Energieeffizienz als Brückenschlag

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Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
The Business Designers
Compliance Pharma
4 – 7 Die Einführung der GDPLeitlinien 2013 im deutschen
Rechtsraum
IS/CSV Consulting
11 –13 Informationsvorsprung und
Effizienzgewinn durch Datenanalyse
Strategy Consulting
14 –16 Einsatzfähige Szenarien für die
Life-Sciences Supply-Chain
Compliance Medtech
20
Unangekündigte Audits bei
Herstellern und Lieferanten von
Medizinprodukten
The Technology Designers
The Technology Designers
Energie und Infrastruktur
1 – 3 Energie im Pharma-Umfeld
Pharma Design
8 –10 Verpackung von hochaktiven
Substanzen – Grundlagen,
Herausforderungen und
Lösungsansätze
Q/V Compliance
17 –19 Fälschungssicherheit durch
individualisierte Verpackungen
empfiehlt
Kommission
Europäische e Audits!
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unangekündi
0
hr auf Seite 2
Lesen Sie me
Energieeffizienz
als Brückenschlag
Energie im Pharma-Umfeld
Die Energiekostendiskussion hat schon seit Längerem auch die Pharma­
branche erreicht. Die Zeit ist reif für einen Paradigmenwechsel: Weg von der
Optimierung einzelner Inseln, hin zur gesamtheitlichen Betrachtung aller am
Standort eingesetzten Stoff­ und Energieströme.
Die steigenden Energiekosten machen vor niemandem halt. Seit Beginn des Millenniums sind die Preise für Strom, Gas und Erdöl um durchschnittlich 70 %1 gestiegen.
Deshalb sind die Herausforderungen für Anlagenbetreiber der energieintensiven
Industrien, denen die pharmazeutische zugeordnet werden kann, eindeutig: Um die
Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, müssen Betriebskosten gesenkt werden – ohne
dabei die Produktionssicherheit oder Produktqualität negativ zu beeinflussen. Diese
scheinbar entgegengesetzten Anforderungen sind von Beginn an bei der Herangehensweise an Energieoptimierungsprojekte zusammenzuführen.
Verschwendete Energiekosten sind entgangener Gewinn
Bei einem typischen Anlagenprojekt, gleich ob es sich um eine neue Produktionsanlage auf der grünen Wiese handelt oder um die Erweiterung einer bestehenden Anlage,
gilt: Der Grossteil der Planungskapazitäten wird auf die Kernprozesse verwendet.
Dies ist umso verständlicher, als dort der Hauptteil der Wertschöpfung eines Betriebes
generiert wird. Ebenso werden die meist wesentlich höheren Investitionskosten als
unmittelbarer wirtschaftlicher Faktor herangezogen. Betrachtet man jedoch den Total
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1
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser
Mit unserer Präsenz im Februar an den Lounges in
Karlsruhe, der Technopharm im April in Nürnberg und
der Ilmac im Oktober in Basel hatten wir dieses Jahr
drei wichtige Messetermine. Die Möglichkeit, mit Ihnen
ins Gespräch zu kommen, ist für uns die Motivation,
an diesen Messen teilzunehmen.
In vielen Gesprächen mit Ihnen als Branchenvertretern zeigte sich der
Ehrgeiz, die führende Stellung der europäischen Life-Sciences-Industrie zu
verteidigen und auszubauen. Dazu gehört der Anspruch, über fortlaufende
Innovationen, über Prozessoptimierungen und über das Denken und
Handeln in Szenarien die besten Produkte herzustellen.
Wer Branchenführer ist, hat immer auch mit Nachahmern und Fälschern
zu kämpfen. Damit Plagiate nicht den eigenen Ruf oder gar die Gesundheit
der Patienten schädigen, sind vielfältige Massnahmen notwendig. Auf
organisatorischer Ebene geben die Leitlinien für «Good Distribution Practices» wichtige Anhaltspunkte. Diese Richtlinien – seit 1994 im Einsatz –
werden jetzt überarbeitet, um den gestiegenen Ansprüchen an das Qualitätsmanagement Rechnung zu tragen. Ab sofort müssen diese neuen
Leitlinien umgesetzt werden.
Topaktuell kommt hinzu, dass die Europäische Kommission am 24. September 2013 eine Empfehlung herausgegeben hat, dass bei Herstellern
und Lieferanten von Medizinprodukten zusätzliche, unangekündigte Audits
durchgeführt werden sollen. Lesen Sie in diesem Newsletter, wie unsere
Business Designers Sie mit spezifischem Know-how zur guten Vertriebspraxis und behördlicher Überwachung unterstützen können.
Ein wirkungsvolles Instrument im Kampf gegen Arzneimittelfälschung
ist der konsequente Einsatz von «Track and Trace»-Systemen. Eindeutige
Seriennummern machen jede Verpackungseinheit zu einem individuell
identifizierbaren Objekt. Was andere Industrien wie z.B. die Automobilindustrie schon lange kennen, ist für die Life-Sciences-Industrie noch
oft Neuland. Unsere Technology Designers haben bereits einige Projekte
umgesetzt. Lesen Sie die Erkenntnisse auf Seite 17.
Chemgineering kann Sie also zum Thema Fälschungssicherheit ganzheitlich beraten. Wertvolle Synergien entstehen, wenn das Consulting und
das Engineering Hand in Hand arbeiten: Dann ist die Summe mehr als
die Gesamtheit seiner Einzelteile.
Wenn bei der Planung von neuen Produktionsanlagen von Beginn an auch
auf Energieeffizienz geachtet wird, können massgebliche Einsparungen
realisiert werden. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, bei allen Projekten der
Technology Designers immer auch der Energie- und Medienversorgung
einen angemessenen Stellenwert einzuräumen. So erhalten Sie als Kunde
von Chemgineering automatisch einen Mehrwert, der sich sofort bezahlt
macht. Lesen Sie dazu unseren Leitartikel.
Eine inspirierende Lektüre wünscht Ihnen
Gerhard Bauer-Lewerenz
2
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
Cost of Ownership (TCO), so treten
Sekundärkosten wie Energie, Reparatur
und Wartung über die Lebensdauer einer
Anlage stark in den Vordergrund. Mit
einem Anteil von 50% an den Gesamtenergiekosten2 eines Betriebes sind
die wirtschaftlichen Auswirkungen von
ineffizienten Produktionsprozessen
besonders hoch. Dabei kann von zwei
Szenarien ausgegangen werden, welche
sich nicht gegenseitig ausschliessen:
· ineffizienter Einsatz der zur Verfügung
gestellten Energien und Medien
· ineffiziente Erzeugung von Energien
und Medien am Standort
Deshalb ist es notwendig, durch gezielte
Planung eine Brücke von den Versorgungsanlagen zu den Kernprozessen zu
schlagen, um gesamtwirtschaftlich zu
handeln.
Waren früher die Hauptverursacher für
Betriebskosten die Prozessdampferzeugung und die Bereitstellung von Kühlsole, so treten jetzt Klimakälte und -wärme
in den Vordergrund.
Energieeinsparung durch innovative
Lösungen contra Regularien
Durchschnittlich 65% des Energieverbrauches in einem pharmazeutischen
Betrieb sind auf Heizung, Lüftung und
Klimatisierung zurückzuführen. Der
Grossteil dieses Bedarfs stammt von
klassifizierten Reinräumen, welche den
GMP-Regeln und Produktanforderungen
bezüglich des Raumklimas unterliegen.
In der Regel werden jedoch aus Angst
vor Abweichungen allgemeine GxP-Anforderungen überinterpretiert und dann
in den entsprechenden User Requirement Specifications (URS) niedergeschrieben. Klassisches Beispiel ist die
Vorgabe von starren Luftwechselraten.
Innovative Lösungen, wie beispielsweise
die Anpassung der Luftwechselrate
durch Online-Partikelmessung, werden
dadurch von vornherein behindert.
Deshalb muss schon bei der Erstellung
dieser Dokumente darauf geachtet
werden, Raum für zukünftige Entwicklungen zu lassen, um spätere, teure und
aufwendige Requalifizierungs- und
Validierungsmassnahmen zu vermeiden.
Sind die Anforderungen an die Infrastrukturanlagen spezifiziert, sollte man
frühzeitig mit der Planung beginnen.
Gleich ob Energiezentrale oder dezentrale Einheiten, es gibt keine Patentlösung,
da unterschiedliche Prozesse unterschiedliche Anforderungen haben. Es ist
Abb. 1: PDCA­Zyklus nach Deming für Energiemanagementsysteme
· Energiepolitik
· Ernennung Energiebeauftragter
· Erstbewertung der Energiesituation
· Massnahmen und Ziele festlegen
Plan
Do
Act
Check
· Bewertung durch das
Topmanagement
· Management-Review
· Ableitung neuer Ziele
· Verbesserung des Systems
jedoch wichtig, nicht getrennte Inseln zu betrachten, sondern
insbesondere mögliche Synergien aufzudecken und zu nutzen,
und dies über Projektgrenzen hinweg.
Die Summe ist mehr als die Gesamtheit der Einzelteile
Da bei der Anlagenplanung oft einzelne Arbeitspakete
an unterschiedliche Firmen vergeben werden, wird auf die
Identifikation von Effizienzsteigerungspotenzialen durch
Ausnutzung von Synergien unbewusst verzichtet. Hier können
nur übergeordnete Strukturen helfen, welche nicht nur über ein
Projekt, sondern über das gesamte Vorhaben die Verantwortung für optimierte Energie- und Medienversorgungsanlagen
haben. Erst die Einbeziehung aller verbundenen Systeme
ermöglicht die bestmögliche Auslegung von Anlagen, damit
diese die Mehrzahl der Stunden im optimalen Betriebspunkt
arbeiten. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass meist eine
Kette an «Sicherheitsfaktoren» den tatsächlichen Anforderungen hinzugefügt werden. Als Resultat ergeben sich überdimensionierte Aggregate, welche im Teillastbereich in unwirtschaftlichen Betriebsbereichen operieren müssen und unter
Umständen sogar den Produktionsprozess gefährden. Hier ist
es besonders wichtig, mit Erfahrung und vernünftigem Augenmass dieser Entwicklung von Anfang an gegenzusteuern.
Für Effizienzbetrachtungen gleicher Anlagen untereinander
kann man sich der EnPIs (Energy Performance Indizes)
bedienen, welche aus Herstellerdaten errechnet werden
können, aber idealerweise im tatsächlichen Betrieb gemessen
werden sollten.
· Bereitstellung der notwendigen
Ressourcen
· Verwirklichung der Massnahmen
· Kommunikation innerhalb des
Unternehmens
· Überprüfung
· Analyse
· Korrektur- und Vorbeugemassnahmen
· interne Audits
· Energieberichte
ein ähnliches Gesetz im Entstehen. Einer der wichtigsten Kernpunkte der neuen Norm ist die strukturierte Erfassung der
Energieverbräuche, um daraus einen detaillierten Massnahmenkatalog abzuleiten. Gemäss dem Zirkel «Plan – Do – Check –
Act» (Abb. 1) ergibt sich nicht nur die Notwendigkeit, Massnahmen zu erfassen, umzusetzen und zu kommunizieren, sondern
diese auch auf Wirksamkeit hin zu kontrollieren und gegebenenfalls nachzubessern.
Hauptsache Nebensache
Es ist natürlich verständlich, dass bei neuen Projekten das
Hauptaugenmerk auf die Produktionsanlagen selbst gelegt
wird. Faktum ist aber auch, dass je früher Energieeffizienz
thematisiert wird, desto besser auf die speziellen Anforderungen eingegangen werden kann. Chemgineering hat es sich
zum Ziel gesetzt, Nebenanlagen wie Energie- und Medienversorgung einen angemessenen Stellenwert einzuräumen.
Standardprojekte werden gezielt unter der Führung der Gruppe
Energie & Infrastruktur nach Gesichtspunkten der Energieeffizienz untersucht und Optimierungspotenziale kommuniziert.
Selbstverständlich sind auch reine Energieoptimierungs- oder
Infrastrukturprojekte Aufgabenbestandteil des Dienstleistungsportfolios. Kontaktieren Sie uns, wir beraten Sie gerne.
1 Austrian Energy Agency, http://www.energyagency.at
2 Ch. Galitsky, et.al.; Energy Efficiency Improvement and Cost Saving Opportunities
for Pharmaceutical Industry; Ernest Orlando Lawrence Berkeley National Laboratory;
March 2008
Dr. Alexander Slanina
PDCA­Managementsysteme
Während die ISO 14001 die Umweltleistung einer Organisation
definiert, kann die ISO 50001 (seit 2012 als Nachfolgerin der
DIN EN 16001) für den systematischen Aufbau von Energiemanagementsystemen herangezogen werden. In Deutschland ist
sie schon Grundbedingung für die teilweise Befreiung von der
EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz), in Österreich ist
Gruppenleiter Energie & Infrastruktur
Chemgineering – The Technology Designers
[email protected]
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
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The Business Designers
Der Grosshandel
mit Humanarzneimitteln
Die Einführung der GDP-Leitlinien 20131 im deutschen Rechtsraum
Die erste Fassung der Leitlinien für die gute Vertriebspraxis (Good Distribution Practices, GDP) von 19942 ist durch
eine Aktualisierung ersetzt worden, welche am 8. September 2013 in der Europäischen Union in Kraft getreten ist.
Es wird in diesem Artikel erörtert, welche neuen Anforderungen vorliegen und wie diese mit einer gezielten Lücken­
analyse (Gap­Analyse) in das bestehende Qualitätsmanagementsystem integriert werden können.
Einleitung
Die Europäische Kommission erliess erstmalig 1994 die
Leitlinien für die gute Vertriebspraxis. Seit deren Erscheinen
sind die Vertriebswege im Rahmen von globalen Kooperationen
und weitverzweigten Herstellungsprozessen vielfältiger und
unübersichtlicher geworden. Das Eindringen gefälschter
Arzneimittel in die legale Handelskette ist zu einem weltweiten
Problem geworden. Damit ist die Handelskette zunehmend
in den Fokus der überwachenden Behörden gerückt. Mit der
«Fälschungsrichtlinie» 2011/62/EU wurden wesentliche
Aspekte des Vertriebs von Humanarzneimitteln überarbeitet.
Hervorzuheben sind die folgenden Neuerungen:
· Definition des gefälschten Arzneimittels3
· Definition der Arzneimittelvermittlung4
4
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
· Registrierungspflicht für Arzneimittelvermittler5
· Anforderungen an Arzneimittelvermittler6
· Einführung von Sicherheitsmerkmalen für verschreibungspflichtige Arzneimittel7
· Führung von Chargennummern in den Bezug- und Abgabebelegen von Arzneimitteln, die die Sicherheitsmerkmale tragen8
· Einführung des Risikomanagements9
· Regelungen zum Versandhandel10
In diesem Zusammenhang sind die GDP-Leitlinien überarbeitet
worden. Die Neuregelungen zielen darauf ab, dass das
Eindringen von gefälschten Arzneimitteln in die legale Lieferkette verhindert oder zumindest erschwert wird. Die GDPLeitlinien 2013 begründen in sich keine über die in der Richtlinie
2001/83/EG gemachten Anforderungen. Sie regeln, wie diese
umzusetzen sind. Der Geltungsbereich erstreckt sich auf
Humanarzneimittel. Es ist dabei unerheblich, ob der Vertrieb
innerhalb Deutschlands, innerhalb der Europäischen Union
oder in Drittländer erfolgt. Davon betroffen sind Grosshandelsbetriebe, Vermittler und Hersteller von Arzneimitteln. Die GDPLeitlinien 2013 gelten nicht für den Vertrieb von Arzneimitteln
für die klinische Prüfung, Veterinärarzneimittel und den
Transport von Halbfertigwaren innerhalb von Herstellungsstätten eines Herstellers oder zwischen den Betriebsstätten
von verschiedenen Herstellern.
Anforderungen der GDP­Leitlinien 2013
Qualitätsmanagementsystem
Die GDP-Leitlinien 2013 orientieren sich sowohl in der Struktur
als auch im inhaltlichen Aufbau an den EG-GMP-Leitlinien. Die
folgenden Elemente des Qualitätsmanagements aus der Welt
der «Guten Herstellungspraxis» sind in die Welt der «Guten
Vertriebspraxis» aufgenommen worden:
· Änderungskontrollsystem
· Abweichungsmanagement
· Korrektur- bzw. Vorbeugemassnahmen (CAPA)
· Regelung der Verwaltung ausgelagerter Tätigkeiten
· Überprüfung des Qualitätssicherungssystems durch die
Geschäftsführung
· Risikomanagement
Mit der Einführung des Risikomanagements sind bislang
vorliegende Regelungen neu zu bewerten. Das bedeutet:
Reichte es früher aus, Abläufe und Verfahren festzulegen und
zu beschreiben, muss nun teilweise, zum Beispiel bei der
Rücknahme von Arzneimitteln, begründet werden, warum
eine Regelung so und nicht anders getroffen worden ist.
Personal
Die verantwortliche Person ist mit einem Katalog an Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten ausgestattet worden. Sie
kann bestimmte Aufgaben delegieren, nicht aber die Verantwortung abgeben. Für die verantwortliche Person sowie für
Mitarbeiter in Schlüsselpositionen sind Aufgabenbeschreibungen erforderlich.
Für alle Mitarbeiter sind Schulungen zur Einarbeitung und
eine ständige Weiterbildung vorzusehen. Die Schulungsaktivitäten sind anhand schriftlicher Verfahren festzulegen.
Für alle Mitarbeiter ist ein Schulungsprogramm zu erstellen.
Die Schulungen sind auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.
Betriebsräume und Ausrüstung
Die Eignung der Betriebs- und Lagerräume ist durch eine
Temperaturverteilungsstudie unter repräsentativen Bedingungen zu belegen.
Gefälschte Arzneimittel, abgelaufene und zurückgewiesene
Produkte sind physisch abzusondern und in einem eigenen
Bereich zu lagern. Arzneimittel aus Drittländern, die nicht für
den Unionsmarkt bestimmt sind («Import for Export»), sind
ebenfalls physisch getrennt zu lagern.
Wird die physische Trennung durch die Verwaltung mittels
eines computergestützten Systems gewährleistet, so ist dieses
zu validieren.
Sämtliche Ausrüstungsgegenstände, die einen Einfluss auf die
Lagerung und den Vertrieb von Arzneimitteln haben, sind
formalisierten Verfahren bezüglich der Reparatur, Wartung und
Kalibrierung zu unterwerfen. Hierzu werden Gerätschaften
gezählt, die der Überwachung von Umgebungsbedingungen
dienen, sowie sämtliche temperaturführenden Systeme wie
zum Beispiel Klimaschränke. Auch Einbruchmeldesysteme und
Zugangskontrollsysteme werden aufgeführt.
Ein neues Kapitel ist computergestützten Systemen gewidmet.
Diese sind im Grunde entsprechend dem Annex 11 der
EG-GMP-Leitlinien zu verifizieren. Wie kann eine Umsetzung
aussehen? Es erscheint vernünftig, zunächst sämtliche
computergestützte Systeme zu erfassen (IST-Zustand).
Danach sollten die Systeme entsprechend den anerkannten
GAMP511 -Regularien kategorisiert werden. Darauf aufbauend
kann dann die Verifizierung erfolgen.
Die Validierungs- und Qualifizierungsaktivitäten sind auf der
Basis eines «dokumentierten Risikobewertungsansatzes»
festzulegen. Das heisst im Klartext, dass der Betreiber hier
abgestufte Aktivitäten in Betracht ziehen kann.
Mit der erfolgreichen Validierung bzw. Qualifizierung sind
Ausrüstungen und Schlüsselverfahren der Änderungskontrolle
zu unterwerfen, um den validierten bzw. qualifizierten Status
aufrechtzuerhalten.
Dokumentation
Ziel der Dokumentation ist es, eine eindeutige Nachverfolgbarkeit aller Bezüge, der Lagerung und der Abgabe zu ermöglichen
sowie alle sonstigen betrieblichen Aktivitäten transparent
darzulegen.
Dokumente (Vorgabedokumente, Aufzeichnungen) sind im
Wesentlichen von der verantwortlichen Person zu genehmigen.
Diese rückt damit in den Mittelpunkt aller Aktivitäten, die unter
die Begrifflichkeit des Grosshandels fallen.
Betrieb
Ein eigenständiges Kapitel ist dem Betrieb gewidmet. Im
Grundsatz ist im laufenden Betrieb zu gewährleisten, dass
· die Identität eines Arzneimittels in der Vertriebskette nicht
verloren geht,
· der Vertrieb entsprechend den (Lager-)Vorgaben auf der
äusseren Umhüllung erfolgt,
· das Risiko des Eindringens gefälschter Arzneimittel in die
legale Lieferkette minimiert wird.
Die in der Europäischen Union vertriebenen Arzneimittel
müssen über eine Zulassung verfügen. Sofern ein Arzneimittel
aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführt wird, muss dem
Zulassungsinhaber und der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates, in welchen das Arzneimittel eingeführt werden soll,
die Absicht zur Einfuhr des Arzneimittels mitgeteilt werden.
Zulieferer müssen qualifiziert werden. Für in der Europäischen
Union ansässige Unternehmen gilt hierbei grundsätzlich eine
Erlaubnispflicht.12 Ferner ist eine Due-Diligence-Prüfung des
Zulieferers durchzuführen. Das ist eine risikobasierte Eignungsprüfung, ob die angebotene Dienstleistung entsprechend den
rechtlichen Vorgaben zuverlässig und nachvollziehbar erbracht
werden kann. Die zu überprüfenden Kriterien sind Ansehen
und Zuverlässigkeit des Zulieferers, Fälschungswahrscheinlichkeit sowie ungewöhnliche Mengen und Preise angebotener
Arzneimittel.
Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass
die Auswahl der Zulieferer nicht mehr im Ermessen des
Einkaufs liegt. Zulieferer sind durch die verantwortliche Person
zu genehmigen.13
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
5
Auch Kunden sind zu qualifizieren. Sofern an einen weiteren
Grosshändler geliefert wird, muss dieser über eine behördliche
Erlaubnis verfügen. Die Abgabe an Partner, die zur Abgabe an
den Endverbraucher befugt sind, ist ebenfalls erlaubt (zum
Beispiel Apotheken, Einzelhändler freiverkäuflicher Arzneimittel, Tierärzte).
Die seit Langem in der EU-Richtlinie 2001/83/EG formulierte
Verpflichtung, dass in einem anderen Mitgliedstaat geprüfte
und freigegebene Chargen von Arzneimitteln bei der Einfuhr
durch einen Kontrollbericht begleitet werden müssen,14
soll jetzt ebenfalls umgesetzt werden. Die Ausgestaltung des
Berichtes ist aber noch nicht festgelegt.
Die Lagerung von Arzneimitteln bleibt unberührt. Neu ist die
Verpflichtung zur Durchführung von Inventuren.
Unregelmässigkeiten im Lagerbestand sind zu untersuchen.
Über die vernichtete veraltete Ware sind Aufzeichnungen zu
führen. Dies soll eine missbräuchliche Verwendung verworfener
Arzneimittel unterbinden.
Die einer Lieferung beiliegende Dokumentation muss ab dem
Jahr 2017 die Chargennummern der Arzneimittel, welche die
Sicherheitsmerkmale tragen, aufführen.15 Die tatsächlichen
Lagerorte und Empfangsadressen sind auf den der Lieferung
beigefügten Unterlagen anzugeben.
Die Ausfuhr in Drittländer (Länder ausserhalb der Union) unterliegt in vollem Umfang dem Begriff des Grosshandels mit
Arzneimitteln. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass in Drittländern
nur berechtigte Personen und Unternehmen beliefert werden.
Beschwerden, Rückgaben, Verdacht auf gefälschte Arzneimittel, Arzneimittelrückrufe
Es ist zu unterscheiden zwischen Beschwerden, welche die
Qualität des Arzneimittels betreffen, und solchen, die den
Vertrieb betreffen. In jedem Fall ist der Ursache der Beschwerden nachzugehen.
6
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
Die Rückgabe von Arzneimitteln ist neu geordnet worden. Zwar
gilt nach wie vor der Überprüfungskatalog der AM-HandelsV16.
Dieser wird nun ergänzt durch eine risikobasierte Herangehensweise zur Überprüfung der Verkehrsfähigkeit. Der angegebene
Zeitrahmen von 10 Tagen zu Rücknahme mag hier eher als
Erwartungshorizont denn als feste Vorgabe gewertet werden.
Für Arzneimittel, die eine Lagerung bei besonderen Temperaturen erfordern, müssen darüber hinaus Nachweise existieren,
dass eine Lagerung während des gesamten Zeitraumes bei den
zulässigen Lagerungsbedingungen erfolgt ist.
Die Definition für gefälschte Arzneimittel findet sich seit der
nationalen Implementierung der Fälschungsrichtlinie 2011/62/
EC im deutschen Arzneimittelgesetz.17 Für den Grosshandel
relevant ist hierbei die Definition, dass eine Fälschung bereits
dann vorliegt, wenn falsche Angaben über den Vertriebsweg
vorliegen. Sollten gefälschte Arzneimittel entdeckt werden,
sind die zuständigen Behörden und der Zulassungsinhaber
unverzüglich zu informieren.
Die Wirksamkeit der Vorkehrungen für die Durchführung von
Arzneimittelrückrufen ist nun einmal pro Jahr zu überprüfen
(«Mock-Recall»).
Ausgelagerte Tätigkeiten/Tätigkeiten im Auftrag
Erfasst werden alle Tätigkeiten, die unter den Begriff des
Grosshandels fallen.18 Es ist ein Vertrag abzuschliessen.
Angemietete Vertriebsräume sollten über eine eigenständige
Grosshandelserlaubnis verfügen. Zur Qualifizierung des
Auftragnehmers sowie bei jeder Änderung der beauftragten
Tätigkeit sollte ein (risikobasiertes) Audit durchgeführt
werden.
Selbstinspektionen
Die Durchführung von Selbstinspektionen ist bereits seit
Langem in der AM-HandelsV geregelt.19 Der Umfang der durch
die Selbstinspektion abzudeckenden Themenbereiche und
die Organisation sind jetzt festgelegt worden. Die Berichte der
Selbstinspektionen sind der Geschäftsführung vorzulegen.
Transport
Für den Transport sind wenige Grundsätze von Bedeutung:
· Die auf der Verpackung angegebenen Lagerbedingungen sind
für alle Arzneimittel während des Transportes einzuhalten.
· Der ausliefernde Grosshändler ist verantwortlich für die
Einhaltung angemessener Transportbedingungen.
· Bei Abweichungen bei der Einhaltung der Transporttemperaturen sind risikobasierte Bewertungen hinsichtlich der
Verkaufsfähigkeit der Arzneimittel durchzuführen.
Daraus folgt, dass der ausliefernde Grosshändler den Transportweg kennen und einer entsprechenden Risikoanalyse unterwerfen muss. Die bislang gepflegte Argumentation, dass mit der
Abgabe der Arzneimittel an den Spediteur die Verantwortung für
die Ware endet, dürfte zukünftig nicht mehr haltbar sein.
Um die neuen Anforderungen bezüglich des Transportes
abzudecken, ist eine Qualifizierung der eingesetzten Behältnisse und Fahrzeuge durchzuführen. Kurzum, der Transport ist
als «bewegte» Lagerung anzusehen und somit als qualitätsrelevanter Prozess zu qualifizieren.
Bei temperaturempfindlichen Arzneimitteln sind auf Verlangen
des Kunden Angaben zur Einhaltung der vorgegebenen
Transporttemperatur auszuhändigen. Diese Forderung dürfte
auf eine 100-prozentige Kontrolle der Transporttemperatur
bei kühl- und kühlkettenpflichtigen Arzneimitteln hinauslaufen.
Für nicht temperaturempfindliche Arzneimittel ist ein risikobasierter Ansatz zu wählen. Eine Temperaturüberwachung
während kritischer Passagen bzw. extremer klimatischer
Gegebenheiten ist sinnvoll (Bracketing-Ansatz).
Besondere Vorschriften für Vermittler
Arzneimittelvermittlung ist «jede berufs- oder gewerbsmässig
ausgeübte Tätigkeit von Personen, die, ohne Grosshandel
zu betreiben, selbstständig und im fremden Namen mit Arzneimitteln […], die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind,
handeln, ohne tatsächliche Verfügungsgewalt über diese
Arzneimittel zu erlangen.»20
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20
Die wesentliche Frage bei der Einstufung als Vermittler dürfte
die Ausübung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die
Arzneimittel sein. Der Arzneimittelvermittler darf im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur tätig werden, wenn er seinen Sitz
im Geltungsbereich dieses deutschen Gesetzes, in einem
anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem
anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (Island, Liechtenstein, Norwegen) hat.
Er muss seine Tätigkeit bei der zuständigen Behörde anzeigen.
Ein grundlegendes Qualitätssicherungssystem ist aufrechtzuhalten.
Durchführung einer Lückenanalyse (Gap-Analyse)
Die GDP-Leitlinien 2013 gehen in ihren Detailregelungen
deutlich über die GDP-Leitlinien 1994 hinaus. Darüber hinaus
sind mit der Einführung des Risikomanagementsystems, des
Änderungskontrollsystems, des Abweichungsmanagements
und des CAPA-Gedankens eine grundsätzliche Neustrukturierung der Abarbeitung betrieblicher Vorgänge erforderlich.
Es ist sinnvoll, eine systematische Lückenanalyse (englisch:
Gap-Analysis) vorzunehmen, um das Qualitätsmanagement
anzupassen. Diese kann für die einzelne Fragestellung wie folgt
vorgenommen werden:
Anforderung: Welche neue Anforderung liegt vor?
Anwendbarkeit: Ist die neue Anforderung für den Betrieb
anwendbar?
Identifizierung: Welche Dokumente sind anzupassen?
Beschreibung: Was genau muss geändert werden?
Risikorelevanz: Ist die Regelung dem Risikomanagementsystem zu unterwerfen?
Aktualisierung: Formulierung der Änderung
Verantwortlichkeit: Wer ist für die Anpassung verantwortlich?
Zeitlimit: Bis wann muss die Umsetzung erfolgen?
Fazit
Die GDP-Leitlinien 2013 für den Grosshandel mit Humanarzneimitteln sind ab September 2013 umzusetzen.
Mit den GDP-Leitlinien 2013 nähern sich die Anforderungen
an den GMP-Standard an.
Die Chemgineering unterstützt Sie bei der Umsetzung mit
spezifischem Know-how zur guten Vertriebspraxis mit eigener
Erfahrung aus Industrie und behördlicher Überwachung.
Leitlinien vom 7. März 2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (2013/C 68/01) («GDP-Leitlinien 2013»).
Leitlinien für die Gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (94/C 63/03).
Artikel 1 Nr. 33 der Richtlinie 2001/83/EG.
Artikel 1 Nr. 17a der Richtlinie 2001/83/EG.
Artikel 85b Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG.
Artikel 85b der Richtlinie 2001/83/EG.
Artikel 54a der Richtlinie 2001/83/EG.
Artikel 80(e) letzter Spiegelstrich der Richtlinie 2001/83/EG.
Artikel 80(h) der Richtlinie 2001/83/EG.
Artikel 85(c) ff. der Richtlinie 2001/83/EG.
Dr. Martin Melzer
GAMP 5, A Risk-based Approach to Compliant GxP Computerized Systems, ISPE.
Senior Consultant GMP Compliance
Artikel 77 Absatz 1 der Richtlinie 2001/83/EG
Chemgineering
– The Business Designers
GDP Leitlinien 2013, Kapitel 2.2 Satz 9 (vi).
Artikel 51 Absatz 1 b Satz 3 der Richtlinie 2001/83/EG.
[email protected]
Siehe auch § 4 a Abs. 2 Nr. 5 sowie § 6 Abs.2 Nr. 4 AM-HandelsV.
§ 7c Absatz 3 AM-HandelsV.
§ 4 Absatz 40 AMG.
§ 4 Absatz 22 AMG, vergleiche auch Artikel 1 Nr. 17 der Richtlinie 2001/ 83 / EG.
§ 7c AM-Handels-V.
§ 4 Abs. 22a Arzneimittelgesetz.
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The Technology Designers
Achtung, hochaktiv!
Verpackung von hochaktiven Substanzen – Grundlagen, Herausforderungen und Lösungsansätze
Nahezu 50 Prozent der marktgängigen Arzneimittel bestehen bereits aus hochaktiven Pharmawirkstoffen und aktuelle
Schätzungen zeigen, dass der Anteil solcher Wirkstoffe künftig beträchtlich ansteigen wird. Doch was sind eigentlich
hochaktive Wirkstoffe? Was ist im Umgang mit ihnen zu beachten? Dieser Artikel gibt Ihnen eine Einführung und zeigt
auf, wie Verpackungsanlagen für solide Darreichungsformen und deren Umgebung ausgerüstet sein müssen, um einen
adäquaten Personen­ und Umgebungsschutz zu bieten.
Hochaktive Wirkstoffe zeichnen sich durch eine hohe pharmakologische Wirkungsweise bei geringen Dosen und meist
abnehmender Löslichkeit aus. Beispiele stellen Zytostatika,
Antibiotika und Hormone dar. Auch wenn keine harmonisierte
Definition hochaktiver Substanzen existiert, ist es unumstritten,
dass bei deren Verwendung höchste Vorsicht geboten ist.
Hauptaugenmerk liegt bei der Handhabung solcher Substanzen sowohl auf dem Personen- und Umgebungsschutz als
auch auf dem Produktschutz. Im Folgenden wird eine Methodik
erläutert, anhand derer die Schutzmassnahmen eindeutig
bestimmt werden können.
Drei simple Schritte – eine Containment­Strategie
Schritt 1
Um eine erste grobe Einstufung des Gefährdungspotenzials
einer Substanz zu erhalten, wird das sogenannte Occupational
Exposure Limit (OEL) bestimmt. Dieses quantifiziert die Menge
Wirkstoff je Normkubikmeter Atemluft, der ein Mensch über
acht Stunden ausgesetzt sein darf, ohne dass seine Gesundheit beeinträchtigt wird. Da Anlagen nicht für einzelne
8
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
Grenzwerte, sondern für Grenzwertbereiche geplant werden,
ordnet man das ermittelte OEL in sogenannte Occupational
Exposure Bands (OEB) ein. Diese werden in der Praxis und im
Verlauf des Artikels als Hazard Groups bezeichnet. Abbildung 1
veranschaulicht ein Beispiel zur Kategorisierung. Stoffe mit
einem OEL kleiner als 10 µg/m3 werden mehrheitlich als hochaktiv bezeichnet, allerdings ist die Definition den Pharmazeuten
überlassen.
Schritt 2
Um Risiken im Umgang mit hochaktiven Substanzen zu
erkennen und geeignete Schutzmassnahmen, im Folgenden
Containment-Strategien (CS), ableiten zu können, ist es
unabdingbar, einen risikobasierten Ansatz zu wählen.
Neben der Hazard Group hängt das Gefährdungspotenzial
von Substanzen von weiteren Faktoren ab:
· Staubpotenzial
· Dauer des Prozessschritts
· Substanzmenge pro Charge
Abb. 1: Schritt 1 – Bestimmung der Hazard Group
F
<0,01
0,01 – <1
E
Ge
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ng
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ot
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zia
l
1 – <10
D
10 – <100
C
100 – <1000
B
>1000
A
Hazard Group
OEB (µg/m3)
Abb. 2: Schritt 2 – Ermittlung des Expositionspotenzials
Menge an Substanz
(pro Charge)
Klein (g – 10 kg)
Mittel (10 – 100 kg)
Gross (> 100 kg)
Staubpotenzial
Prozessdauer
Gering1
· Pellets
· Kapseln
· Tabletten
Mittel2
· Kristalline
· körnige Feststoffe
· Granulat
Hoch3
· feine, leichte Puder
· trockene Pulver
EP 1
EP 1
EP 2
kurz (< 30 Min)
EP 1
EP 2
EP 3
lang (> 30 Min)
EP 1
EP 2
EP 3
kurz (< 30 Min)
EP 2
EP 3
EP 3 – 4
lang (> 30 Min)
EP 2
EP 3
EP 3
kurz (< 30 Min)
EP 3
EP 4
EP 4
lang (> 30 Min)
1 Geringe Menge an Staub sichtbar während der Verarbeitung
2 Staub ist während der Verarbeitung sichtbar, setzt sich aber schnell ab
3 Bei der Verarbeitung bilden sich Staubwolken, die mehrere Minuten in der Luft bleiben
Nach der Ermittlung des OEL und der Einordnung in die Hazard
Group folgt im zweiten Schritt die Bestimmung des Expositionspotenzials (EP). Siehe hierzu Abbildung 2. Nun werden
die Substanzmenge, das Staubpotenzial und die Prozessdauer
miteinander verknüpft.
Schritt 3
Abschliessend wird das Expositionspotenzial mit der Hazard
Group verknüpft, wie in Abbildung 3 veranschaulicht.
Umsetzung je Containment­Strategie
Die CS 1 und CS 2 bedürfen keiner besonderen Massnahmen
hinsichtlich Personen- und Umgebungsschutz.
Der Produktschutz und die GMP-Anforderungen stehen
im Vordergrund.
Bei CS 3 und CS 4 muss ein Containment-System (geschlossene Handhabung) implementiert werden. Der Personen- und
Umgebungsschutz steht vor dem Produktschutz. Für CS 3
muss mindestens ein Restricted Access Barrier System (RABS)
installiert werden – bei CS 4 zumindest ein closed RABS oder
ein Isolator. Bei CS 3 sollte das Containment-System unter
negativem Druck betrieben werden, bei CS 4 ist dies unabdingbar. Grundsätzlich soll bei diesen Containment-Strategien
die Primärverpackung in einer Kabine erfolgen. Generell wird
für CS 3 und CS 4 ein Druckstufenkonzept, wie in Abbildung 4
vereinfacht dargestellt, empfohlen.
CS 5 hat ein enormes Gefährdungspotenzial. Hier sind mindestens die Anforderungen gemäss CS 4 anzuwenden. In der
Regel erfolgt bei CS 5 die Handhabung völlig automatisiert
in abgetrennten Bereichen ohne Personal.
Herausforderungen des Anlagendesigns
Neben der geeigneten Umgebung müssen bereits auf der
Anlage Vorkehrungen getroffen werden, um die Schutzziele zu
erreichen. Nicht in Vergessenheit geraten darf, dass diese nicht
nur im normalen Produktionsbetrieb, sondern auch im Störungsbetrieb und während technischer Instandhaltungsmassnahmen
sicher eingehalten werden müssen. Einerseits müssen die
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
9
Abb. 3: Schritt 3 – Festlegung der Containment­Strategie
Hazard Group
EP 1
EP 2
EP 3
EP 4
F
5
5
5
5
E
4
4
4
4
D
3
3
4
4
C
2
3
3
4
B
1
2
2
3
A
1
1
1
2
Abb. 4: Druckkaskadierung für CS 3 und CS 4
0
+
Luftströmung
++
–
Schleuse
––
Reinraum
Anlage
 Druckkaskade [p]
Staubbildung und der Reinigungsaufwand gering gehalten
werden, andererseits ist den spezifischen Anforderungen
des Produkts gerecht zu werden. Generell ist es empfehlenswert, ein sogenanntes Zwei-Barrieren-Konzept anzuwenden.
Hauptgedanke dieses Konzepts ist es, durch die sinnvolle
Kombination mehrerer, aber jedoch mindestens zweier Schutzeinrichtungen eine ausreichende Sicherheit zu gewährleisten.
Durch die Anwendung dieses Konzepts wird sichergestellt,
dass bei Ausfall einer Barriere oder bei einer Havarie Personen
und Umgebung durch eine weitere Barriere geschützt sind.
Mögliche Barrieren, die in Kombination miteinander angewendet werden, sind:
· Statische Barrieren: Maschinenabdeckungen und
-verkleidungen mit oder ohne lokale Absaugungen,
Primärverpackung in einer separaten Kabine etc.
· Dynamische Barrieren: Speziell konzipierte Mouseholes
beim Zonenübergang (Primär- zu Sekundärverpackung)
bzw. beim Verlassen des Containments. Zu den möglichen
Barrieren zählt auch die persönliche Schutzausrüstung
(PSA) der Mitarbeiter. Generell bilden technische Lösungen
die sicherere und langfristigere Lösung, jedoch kann PSA
auch gut in Kombination mit diesen angewendet werden.
Was heisst das für eine Blisteranlage?
Ein grosses Problem liegt in der Gefahr der Verschleppung
und Ausbreitung von hochaktivem Material, ausgehend vom
Containment, z.B. durch den Transport der Blisterfolien in
das und aus dem Containment über die dafür erforderlichen
Mouseholes. Mit der richtigen Konzeption der Mouseholes
(Luftführung, Druckstufenkonzept etc.) zwischen Containment
und Umgebung kann die Gefahr der Verschleppung von
hochaktivem Material verhindert werden.
Verbesserungspotenzial besteht zudem bei der Installation
der Kamera zur Füllgutkontrolle. Diese ist in ihrer Standardausführung sehr komplex und eher sensibel gegenüber
Reinigungsmitteln.
Verpackungsarten – ein Vergleich
Für die Verpackung von soliden, hochaktiven Substanzen
eignen sich vor allem Blister, Flaschen und Stickpacks. Die
Wahl der geeigneten Verpackungsart für hochaktive Arzneimittel trägt wesentlich zum Schutz von Personen und Umgebung
bei. So eignen sich beispielsweise Stickpacks sehr gut für
Pulver und Puder, jedoch sind spätestens ab CS 4 nur gepresste Formen (z.B. Tabletten oder Kapseln) einzusetzen. Die
Containment-Grösse bei Flaschen- und Stickpack-Anlagen
ist im Gegensatz zu jener der Blisteranlagen gering. Blisterverpackungen haben den grossen Vorteil, dass die Arzneimittel
einzeln entnommen werden können. Bereits dieser kleine
Exkurs zu den Verpackungsarten verdeutlicht, dass aufgrund
spezifischer Produkteigenschaften und einzelner Vor- und
Nachteile der genannten Verpackungsarten die geeignete
Verpackung im Einzelfall zu bestimmen ist. Sicherlich sind hier
auch Packmittel-Neuentwicklungen in Betracht zu ziehen.
Schlussendlich stehen die Arzneimittelhersteller in der Sorgfaltspflicht. Es wird erwartet, dass in naher Zukunft das
Interesse der Behörden steigen wird und striktere Vorgaben
und Marktstandards veröffentlicht werden. Chemgineering
verfügt in diesem Gebiet aufgrund laufender und realisierter
Projekte sowie durch die Erarbeitung von ContainmentGuidelines für die Verpackung von hochaktiven Arzneimitteln
für global operierende Pharmahersteller bereits über einen
grossen Erfahrungsschatz.
Vera Hangst
Projektingenieurin
Eine weitere Herausforderung stellt bei konventionellen
Blisteranlagen die Siegeleinheit dar. Diese muss aus Schutzgründen (Verschluss der Blister) innerhalb des Containments
installiert werden. Aufgrund ihrer Komplexität und Abkühldauer führt dies jedoch zu Verlust von verfügbarer Prozesszeit
für die Verpackung bei Wechsel des Blisterformats.
10
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
Chemgineering – The Technology Designers
[email protected]
The Business Designers
Data­Mining: Wissen Sie,
was in Ihren Daten steckt?
Informationsvorsprung und Effizienzgewinn durch Datenanalyse
Immer mehr Unternehmen realisieren das Potenzial der heute verfügbaren Datenmengen insbesondere im Hinblick
auf den potenziellen betriebswirtschaftlichen Nutzen, der aus einer Datenauswertung gezogen werden kann.
Das immer grösser werdende Datenvolumen, welches beispielsweise während einer gesamten pharmazeutischen
Produktentwicklung bis hin zur Vermarktung generiert wird, zieht die Suche nach schnelleren und effizienteren
Analysemethoden nach sich. Data­Mining befasst sich mit Methoden und Algorithmen zur Analyse von Mustern und
Abhängigkeiten in Daten mit dem Ziel, diese für Vorhersagen und damit für schnellere und sinnvollere Entscheidun­
gen und Massnahmen auf allen Geschäftsebenen zu nutzen.
Der Data­Mining­Prozess
«Wir ertrinken in Informationen, aber wir hungern nach
Wissen …»1 (J. Naisbitt)
Die Fortschritte auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologien haben die Grundlage geschaffen, um
Daten massenhaft aufzunehmen und zu speichern.
Oftmals weiss man zunächst gar nicht, wonach man eigentlich
sucht, und vielfach bleiben bis dato generierte Daten ungenutzt
und die darin enthaltenen Zusammenhänge verborgen; d.h., in
grossen Datenmengen liegen oftmals «versteckte» Informationen, welche nutzlos sind, solange sie nicht herausgefiltert und
interpretiert werden können.
Das Verfahren des Data-Minings (engl. «to mine» = schürfen,
graben, abbauen) bietet eine Reihe von unterschiedlichen,
leistungsstarken Verfahren und Werkzeugen an, um aus riesigen
Datenmengen interessante Beziehungen, Regelmässigkeiten
oder Unregelmässigkeiten, Muster und Zusammenhänge mittels
Computeralgorithmen zu extrahieren, aus denen durch
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
11
Abb. 1: Etappen des Data­Minings
Interpretation/
Evaluation
Data­Mining
Transformation
Daten­
Vorverarbeitung
Selektion
Original­Daten
Ziel­Daten
bereinigte
Daten
bereinigte/
transformierte
Daten
Muster
Wissen/
Information
Selektion: Auswahl der geeigneten Datenmengen (Benutzerziele)
Datenvorverarbeitung: Normalisieren, Skalierung, Ausreisser, Entfernen von Störsignalen
Transformation: Umwandlung in adäquate Datenformate, Dimensionsreduktion
Data­Mining: Regression, Klassifikation, Clusteranalyse, Assoziationsanalyse, Mustersuche
Interpretation/Evaluation: Interpretation der Ergebnisse und Auswertung, Dokumentation und Visualisierung, Iteration falls notwendig
geeignete Interpretation Wissen abgeleitet werden kann.
Hierbei handelt es sich um ein interdisziplinäres Feld, welches
Konzepte des maschinellen Lernens, der Mustererkennung,
Statistik, künstlichen Intelligenz und von Datenbanksystemen
miteinander verbindet.
Die klassischen statistischen Methoden (deskriptive und
induktive Statistik) setzen formulierte Hypothesen voraus,
wonach die sehr aufwendige Analyse der Zusammenhänge
anschliessend manuell erfolgt. Data-Mining erlaubt die
automatisierte Bearbeitung hoher Datenmengen mit zahlreichen Merkmalen und hoher Dimensionalität wie beispielsweise
Sequenzdaten, Zeitseriendaten, Graphen, Bilder, Text und
Webdaten und geht aufgrund der Integration von Methoden
aus der künstlichen Intelligenz sowie des maschinellen
Lernens weit über die Statistik hinaus.
Der Analyseprozess in der Praxis
Im Vorfeld des Prozesses werden Wissen über den gewünschten Anwendungsbereich gesammelt sowie die Zielsetzung der
Analyse festgelegt und die Rahmenbedingungen analysiert
(Abb. 1).
12
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
Während der Datenselektion wird geprüft, welche Daten, die
vom Anwender für die angeforderte Analyse geeignet erscheinen, verfügbar sind, um das durch den Anwender gesetzte
Ziel zu erreichen. Daten werden in diesem Schritt determiniert
und aus den gegebenen Datenquellen extrahiert, wobei sich
hierbei die Auswahl auf eine repräsentative Teildatenmenge
des Gesamtdatenbestands beschränken kann. In der Phase
der Datenvorverarbeitung wird die Qualität des Zieldatenbestands untersucht und ggf. durch den Einsatz geeigneter
Verfahren auf einen homogenen Stand gebracht. Rauschen
und Unschärfen werden hierbei entfernt, falsche Daten und
Ausreisser erkannt und bereinigt. Im Rahmen der Datentransformation wird der analyserelevante Zieldatenbestand in ein
Datenbankschema transformiert, welches von dem verwendeten Data-Mining-System verarbeitet werden kann. Darauffolgend wird, nach Analyse der Aufgabe (z.B. Klassifizierung oder
Cluster-Bildung), das Data-Mining-Verfahren angewendet
und mit der Suche nach interessanten Mustern in den Daten
begonnen. Letztendlich folgt die Evaluation und Interpretation
der gefundenen Muster und Beziehungen, wobei die Kriterien
nicht-trivial, bisher unbekannt und potenziell nützlich gelten
sollen.
Aufgabenstellung und Einsatzgebiete
Die Analyse von Massendaten mittels Data-Mining-Werkzeugen wird bereits in diversen Einsatzgebieten wie z.B. Marketing
und Vertrieb, Forschung und Entwicklung sowie Produktion
angewandt. Dabei werden Datenbestände nach Mustern,
Strukturen, Beziehungen und Regelmässigkeiten untersucht.
Da es sich beim Data-Mining um einen kreativen, dynamischen
Prozess handelt, werden laufend Hypothesen erstellt und
überprüft, wofür eine ganze Reihe unterschiedlicher Methoden
zur Verfügung steht.
Bei der Assoziationsanalyse werden verknüpfte Eigenschaften
in den Daten mittels Data-Mining-Verfahren ermittelt wie z.B.
interessante Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen
einzelnen Untersuchungsobjekten.
Ein verbreiteter Anwendungsbereich der Assoziationsanalyse
ist die Warenkorbanalyse in Supermärkten, um Zusammenhänge zwischen dem Kauf von unterschiedlichen Produkten
herzustellen und dadurch das Kaufverhalten des Kunden zu
untersuchen. Das folgende Verhaltensmuster ist ein klassisches Ergebnis einer Warenkorbanalyse: «Wenn Kunden
Kaffee und Milch kaufen, dann steigt die Wahrscheinlichkeit,
dass auch Kuchen mit eingekauft wird.» Ergo könnte eine
Marketingstrategie darin bestehen, Produkte, die besonders
häufig zusammen gekauft werden, auch in räumliche Nähe
zu bringen.
Klassifikationsanalysen haben zum Ziel, Datenobjekte, deren
Zugehörigkeit unbekannt ist, so korrekt wie möglich zu
klassifizieren. Folgende Klassifikationstechniken finden hierbei
Anwendung: Entscheidungsbäume, maschinelles Lernen,
regelbasierte Methoden, Nearest-Neighbour-Klassifikation,
statistische Verfahren (Bayes-Theorem), Support-VectorMaschinen und neuronale Netze. Praktische Anwendung
finden Klassifikationsanalysen beispielsweise in der Bewertung
der Kreditwürdigkeit von Bankkunden, wo mithilfe eines
Entscheidungsbaumes der Kunde bei der Kreditvergabe in
Zukunft anhand ausgewählter Faktoren wie Alter, Verschuldungsgrad, Einkommen als «kreditwürdig» oder «nicht
kreditwürdig» eingeordnet werden kann.
Im Fall der Clusteranalyse handelt es sich um ein multivariates
Verfahren der Datenanalyse. Ziel ist die Zusammenfassung
von ähnlichen Datenobjekten in Cluster. Dabei kann es sich
beispielsweise um Datensätze oder Messwerte handeln, die
gemeinsame Eigenschaften aufweisen, also homogen sind.
Im Gegensatz zur Klassifikationsanalyse sind die Klassen der
Objekte im Voraus nicht bekannt.
Vielfältige Anwendung findet die Clusteranalyse u.a. in der:
· Mustererkennung
· Datenkompression (Vektor-Quantisierung von Bild-,
Ton- oder Videodaten)
· Marktforschung (Kaufverhalten von Kunden erforschen)
· Bioinformatik (z.B. um Genexpressionsdaten zu clustern,
welche das Erkennen genetischer Muster für krankhafte
Veranlagung ermöglichen)
· effizienteres Suchen im WWW durch Clustern von Suchbegriffen
beispielsweise bei Krankheiten oder Betrugsfällen (Kreditkartendaten, Versicherungsbetrug).
Neben dem klassischen Data-Mining, wo im Allgemeinen die
Suche nach Mustern in strukturierten Datenbeständen wie
Tabellen oder Matrizen stattfindet, entstanden im Laufe der Zeit
erweiterte Formen wie das Web- oder Text-Mining.
Unter Web-Mining versteht man die Übertragung von Techniken des Data-Minings zur (teil-)automatischen Extraktion von
Informationen aus dem Internet, speziell dem World Wide Web.
Hierbei stehen die Analyse von Internetseiten und das Navigationsverhalten des Benutzers im Vordergrund.
Text-Mining ist der Prozess, in dem speziell designte Computerprogramme Texte auf Ähnlichkeiten hin analysieren und
klassifizieren und so Informationen aus einer grossen Textmenge extrahieren können. Dies ermöglicht es Wissenschaftlern,
diese Daten gründlicher zu analysieren, als es auf eine andere
Art und Weise überhaupt möglich wäre. Auch die FDA nutzt die
Verfahren des Text-Minings zum Zwecke der Pharmakovigilanz, wofür sie eigens ein computerisiertes Text-Mining-System
entwickelt hat. Dieses soll Wissenschaftlern helfen, Berichte
zu evaluieren, welche beim Vaccine-Adverse-Event-ReportingSystem VAERS2 eingereicht wurden, um Nachweise für
schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, die nach einer
Vakzinierung auftraten, zu erbringen.
Fazit
Data-Mining ist ein Verfahren, welches unterschiedliche
Werkzeuge anbietet, um grosse Datenmengen zu analysieren
und daraus Informationen zu gewinnen. Dadurch wird Wissen
generiert und durch datengestützte Entscheidungen, vorausschauendes Handeln und beschleunigte Prozesse an Effizienz
gewonnen. Die reine Masse an Daten und die technischen
Möglichkeiten der Integration und automatisierten Auswertung
allein bringen jedoch noch keinen Erkenntnisgewinn. Der
Anwender von Data-Mining-Verfahren muss ein fundiertes
Wissen über die zu analysierenden Daten, die damit verfolgte
Aufgabe und die zu erreichende Zielsetzung haben. Hierbei
ist eine sehr sorgfältige Bewertung und Validierung der
Ergebnisse vorzunehmen. Chemgineering kann Sie bei der
Auswahl und Validierung von Analysemethoden unterstützen,
und Ihnen damit einen Informationsvorsprung und Effizienzgewinn bieten.
1 Megatrends. Ten New Directions Transforming Our Lives. J. Naisbitt, 1982.
2 http://www.fda.gov/BiologicsBloodVaccines/SafetyAvailability/ReportaProblem/
VaccineAdverseEvents/Overview/default.htm
Dr. Stella Ryu
Management Desk Officer
Chemgineering – The Business Designers
[email protected]
Auch die Erkennung von Ausreissern kann durch Clusteranalyse identifiziert werden und Aufschluss über Anomalien geben,
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
13
The Business Designers
Zurück in die Zukunft:
Einsatzfähige Szenarien für die
Life­Sciences Supply­Chain
So wird ein bewährter Ansatz aufschlussreich und praktikabel zugleich
Heutzutage würden die meisten Entscheidungsträger beipflichten, dass Zukunftsszenarien, in welcher Form auch
immer, zu ihrem Planungsprozess gehören. Auch wenn dieses Tool in den Entscheidungen des Alltagsgeschäfts nicht
grundsätzlich benötigt wird, glauben wir, dass Firmen dadurch ein beträchtliches Potenzial ausschöpfen könnten.
Hierfür müssten sie jedoch ihren Planungsansatz und die Art und Weise, wie sie ihr Supply­Chain Risikomanagement
analysieren, ändern. Unser Ziel ist es, hier einen neuen Ansatz vorzuschlagen, wie die Anwendung von Szenario­
Planung zu einem unmittelbaren Nutzen für das Supply­Chain Risikomanagement führen kann.
Weshalb überhaupt Szenarien planen?
Offenbar gibt es immer wieder Skeptiker, die den geschäftlichen Nutzen von Szenarien in Frage stellen. Trotz zweifellos
möglicher Falschanwendung dieses Ansatzes zeigte die
jüngste Finanzkrise, wie wichtig der Einsatz von Szenarien ist.
Bei der Simulation wurden oft nur wenige Jahre zurückliegende
Daten benutzt, so dass die tatsächlichen Ereignisse dann
wie aus heiterem Himmel eintrafen. So hätten beispielsweise
14
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
die Asienkrise in den späten 1990er-Jahren und viele andere
Einbrüche im 20. Jahrhundert ein Indiz dafür sein können,
dass der Subprime-Markt in eine Sackgasse steuerte.
Royal Dutch Shell ist wohl der berühmteste Vorreiter in der
Nutzung von Szenarien zur Einschätzung zukünftiger Unwägbarkeiten. Das Unternehmen gab bereits Mitte 1971 die
ersten Ölpreis-basierten Szenarien an die höhere Führungs-
Abb. 1: Vorschlag für einen veränderten Planungsansatz beim Einsatz von Szenarien
Konzept
von
Unwägbarkeiten beim Szenario
Entscheidungen
ergebnisabhängig,
üblicherweise zeitverzögert
Minderungsmassnahmen
bis
Unwägbarkeiten beim Szenario
operative Engpässe
für das jeweilige Szenario
prognostiziert
ebene weiter. Schon ab 1972 konnte sich Shell somit seinen
Weg erfolgreich durch ein hektisches Jahrzehnt der Ölpreisschocks und des wirtschaftlichen Chaos bahnen.
Hier geht es uns aber nicht darum, Wissen zu rekapitulieren,
das jeder mit wenigen Klicks online nachlesen kann. Vielmehr
möchten wir einen pragmatischeren Blick auf dieses leistungsstarke Tool werfen, wobei der Fokus auf den Bedingungen im
Bereich Life-Sciences liegen soll.
Auch Life-Sciences-Unternehmen nutzen seit vielen Jahren
die Power der Szenario-Planung, um klinische und kommerzielle Prioritäten bei Schwerpunkt-Entscheidungen zu
eruieren.
Es bleibt trotz alledem die Frage: Ist es möglich, über diese
Marktstrategie-Anwendung hinauszugehen und Szenarien
zu nutzen, um auch auf der operativen und Supply-ChainEbene Wertsteigerungen zu erzielen?
Klassische Fehlannahmen und Bedenken
Die ersten Missverständnisse treten bereits bei der Frage auf,
nach welchem Ansatz Szenarien überhaupt entwickelt werden
sollten. Tatsächlich ist es so, dass die Wahl des Ansatzes
von den Umständen, Zielen und persönlichen Vorlieben der
unternehmerischen Planer abhängig ist.
Viele Life-Sciences-Unternehmen entscheiden sich bei der
langfristigen Planung für die Logik «ungünstigster Fall (worst
case), Normalfall (base case) und günstigster Fall (best case)»,
auch inkrementeller Ansatz genannt. Diese Logik ist zwar etwas
deterministisch, eignet sich jedoch zur Budgetierung, da sie
mit dem Gedanken der Sensitivitätsanalyse gut vereinbar ist.
Langfristig (mehr als 10 Jahre) scheint die deduktive Methode
ein guter Kompromiss zu sein (im Gegensatz zu der analytisch
komplexeren induktiven Methode), die sich auf zwei wesentliche Ungewissheiten beim zukünftigen Geschäft konzentriert,
so dass eine 2×2-Matrix mit vier Szenarien entsteht.
Der dänische Physiker und Nobelpreisträger Niels Bohr war
nicht nur bahnbrechend in der Quantenphysik, sondern hatte
scheinbar auch einen ausgeprägten Sinn für Humor. Er sagte
einmal: «Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die
Zukunft betreffen.»
Minderungsmassnahmen
So ist es. Szenario-Planung bedeutet nicht, die Zukunft korrekt
vorherzusagen. Es geht vielmehr darum, bereits im Vorfeld
Entscheidungsfaktoren zu bestimmen, um zu gegebener Zeit
mit unternehmerischer Disziplin danach zu handeln. Szenarien
werden erst dann wirklich wertvoll, wenn sie enger an konkrete
geschäftliche Entscheidungen geknüpft werden.
Unternehmen setzen zwar in der Regel erfolgreich die Schlussfolgerungen von Szenario-Diskussionen um und nähern
sich ihren Zielen an, verpassen es jedoch, Frühwarnsignale
festzulegen, die es zu überwachen gilt und hierfür geeignete
Aktionspläne festzulegen. Durch Unterlassen des letzten
Schrittes werden viele Bemühungen zunichtegemacht.
Szenario­Übungen fungieren als praktisches Risiko­
management
Längerfristige Supply-Chain Aufgaben bieten die ideale
Möglichkeit, um die Anwendbarkeit der Szenario-Planung
zu testen.
Das erwartete Endergebnis jedes Szenarios aus Sicht der
Supply-Chain ist alles andere als unkompliziert, auch wenn es
so scheint. Zum einen drängen Produktteams auf strategische
Kapazitäten und Wahrung maximaler Flexibilität, zum anderen
wissen die Beschäftigten dort, dass sie als Ausgleich für
Ausfallzeiten und zur Überbrückung der Bestände eine hohe
Auslastung garantieren und Zeitpläne optimieren müssen.
Vor allem ein leicht verändertes Planungsdenken könnte
sich für die praktikablere Gestaltung der Szenario-Übungen
und Teillösungen des Kernkonflikts als nützlich erweisen
(siehe Abb. 1). Planer neigen manchmal dazu, auf die Folgen
bestimmter Unsicherheiten zu «warten», bevor sie konkrete
Entscheidungen treffen und erst dann Gegenmassnahmen
entwickeln. Ein Umdenken bei dieser Logik, dass zuerst
potenzielle Engpässe berücksichtigt und mögliche Massnahmen ermittelt werden, führt zu einer realistischeren
Risk-Map. Einzelnen Funktionen (hier der Supply-Chain) wird
so eine wichtigere Rolle bei der Arbeit mit den zukünftigen
Szenarien beigemessen.
In einem zweiten Schritt würde den Unternehmen nahegelegt,
über die Analyse ihrer Abhilfemassnahmen nachzudenken.
Projekte zur Minderung des operativen Risikos sind in der
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
15
Abb. 2: Mögliche Priorisierungsanalyse zwecks Auswahl der Minderungsmassnahmen bei übergreifenden Szenarien
Ausmass:
Beispiel
Kriterien:
Auswirkung der Engpässe
durch operative Engpässe
gefährdete strategische Kapazität
Ablehnung
Aufwand höher als
Nutzen
Vertiefung
weitere Untersuchung
der Lösungen zwecks
Kostenoptimierung
stetige Verbesserung
budgetabhängige
Implementierung
Priorisierung
zu bewältigende
zentrale Risikoquellen
Massnahmekosten
Y-Achse
Massnahmekosten
erwartete Kosten für die
Massnahmenprognose
Blasen-Grösse
X-Achse
Dringlichkeit
erforderliche Reaktionszeit in
Monaten zur Implementierung
der Massnahme
Auswirkung
Realität wesentlich spezifischer, als die Wahrscheinlichkeitsanpassung den Anschein vermitteln kann (so ergibt es
beispielsweise nur wenig Sinn, lediglich auf 25 % eines
Granulat- oder Verpackungsengpasses einzugehen).
Konkret liesse sich dieses Problem etwa durch Erwägung
einer dreidimensionalen Priorisierung aller ermittelten
Massnahmen (siehe Abb. 2) angehen. Ausschlaggebend sind
dabei nicht nur Gemeingrössen wie Kosten und operative
Auswirkung dieser Massnahmen, sondern auch Bewertungskriterien für ihre «Dringlichkeit» einzubinden. Bei diesem
Ansatz werden potenzielle Optionen geordnet und diejenigen
ermittelt, die ohnehin realisiert werden sollten, egal auf
welches Szenario es letztendlich hinausläuft.
Brückenschlag zwischen Entscheidungsträgern und
Machern
Auch bei noch so guten Analysen und Priorisierungen brauchen
Manager weitere Tools, um die Szenario-Planung optimal zu
nutzen.
Die Formulierung eines klaren Prozesses samt Entscheidungsforen sowie Einzelheiten zu den erforderlichen Inputs und
beteiligten Rollen sind ebenfalls massgeblich. Und wie bei jeder
Veränderung sind ein Coaching und die Unterstützung
ausgewählter Manager zur Förderung der internen Akzeptanz
zielführend.
Fazit
Szenario-Übungen können Handlungen und Entscheidungen
vorantreiben, wenn nicht nur bei ihrer Entwicklung angemessene Sorgfalt angewandt wird. Der wahre Wert liegt darin, Vorkehrungen für mögliche Folgen zu planen und ein einheitliches
operatives Vokabular zu schaffen, das Unternehmen und
Strategie miteinander vereint.
Laut zahlreicher Aussagen von Shell-Mitarbeitern sind die
Teilhabe an und die Verknüpfung mit allen organisatorischen
Prozessen von zentraler Bedeutung bei der Arbeit mit
Szenarien.
Chemgineering kann diesen verbesserten Ansatz aufgrund der
grossen Erfahrung in Langzeitplanung, in Unternehmensstrategie und Operations nutzen, um Ihr Szenario-Planungspotenzial zu erweitern und konkreten Nutzen für Ihre SupplyChain Entscheidungen zu bringen.
João Paulo Lopes
Managing Consultant Strategy Consulting
Chemgineering – The Business Designers
Literaturnachweis:
KUPERS, Roland and WILKINSON, Angela. Living in the Futures. Harvard Business
Review, 2013
SCHWARTZ, Peter. The Art of the Long View: Planning for the Future in an Uncertain
World. Currency, 1996
WACK, Pierre. Scenarios: Uncharted Waters Ahead. Harvard Business Review, 1985
16
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
[email protected]
The Technology Designers
Track & Trace – sind Sie
bereit?
Fälschungssicherheit durch individualisierte Verpackungen
Eine anspruchsvolle Herausforderung für die Zukunft der Verpackung in der Pharmaindustrie stellen sogenannte
«Track and Trace»­Systeme dar. Wo andere Industriesektoren wie z.B. die Automobilindustrie bereits standardisiert
sind, hinkt die Pharmaindustrie noch hinterher. Dies soll bald der Vergangenheit angehören. Hintergründe, Fakten,
Herausforderungen und Aussichten dazu werden in diesem Artikel komprimiert behandelt.
Kontext und Ist­Situation
Das erschreckende Ausmass von Arzneimittelfälschungen
weltweit ist bekannt. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation und der Food and Drug Administration sind etwa
10 % der global vorhandenen Medikamente Fälschungen. In
manchen Regionen dieser Welt soll der Marktanteil über 50 %
betragen. Dabei betrifft dies nicht nur freiverkäufliche, sondern
auch verschreibungspflichtige Arzneimittel. Fälschung ist
jedoch nicht gleich Fälschung. Die Palette ist vielfältig: Es gibt
solche ohne jegliche Wirkstoffe, Produkte mit richtigem
Wirkstoff, aber falscher Dosierung, jene mit falschem Wirkstoff
oder toxischen Bestandteilen bzw. Verunreinigungen, Kopien
des Originalproduktes und Arzneimittel mit gefälschter Verpackung bzw. gefälschten Verpackungsbestandteilen. Somit
variieren auch die Auswirkungen solcher Arzneimittelfälschungen vom wirkungslosen Placeboeffekt bis hin zu gesundheit-
lichen Schäden und tödlicher Vergiftung. Dass dagegen
angegangen werden muss, ist klar, aber wie?
Nicht nur durch die Verabschiedung der sogenannten Fälschungsrichtlinie (RL 2011/62/EU)1 im Jahr 2011 auf europäischer Ebene, sondern auch durch die weltweiten Bewegungen im Kampf gegen die Arzneimittelfälschungen soll Track and
Trace (T&T) bald selbstverständlich zum Verpackungs-Alltag
der Pharmaindustrie gehören. Welche Vorgaben gibt es und
was muss man sich darunter vorstellen?
Elementares Know­how
Durch die Verfolgbarkeit (Tracking) und Rückverfolgbarkeit
(Tracing) von Arzneimitteln soll es möglich sein, den Weg durch
die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zum eindeutigen
Ursprungsort jedes einzelnen Medikaments zu analysieren.
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
17
Dies bedeutet, dass jede einzelne Verkaufseinheit eines Arzneimittels eindeutig identifizierbar sein muss. Auf regulatorischer
Ebene in der EU ist bis dato durch die Richtlinie nur vorgeschrieben, dass im Bereich der Rückverfolgung eine eindeutige
Identifikation gewährleistet sein muss, aber nicht wie. Die
Daten sollen sowohl in Klarschrift als auch maschinenlesbar
aufgedruckt sein. Etwaige Details zur Umsetzung sind möglicherweise mit der Veröffentlichung der Delegierten-Rechtsakte
im Sommer 2014 zu erwarten. Bis dahin ist «nur» der bisherige
Entwurf2 einzusehen. Die Basis für Fälschungssicherheit (T&T)
bleibt aber die gleiche, dabei lassen sich folgende Abhängigkeiten erklären:
Serialisierung
Durch die sogenannte Serialisierung wird jeder Verpackungseinheit eine eindeutige Identität durch eine weltweit einzigartige
individuelle Nummer zugewiesen. Bestenfalls ist diese randomisiert, um die Fälschungssicherheit zu erhöhen und damit
sich dadurch kein Datenalgorithmus erkennen lässt. Serialisierung kann somit als Vorstufe zu T&T gesehen werden. Mittels
einer Seriennummer lässt sich durch Datenbankabgleiche
ermitteln, ob ein Hersteller dieses serialisierte Produkt erzeugt
hat. Der Weg durch die Wertschöpfungskette lässt sich jedoch
nicht rekonstruieren, da Serialisierung nur auf der Faltschachtel-Ebene ausgeführt wird. In der Apotheke, bei Abgabe an
den Kunden, wird die Seriennummer der Packung gegen die
Herstellerdaten verifiziert, es findet eine sogenannte End-toEnd-Verification statt. Diese Variante ist beispielsweise für die
EU ab 2017 vorgesehen.
Aggregierung / Aggregation
Mittels Aggregation lässt sich eine Packhierarchie (unit-to-case
hierarchy oder parent-child relationship) erstellen. Die Produkte
werden, angefangen bei der Faltschachtel, über das Bündel,
die Versandbox bis zur Palette, mit individuellen Seriennummern gekennzeichnet und einander zugeordnet. Aggregation
ist somit die Voraussetzung für das Funktionieren eines
T&T-Systems.
T&T
Wie bereits erwähnt, wird bei T&T das Arzneimittel anhand der
Serialisierungs- / Aggregationsinformationen verfolgt/rückverfolgt. Die Verpackungs-ID muss bei jedem physischen Schritt
in der Wertschöpfungskette eingelesen und auf dem Datenträger gespeichert werden, so dass die Rückverfolgbarkeit
gewährleistet werden kann. Liegt am Ende vor der Abgabe an
den Kunden keine vollständige Produkthistorie vor, darf das
Produkt nicht an den Kunden weitergegeben werden, da es sich
um eine mögliche Fälschung handelt. An dieser Stelle ist zu
erwähnen, dass der Begriff «Track and Trace» oftmals fälschlicherweise für die reine Serialisierung verwendet wird. Eine
Implementierung eines ganzheitlichen T&T-Systems ist
zunächst nur von den Vereinigten Staaten (z.B. E-Pedigree)
vorgesehen – Zuwachs garantiert!
Konzepte zur Codierung
Abb. 1 veranschaulicht die notwendigen Schritte der Codierung bis hin zu T&T, während Abb. 23 ein weiteres Codierungsbeispiel zeigt. In Abb. 2 ist rechtsbündig der 2D-Data Matrix
Abb. 1: Kennzeichnung der Faltschachtel von on­line coding bis T&T
Schritt 1
On­line Coding der Verkaufseinheit
Schritt 2
Serialisierung & Produktidentifizierung
der Verkaufseinheit
Schritt 3
Produktverfolgung aggregierter
Einheiten
Klarschrift variabler Daten on-line
aufgedruckt
+ Global Trade Item Number (GTIN)
+ Maschinenlesbarer Data
Matrix Code (DMC)
Variable Daten on-line aufgedruckt
+ GTIN
+ Maschinenlesbarer DMC
+ Seriennummer – einzigartige
individuelle Nummer per Verkaufseinheit
Variable Daten on-line aufgedruckt
+ GTIN
+ Maschinenlesbarer DMC
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Lot#: T12343
Exp: 29-10-2014
GTIN:12345678910
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Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
Lot#: T12343
Exp: 29-10-2014
GTIN:12345678910
Serial#: V83BY038
Lot#: T12343
Exp: 29-10-2014
GTIN:12345678910
Serial#: V83BY038
Abb. 2: Codierungsbeispiel3
Produkt#: (01)09876543210982
Batch:
(10)A1C2E3G4I5
MHD:
(17)140531
S/N:
(21)12345AZRQF1234567890
Code 200 zu sehen, welcher als favorisierter Datenträger gilt.
In Klarschrift sind die Bezeichnungen, die Application Identifiers (AI) (Anwendungsbezeichner) und die dazugehörigen
alphanumerischen Codes zu sehen. Es gibt eine Vielzahl von
Möglichkeiten, die Seriennummer zu integrieren, z.B. die
Einbettung dieser in die GTIN (Global Trade Item Number).
Zu beachten und nicht zu unterschätzen sind überdies die
Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette und die
damit verbundenen Kosten. Der Einfluss und die Veränderungen einer Serialisierungsimplementierung auf die Systeme der
Stakeholder scheinen im Gegensatz zu einem ganzheitlichen
T&T-System noch überschaubar zu sein.
Herausforderungen bei der Implementierung
Keine (!) Standardlösungen sind kennzeichnend für T&T,
da jede Verpackung, jeder Prozess, jede Gegebenheit und
die Anforderungen dazu individuell sind. Die verschiedenen
Verwendungszwecke bzw. verschiedene länderspezifische
Anforderungen technisch auf den Verpackungsanlagen
umzusetzen, sind dabei eine besonders komplexe Herausforderung.
Ferner muss erwähnt werden, dass solche Systeme keinen
ganzheitlichen Schutz vor Fälschungen bieten. Nur eine
Kombination verschiedener Sicherheitsmerkmale wie Serialisierung, Erstöffnungsgarantie (Tamper Evident Feature) etc.
geben eine annähernde Fälschungssicherheit. Des Weiteren
wird z.B. in Indien die Serialisierung bereits auf Primärpackmittelebene umgesetzt, Ansätze für die Codierung einzelner
Tabletten sind auch schon vorhanden. Es bleibt also spannend:
Die nächsten 3 bis 5 Jahre sind entscheidend für die Zukunft
von Verfolg- und Rückverfolgbarkeit von Arzneimitteln. Somit
kann die Behauptung, dass solche T&T-Systeme auch in
Zukunft eine Herausforderung für die Verpackung in der
Pharmaindustrie bleiben, nach Meinung der Autorin bestätigt
werden.
Nicht zu vernachlässigen ist, dass jedes Land seine Eigenheiten hinsichtlich Sprachen/Schriftzeichen und Kennzeichnungen hat. Diese Anforderungen sollten bereits in die Auslegung
der Anlage einfliessen. Die Anlagen sollten dabei so flexibel
konstruiert sein, dass eine Anpassung an neue regulatorische
Vorschriften o.Ä. jederzeit möglich ist (Planen mit Weitblick!).
Herausforderungen sind weiterhin fehlende Standards, die sich
stetig verändernde, weltweite gesetzliche Basis und gleichzeitig die schnelle und effiziente Implementierung. Nachrüstungen
von Serialisierung und/oder Aggregation auf Maschinen
werden dabei zunächst überwiegen, was sich bei älteren
Anlagen (ab 5 Jahren) schon als problematisch erweisen kann.
Bedeutend für alle T&T-Systeme sind ausserdem das sensible
Datenhandling, das Datenmanagement sowie die Datenintegrität. Weitere Herausforderungen und Voraussetzungen stellen
die richtige Wahl des Druck- und Kamerasystems, aber auch
die mechanischen Möglichkeiten zur Aggregation dar. Es gilt
generell: Ohne Daten keine Zuordnung, ohne Zuordnung kein
Verkauf.
Entscheidend ist dabei, JETZT mit den entsprechenden
Vorkehrungen zu beginnen. Chemgineering als kompetenter
Partner ist diesen Herausforderungen gewachsen und hilft
Ihnen bei der Implementierung solcher Systeme.
Simone Glasbrenner
Projektingenieurin
Chemgineering – The Technology Designers
[email protected]
1 http://ec.europa.eu/health/files/eudralex/vol-1/dir_2011_62/dir_2011_62_de.pdf
2 http://ec.europa.eu/health/files/counterf_par_trade/safety_2011-11.pdf
3 http://www.esm-system.eu/about-us/what-we-do.html
Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
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The Business Designers
Aktuell !
Unangekündigte Audits
Die Zukunft für Hersteller und Lieferanten von Medizinprodukten
Neben den bevorstehenden grossen Änderungen der Direktiven über Medizin­
produkte und In­vitro Diagnostika hat die Europäische Kommission am
24. September 2013 eine Empfehlung herausgegeben, die einen wichtigen
Aspekt vorwegnimmt: Benannte Stellen (BN) sollen bei Herstellern und Lieferan­
ten von Medizinprodukten zusätzliche, unangekündigte Audits durchführen.
Theoretisch könnten unangekündigte Audits schon heute auf Basis der bestehenden
Direktiven durchgeführt werden – die Praxis sieht anders aus. Mit der Empfehlung wird
jetzt vorgespurt auf die zukünftige verpflichtende Anforderung, mindestens einmal
in drei Jahren ein unangekündigtes Audit durchzuführen. Die Empfehlung beinhaltet
einen Tag Audit durch zwei Auditoren vor Ort, die eine Produktbewertung und eine
Bewertung des Qualitätsmanagementsystems (QM) vornehmen. Bei Produktrisiken
und Zweifeln an der Konformität können unangekündigte Audits häufiger stattfinden.
Dieses Audit wird sich nicht auf den Hersteller selbst beschränken, sondern auch
seine wichtigen Unterlieferanten miteinbeziehen. Es wird dem Hersteller empfohlen,
die bestehenden Zertifizierungsverträge mit der Benannten Stelle und die Verträge
mit den Unterlieferanten zu aktualisieren, damit der Zutritt der Auditoren gewährleistet werden kann.
Für die Konformitätsüberprüfung der Produkte können aktuelle Proben aus der
Herstellung gezogen und geprüft werden. Die Anforderungen an Auslegung, Herstellung, Verpackung, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit der Produkte und deren
Umsetzung sollen überprüft werden. Dabei wird grosse Aufmerksamkeit auf vorhandene Risiken und deren Verringerung gelegt, einschliesslich der Bewertung klinischer
Daten und Rückmeldungen aus dem Markt. Bei Zweifeln an der Konformität des
Produktes können die BN Produkttests durchführen oder in Auftrag geben.
Bei der verstärkten Einbeziehung und Überwachung von Lieferanten ist darauf zu
achten, dass der Hersteller seine Pflichten wahrnimmt – «ungeachtet jeder teilweisen
oder vollständigen Auslagerung der Produktion auf Unterauftragnehmer oder
Lieferanten». Dazu wird dann auch eine vollständige technische Dokumentation / QMSystem beim Hersteller erwartet – ein Verweis auf die Dokumentation / QM-System
beim Lieferanten wird nicht mehr genügen.
Die Empfehlung der Kommission ist an die Mitgliedsländer gerichtet; daher ist noch
unklar, wann mit der verbindlichen Umsetzung zu rechnen ist. Man darf aber davon
ausgehen, dass die Zeit bis zum «In-Kraft-Treten» der neuen Medizinprodukteverordnung (ca. 2017) zumindest im Bereich der Überwachung damit überbrückt werden soll.
Stellen Sie sich die zukünftige Praxis vor: Morgens um 8 Uhr stehen zwei Personen
vor der Tür und wollen ein Audit durchführen. Ihre Organisation ist gefordert,
· innert kürzester Zeit eine fachliche Betreuung aufzubieten
· geeignete Räumlichkeiten zu organisieren
· den «Notfallplan» und die interne Kommunikation zu aktivieren
· genügend geschulte Leute (inkl. Stellvertreter) aufzubieten, die den Audit-Prozess
beherrschen
· das Tagesgeschäft hintenanzustellen und geplante Aktivitäten abzusagen
Mit Beginn der Fragen der Auditoren ist dann die zu prüfende Dokumentation zu
beschaffen und bereitzustellen – wie in einem heute geplanten Audit. Die Dokumente
müssen selbstverständlich verfügbar, korrekt und à jour sein. Sind Sie parat für ein
unangekündigtes Audit? Wollen Sie wissen, wo Sie stehen? Chemgineering Business
Design: Wenn Sie uns rufen, kommen wir auch gerne «unangekündigt».
Dr. Rolf Lietzke, Senior Consultant
Chemgineering – The Business Designers
1 2013/473/EU; EMPFEHLUNG DER KOMMISSION vom 24. September 2013 zu den Audits und Bewertungen,
die von benannten Stellen im Bereich der Medizinprodukte durchgeführt werden
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Nr. 68 | November 2013 | 19. Jahrgang
Chemgineering Gruppe
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Gestaltung: WOMM Werbeagentur AG, Basel
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