Schranken und Extrema 8 Schranken und Extrema Schranken und Extrema In diesem Kapitel beshaftigen wir uns mit den \Randern" in geordneten Strukturen. 8.1 • Aus den zahlartigen Strukturen sind Intervalle bekannt, die durh Gegeben sei eine Praordnung ≤ auf einer Menge M. Zu Elementen x, y ∈ M denieren wir das Intervall [x, y] durh ihre linken und rehten Grenzen bestimmt sind. • Das geht deshalb so gut, weil die zugehorigen Ordnungen linear sind. • In allgemeinen (Pra-)Ordnungen kann es dagegen mehrere parallel nebeneinander liegende Intervalle geben; • deshalb muss man hier zusatzlihe, feinere Untersheidungen und Begrie einfuhren. {1{ c B. Möller Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema Definition 8.1.1 [x, y] =df {z ∈ M : x ≤ z ∧ z ≤ y} Das ist die naheliegende und auh sinnvolle Erweiterung des gewohnlihen Intervallbegris auf Zahlen. c B. Möller {2{ Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema Beispiel 8.1.2 Wir betrahten die Teilbarkeitsordnung auf der Menge M = {1, . . . , 12}: 8 12 4 6 10 9 2 3 5 7 11 {3{ Wir haben z.B. { [2, 8] = {2, 4, 8} { [3, 9] = {3, 9} { [1, 12] = {1, 2, 3, 4, 6, 12} { [5, 8] = ∅ { [5, 5] = {5} Es gibt also, anders als bei der gewohnlihen ≤-Ordnung, { auh \ausgebauhte" Intervalle wie [1, 12] { und nebeneinander liegende, wie [2, 8] und [3, 9]. Ebenso gibt es Elemente wie 5 und 7, die weder \vor" noh \hinter" noh in anderen Intervallen liegen; bei linearen Ordnungen ware das jeweils eindeutig klar. 1 c B. Möller Intervalle Diskrete Strukt. WS 10/11 c B. Möller {4{ ⊓ ⊔ Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema 8.2 Schranken und Extrema Schranken Definition 8.2.1 Es sei ≤ Pra-Ordnung auf M und N ⊆ M. Wir denieren die Mengen us N der unteren Shranken und os N der oberen Shranken von N durh x ∈ us N y ∈ os N def ⇔ def ⇔ LiteraturQQ nnn Krimi PP P ∀y∈N:x≤y Humor mmm • Dann ist Comi eine untere und Literatur eine obere Shranke fur die Menge {Krimi, Humor}; • beide liegen niht in dieser Menge selbst. • In der urspr unglihen Genremenge hatte sie keine untere Shranke. Man beahte, dass eine untere Shranke einer Teilmenge niht in der Teilmenge selbst liegen muss! {5{ Q Comi ∀x∈N:x≤y Naturlih sind untere Shranken bezuglih ≤ obere Shranken bezuglih ≤ und umgekehrt. Analoges gilt fur die noh folgenden Begrie in diesem Kapitel. c B. Möller Beispiel 8.2.2 Wir erweitern die Menge der Genres aus Beispiel 7.2 um ein neues Element \Comi": Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema c B. Möller ⊓ ⊔ {6{ Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema Beispiel 8.2.3 1. Betrahte M = IR unter der gewohnlihen ≤-Ordnung. Die Denition der Shranken bringt mit sih, dass jedes Element der jeweils betrahteten Grundmenge M obere und untere Shranke der leeren Teilmenge ∅ ist. us ]0, 1[ = ] − ∞, 0] os ]0, 1[ = [1, ∞[ • Der Hintergrund ist, dass die Formel ∀ y ∈ N : x ≤ y in Deni- 2. Sei nun M = IN unter der Teilbarkeitsordnung | und N eine Teilmenge N ⊆ M. tion 8.2.1 ausfuhrlih lauten musste • Dann ist n ∈ IN untere Shranke von N genau dann, wenn n gemeinsamer Teiler aller Zahlen in N ist. • Damit hat jede Teilmenge 1 als untere Shranke bez uglih | . • Weiter ist n obere Shranke von N, wenn n ein gemeinsames Vielfahes aller Zahlen in N ist. • Damit kann eine unendlihe Teilmenge keine obere Shranke bezuglih | haben. c B. Möller ∀y:y∈N ⇒ x≤y • F ur N = ∅ ist dann die Voraussetzung y ∈ N stets falsh, also nah Denition die Folgerung stets wahr, und damit auh die gesamte Allaussage. • Das mag zwar paradox wirken, hat aber seinen Sinn, wie wir noh sehen werden. ⊓ ⊔ {7{ Diskrete Strukt. WS 10/11 c B. Möller {8{ Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema 8.3 Schranken und Extrema Beispiel 7.2 (Fortsetzung) In der urspr unglihen Ordnung Extrema Ein kleinstes/grotes Element einer Teilmenge ist eine untere/obere Shranke, die in der Teilmenge selbst liegt. Definition 8.3.1 Die Mengen kl N der kleinsten und gr N der Krimi LiteraturQQ nnn Q Humor hat die gesamte Menge {Krimi, Humor, Literatur} das grote Element Literatur , aber kein kleinstes Element. ⊓ ⊔ groten Elemente von N sind gegeben durh kl N =df N ∩ us N gr N =df N ∩ os N Beispiel 8.3.2 Betrahte wieder M = IR unter der gewohnlihen Ordnung. 1. Die Teilmenge ]0, 1[ hat zwar untere und obere Shranken in IR, aber selbst weder kleinstes noh grotes Element. Es gilt also x ∈ kl N ⇔ x∈N ∧ ∀y∈N:x≤y y ∈ gr N ⇔ y∈N ∧ ∀x∈N:x≤y {9{ c B. Möller Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema 2. Die Teilmenge [0, 1[ hat die selben unteren und oberen Shranken wie ]0, 1[, aber zusatzlih das kleinste Element 0. ⊓ ⊔ Ein grotes Element besitzt auh sie niht. { 10 { c B. Möller Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema Beispiel 8.3.3 Die Damen Amanda, Elsa, Eulalia und Luisa haben jeweils die Shuhgroen 40, 36, 39 und 36. Wir betrahten wieder die Praordnung ≤s aus Beispiel 6.1. Korollar 8.3.4 Sei ≤ eine Praordnung und ∼ die in Lemma 6.7 quivalenzrelation ∼ = ≤ ∩ ≤ . Dann gilt denierte A ∀ x, y ∈ kl N : x ∼ y Amanda ∀ x, y ∈ gr N : x ∼ y Eulalia Elsa Ist ≤ Ordnung, so hat daher jede Teilmenge hohstens ein kleinstes und grotes Element. Luisa Dann sind Elsa und Luisa beide kleinste Elemente der Menge {Amanda, Elsa, Eulalia, Luisa} und Amanda ist ihr einziges grotes Element. ⊓ ⊔ c B. Möller { 11 { Diskrete Strukt. WS 10/11 Beispiel 8.3.3 (Fortsetzung) In der Praordnung ≤s betrit das die Damen Elsa und Luisa. c B. Möller ⊓ ⊔ { 12 { Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema 8.4 Schranken und Extrema Minimale und maximale Elemente Ein minimales/maximales Element einer Teilmenge ist ein Element, das in der Teilmenge niht eht unter-/uberboten werden kann. Beispiel 7.2 (Fortsetzung) In der Ordnung Definition 8.4.1 Die Mengen min N der minimalen und max N der maximalen Elemente von N sind gegeben durh x ∈ min N x ∈ max N def ⇔ def ⇔ Krimi x∈N ∧ ∀y∈N:y≤x ⇒ x≤y LiteraturQQ nnn Q Humor hat die gesamte Menge {Krimi, Humor, Literatur} zwar kein kleinstes Element, aber dafur die beiden minimalen Elemente Krimi und Humor . x∈N ∧ ∀y∈N:x≤y ⇒ y≤x ⊓ ⊔ Korollar 8.4.2 Kleinste/grote Elemente sind minimal/maximal: kl N ⊆ min N gr N ⊆ max N { 13 { c B. Möller Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema 8.5 min N = kl N Infima und Suprema Definition 8.5.1 Die Mengen inf N der Inma oder groten unteren Shranken und sup N der Suprema oder kleinsten oberen Shranken von N sind Lemma 8.4.3 Sei ≤ lineare Praordnung auf M und N ⊆ M. max N = gr N Beweis: inf N =df gr (us N) sup N =df kl (os N) Es gilt also fur alle x ∈ M (⊇) ist jeweils bereits bekannt (Kor. 8.4.2). x ∈ inf N (⊆) Sei x ∈ min N und y ∈ N. ⇔ ∀y∈N:x≤y ∧ (∀ z ∈ M : (∀ y ∈ N : z ≤ y) ⇒ z ≤ x) • Annahme: ¬ x ≤ y. x ∈ sup N • Da ≤ linear ist, muss dann y ≤ x sein. • Wegen x ∈ min N folgt daraus x ≤ y. Widerspruh! c B. Möller Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema Wir betrahten noh den Spezialfall linearer Praordnungen: Dann gilt { 14 { c B. Möller { 15 { ∀y∈N:y≤x ∧ (∀ z ∈ M : (∀ y ∈ N : y ≤ z) ⇒ x ≤ z) ⊓ ⊔ Diskrete Strukt. WS 10/11 ⇔ Ahtung: Inma/Suprema von N mussen niht in N selbst liegen! c B. Möller { 16 { Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema Schranken und Extrema Beispiel 8.5.2 • Betrahte wieder (IR, ≤) und N =df ]0, 1[. Beispiel 8.2.2 (Fortsetzung) LiteraturQQ nnn Krimi PP P us N = ] − ∞, 0] Q Comi Humor m os N = [1, ∞[ mm inf N = gr us N = us N ∩ os us N = {0} sup N = kl os N = os N ∩ us os N = {1} • Hier ist Comi die einzige und somit auh grote untere Shran- ke der Menge {Krimi, Humor}; • analog ist Literatur ihre einzige und somit auh kleinste obere Shranke. ⊓ ⊔ • Dagegen gilt kl N = ∅ = gr N. • Auerdem gilt f ur alle x ∈ N, dass os {x} ∩ N = ]x, 1[ 6= {x}, so dass max N = ∅. • Analog folgt min N = ∅. c B. Möller { 17 { Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema c B. Möller ⊓ ⊔ { 18 { Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema Lemma 8.5.3 Man hat kl N ⊆ inf N und gr N ⊆ sup N. Beweis: Zusammenfassend gilt: • Kleinste, minimale, grote, maximale Elemente einer Menge mussen in dieser liegen, • wahrend Inma und Suprema auerhalb liegen d urfen. • Sei x ∈ kl N. Dann gilt ∀ y ∈ N : x ≤ y. • Also ist x ∈ us N. • Sei nun z ∈ us N. • Dann muss insbesondere z ≤ x gelten. • Da z beliebig war, folgt ∀ z ∈ us N : z ≤ x, d.h. x ∈ gr (us N). ⊓ ⊔ c B. Möller { 19 { Diskrete Strukt. WS 10/11 c B. Möller { 20 { Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema Schranken und Extrema 8.6 Grenzelemente in der Produktpräordnung Beispiel 7.2 (Fortsetzung) Wir betrahten folgende Teilmenge von Paaren aus unserer Datenbank (H = Humor, K = Krimi, L = Literatur) unter der Produktordnung: Shlielih sei noh der Spezialfall einelementiger Mengen angegeben: (L, 10) (H, 11) (L, 8) JJ ss tt (K, 7) (H, 5) Lemma 8.5.4 Es sei ≤ eine Ordnung auf M. Dann gilt f ur x ∈ M kl {x} = gr {x} = min {x} = max {x} = inf {x} = sup {x} = {x} (H, 3) • Die Vorzugsb uher unseres Benutzer sind gerade die minima- len Elemente, denn sie entsprehen den billigsten Buhern seiner Lieblingsgenres. c B. Möller { 21 { Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema { 22 { c B. Möller Diskrete Strukt. WS 10/11 Schranken und Extrema Inmum und Supremum verhalten sih hier freundliher: Korollar 8.6.1 Seien ≤1 , ≤2 Praordnungen auf M1 , M2 und • Leider lassen sie im Allgemeinen sih niht komponentenweise aus den entsprehenden Elementen ihrer beiden Projektionen berehnen. • Das minimale Element (K, 7) besteht niht rein aus minimalen Elementen: • Zwar ist K minimal in der Menge der auftretenden Genres, • aber 7 niht minimal in der Menge der auftretenden Preise. ≤ =df ≤1 × ≤2 ihre Produktpraordnung. F ur N ⊆ M1 × M2 seien N1 =df {x ∈ M1 : ∃ y ∈ M2 : (x, y) ∈ N} N2 =df {y ∈ M2 : ∃ x ∈ M1 : (x, y) ∈ N} die sogenannten Projektionen auf M1 bzw. M2 . Dann gilt inf ≤ N = inf ≤1 N1 × inf ≤2 N2 ⊓ ⊔ sup ≤ N = sup ≤1 N1 × sup ≤2 N2 Eine analoge Untersuhung fur die lexikographishe Ordnung bleibt den Ubungen vorbehalten. c B. Möller { 23 { Diskrete Strukt. WS 10/11 c B. Möller { 24 { Diskrete Strukt. WS 10/11