Nach Bogenlänge parametrisierte Kurven

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Nach Bogenlänge parametrisierte Kurven
Eine orientierte Kurve ist eine Äquivalenzklasse von regulären parametrisierten Kurven bzgl. der orientierungserhaltenden Umparametrisierung als Äquivalenzrelation.
Natürliche Frage: Gegeben eine orientierte Kurve hci, kann man einen
kanonischen (≈ ’besten’) Repräsentanten c̃ auswählen? In anderen
Worten, gibt es eine Parametrisierung, die geometrisch ist?
Überraschende Antwort: Ja!!!
Satz 1. Es sei c : [a, b] → Rn regulär mit Länge L := L(c). Dann gibt es
genau einen orientierungserhaltenden Diffeomorphismus
φ : [0, L] → [a, b], sodass für c̃ := c ◦ φ : [0, L] → Rn gilt: |c̃ ′ (t)| = 1.
Satz 1. Es sei c[a, b] → Rn regulär mit Länge L := L(c). Dann gibt es genau einen orientierungserhaltenden Diffeomorphismus φ : [0, L] → [a, b], sodass für c̃ := c ◦ φ : [0, L] → Rn gilt: |c̃ ′ (t)| = 1.
′
Diskussion der Bedingung
= 1. Ist |c̃ ′ (t)| = 1, so gilt für alle
|c̃R (t)|
t2
ã ≤ t1 ≤ t2 ≤ b̃: L c̃|[t1 ,t2 ] = t1 1dt = t2 − t1 . Die Länge des
Kurvensegments zwischen t1 und t2 ist also gerade
die Differenz t2 − t1 .
Umgekehrt sei für alle t0 ≤ s erfüllt: L c̃|[t0 ,s] = s − t0 . Dann ist
Z
s
|c̃ ′ (t)|dt = s − t0 .
t0
Wir betrachen nun die linke und die rechte Seite dieser Formel als
Funktionen von s. Wir leiten sie nach s ab. Der Hauptsatz der
Integralrechnung liefert uns dann im Punkt s die Bedingung |c̃ ′ (s)| = 1.
Ergebnis:
|c̃ ′ (t)| = 1 ⇐⇒ für alle ã ≤ t1 ≤ t2 ≤ b̃ gilt L c̃|[t1 ,t2 ] = t2 − t1 .
Diese Überlegung gibt uns bereits einen Hinweis für die Wahl der
Umparametrisierung φ: Sie muss
die folgende Bedingung erfüllen:
φ−1 (t2 ) − φ−1 (t1 ) = L c|[t1 ,t2 ] .
Beweis von Satz 1
Satz 1. Es sei c : [a, b] → Rn regulär mit Länge L := L(c). Dann gibt es genau einen orientierungserhaltenden Diffeomorphismus φ : [0, L] → [a, b], so dass c̃ := c ◦ φ : [0, L] → Rn mit |c̃ ′ (t)| = 1.
Wir betrachten die Bogenlänge für c|[a,s] , d.h. die Funktion von s ∈ [a, b],
Rs
die gegeben ist durch ℓ(s) = a |c ′ (t)|dt.
Das ist eine glatte (stetig differenzierbare) Funktion.
Ihre Ableitung im Punkt s ist
L
Z s
d
′
′
|c (t)|dt = |c (s)| > 0,
(∗)
ds a
Die Funktion ist also monoton steigend
R a (positive Ableib
tung). Offensichtlich gilt ℓ(a) = a |c ′ (t)|dt = 0 und
a
Rb ′
ℓ(b) = a |c (t)|dt = L(c) = L.
Dann existiert nach dem Satz über die Umkehrfunktion (Analysis I) eine
glatte Funktion φ : [0, L] → [a, b] mit φ ◦ ℓ = Id[a,b] und ℓ ◦ φ = Id[0,L] .
Die Ableitung dieser Funktion ist (Satz über Umkehrfunktion):
φ(t)′ =
1
1
(∗)
. (∗∗)
= ′
ℓ′ (φ(t))
|c (s)|
Daraus folgt wie gewünscht
d
c(φ(t))|
|c̃ ′ (t)| = | dt
Kettenregel
=
(∗∗)
|c ′ (φ(t)) · φ′ (t)| = |c ′ (s)| |c ′1(s)| = 1
|{z}
s
Bemerkung. Der Beweis ist zwar konstruktiv, aber dennoch lässt sich in
vielen Beispielen die Bogenlängen-Parametrisierung
nicht explizit
R
angeben, weil das Integral |c ′ (t)|dt i.d.R. keine explizite Lösung hat.
Krümmung von ebenen Kurven
Der Krümmungsbegriff für ebene Kurven soll ein geometrischer Begriff
sein, der folgenden Postulaten genügt:
1. Eine Gerade soll Krümmung 0 haben. Ein Kreis vom Radius r soll die
Krümmung ±1/r haben, je nach Durchlaufsinn.
2. Eine allgemeine Kurve c soll als Krümmung κ(t) die Krümmung
desjenigen Kreises haben, der die Kurve im Punkt c(t) am besten (wird
erklärt) approximiert.
3. Die Krümmung ist invariant unter orientierungstreuen Umparametrisierungen, d.h. auf der Klasse hci erEgal wie wir die Kurve Parameterizieren,
der Wert der Krümmung in diesem Punkt
klärt. Damit meinen wir genauer: Ist
ist die gleiche Zahl
′
c̃ = c ◦φ mit φ > 0; so gilt κ◦φ = κ̃
(d.h., κ(φ(t)) = κ̃(t)).
4. Die Krümmung ist invariant unter (orientierungserhaltenden)
Bewegungen von R2 : Wenn c̃ = F ◦ c für eine Bewegung
F (X ) = OX + B mit det(O) ≥ 0, so ist κ̃ = κ.
Bemerkung. Die Postulate 3 und 4 bedeuten, dass die Krümmung ein
geometrisches Objekt (Grösse) ist.
Die orientierte Normale.
Wir führen zuerst die orientierte 90-Grad-Drehung ein, also die lineare
Abbildung
J : R2 → R2 , J
J
x
y
x
y
hat dieselbe Länge wie
x
y
x
y
=
, ist
0
1
−1
0
x
y
JC’
=
−y
x
.
C’
orthogonal, und die (ortho x
ist posigonale) Basis
, J yx
y
tiv. Für eine reguläre Kurve c ist
Jc ′ (t) orthogonal zum (Geschwindigkeitsvektor der) Kurve im Punkt c(t).
Wenn |c ′ (t)| = 1 (bspw. bei nach Bogenlänge parametrisierten Kurven),
′
′
so
ist die Basis (c (t), Jc(t)) orthonormal. Die von t abhängige Basis
1
1
′
′
|c ′ (t)| c (t), |c ′ (t)| Jc (t) ist bei allen regulären Kurven orthonormal.
Def. Die orientierte Normale einer regulären ebenen Kurve c im Punkt t
Jc ′ (t)
ist definiert durch ν(t) = |c
′ (t)| .
zu
Def. Die orientierte Normale einer regulären ebenen Kurve c im Punkt t ist definiert durch ν(t) =
Jc ′ (t)
.
|c ′ (t)
Die Normale ist invariant unter orientierungstreuer Umparametrisierung,
d.h. auf der Klasse hci erklärt (und ist deswegen ein geometrisches
Objekt). Damit meinen wir genauer: Ist c̃ = c ◦ φ mit φ′ > 0, so gilt
ν ◦ φ = ν̃ (d.h., ν(φ(t)) = ν̃(t)).
Dies folgt aus der Kettenregel, denn nach der Kettenregel ist
d
c(φ(t)) = c ′ (φ(t)) · φ′ (t). Es ist also c̃ ′ (t) proportional zu
c̃ ′ (t) = dt
′
c (t) mit positivem Koeffizienten. Deswegen sind auch die Vektoren
ν(φ(t)) und ν̃(t) gleich, die durch die unten stehenden Bedienungen
definiert sind.
Bedingungen. ν(φ(t)) ⊥ c ′ (φ(t)), |ν(φ(t))| = 1, die Basis
(c ′ (φ(t)), ν(φ(t))) ist positiv.
Entsprechend: ν̃(t) ⊥ c̃ ′ (t), |ν̃(t)| = 1, die Basis (c̃ ′ (t), ν̃(t)) ist positiv.
Definition der Krümmung
Lemma 1. Bei einer nach Bogenlänge parametrisierten C 2 -glatten (d.h.
mind. 2-mal stetig differenzierbaren – später verwende ich die
Bezeichnung c ∈ C 2 (I ; R2 ) aus Analysis I) ebenen Kurve gilt:
c ′ (t) ⊥ c ′′ (t) (und deswegen ist c ′′ (t) proportional zu ν(t)).
Beweis. hc ′ (t), c ′ (t)i = |c ′ (t)|2 = 1.Wir leiten diese Gleichung nach t
ab, rechts becommen wir 0 und links steht
hc ′ (t), c ′ (t)i′ = 2hc ′′ (t), c ′ (t)i
wie oben erklärt
=
0.
Also ist c ′ ⊥ c ′′ .
Def. (i) Eine nach Bogenlänge parametrisierte ebene Kurve
c ∈ C 2 (I , R2 ) hat die Krümmung κ ∈ C 0 (I , R) (ist also mind. eine
stetige Funktion von t). Die Krümmung ist bestimmt durch die
Gleichung κ(t) · ν(t) = c ′′ (t) (Wohldefiniertheit folgt aus Lemma 1).
(ii) Für einen beliebigen Repräsentanten c der Klasse hci wird die
Krümmung durch Umparametrisierung auf Bogenlänge bestimmt: Ist
c̃ = c ◦ φ mit φ′ > 0 und |c̃ ′ | = 1 (Existenz und Eindeutigkeit: Satz 1),
dann κ = κ̃(φ) (d.h., κ(t) = κ̃(φ(t))).
Multipliziert man die Gleichung (∗) skalar mit ν, so erhält man die
Formel κ(t) = hν(t), c ′′ (t)i.
Physikalische Interpretation der Krümmung (bei nach
Bogenlänge parametrisierten Kurven)
Eine nach Bogenänge parametrisierte ebene Kurve c ∈ C 2 (I , R2 ) hat die Krümmung κ(t), welche durch
κ(t) · ν(t) = c ′′ (t) (∗) bestimmt ist.
Bei Parametrisierung nach Bogenlänge
C’(t0)
C’(t0+t)
ist gemäß (∗) die Kippgeschwindigkeit
C’(t0+t)
C’(t0)
(“speed”/Schnelligkeit – nicht “velocity vector”/Geschwindigkeitsvektor) des
Tangentenvektors.
Aus physikalischer Sicht ist der Krümmungsvektor κ(t)ν(t) = c ′′ (t) die
Beschleunigung eines sich mit Einheitsgeschwindigkeit bewegenden
Massenpunktes. Nach dem Newtonschen Gesetz
Kraft= Masse × Beschleunigung
entsteht sie durch eine zu c ′′ proportionale Kraft, welche senkrecht zu c ′
wirken muss, damit die Geschwindigkeit |c ′ | konstant bleibt. Wenn der
Massenpunkt die Masse 1 hat, ist dann die Stärke der Kraft gleich dem
Betrag der Krümmung.
Die Krümmung hat positives Vorzeichen, wenn sich die Kurve in
Richtung der Normalen krümmt, d.h. in ‘Linkskurven’. Wenn wir die
Orientierung wechseln, also statt c die Kurve c̃(t) := c(L − t)
betrachten, so wechselt die Krümmung ihr Vorzeichen.
Einfachste Beispiele: Krümmung einer Geraden
Eine nach Bogenlänge parametrisierte ebene Kurve c ∈ C 2 (I , R2 ) hat die Krümmung κ(t), bestimmt
durch κ(t) · ν(t) = c ′′ (t) (∗).
Für einen beliebigen Repräsentanten c der Klasse hci wird die Krümmung durch Umparametrisierung
auf Bogenlänge bestimmt: Ist c̃ = c ◦ φ mit φ′ > 0 und |c̃ ′ | = 1 , so gilt κ = κ̃(φ)
Diese Definition enthält bereits ein naives Verfahren wie man die
Krümmung berechnet: zuerst die Kurve nach Bogenlänge
umparametrisieren, und dann die Formel (∗) benutzen.
Bsp. Als Kurve c nehmen wir eine beliebige Gerade c(t) = P + t · V .
Wenn |V | =
6 1 ist, parametrisieren wir Sie nach Bogenlänge um: die
Funktion φ ist in diesem Fall φ(t) = |V1 | t und die Kurve
c̃(t) = c ◦ φ(t) = c
1
|V | t
=P +t ·
1
|V | V ,
der Geschwindigkeitsvektor von c̃(t) ist c̃(t)′ = |V1 | V und hat die Länge
1.
Die 2te Ableitung von c̃(t) ist dann c̃ ′′ (t) = 0 und κ̃ = 0 und deswegen
auch κ = 0.
Einfachste Beispiele: Krümmung der Kreislinie
Bsp. Als
Kurve
c nehmen wir eine Kreislinie vom Radius r :
.
c(t) = rr cos(t)
sin(t)
Wie die Gerade ist sie auch nicht
p nach der Bogenlänge parametrisiert:
′
sin(t)
r 2 sin2 +r 2 cos2 = r .
und
|c
|
=
c ′ (t) = −r
r cos(t)
Wieder ist die Länge des Geschwindigkeitsvektor konstant (gleich r ), aber
nicht immer 1, und wieder kann man sie relativ einfach normalisieren:
Wir nehmen eine Umparametrisirung φ vor, sodass φ′ (t) ≡ 1r ist, also
z.B. φ(t) = 1r t (oder 1r t + const).
Dann ist nach der Kettenregel c̃ ′ (t) = c ′ (φ(t)) · φ′ (t) und


|c̃ ′ | = r ·
Jc̃ ′ =
0
1
1
r
= 1. Wir finden: c̃(t) =


1t
−1 − sin r 
1
0
t
cos
r
=

r cos( 1r t)
r sin( 1r t)

− cos 1r t


− sin 1r t
!
1 cos
, c̃ ′′ (t) = − r1
sin
r
. Wir sehen, dass κ =
multiplizieren wir die Normale ν̃ mit 1r , erhalten wir c̃ ′′ ).
1t
r 
1t
r
1
r
und
(denn
Wir können Postulat 1 überprüfen.
Postulat 1. Eine Gerade soll Krümmung 0 haben. Ein Kreis vom Radius r soll die Krümmung ±1/r
haben, je nach Durchlaufsinn.
Das haben wir gerade rechnerisch nachgeprüft!!!
Krümmung bei beliebig parametrisierten Kurven
Eine nach Bogenlänge parametrisierte ebene Kurve c ∈ C 2 (I , R2 ) hat die Krümmung κ(t), bestimmt
durch κ(t) · ν(t) = c ′′ (t) (∗).
Für einen beliebigen Repräsentanten c der Klasse hci wird die Krümmung durch Umparametrisierung
auf Bogenlänge bestimmt: Ist c̃ = c ◦ φ mit φ′ > 0 und |c ′ | = 1 (Exitenz und Eindeutigkeit: Satz 1),
so gilt κ = κ̃(φ)
Die Definition oben enthält ein naives Verfahren, wie man die Krümmung
einer Kurve ausrechnen kann: man muss Sie nach der Bogenlänge
umparametrisieren und dann Jc̃ ′ und c̃ ′′ vergleichen.Wir haben dieses
Verfahren bei Geraden und Kreislinien erfolgreich angewendet. Viele
Kurven lassen sich aber nicht explizit nach Bogenlänge parametrisieren.
Daher benötigt man eine Formel für die Krümmung regulärer Kurven.
Satz 2. Sei c ∈ C 2 (I ; R2 ) eine ebene orientierte Kurve. Dann gilt
′
c1 (t) c1′′ (t)
′ ′′
1
1
κ(t) = |c ′ (t)|
hJc
,
c
i
=
det
.
3
|c ′ (t)|3
c2′ (t) c2′′ (t)
x1 y1
Überprüfe noch, dass hJX , Y i = det
:
x2 y2
x y1
hJX , Y i = −x2 y1 + x1 y2 = det 1
x2 y2
Beweis von Satz 2
Beweis. Es sei c̃ := c ◦ φ eine Parametrisierung nach Bogenlänge.
Rechnen wir c̃ ′ (t) und c̃ ′′ (t) mit Hilfe von Ketten- und Produktregel aus.
Es gilt: c̃ ′ (t) =
d
dt c(φ(t))
= c ′ (φ(t)) · φ′ (t)
(∗)
c̃ ′′ (t) = (c ′ (φ(t)) · φ′ (t))′ = c ′′ (φ(t)) · φ′ (t)2 + c ′ (φ(t)) · φ′′ (t)
Wegen hJc̃ ′ , c̃ ′ i = 0 folgt
κ̃(t)
letzte Gleichung auf S. 8
=
hJc̃ ′ (t), c̃ ′′ (t)i
= hφ′ (t)·Jc ′ (φ(t)), c ′′ (φ(t))·φ′ (t)2 +c ′ (φ(t))·φ′′ (t)i = φ′ (t)3 hJc ′ ◦φ(t), c ′′ ◦φ(t)i
Aber der Betrag von (∗) liefert 1 = φ′ (t) · |c ′ ◦ φ(t)|, so dass
1
und wir insgesamt die Formel
φ′ (t) = |c ′ ◦φ(t)|
1
κ̃(φ(t)) = |c ′ ◦φ(t)|3 hJc ′ ◦ φ(t), c ′′ ◦ φ(t)i erhalten.
Für einen beliebigen Repräsentanten c der Klasse hci wird die Krümmung durch Umparametrisierung
auf Bogenlänge bestimmt: Ist c̃ = c ◦ φ mit φ′ > 0 und |c̃ ′ | = 1 , so gilt κ = κ̃(φ)
Also ist κ(t) = κ̃(φ(t)) =
gewünscht.
1
′
|c ′ ◦φ(t)|3 hJc
◦ φ(t), c ′′ ◦ φ(t)i, wie
Krümmung von Graphen von Funktionen
Sei f : I → R eine Funktion
und
betrachten wir die Kurve (“Graph
t
der Funktion”) c(t) =
. Mit Hilfe von Satz 2 können wir
f (t)
die Krümmung der Kurve berechnen:
(∗)
Ist speziell die Tangente horizontal, so ist die Krümmung die
zweite Ableitung:
(∗∗)
Ist eine positiv orientierte Orthonormalbasis (T , N) und ein Punkt
P ∈ R2 gegeben, so kann man Graphen c̃(t) = P + t · T + f (t) · N
betrachten (das ist der übliche Graph der Funktion F , wenn wir das
Koordinatensystem betrachten, dessen Ursprung im Punkt P liegt, und
dessen Basisvektoren
die Vektoren
T und Nsind).
Im Spezialfall P = 00 , T = 10 und N = 01 bekommen wir
t
.
P + t · T + f (t) · N = f (t)
Eigentlich ist die Kurve
c̃(t)
= P + t · T + f (t) · N gleich der Kurve
t
und wo F (X ) = OX + P die affine Abbildung
F ◦ c, wobei c(t) = f (t)
0
7→ P und sodass die Matrix O die Standardbasis in die
ist, sodass
0
O
O
Basis (T , N) überführt, also 10 7→ T und 01 7→ N).
Dieses F ist automatisch eine Bewegung von R2 , weil (T , N)
orthonormal ist. Folglich ist die zugehörige Krümmung gegeben durch (∗)
bzw., falls f ′ (t) = 0, durch (∗∗) (s. vorherige Seite).
Satz 3 (Lokale Normalform). Es sei c ∈ C 2 (I , R2 ) eine reguläre Kurve
′
(t0 )
und
mit t0 ∈ I . Man betrachte P := c(t0 ); T := |cc ′ (t
0 )|
N := JT := ν(t0 ).
Dann gibt es ein ε > 0 und eine orientierungserhaltende
Parametertransformation (d.h. Diffeomorphismus aufs Bild)
φ : (−ε, ε) → I mit φ(0) = t0 , sodass c̃ := c ◦ φ in sogenannter lokaler
Normalform vorliegt:
c̃(t) = P + tT + 21 κ(t0 )t 2 · N + O(t 2 ) · N (∗ ∗ ∗)
für −ε < t < ε.
Hier bezeichnet O wieder eine Funktion, sodass lims→0
t
1 κ(t )t 2 + O(t 2 )
0
2
O(s)
s
= 0. Oder,
)
lims→0 O(s
s2
was im Wesentlichen dasselbe
ist, sodass
Bemerkung. Falls P = 00 , T = 10 und N =
c̃(t) =
2
′
0
1
= 0.
, dann lautet (∗ ∗ ∗)
0)
Bemerkung. Die Vektoren T := |cc ′ (t
(t0 )| und N := JT := ν(t0 ) aus dem
Satz bilden eine orthonormale Basis.
Beweis.
N
Wir setzen s(τ ) := hc(τ ) − P, T i.
(Geometrisch bedeutet das: s(τ ) ist
die (orientierte) Länge der Projektion
des Vektors c(τ ) − P auf die GeradeP
mit Richtungsvektor T )
T
Wenn c̃ = c ◦ φ die Gleichung (∗ ∗ ∗) erfüllt, ist
s(φ(t)) = hc(φ(t)) − P, T i = hc̃(t) − P, T i = t.
Also suchen wir eine lokale Umparameterisierung φ(t), sodass
s(φ(t)) = t. Die Bedingung s(φ(t)) = t ist offensichtlich erfüllt, wenn φ
eine Umkehrfunktion von s ist; wir werden zeigen, dass eine
Umkehrfunktion von s lokal existiert. Dazu benutzen wir den Satz über
die Umkehrfunktion aus Analysis I:
Wenn eine glatte Funktion f (x) die Ableitung f ′ (x0 ) 6= 0 hat, existiert in der Umgebung (f (x0 ) − ε, f (x0 ) + ε) von
f (x0 ) eine Umkehrfunktion φ sodass f ◦ φ = Id und φ ◦ f = Id. Ferner gilt: φ ist ein lokaler Diffeomorphismus.
In unserem Fall spielt s die Rolle von f . Wenn wir also zeigen, dass
s ′ (t0 ) 6= 0, so zeigen wir wegen des Satzes über die Umkehrfunktion die
Existenz der gewünschten Umparametrisierung φ.
Wir haben: s ′ (t0 ) := hc(t) − P, T i′ = hc ′ (t0 ), T i = hT , T i = 1 6= 0.
Also existiert eine lokale Umparametrisierung φ, sodass s(φ(t)) = t. Wir
betrachten die Abbildung c̃ = c ◦ φ : (s(t0 ) − ε, s(t0 ) + ε) → R2 . Nach
Konstruktion erfüllt sie hc̃(t) − P, T i = t.
Wir definieren nun die C 2 -Funktion f (t) = hc̃(t) − P, Ni. Nach
Konstruktion ist
c̃(t) − P = t · T + f (t) · N, (∗ ∗ ∗∗)
(weil für jeden Punkt X gilt: X = P + hX − P, T i · T + hX − P, Ni · N,
weil die Basis (T , N) orthonormal ist).
Wir müssen also nur zeigen, dass f (t) = 12 κ(t0 )t 2 + O(t)2 . Dazu
benutzen wir die Taylor-Entwicklung von f (t).
f ′ (0) = hc̃(t) − P, Ni′|t=0 = hφ′ (0) · c ′ (t0 ), Ni = φ′ (0)hT , Ni = 0.
Die 2-te Ableitung von f ′′ (0) haben wir praktisch auf Seite
16 ausgerechnet: wir haben gezeigt, dass die Krümmung
κ̃(0) = f ′′ (0). Die Krümmung ist aber ein geometrisches
Objekt, also κ(t0 ) = κ̃(0). Dann ist f ′′ (0) = κ(t0 ).
Dann lautet die Taylor-Entwicklung für f wie folgt:
f (t) = f (0) + f ′ (0)t + 12 f ′′ (0)t 2 + O(t 2 ) = 21 f ′′ (0)t 2 + O(t 2 ), und die
Formel (∗ ∗ ∗∗) ist die gewünschte Formel
c̃(t) = P + tT + 12 κ(t0 )t 2 · N + O(t 2 ) · N (∗ ∗ ∗)
Lokale Konvexität von Kurven mit κ 6= 0
Korollar 1. Sei c ∈ C 2 (I , R2 ) eine reguläre Kurve mit κ(t0 ) 6= 0.
Betrachte die Hyperebenen H+ und H− gegeben durch
H+ := {X ∈ R2 | hX − c(t0 ), ν(t0 )i > 0}
H− := {X ∈ R2 | hX − c(t0 ), ν(t0 )i < 0}.
Dann existiert ε ≥ 0, sodass für alle t ∈ (t0 − ε, t0 + ε), t 6= t0 gilt:
Ist κ(t0 ) > 0, so ist c(t) ∈ H+ . Ist κ(t0 ) < 0, so ist c(t) ∈ H− .
H+
Beweis. ObdA ist c bereits in Normalform, also t0 = 0 und c(t) =
c(0) + t · T + 21 κ(0)t 2 + O(t 2 ) ·
N (wobei T = c ′ (0) und N =
ν(0)). Dann ist hc(t)
− c(0), Ni =
1
2
2
2 κ(0)t + O(t ) . Falls κ(0) > 0,
so ist diese Funktion lokal positiv für
t 6= 0. Falls κ(0) < 0, so ist sie lokal
negativ für t 6= 0.
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