannabisabhängigkeit hatten die Diagnose einer
weiteren Psychischen Störung im Lebenszeitraum (Kessler et al, 2004; Stinson et al., 2006)
• Am häufigsten: Affektive Störungen, Angststörungen, Alkohol- und andere substanzbezogene
Störungen, somatoforme Störungen
 Verschiedenste Zusammenhänge werden diskutiert (z.B. Suchtfolgemodell,
Selbstmedikationshypothese, Vulnerabilität-Stress-Modell)
(Carroll et al., 2006; Hoch et al., 2013; Norberg et al., 2012)
 Henne und Ei-Problem: Cannabis-Störung  Ko-Morbidität  Funktionalisierung
• Prävalenz der Cannabisabhängigkeit in Deutschland ca 0,5% der 18-64 Jährigen
(epidem. Suchtsurvey 2012, Kraus et al. Sucht 2013)
• ca. 10% der täglichen Cannabiskonsumenten sind abhängig (Murray et al. 2007)
[email protected]
Behandlung: Flexibilität/Störungsspezifisch
• Angesichts der Heterogenität der Cannabisklienten zeigt sich die Notwendigkeit
einer stärkeren Berücksichtigung
• unterschiedlicher Konsummustern und Konsumfunktionen,
• sowie unterschiedlicher psychischer Symptome, Therapiemotivationen und –
anliegen.
• Zentral für die Zielgruppe sind hierbei methodenintegrative, flexible und
multidisziplinäre therapeutische Ansätze
• Bei den jungen Klienten sollte die Behandlung eine systemischentwicklungspsychologische Perspektive einnehmen, die Familie und Eltern
stärker berücksichtigt
[email protected]
Merkmale von Behandlungssuchenden
AMBIVALENZ
ö
ö
Motive für Cannabiskonsum
Motive für Veränderung des
Cannabiskonsums
von Andreas Gantner, Therapieladen Berlin 2016
ö
Evaluierte Cannabisprogramme im Überblick
Frühintervention / Beratung
Zielgruppe
Programm
merkmale
Behandlung
FreD
CAN Stop
Realize-it
Quit The Shit
CANDIS
MDFT
14-21 Jahre
Erstauffällige
Drogenkonsumenten
14-21 Jahre
Junge
Cannabiskonsumenten in verschiedenen
Hilfesystemen
15-30 Jährige
Cannabismissbrauche
r/-abhängige
15-30 Jährige
Jugendliche und
Erwachsene
Cannabismissbraucher/abhängige
18-30 Jahre
Cannabisabhängige
13-18 Jährige
Jugendliche mit
Cannabisstörungen
und Eltern
Ø 17,7 Jahre
Ø 18,6 Jahre
Ø 24 Jahre
Ø 25,6 Jahre
Ø 26,2 Jahre
Ø 16,2 Jahre
Information
Motivierende
Gesprächsführung
1 In-TakeGespräch
2 Gruppensitzung
Psychoedukation
Rückfallprävention
Motivierende
Gesprächsführung
8 Gruppensitzungen
4-8 Wochen
Selbstregulation
Motivierende
Gesprächsführung
Lösungsorientierte
Kurzzeittherapie
Tagebuch
10 Wochen
5 Einzelberatungen
1 Gruppensitzung
Online –
Beratungsprogramm
Motivierende
Gesprächsführung
Lösungsorientierte
Kurzzeittherapie
50 -Tageprogramm
Einstiegs- und
Abschlusschat
Einzelpsychotherapie
Kognitive-behaviorale
Therapie.
Problemlösetraining
Einzelsetting
10 Sitzungen
Multidimensionale
Familientherapie
Flexible Settings
4-9 Monate
2-4 Kontakte
wöchentlich
Weymann, Baldus,
Miranda et al., 2010
Tossmann & Kasten,
2010
Tossmann, Jonas,
Tensil Lang & Strüber,
2011
Hoch, Zimmermann,
Henker et al., 2007
Tossmann, Jonas,
Rigter & Gantner,
2012
8 Std. in 1-2
Tagen
Evaluation
Görgen,
Hartmann &
Oliva, 2003
von Andreas Gantner, Therapieladen Berlin 2016
Prävention
Drei Dimensionen von Prävention – in der Verhaltens- und
Verhältnisprävention
Informieren
Kompetenz
entwickeln
“Schubsen”
Überzeugen
Trainieren
Einschränken
und zwingen
Bilden
Befähigen
Umgebung
verändern
Modelle
zeigen
Anspornen
Gregor Burkhart, EMCDDA 2014
Cannabis-Prävention
Ziele
• Starke Prohibition: Verhinderung des Konsums
• Dekriminalisierung: Verhinderung des Konsums und
Schadensminimierung
• Legalisierung:
•
•
•
•
•
Reduktion des Konsums
Verbraucherschutz
Risikokompetenz
Verhinderung bei Minderjährigen und Vulnerablen
Hinauszögerung bei Minderjährigen
[email protected]
Und welche Präventionsstrategien überwiegen in Europa?
EMCDDA, Europäischer Drogenbericht 2014
[email protected]
Und welche Präventionsstrategien funktionieren?
•
•
•
•
Interaktive Life-Skill-Programme können Verhalten ändern
Schulprogramme können Wissen und Einstellungen ändern
Familienbezogene Prävention gilt als Erfolg versprechend
Verhältnisse (Werbung, Preis etc.) können Verhalten ändern
• Nicht-Raucherschutz ( hat auch Cannabiskonsumzahlen reduziert)
• Normative Botschaften: Massenmedien bilden einen unverzichtbaren
Rahmen
[email protected]
Präventionsziel Risikokompetenz: allgemeinüberleben,
bewusst und reflexiv
keine langfristigen Schädigungen
… ist die Fähigkeit mit Risiken intentional, erfolgreich und
verantwortungsvoll umgehen zu können
keine Fremdschädigung
a.
unterschiedliche Risiken gegeneinander aufgrund von Konsequenzen abwägen zu können
b.
Diese Kenntnis auch in Entscheidungssituationen als Handlungsgrundlage präsent zu haben,
c.
Wohl informierte Entscheidungen auch unter Bedingungen von reduzierter Aufmerksamkeit,
Zeit- und Gruppendruck treffen zu können
d.
An der Entscheidung festzuhalten
e.
Aus Fehlern die entsprechende Konsequenzen ziehen zu können
Weibel et al. (2006)
[email protected]
Risikokompetenz spezifisch: von Ecstasy zu Cannabis
Franzkowiak (1996; 2001)
 Dies bedeuten
NICHT zu
konsumieren (bei
den meisten
Drogen und in den
meisten
Situationen)
 Lernziel: bewusst,
selektiv, kontrolliert
und „integrativ“ zu
konsumieren.
[email protected]
Risikokompetenz …
und das andere Zeug?
Konsumkompetenz
Selbstkompetenz
Sozialkompetenz
Risiko
kompetenz
Genusskompetenz
Fachkompetenz
[email protected]
Kompetenzen werden normalerweise in einem längeren Prozess
erlernt: Risikokompetenz braucht Zeit
[email protected]
Schlussfolgerungen: Chancen der Cannabisprävention 1
1. Es gibt keine Alternative zu Risikokompetenz und
Verbraucherschutz als Präventionsziel
2. Das Risikokompetenz-Ziel hilft dabei, irreale Erwartungen an
Prävention aufzulösen
3. … lenkt den Blick auf Spezifität von Prävention (kein one size fits all)
 Mehr selektive und indikative Prävention, weniger universelle
 … mit Vulnerablen anders umgehen als mit Resilienten
[email protected]
Chancen 2: Alkohol und andere Drogen. Über die
(Un)Fähigkeiten des Einzelnen und der Gesellschaft Rausch als
Kultur(gut) zu begreifen
4. Risikokompetenz betont die Bedeutung von Partizipation: Verhaltensprävention
mit Jugendlichen, nicht für sie
5. Risikokompetenz braucht Verhältnisprävention, klare Regeln und Grenzen, sonst
kann schlecht auf der individuellen Ebene gelernt werden.
 Drogenpolitik: Bedingungen schaffen, die auch etwas von Menschen fordern
(Planung, Integration usw.)
 Weg vom Laissez-faire, das vor allem für Mittelschicht-Kinder (und –
Erwachsene) funktioniert
[email protected]
Chancen 3: Stärkung der Verhältnisprävention (environmental
prevention)
5. 1. Verhältnisprävention beeinflusst das, was wir als normal und
akzeptabel wahrnehmen. Hat nichts mit Abstinenz zu tun
- Formelle und deskriptive soziale Normen wirken stark auf Verhalten:
(Neighbors et al. 2006, Kuntsche et al. 2006, Olds et al. 2005). Broken
Windows Theory
- Kaum persuasive Elemente notwendig, unbewusst
- Limitiert Freiheiten … vor allem der Industrien
- Junge Leute sind emotional anfälliger für industrielle Epidemien –
SuperPeer Theory  keine Legalisierung a la USA (mit starken
Marktmechanismen)
[email protected]
Chancen 4: Legale Regulierung von psychoaktiven Substanzen
6. Risikokompetenz passt in ein Umfeld von Prohibition, aber lebt erst
in einem Umfeld von Weißmarktregulierung der wichtigsten
psychoaktiven Substanzen
[email protected]
Cannabis-Regulierung USA: Dekriminalisierung, Legalisierung
Stand: November 2016
[email protected]
Fazit
„Man muss sich mit der Gefahr selbst vertraut machen, um zu
lernen, sie nicht mehr zu fürchten .“
Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), Philosoph und Pädagoge
Das gilt vor allem auch für den
Lernprozess der Medien, die
gesellschaftliche Konzepte formen.
Beispiel: Jenke-Experiment
[email protected]
Ausblick 2066: Gen-Medizin
• Vulnerabilitäts-Profiling
• Es ist möglich vulnerable Genotypen für Sucht und Psychose zu unterscheiden
(und Menschen darüber aufzuklären)
• Genetische „Impfungen“ möglich (aber ethisch umkämpft)
• Medikamente für die zeitweilige Aussetzung der Wirkung einer oder
mehrerer psychoaktiver Substanzen sind entwickelt (Anti-Dote – auch bei
„dirty drugs“?)
• Gen-Editing (CAS/CRISPR9)
• Teile des vulnerablen Genoms können zielgerichtet entfernt und ersetzt
werden  aber auch: mehr Resilienz, mehr Konsum?
[email protected]
Ausblick 2066: Pharmakologie und Chemie
• Neue psychoaktive Substanzen mit idealerem Risikoprofil sind
entwickelt worden  verdrängen langsam ältere Substanzen
• Weniger Addiktivität und Toxizität
• Zielgenauer an wenigen Rezeptorsystemen im Gehirn wirksam  deshalb
auch: Anti-Dot möglich
• Der illegale Markt für NPS-Entwicklung ist erheblich geschrumpft und
hat sich zu einer akademischen Disziplin transformiert
[email protected]
Ausblick 2066: Politische Regulation
• 2066: Die Prohibition als Regulationsmodell gehört in großen Teilen
der Welt der Vergangenheit an
• Es gibt global noch einen „autoritären Block“ (China? Russland?), der
weiterhin an der Prohibition festhält
• Schwarzmärkte sind international erheblich geschrumpft
• Die Produktion von Ausgangsstoffen oder psychoaktiven Pflanzen
wird in einer zweiten Ökonomie semi-staatlich durchgeführt
• Marktmechanismen teilweise ausgeschaltet (Wettbewerb)
• Ein größerer Teil der Erdbevölkerung wird mit Opiaten und anderer
Schmerzmedikation versorgt
[email protected]
Kontaktinformationen Dr. Henrik Jungaberle
Neuigkeiten über Prävention, Drogenwissenschaft und Psychedelic Science?
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Internet
 Website Dr. Henrik Jungaberle: henrikjungaberle.com
 FINDER Institut für Präventionsforschung: www.finder-research.com
 REBOUND und FINDER Akademie für Prävention: www-finder-akademie.de
Email
[email protected]
Publikationen
researchergate.com/henrikjungaberle und henrikjungaberle.com/publikationen
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