Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 1: Holzhandel H verlangt von G wegen der Risse im Holz Neulieferung. Ein Anspruch könnte sich aus dem Recht des Käufers auf Nacherfüllung gemäß §§ 437 Nr. 1, 434, 439 BGB ergeben. 1. Ein wirksamer Kaufvertrag über das Holz zwischen G und H liegt vor. 2. Weiterhin setzt der Nacherfüllungsanspruch einen Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 voraus. Ein Sachmangel in diesem Sinne liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Sache nicht der geschuldeten Beschaffenheit entspricht (= negative Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit). Da das Holz Risse aufweist und sich deshalb nicht zum Verkauf in der Holzhandlung des H eignet, liegt ein solcher Mangel vor. 3. Dieser Sachmangel war auch bereits bei Gefahrübergang (= Übergabe; vgl. § 446 BGB) vorhanden. 4. Fraglich ist jedoch, ob der Nacherfüllungsanspruch hier nach den Sonderregeln des Handelsrechts ausgeschlossen ist. Gemäß § 377 HGB besteht bei einem beiderseitigen Handelskauf eine Pflicht zur unverzüglichen Untersuchung und Rüge mangelhafter Ware. Unterlässt der Käufer die Rüge, gilt die Ware als genehmigt, soweit es sich nicht um einen versteckten Mangel handelt (§ 377 Abs. 2 HGB). a) Fraglich ist zunächst, ob es sich um ein beiderseitiges Handelsgeschäft handelt. Handelsgeschäfte sind gemäß § 343 HGB alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören. Zu prüfen ist daher, ob H und G Kaufleute i.S.v. §§ 1 ff. HGB sind. Kaufmann ist gemäß § 1 Abs. 1 HGB, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Dies ist gemäß § 1 Abs. 2 HGB jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. Sowohl der Großhandel des G als auch der Holzhandel des H sind Gewerbebetriebe. Davon, dass ein Großhandel vollkaufmännisch i. S. v. § 1 Abs. 2 HGB ist, kann ausgegangen werden. Aber auch der Betrieb des H mit 20 Mitarbeitern, von denen allein 2 in der Buchhaltung arbeiten, und dessen Umsatz sich auf 3 Mio. Euro pro Jahr beläuft, erfordert im Sinne von § 1 Abs. 2 HGB „einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb“. Bei einer derartigen Betriebsgröße kann nicht mehr von einem Kleingewerbebetrieb gesprochen werden. Da somit G und H Kaufleute i. S. v. § 1 HGB sind, das konkrete Geschäft über das Holz zudem zum Betrieb ihres Handelsgewerbes gehört (§ 343 HGB), insbesondere kein Privatgeschäft ist, kommt § 377 HGB auf den Kauf zur Anwendung. b) Zu prüfen ist daher, ob die Rügefrist versäumt wurde. Die Risse im Holz waren im Rahmen einer gewöhnlichen Untersuchung erkennbar, so dass kein versteckter Mangel vorliegt. Fraglich ist daher, ob die Prüfung und Rüge nach 2 Wochen noch „unverzüglich“ im Sinne von § 377 Abs. 1 HGB erfolgt ist. Das Gesetz stellt darauf ab, inwieweit die Untersuchung „nach ordnungsgemäßem Geschäftsgange tunlich ist“. Es ist also auf den ordnungsgemäßen Geschäftsgang einer Holzhandlung abzustellen. Dabei muss davon ausgegangen werden, dass im Lager angeliefertes Holz jedenfalls auf erkennbare Mängel unmittelbar nach der Lieferung überprüft wird, ehe es im Lager verstaut wird. Risse im Holz wären bei einer Untersuchung gefunden worden, so dass eine baldige Anzeige möglich gewesen wäre. Daher müsste spätestens nach 2 bis 3 Tagen mit einer Rüge gerechnet werden. 2 Wochen sind eindeutig zu lang. Da die Rüge nicht unverzüglich erfolgte, gilt die Ware als genehmigt (§ 377 Abs. 2 HGB). Ein Nacherfüllungsanspruch gemäß §§ 437 Nr. 1, 434, 439 BGB besteht daher nicht. © 2011 RA Dr. Jochen Lux Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 2: Altstadtkneipe I Der Brauereibesitzer B verlangt vom Sportlehrer L Zahlung von 10.000 Euro. Anspruchsgrundlage hierfür könnte eine Bürgschaft des L für die Verbindlichkeiten des G sein (§ 765 i.V.m. § 433 Abs. 2 BGB). 1. Eine Hauptschuld des G gegenüber B besteht aus den Getränkelieferungen des B an G. Es handelt sich hier um einen Kaufvertrag, aus dem G als Käufer zur Kaufpreiszahlung verpflichtet ist (§ 433 Abs. 2 BGB). 2. Zu prüfen ist, ob sich L wirksam für diese Verbindlichkeit seines Freundes G verbürgt hat. a) L hat in der Kneipe erklärt, er werde für G einstehen. Dies kann als Bürgschaftserklärung verstanden werden. Gemäß § 766 Satz 1 BGB ist zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags jedoch die schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Fehlt es an der gesetzlich vorgeschriebenen Form, ist der Vertrag gemäß § 125 BGB nichtig. Da L nur mündlich erklärt hat, für G einstehen zu wollen, ist die Schriftform nicht eingehalten. b) Fraglich ist jedoch, ob hier möglicherweise eine Ausnahme vom Schriftformerfordernis nach den handelsrechtlichen Sondervorschriften eingreift. Gemäß § 350 HGB findet § 766 Satz 1 BGB keine Anwendung, wenn die Bürgschaft auf der Seite des Bürgen (hier L) ein Handelsgeschäft ist. Ein Handelsgeschäft i. S. v. § 343 HGB würde voraussetzen, dass L Kaufmann im Sinne von § 1 HGB ist. Bei der von L betriebenen Kneipe handelt es sich um einen Gewerbetrieb. Zweifelhaft ist aber, ob dieser Betrieb auch vollkaufmännisch i. S. v. § 1 Abs. 2 HGB ist, also nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Kaufmännische Einrichtungen besitzt L nicht, insbesondere hat er keine kaufmännische Buchhaltung, erledigt die Abrechnung vielmehr am Wochenende zu Hause. Auch die Umsatz- und Mitarbeiterzahlen sind recht bescheiden. Es handelt sich daher um einen typischen Kleingewerbetreibenden, der nicht unter § 1 Abs. 2 HGB fällt. Da L somit auch kein Kaufmann kraft Gesetzes ist, findet § 350 HGB auf ihn keine Anwendung. Da er somit bei Erteilung seiner Bürgschaft wie eine ganz gewöhnliche Privatperson zu behandeln ist, bleibt es bei der Anwendung des § 766 Satz 1 BGB. Da die Schriftform der Bürgschaft fehlt, ist der Vertrag nichtig (§ 125 BGB). B kann daraus keine Rechte herleiten. Der Anspruch besteht nicht. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 2 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 3: Altstadtkneipe II 1. Anders als im Fall 2: Altstadtkneipe I könnte L hier möglicherweise als Kaufmann anzusehen sein, so dass die Formvorschrift des § 766 Satz 1 BGB gemäß § 350 HGB für die Bürgschaft nicht gilt. a) L hatte seine Kneipe im Handelsregister eintragen lassen. Er ist dann zwar ebenfalls nicht schon gemäß § 1 HGB Kaufmann, wohl aber gemäß § 2 HGB. Denn nach dieser Vorschrift gilt auch der Kleingewerbebetrieb als Handelsgewerbe, wenn die Firma im Handelsregister eingetragen ist (Kann-Kaufmann). b) Ist L aber Kaufmann, muss für die Anwendbarkeit des § 350 HGB weiter geprüft werden, ob es sich bei der Erteilung der Bürgschaft auf seiner Seite um ein Handelsgeschäft i. S. v. § 343 HGB handelt. Erforderlich wäre, dass die Bürgschaftserteilung „zum Betrieb seines Handelsgewerbes“ gehört, es sich also nicht um ein Privatgeschäft handelt. Hier könnte man zunächst daran denken, die Bürgschaftserteilung deshalb als Privatgeschäft anzusehen, weil G ein Freund des L ist. Entscheidend ist jedoch das Vertragsverhältnis zwischen L und B, weil diese Partner des Bürgschaftsvertrages sind. Daher kommt es darauf an, ob die Bürgschaftserteilung aus Sicht des B als Handelsgeschäft des L erscheint. Dies ist hier der Fall, da L die Bürgschaft in seiner Kneipe abgegeben hat und er daher hätte klarstellen müssen, diese nur als Privatmann, nicht aber als Inhaber des Handelsgeschäfts übernehmen zu wollen. Im Zweifel gelten nämlich alle von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig (§ 344 Abs. 1 HGB). Da das Bürgschaftsversprechen somit auf Seiten des L ein Handelsgeschäft ist, kommt gemäß § 350 HGB die Formvorschrift des § 766 Satz 1 BGB nicht zur Anwendung, so dass L die Bürgschaft formfrei, d. h. auch mündlich wirksam erteilen konnte. Ein wirksamer Bürgschaftsvertrag liegt daher – anders als in Fall 2: Altstadtkneipe I – vor. 2. Zu prüfen ist aber noch, ob der Bürgschaft irgendwelche Einwendungen entgegenstehen. Zu denken ist insbesondere an die Einrede der Vorausklage gemäß § 771 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Bürge (L) die Befriedigung des Gläubigers (B) verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner (G) ohne Erfolg versucht hat. Insoweit besteht jedoch wiederum für Handelgeschäfte eine Sonderregelung in § 349 HGB, wonach die Einrede der Vorausklage ausgeschlossen ist. L kann also, da die Bürgschaftserteilung für ihn ein Handelgeschäft ist (oben 1.), den B nicht vorrangig an den Hauptschuldner verweisen, haftet vielmehr selbstschuldnerisch neben diesem. Der Anspruch des B gegen G in Höhe von 10.000 Euro ist daher begründet. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 3 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 4: Rechtsanwalts-GmbH Fraglich ist, ob H von der R-GmbH Zinsen für die Monate Juli bis Oktober verlangen kann. 1. Als Anspruchsgrundlage kommt zunächst § 288 BGB in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist eine Geldschuld während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt im Regelfall für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 BGB), bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, für Entgeltforderungen sogar acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 2 BGB). a) Verzug kann gemäß § 286 Abs. 1 BGB zunächst durch Mahnung eintreten. Für eine Mahnung ist hier jedoch nichts ersichtlich. b) Nach § 286 Abs. 2 könnte die Mahnung entbehrlich sein. Nr. 1 greift indes nicht, da die Leistungszeit nicht nach dem Kalender bestimmt ist. Hierfür müsste für die Zahlung ein bestimmter Kalendertag festgelegt sein. Entgegen der früheren Rechtslage reicht es nach Nr. 2 jedoch auch aus, wenn sich die Leistungszeit nach dem Kalender berechnen lässt. Danach ist eine Mahnung nicht erforderlich, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt. Als relevantes Ereignis kommt vorliegend zwar die Lieferung in Betracht. Zusätzlich erforderlich ist indes der Ablauf einer angemessenen Frist. Eine reine Fälligkeitsbestimmung, wie hier Zahlung sofort nach Lieferung, genügt daher nicht. Der Schuldner soll nicht gleich mit dem die Fälligkeit erst herbeiführenden Ereignis den Verzugsfolgen ausgesetzt werden dürfen, sondern erst nach Ablauf einer Zeit, die er billigerweise braucht, um die Leistung bereitzustellen. c) Gemäß § 286 Abs. 3 BGB kommt der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Da die Rechnung hier mit der Lieferung am 1. Mai zugegangen ist, kam die R-GmbH gemäß § 286 Abs. 3 BGB mit Ablauf des 31. Mai (vgl. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB) in Verzug. Ob auf diese Folge in der Rechnung besonders hingewiesen worden ist (vgl. § 286 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 BGB), kann hier offen bleiben, da die R-GmbH kein Verbraucher i. S. v. § 13 BGB ist. d) Da die R-GmbH somit ab Anfang August in Verzug war, hat sie für die Monate August bis Oktober Verzugszinsen gemäß § 288 BGB zu zahlen. Die Zinshöhe bestimmt sich dabei nach § 288 Abs. 2 BGB, weil an dem Rechtsgeschäft keine Verbraucher beteiligt sind. Da der Basiszinssatz, der an die Stelle des Diskontsatzes der Deutschen Bundesbank getreten ist und von der EZB regelmäßig angepasst wird, zurzeit 3,19 % beträgt, beläuft sich der Verzugszinssatz gemäß § 288 Abs. 2 BGB derzeit auf 11,19 %. 2. Als Anspruchsgrundlage kommt darüber hinaus § 353 HGB in Betracht. Danach sind Kaufleute untereinander berechtigt, für ihre Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften bereits vom Tage der Fälligkeit – nicht erst des Verzuges – Zinsen zu fordern (sog. Fälligkeitszinsen). Da die Zahlung bereits am 1. Juli fällig war, könnte sich aus dieser Vorschrift ein Zinsanspruch auch für den Monat Mai ergeben. a) Voraussetzung ist ein beiderseitiges Handelsgeschäft im Sinne von § 343 HGB. Zu prüfen ist daher, ob beide Vertragsparteien Kaufleute i. S. v. §§ 1 ff. HGB sind. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Büromaschinen-Handel H Kaufmann nach § 1 HGB ist, also ein vollkäufmännisches Handelsgewerbe i. S. v. § 1 Abs. 2 HGB betreibt. Die Rechtsanwalts-GmbH ist hingegen nicht schon nach § 1 HGB Kaufmann, weil vom Gewerbebegriff die Freiberufler, insbesondere die Rechtsanwälte, traditionell nicht erfasst werden. Da die Anwälte hier aber ihre Kanzlei in der Form einer GmbH betreiben, liegt die Kaufmannseigenschaft deshalb vor, weil die GmbH gemäß § 13 Abs. 3 GmbHG Formkaufmann ist. Auf die Art der von der GmbH betriebenen Geschäfte kommt es dann nicht an. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 4 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Da der Erwerb der Kopiergeräte zudem auf beiden Seiten zum Betrieb des „Handelsgeschäfts“ gehört, liegt ein beiderseitiges Handelsgeschäft im Sinne von § 343 HGB vor. H kann daher ab 1. Juli von der R-GmbH Fälligkeitszinsen verlangen. b) Die Höhe der Zinsen bestimmt sich hier nicht nach § 246 BGB (4 %), sondern – da auch insoweit eine handelsrechtliche Sondervorschrift eingreift – nach § 352 HGB. Der Zinssatz für den ersten Monat (Juli) beträgt daher 5 %. Für die Monate Juni bis August wären zwar auch diese Fälligkeitszinsen von 5 % zu zahlen. Da insoweit aber der höhere Verzugszins eingreift (oben 1.), ist die Anspruchsgrundlage des § 353 HGB hier nicht relevant. Keinesfalls dürfen beide Zinssätze addiert werden. Ergebnis: Die R-GmbH schuldet für den Juli 5 % Zinsen, für August bis Oktober 11,19 %. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 5 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 5: Sicherheit für die GmbH Damit der Gläubiger nach § 765 BGB gegen B vorgehen kann, müsste B wirksam verpflichtet worden sein. 1. Zwar haben sich der Gläubiger und B darauf geeinigt, dass B für die Schulden der GmbH aufkommen und für sie persönlich einstehen werde. Allerdings bedarf die Erteilung der Bürgschaftserklärung nach § 766 Satz 1 BGB der Schriftform. Diese ist nicht eingehalten. 2. Der Einhaltung der vorgeschriebenen Form bedarf es allerdings nicht, sollte die Bestimmung des § 350 HGB Anwendung finden, sollte B also Kaufmann sein. Die GmbH ist Formkaufmann nach § 13 Abs. 3 GmbHG. Die GmbH hätte also, vertreten durch B, eine Bürgschaft mündlich erteilen können. Vorliegend geht es aber nicht um eine Bürgschaft der GmbH, sondern um eine Bürgschaft des B für die GmbH. Auch wenn B Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der GmbH ist, ist er danach nicht selbst Kaufmann. Denn die Kaufmannseigenschaft kommt allein dem Rechtssubjekt zu, in dessen Namen das Unternehmen betrieben wird. Mangels Kaufmannseigenschaft des B ist die Bürgschaft damit nicht wirksam zustande gekommen. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 6 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 6: Nachlässigkeit Fraglich ist, ob W gegen O einen Anspruch auf Zahlung von 50.000 Euro hat. 1. Anspruchsgrundlage hierfür könnten § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB sein. Nach § 281 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger, soweit der Schuldner die Leistung nicht erbringt, unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Zu prüfen ist zunächst eine Pflichtverletzung durch den Schuldner i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB. O wäre nur dann Schuldner und hätte demgemäß für die Nichterfüllung (= Pflichtverletzung) des mit W geschlossenen Werkvertrags (§ 631 BGB) einzustehen, wenn dieser Vertrag zwischen W und O persönlich zustande gekommen ist. Dafür ist entscheidend, ob O als Privatmann oder in Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) für die GmbH gehandelt hat. Ein ausdrückliches Auftreten im Namen der GmbH liegt nicht vor. Nach den Grundsätzen über das unternehmensbezogene Rechtsgeschäft kommt allerdings auch ohne ausdrücklichen Hinweis der Vertrag im geschäftlichen Bereich im Zweifel mit dem Inhaber des Unternehmens zustande. Das ist hier die GmbH. Damit scheidet ein Werkvertrag unmittelbar zwischen W und O, aus dem sich der Schadensersatzanspruch ergeben könnte, aus. 2. O könnte jedoch aus dem Gesichtspunkt des Rechtsscheins (Haftung wegen fehlenden Rechtsformzusatzes) für einen gegen die GmbH gerichteten Schadensersatzanspruch der W einzustehen haben. Hätte O nämlich den Eindruck erweckt, dass der Vertrag mit ihm persönlich zustande gekommen ist, müsste er die W so stellen, wie wenn in Wirklichkeit er verpflichtet wäre. Begründen lässt sich diese Rechtsscheinhaftung mit einer Analogie zu § 179 BGB: Der im Geschäftsverkehr Auftretende schafft durch die dem Vertragspartner gegenüber abgegebene sachlich unzutreffende Erklärung einen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass diesem zumindest eine (natürliche) Person unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen hafte. a) O hat weder ausdrücklich noch durch einen schriftlichen Vermerk auf die haftungsbeschränkte Rechtsform hingewiesen. Auf seinem Briefbogen fand sich nur die Bezeichnung „Werner Obermüller Malerbetrieb“, wodurch er den Rechtsschein hervorgerufen hat, es handele sich um einzelkaufmännisches Unternehmen mit persönlicher Haftung des Inhabers. Diesen Rechtsschein hat er selbst zu verantworten und damit zurechenbar gesetzt. W ist auch schutzbedürftig, da nichts dafür ersichtlich ist, dass sie von der Existenz der GmbH wusste oder eine entsprechende Kenntnis hätte haben müssen. Daher haftet O aus dem von ihm veranlassten Rechtsschein analog § 179 BGB persönlich, als wäre in Wirklichkeit eine natürliche Person – in diesem Fall also er selbst – verpflichtet worden und nicht die GmbH. b) Eine Inanspruchnahme des O auf Ersatz des entstandenen Schadens setzt dabei freilich voraus, dass ein Schadensersatzanspruch überhaupt bestünde, wäre in Wahrheit eine natürliche Person verpflichtet worden. Zu prüfen bleibt daher, ob ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB gegen O bestünde, wenn in Wirklichkeit er verpflichtet worden wäre. Der – in Wirklichkeit der GmbH erteilte – Großauftrag ist nicht wie vereinbart ausgeführt worden, so dass eine Pflichtverletzung i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB vorliegt. Anhaltspunkte dafür, dass die Pflichtverletzung nicht zu vertreten wäre (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat sich O finanziell und personell übernommen, so dass ein Vertretenmüssen der Nichterfüllung i. S. v. § 276 BGB vorliegt. Allerdings setzt § 281 Abs. 1 BGB im Grundsatz für den Schadensersatz statt der Leistung (W will die ursprüngliche Leistung nicht mehr, sondern stattdessen Schadensersatz) voraus, dass dem Schuldner eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt wurde. Diese Nachfristsetzung ist hier aber ausnahmsweise gemäß § 281 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich, nachdem O – letztlich für die GmbH – erklärt hat, den Auftrag persönlich nicht ausführen zu können und zu wollen. W kann daher sofort von O persönlich Schadensersatz in Höhe von 50.000 Euro verlangen. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 7 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 7: ESO Tankstelle Was kann die ESSO AG gegen die Firmenführung durch O tun? 1. Die ESSO AG könnte beim Registergericht ein registerrechtliches Firmenmissbrauchsverfahren nach § 37 Abs. 1 HGB anregen. Ein Anspruch auf Einschreiten besteht insoweit allerdings nicht und es ist wohl auch unwahrscheinlich, dass das Registergericht gegen die von ihm selbst eingetragene Firma vorgeht. 2. Näher liegt deshalb ein Unterlassungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 HGB. Nach dieser Vorschrift kann derjenige, der durch den unbefugten Gebrauch einer Firma in seinen Rechten verletzt ist, von dem Verwender Unterlassung des Gebrauchs der Firma verlangen. Da es sich bei § 37 Abs. 2 HGB um einen Anspruch wegen unzulässigen Firmengebrauchs handelt, ist Voraussetzung des Anspruchs, dass der verwendete Namen firmenrechtlich unzulässig ist. Zu prüfen ist daher, ob ein Verstoß gegen die Firmengrundsätze vorliegt und die ESSO AG dadurch in eigenen Rechten verletzt ist. a) Eine Firma muss zunächst kennzeichnungsfähig sein (§ 18 Abs. 1 HGB). Dies ist bei der Firma „ESO Mineralölhandelsgesellschaft Potsdam e. K.“ der Fall, da es sich nicht um eine schlichte Gattungsbezeichnung handelt, sondern die Zusätze „ESO“ und „Potsdam“ die Firma für den Geschäftsverkehr „merkbar“ machen und ihr dadurch Kennzeichnungskraft verleihen. b) Weiterhin muss die Firma Unterscheidungskraft besitzen (§ 18 Abs. 1 HGB). Diese fehlt z. B. bei der alleinigen Verwendung eines verbreiteten Familiennamens. Eine solche Bezeichnung liegt hier nicht vor, vielmehr kann der Mineralölhandel des O durch die schon erwähnten Zusätze von anderen Unternehmen gleicher Art unterschieden werden. c) Ein Verstoß gegen die Firmenwahrheit (§ 18 Abs. 2 HGB) ist ebenfalls nicht ersichtlich, da die Bezeichnung in keiner Weise irreführend ist. Vielmehr entspricht die Bezeichnung „Mineralölhandel Potsdam“ voll den Tatsachen eines von Potsdam aus betriebenen Tankstellennetzes. d) Der erforderliche Rechtsformzusatz (§ 19 HGB) ist hier mit der Bezeichnung „e.K.“ vorhanden. e) Zu prüfen ist, ob auch der Grundsatz der Firmenausschließlichkeit (= Firmenunterscheidbarkeit, § 30 Abs. 1 HGB) erfüllt ist. Auf den ersten Blick könnte man hier der Ansicht sein, dass sich die Bezeichnung „ESO“ nicht ausreichend von dem berühmten Namen „ESSO“ unterscheidet und deshalb ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 HGB vorliegt. § 30 Abs. 1 HGB verlangt aber nur, dass sich die neue Firma von allem an demselben Ort oder in derselben Gemeinde bereits bestehenden und in das Handelsregister eingetragenen Firmen deutlich unterscheidet. Da die ESSO AG in Hamburg eingetragen ist, es hier aber um einen Eintrag in Potsdam geht, kann eine fehlende Unterscheidbarkeit nicht vorliegen. § 30 Abs. 1 HGB will also nur die Unterscheidbarkeit vor Ort sicherstellen, damit – insbesondere für Klagen unter der Firma (§ 17 Abs. 2 HGB) – eine klare Zuordnung möglich ist. Weitergehende Zwecke, insbesondere solche des Marken- oder Wettbewerbsrechts, verfolgt die Vorschrift nicht. Auch der Firmengrundsatz des § 30 Abs. 1 HGB ist daher von O eingehalten. Damit entfällt ein Anspruch aus § 37 Abs. 2 HGB schon mangels unbefugten Firmengebrauchs, so dass es auf die zweite Frage einer Verletzung der ESSO AG in eigenen Rechten nicht mehr ankommt. Sonstige Ansprüche aus Namens-, Marken- und Wettbewerbsrecht waren nicht zu prüfen. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 8 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 8: Der ungetreue Prokurist I Fraglich ist, ob D von H Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 5.000 Euro verlangen kann. Anspruchsgrundlage könnte § 433 Abs. 2 BGB sein, wonach der Käufer verpflichtet ist, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen. Voraussetzung ist, dass zwischen D und H ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Da H nicht selbst an dem Vertragsschluss beteiligt war, ist zu prüfen, ob er sich die Willenserklärung des P im Wege der Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) zurechnen lassen muss. 1. Eine wirksame Stellvertretung setzt zunächst eine eigene Willenserklärung des Vertreters voraus. Diese liegt hier vor, weil P mit H einen Kauf vereinbart hat. 2. Diese Willenserklärung wurde von P auch im Namen des Vertretenen H abgegeben, da er den Kaufvertrag ausdrücklich im Namen der „Holzhandlung Holly Wood e. K.“ (= Firma des H) geschlossen hat. 3. Zuletzt ist die erforderliche Vertretungsmacht des P zu prüfen. P hätte Vertretungsmacht, wenn er zur Zeit des Vertragsschlusses Prokurist der Holzhandlung gewesen wäre. Dies ist allerdings nicht der Fall, weil H die Prokura bereits zuvor widerrufen hatte. Der Umstand, dass P noch als Prokurist im Handelsregister eingetragen war, führt nicht dazu, dass dieser tatsächlich noch Prokura hatte. Denn beim Widerruf der Prokura handelt es sich – ebenso wie bei deren Erteilung – nur um eine deklaratorische Eintragung. Die Prokura (Vertretungsmacht) erlischt mit dem Widerruf; die spätere Eintragung stellt diese Rechtslage nur klar. 4. Möglicherweise muss sich H aber gemäß § 15 Abs. 1 HGB (negative Publizität) so behandeln lassen, als ob P Prokura und damit Vertretungsmacht für ihn gehabt hätte. Dafür sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 HGB zu prüfen: a) Zunächst müsste es sich bei dem Widerruf der Prokura um eine eintragungspflichtige Tatsache handeln. Dies ist hier gemäß § 53 Abs. 3 HGB der Fall, da das Erlöschen einzutragen „ist“. b) Das Erlöschen ist weder im Handelsregister eingetragen noch bekannt gemacht worden. c) H als Inhaber des Betriebs hätte das Erlöschen der Prokura eintragen lassen müssen, so dass die Tatsache „in seinen Angelegenheiten“ einzutragen war. d) D war auch gutgläubig, da er keine Kenntnis von dem Erlöschen der Prokura hatte. Das Erlöschen der Prokura kann daher dem D von Seiten des H nicht entgegengehalten werden. H muss sich deshalb so behandeln lassen, als ob P noch Prokura hätte. Der Vertrag wirkt damit gegen H. Dieser ist zur Kaufpreiszahlung verpflichtet. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 9 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 9: Der ungetreue Prokurist II Gegenüber Fall 8: Der ungetreue Prokurist I ergibt sich hier keine Änderung. Die negative Publizität des § 15 Abs. 1 HGB setzt nicht voraus, dass das Handelsregister positiv die Unwahrheit sagt (also eine Prokura verlautbart, die nicht existiert). Die registerrechtliche Vertrauenshaftung kommt daher auch in Betracht, wenn P niemals als Prokurist eingetragen war. Denn der Handelsverkehr kann ja auch auf anderem Wege von der Erteilung der Prokura Kenntnis erlangt haben. Entscheidend ist allein, dass das eintragungspflichtige Erlöschen der Prokura nicht eingetragen war. H hätte hier also die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 HGB nur dadurch ausschließen können, dass er P als Prokurist ein- und sogleich wieder austragen lässt. Nur dann ist das Erlöschen im Handelsregister eingetragen. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 10 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 10: Böse Überraschung Die C-Bank könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB haben. Nach dieser Vorschrift ist der Darlehensnehmer u. a. verpflichtet, das zur Verfügung gestellte Darlehen bei Fälligkeit zurückzuerstatten. Voraussetzung ist, dass B „Darlehensnehmer“, also Vertragspartner des mit der C-Bank geschlossenen Darlehensvertrags ist. Da B das Darlehen nicht selbst aufgenommen hat, könnte der Vertrag nur im Wege der Stellvertretung durch X zustande gekommen sein. Zu prüfen ist daher, ob sich B die auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung des X gemäß §§ 164 ff. BGB zurechnen lassen muss. 1. Eine wirksame Stellvertretung setzt zunächst eine eigene Willenserklärung des Vertreters voraus. Diese liegt hier vor, weil X gegenüber der C-Bank erklärt hat, ein Darlehen über 10.000 Euro aufnehmen zu wollen. 2. Diese Willenserklärung wurde von X auch im Namen des Vertretenen (hier B) abgegeben, da er ausdrücklich „ppa“ gezeichnet hat. 3. Zuletzt ist die erforderliche Vertretungsmacht des X zu prüfen. X hätte Vertretungsmacht, wenn er tatsächlich Prokurist des B gewesen wäre. Dies ist allerdings nicht der Fall, weil B ihm nie Vollmacht in Form der Prokura erteilt hat. Der Umstand, dass X als Prokurist im Handelsregister eingetragen wurde, macht ihn nicht tatsächlich zum Prokuristen. Die Vertretungsmacht fehlt deshalb. 4. Möglicherweise muss sich B aber gemäß § 15 Abs. 3 HGB (positive Publizität) so behandeln lassen, als ob X Prokura und damit Vertretungsmacht für ihn gehabt hätte. Dafür sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 HGB zu prüfen: a) Zunächst müsste es sich bei der Erteilung der Prokura um eine eintragungspflichtige Tatsache handeln. Da nach § 53 Abs. 1 HGB die Erteilung der Prokura zur Eintragung im Handelsregister anzumelden „ist“, liegt eine eintragungspflichtige Tatsache vor. b) Zweitens ist eine unrichtige Bekanntmachung erforderlich. Nach h. M. ist damit nicht nur eine isoliert falsche Bekanntmachung bei richtiger Eintragung gemeint, sondern auch der Fall erfasst, dass Eintragung und Bekanntmachung unrichtig sind. Da X hier fehlerhaft als Prokurist eingetragen worden ist, kann angenommen werden, dass auch die Bekanntmachung entsprechend unrichtig war, so dass der genannte Fall fehlerhafter Eintragung und Bekanntmachung vorliegt. c) Die C-Bank hatte auch keine Kenntnis von der Unrichtigkeit, so dass der Vertrauensschutz des § 15 Abs. 3 HGB zu ihren Gunsten eingreift. Sie kann sich gegenüber B darauf berufen, dass X Prokurist sei und damit Vertretungsmacht für B hatte. Die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung liegen damit vor. B muss sich die Willenserklärung des X zurechnen lassen. Damit ist ein Darlehensvertrag zwischen B und der C-Bank zustande gekommen, aus dem B zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet ist. Der geltend gemachte Anspruch besteht. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 11 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 11: Falscher Gesellschafter Nach § 128 HGB haftet jeder Gesellschafter persönlich für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. 1. Eine oHG besteht vorliegend. Auch hat diese Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern. 2. Allerdings ist Reich nicht Gesellschafter der entsprechenden oHG. Gesellschafter sind nur A, B und C. 3. Reich ist jedoch im Handelsregister als Gesellschafter eingetragen, so dass er sich eventuell über § 15 Abs. 3 HGB (positive Publizität) auch als solcher behandeln lassen muss. a) Die jeweiligen Gesellschafter einer oHG sind in das Handelsregister einzutragen (vgl. §§ 106, 107 HGB). Es handelt sich also um eine eintragungspflichtige Tatsache. b) Erforderlich ist ferner eine unrichtige Bekanntmachung. Dabei wird nicht nur die isoliert falsche Bekanntmachung bei richtiger Eintragung erfasst, sondern auch der Fall, dass Eintragung und Bekanntmachung unrichtig sind. Vorliegend wurde Reich fehlerhaft als Gesellschafter der von A, B und C gegründeten und geführten oHG eingetragen und bekannt gemacht. Ein Fall unrichtiger Bekanntmachung liegt damit vor. c) Die Gläubiger haben mangels anders lautender Hinweise auch keine Kenntnis von der Unrichtigkeit, so dass der Vertrauensschutz des § 15 Abs. 3 HGB zu ihren Gunsten eigentlich eingreifen müsste. d) Wegen des mit der Bestimmung des § 15 Abs. 3 HGB einhergehenden hohen Risikos (u. U. unbegrenzte Haftung; vgl. die Fallkonstellation) erfolgt jedoch eine Begrenzung über das sog. Veranlassungsprinzip. Eine Tatsache i. S. v. § 15 Abs. 3 HGB ist nur „in dessen Angelegenheiten“ einzutragen, der einen Eintragungsantrag (auch einen richtigen) gestellt hat und dadurch das Tätigwerden des Registergerichts veranlasst hat. Ohne Antrag des Betroffenen oder einer Person, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist, scheidet § 15 Abs. 3 HGB aus, doch kann bei Unterlassen des Einschreitens gegen unrichtige Eintragung eine Rechtsscheinhaftung eingreifen. Da die Eintragung des Reich als Gesellschafter der von A, B und C gegründeten und geführten oHG nicht „in dessen Angelegenheiten“ erfolgte, er diese nicht veranlasst hat, scheidet eine Anwendung des § 15 Abs. 3 HGB vorliegend aus. Die Gläubiger der oHG können folglich Reich nicht auf Zahlung in Anspruch nehmen. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 12 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 12: Partyservice I. Fraglich ist, ob H von P Zahlung des Bierstandes in Höhe von 5.000 Euro verlangen kann. Anspruchsgrundlage könnte § 433 Abs. 2 BGB sein, wonach der Käufer verpflichtet ist, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen. Ein Kaufvertrag über den Bierstand ist zwischen H und P (als damaligem Inhaber des „Partyservice Porz“) zustande gekommen. Aus diesem Vertrag ist P daher zur Kaufpreiszahlung verpflichtet. Eine Enthaftung des P gemäß § 26 HGB kommt von vornherein nicht in Betracht, da jedenfalls die 5-Jahres-Frist noch nicht abgelaufen ist. II. Zu prüfen ist weiterhin, ob H auch von K Zahlung in Höhe von 5.000 Euro verlangen kann. Anspruchsgrundlage könnte hier § 433 Abs. 2 BGB i. V. m. § 25 Abs. 1 HGB sein. Gemäß § 25 Abs. 1 HGB haftet derjenige, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten. 1. Da der „Partyservice Porz“ als recht umsatzstarkes Unternehmen beschrieben wird, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um ein vollkaufmännisches Handelsgewerbe i. S. v. § 1 Abs. 2 HGB handelt. 2. Dieses Unternehmen wurde unter Lebenden, nämlich durch Vertrag zwischen P und K, veräußert. 3. Weiterhin liegt auch eine Firmenfortführung durch K vor, da er nach der Übernahme die gut eingeführte Geschäftsbezeichnung „Partyservice Porz“ weitergeführt und im Geschäftsverkehr auch die entsprechenden Geschäftsbögen des P verwendet hat. 4. Bei dem fraglichen Kaufpreisanspruch handelt es sich zuletzt auch um eine im Betrieb des bisherigen Inhabers begründete Verbindlichkeit. K hat daher als Firmenerwerber für diese Altverbindlichkeit einzustehen. 5. Eine abweichende Vereinbarung im Sinne des § 25 Abs. 2 HGB ist bereits nicht ersichtlich. Zudem würde für einen Haftungsausschluss eine Eintragung oder Kundgabe fehlen, so dass es bei der Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 HGB bleibt. Im Ergebnis kann daher H auch von K Zahlung verlangen, wobei K und P Gesamtschuldner i. S. v. § 421 BGB sind, H die Leistung also von jedem, insgesamt aber nur einmal fordern kann. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 13 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 13: Buchhandlung Fraglich ist, ob G von R Zahlung der 5.000 Euro verlangen kann. Als Anspruchsgrundlage könnte insoweit § 433 Abs. 2 BGB i. V. m. § 25 Abs. 1 HGB in Betracht kommen. Nach dieser Vorschrift würde R für die im Betriebe der Buchhandlung enstandenen Verbindlichkeiten des früheren Inhabers K haften, wenn er das Handelsgeschäft unter Lebenden erworben und unter Beibehaltung der Firma fortgeführt hätte 1. Da die Buchhandlung des eingetragenen Kaufmanns W ein Handelsgewerbe i. S. d. § 1 Abs. 1 HGB ist, handelt es sich um ein Handelsgeschäft i.S.d. § 25 Abs. 1 HGB. 2. R hat das Handelsgeschäft von W gepachtet, das Unternehmen also unter Lebenden erworben. Denn der Erwerb i. S. d. § 25 HGB setzt nicht voraus, dass dem Übernehmer die Firma und das Handelsgeschäft endgültig zu Eigen werden. Vielmehr wird jede Unternehmensübertragung und -überlassung erfasst. Der Erwerb zur vorübergehenden Nutzung, der bei der Pacht regelmäßig stattfindet, reicht somit aus. Zudem ist ein unmittelbarer rechtsgeschäftlicher Erwerb vom Vorgänger nicht notwendig, so dass auch die sofortige Weiterverpachtung erfasst wird. Anzumerken ist noch, dass letztlich allein der tatsächliche Erwerb für den Geschäftsverkehr maßgeblich ist, nicht das interne Vertragsverhältnis zwischen dem Erwerber und seinem Vorgänger. Mängel im Übernahmevertrag und in den einzelnen Verfügungsgeschäften sind daher ohne Relevanz. 3. An der erforderlichen Firmenfortführung könnte es vorliegend fehlen. Denn R hat das Unternehmen unter Hinzufügung des Nachfolgezusatzes „Inhaber Reinhold R“ fortgeführt. Für die Haftung des Erwerbers nach § 25 HGB ist dies jedoch unerheblich, wie aus dem Wortlaut des Gesetzes eindeutig hervorgeht („mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes“). 4. Einzustehen hat R damit für die Verbindlichkeiten des früheren Inhabers des Handelsgeschäfts. Dies war nicht etwa der W, sondern der frühere Pächter K, der die Buchhandlung betrieben und genutzt hat. K hat gegenüber G Verbindlichkeiten begründet, für die R nun einzustehen hat. 5. Die Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB könnte jedoch ausgeschlossen sein, da R mit K einen Haftungsausschluss vereinbart hat. Ob dieser Haftungsausschluss auch gegenüber G Wirkung entfaltet, bestimmt sich nach der Regelung des § 25 Abs. 2 HGB. Die danach erforderliche Eintragung und Bekanntmachung des Haftungsausschlusses im Handelsregister ist vorliegend erfolgt, allerdings erst im Juli 02. Aus Gründen der Rechtssicherheit soll sich der Erwerber aber nicht erst dann auf einen Haftungsausschluss berufen, wenn ein Gläubiger des Veräußerers an ihn herantritt. Daher greift ein Haftungsausschlussgrund i. S. d. § 25 Abs. 2 HGB nur ein, wenn er nach dem Erwerb des Unternehmens unverzüglich (!) ins Handelsregister eingetragen oder dem Dritten selbst mitgeteilt wurde. Dies ist vorliegend nicht geschehen, so dass R zahlen muss. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 14 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 14: Metallwarenfabrik Fraglich ist, ob G von der KG Zahlung der Kaufpreisforderung verlangen kann. Anspruchsgrundlage könnte hier § 433 Abs. 2 BGB i. V. m. § 25 Abs. 1 HGB sein. Denn gemäß § 25 Abs. 1 HGB haftet derjenige, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten. Zu prüfen ist, ob eine derartige Firmenfortführung vorliegt. 1. Voraussetzung ist zunächst, dass es sich bei dem übernommenen Betrieb um ein Handelsgeschäft handelt. Dies ist bei dem Unternehmen einer Metallwarenfabrik der Fall, das als GmbH bereits nach § 13 Abs. 3 GmbH Kaufmann ist, im Übrigen aber auch die Voraussetzungen des § 1 HGB erfüllt. 2. Zu prüfen ist weiterhin ein Erwerb des Unternehmens unter Lebenden. Die K.R. KG hat hier alle wesentlichen Produktionsmittel des bisher von der GmbH betriebenen Unternehmens übernommen und daher das Unternehmen von dieser „erworben“. Der „Erwerb“ setzt nicht zwingend einen Unternehmenskaufvertrag mit dem Veräußerer voraus, sondern entscheidend ist, dass das bisher von einem Rechtsträger (hier der GmbH) betriebene Unternehmen (die Metallwarenfabrik) auf einen anderen Unternehmensträger (hier die KG) übergegangen ist. 3. Fraglich könnte aber sein, ob auch eine Firmenfortführung vorliegt. Die bisherige Firma (= der Name des Kaufmanns) lautete nämlich „K.R.-Metallwarenfabrik GmbH“ und diese Bezeichnung wurde nicht komplett fortgeführt. Entsprechend der Rechtsform des fortführenden Unternehmens wurde vielmehr der Zusatz „KG“ statt „GmbH“ geführt. Für die Firmenfortführung kommt es jedoch nicht darauf an, dass der Name komplett übernommen wird, sondern dass der so genannte Firmenkern fortgeführt wird. Der Rechtsverkehr orientiert sich nicht an den auf eine Gesellschaftsform hindeutenden Zusätzen, sondern an den prägnanten Teilen des Namens. Da das übernehmende Unternehmen die insoweit entscheidende Bezeichnung „K.R.-Metallwarenfabrik“ weitergeführt hat, liegt eine Firmenfortführung vor. 4. Die von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme von § 25 Abs. 1 HGB im Fall des Erwerbs vom Insolvenzverwalter liegt hier nicht vor, da ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet worden war. Der Sinn der Ausnahme liegt allein darin, dem Insolvenzverwalter die Verwertung der Masse durch Veräußerung des ganzen Unternehmens zu ermöglichen, was bei einer Forthaftung des Erwerbers für alle Verbindlichkeiten nicht gelingen könnte. Ist aber gar kein Verfahren eröffnet worden, greift dieser Gedanke nicht ein. Daher ist die KG dem G (und allen anderen Gläubigern) zur Zahlung der im Betrieb der Metallwarenfabrik begründeten Verbindlichkeit verpflichtet. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 15 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 15: Olynth KG Fraglich ist, ob K von der Olynth KG Nacherfüllung (Ersatzlieferung oder Reparatur) verlangen kann. Anspruchsgrundlage könnten §§ 437 Nr. 1, 434, 439 BGB i. V. m. § 28 Abs. 1 HGB sein. Gemäß § 28 HGB haftet eine Gesellschaft, die durch Eintritt eines persönlich haftenden Gesellschafters oder Kommanditisten in das Geschäft eines Einzelkaufmanns entstanden ist, für alle in diesem Geschäft begründeten Verbindlichkeiten, auch wenn die frühere Firma nicht fortgeführt wird. 1. Zu prüfen ist zunächst, ob eine Verbindlichkeit des früher einzelkaufmännisch betriebenen Geschäfts vorliegt. Diese könnte sich aus einem Nacherfüllungsanspruch gemäß §§ 437 Nr. 1, 434, 439 BGB ergeben. a) Ein wirksamer Kaufvertrag zwischen I und K liegt vor. b) Der fehlerhafte Server weist einen Sachmangel i. S. d. § 434 BGB auf. c) Dieser Sachmangel war auch bereits bei Gefahrübergang (entspricht regelmäßig der Übergabe; vgl. § 446 BGB) vorhanden. d) Die Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB von zwei Jahren ist noch nicht abgelaufen. Daher hat K aus dem mit I geschlossenen Kaufvertrag einen Anspruch auf Nacherfüllung. 2. Fraglich ist, ob die Olynth KG für diesen Anspruch gemäß § 28 Abs. 1 HGB haftet. a) Erste Voraussetzung hierfür wäre, dass es sich bei dem „Hansi Hinterseer Softwarehaus“ um ein einzelkaufmännisches Unternehmen i. S. d. §§ 1 ff. HGB handelte. Da das Unternehmen im Handelsregister eingetragen war, muss nicht gesondert festgestellt werden, dass das Unternehmen vollkaufmännisch i. S. v. § 1 Abs. 2 HGB war. Denn auch dann, wenn es sich um ein Kleingewerbe gehandelt haben sollte, wäre die Kaufmannseigenschaft jedenfalls gemäß § 2 HGB begründet. b) In dieses Unternehmen ist F „als Kommanditist eingetreten“, d. h. das Unternehmen des I wurde in die neu gegründete Olynth KG eingebracht. Da § 28 Abs. 1 HGB – anders als § 25 Abs. 1 HGB – eine Firmenfortführung nicht voraussetzt, ist für die Haftung der KG unerheblich, dass der ursprüngliche Name des Kaufmanns I (= Firma i. S. v. § 17 HGB) nicht fortgeführt, vielmehr durch „Olynth KG“ ersetzt wurde. Die KG haftet daher für den im Betrieb des I begründeten Nacherfüllungsanspruch des K. Dieser kann (auch) von der KG Ersatzlieferung oder Reparatur verlangen. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 16 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 16: Der ungetreue Prokurist III Ein Darlehensvertrag zwischen B und U ist wirksam zustande gekommen, wenn P die Bank wirksam vertreten hat. 1. Eine wirksame Stellvertretung setzt zunächst eine eigene Willenserklärung des Vertreters voraus. Diese liegt hier vor, weil P dem U ein Darlehen in Höhe von 2 Mio. Euro gewährt hat. 2. Diese Willenserklärung wurde von P auch im Namen des Vertretenen (hier B) abgegeben. 3. Zuletzt ist die erforderliche Vertretungsmacht des P zu prüfen. Dem P wurde zwar Prokura erteilt. Jedoch war ihm eine eigenständige Kreditvergabe nur bis zu einem Kreditvolumen von 500.000 Euro gestattet. Nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 50 Abs. 1 HGB ist diese Beschränkung des Umfangs der Prokura Dritten gegenüber unwirksam. Die Tatsache, dass P nur Kredite bis zu einem Kreditvolumen von 500.000 Euro vergeben durfte, führt also im Verhältnis zu Dritten nicht zur Überschreitung der mit der Prokura verbundenen Vertretungsmacht des P. Im Außenverhältnis ist P vielmehr nach Maßgabe des § 49 HGB zu allen Arten von gerichtlichen außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt, die der Betrieb irgendeines Handelsgewerbes mit sich bringt, also auch zur Vergabe von Krediten. Der Darlehensvertrag zwischen B und U ist damit wirksam zustande gekommen. Die Überschreitung der Befugnisse im Innenverhältnis macht den P allenfalls schadensersatzpflichtig gegenüber der Bank. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 17 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 17: Fleisch- und Wurstwarenfabrik O ist zur Zahlung der Miete verpflichtet, wenn ein wirksamer Mietvertrag in seinem Namen zustande gekommen ist. Voraussetzung dafür ist, dass O wirksam von K vertreten wurde. 1. Mit Abschluss des Mietvertrages über die 20 Kühlwagen hat K eine eigene Willenserklärung abgegeben. 2. Diese Willenserklärung wurde von K mangels anders lautender Hinweise auch im Namen des Vertretenen (hier O) abgegeben. 3. Fraglich ist jedoch, ob K innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht gehandelt hat. Vorliegend wurde K von S „zum Prokuristen gemacht“ und mit der Anmietung von Kühlwagen beauftragt. Damit nun K den O wirksam vertreten kann, muss diese Vollmacht auch wirksam erteilt worden sein. Prokura ist zwar eine gewöhnliche rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht, jedoch bestimmt § 48 Abs. 1 HGB, dass Prokura nur vom Inhaber des Handelsgeschäfts oder von seinem gesetzlichen Vertreter erteilt werden kann. Ein Prokurist ist aber kein gesetzlicher Vertreter des Geschäftsherrn, sondern rechtsgeschäftlicher Vertreter, so dass S dem K nicht wirksam Prokura erteilen konnte. Allerdings könnte die Erklärung des S i. S. d. § 140 BGB dahin umgedeutet werden, dass dem K anstelle der Prokura eine Vollmacht erteilt wird, die nicht an so strenge gesetzliche Voraussetzungen geknüpft ist wie die Prokura und die auch von einem Prokuristen erteilt werden kann. In Betracht kommt insoweit die Handlungsvollmacht i. S. d. § 54 HGB. Hätte S gewusst, dass er keine Prokura erteilen kann, hätte er dem K sicherlich nur Handlungsvollmacht erteilt. Die Ereilung der Prokura ist mithin nach § 140 BGB in die Erteilung einer Handlungsvollmacht nach § 54 HGB umzudeuten (hier: Spezialhandlungsvollmacht, § 54 Abs. 1, 3. Var. HGB). Da K somit innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht gehandelt hat, ist der Mietvertrag zwischen O und dem Vermieter wirksam zustande gekommen. O ist zur Zahlung der Miete verpflichtet. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 18 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen Lösung zu Fall 18: Kartoffelsalat Dem K müsste sowohl hinsichtlich der Kartoffeln als auch hinsichtlich des Spargels ein Rücktrittsrecht zustehen. I. Bezüglich der Kartoffeln könnte dem K ein Rücktrittsrecht gemäß §§ 437 Nr. 2, 434, 323 BGB zustehen. 1. Ein wirksamer Kaufvertrag über die Kartoffeln ist zwischen V und K zustande gekommen. 2. Die Kaufsache muss im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft gewesen sein. V schuldete hier Kartoffeln mittlerer Art und Güte (§ 360 HGB). Die Lieferung entsprach diesen Anforderungen nicht, die Kartoffeln waren überwiegend angefault. Dieser Mangel i. S. d. § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB lag auch schon bei Übergabe an A vor, an den entsprechend der Vereinbarung zwischen V und K die Ware auszuliefern war. K hat dem V entsprechend § 323 Abs. 1 BGB eine Frist für die Nacherfüllung gesetzt. Die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts nach §§ 434, 437 Nr. 2, 323 BGB sind damit erfüllt. 3. Der Rücktritt könnte jedoch nach § 377 HGB ausgeschlossen sein. a) Dann muss ein beiderseitiger Handelskauf vorliegen. Sowohl V als auch K sind Kaufleute i. S. d. § 1 HGB und haben den Kauf im Rahmen ihres Handelsgewerbes getätigt (§ 343Abs. 1 HGB). b) Die verkaufte Ware muss durch den Verkäufer abgeliefert worden sein. Ablieferung bedeutet, dass der Käufer oder eine von ihm benannte Person in eine solche tatsächliche räumliche Beziehung zur Ware kommt, dass deren Beschaffenheit nachgeprüft werden kann. Eine Ablieferung liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die Ware zur Erfüllung des Kaufvertrags vollständig in den Machtbereich des Käufers verbracht worden ist. Hier sind die Kartoffeln ordnungsgemäß an A geliefert worden. c) Die Kartoffeln sind vorliegend mangelhaft i.S.d. § 434 BGB. d) Die danach bestehende Rügeobliegenheit entfällt, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, § 377 Abs. 5 HGB. Dafür liegen hier keine Anhaltspunkte vor. Demnach hatte K eine Rügeobliegenheit nach § 377 HGB. e) Fraglich ist, ob K seine Rügeobliegenheit verletzt hat und somit keine Rechte aus der Mangelhaftigkeit der Sache herleiten kann. Insoweit sind zwei Fragen zu unterscheiden. Inhaltlich muss der Verkäufer der Anzeige Art und Umfang der Mängel entnehmen können. Denn die Mängelrüge soll den Verkäufer in die Lage versetzen, aus seiner Sicht zu erkennen, in welchen Punkten und in welchem Umfang der Käufer die gelieferte Ware als nicht vertragsgemäß beanstandet. Bei der Frage der Rechtzeitigkeit unterscheidet das Gesetz zwischen offenen und verdeckten Mängeln. Vorliegend trat der Mangel offen zu Tage, war erkennbar. K hätte den Mangel daher unverzüglich nach Ablieferung anzeigen müssen. Wird die Ware, wie hier, vom Verkäufer unmittelbar an den Abnehmer des Käufers gesandt, so hat der Käufer dafür zu sorgen, dass der Abnehmer unverzüglich untersucht und ihn sobald als möglich von dem Ergebnis der Untersuchung benachrichtigt. Das Risiko einer verspäteten Anzeige durch den Abnehmer trägt dabei allein der Käufer. Vorliegend kann die Mängelanzeige nach über drei Wochen nicht mehr als unverzüglich bezeichnet werden. Rechtsfolge: Nach § 377 Abs. 2 HGB gilt die Ware als genehmigt, d. h. es ist so anzusehen, als habe der Verkäufer vertragsgemäß erfüllt. K kann daher keine Gewährleistungsansprüche bezüglich der Kartoffeln mehr geltend machen. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 19 Wirtschaftsrecht für Sportökonomen – Falllösungen II. Auch bezüglich des Spargels kommen nur §§ 437 Nr. 2, 434, 323 BGB als Grundlage eines Rücktrittsrechts in Betracht. 1. Ein wirksamer Kaufvertrag liegt vor. 2. Die Lieferung des Spargels ist mängelbehaftet. 3. Die Ware gilt aber nach § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt, wenn für K eine Rügeobliegenheit bestand und K diese verletzt hat. a) Eine Rügeobliegenheit bestand, da ein beiderseitiger Handelskauf vorlag, die abgelieferte Ware mangelhaft war und V den Mangel nicht arglistig verschwiegen hatte. b) K hat die Mangelanzeige vorliegend zwar sofort nach der späteren Entdeckung des Mangels an V abgesandt. Dies reicht nach § 377 Abs. 3 HGB aber nur bei versteckten, nicht bei offenen Mängeln aus. Ob im vorliegenden Fall ein offener oder verdeckter Mangel vorlag, richtet sich danach, ob bei einer verkehrsüblichen Untersuchung der Mangel dem Käufer als ordentlichem Kaufmann (§ 347 HGB) erkennbar gewesen wäre. Bei verschlossener Ware besteht die verkehrsübliche Untersuchung in der Öffnung. Dies wird aber durch den Grundsatz der Zumutbarkeit begrenzt, da die Untersuchungspflicht nicht dazu führen darf, dass durch sie die Ware wirtschaftlich entwertet wird. In diesen Fällen besteht eine Stichprobenpflicht. Der Käufer ist verpflichtet, Stichproben zu entnehmen, die repräsentativ sind, d. h. sinnvoll auf die Gesamtmenge verteilt sind. Bei Konserven sind einige Dosen zu öffnen und nach Aussehen, Geruch und Geschmack zu überprüfen. Da K jedoch keine einzige Dose geöffnet hat, hat er seine Stichprobenpflicht verletzt und den offenen Mangel nicht rechtzeitig gerügt. Die Genehmigungsfiktion des § 377 Abs. 2 HGB führt dazu, dass K auch bezüglich des Spargels keine Gewährleistungsrechte hat. © 2011 RA Dr. Jochen Lux 20