«Preisinsel Schweiz» Für mehr Kaufkraft –keine Billigpreispolitik auf Kosten der ArbeitnehmerInnen Unia Positionen Nr.1 Angenommen vom Unia-Zentralvorstand am 6. April 2005 Inhalt Das in der Schweiz gegenüber der EU um rund 30 Prozent höhere Preisniveau hat in den letzten Monaten Diskussionen ausgelöst, welche die Interessen unserer Mitglieder als KonsumentInnen aber auch ArbeitnehmerInnen sehr direkt betreffen. Die Unia stellt zur Situation von Löhnen und Preisen fest 2 Die Unia fordert 3 Seite 2/3 Unia-Positionen Nr 1. «Preisinsel Schweiz» Die Unia stellt zur Situation von Löhnen und Preisen fest: Wenn einzelne Preise in der Schweiz durch Kartelle oder Importbeschränkungen künstlich verteuert werden, machen Unternehmen Extraprofite auf Kosten der Konsumenten. Ein krasses Beispiel sind Medikamentenpreise. In solchen Fällen muss die Preisüberwachung einschreiten und die Preise müssen runter. DashohePr ei sni v eaui staberpr i nz i pi el lkei n„ Wachst ums ki l l er “ .Eswi der spi egel tei nehöher e Produktivität, ein relativ hohes Lohnniveau und mehr Lebens- und Umweltqualität, die es zu erhalten gilt. Di eGl ei chung„ mehrWet t bewer b=t i ef er ePr ei seundLöhne=mehrWohl s t andf üral l e“geht nicht auf: Trotz Abbau von Handelshemmnissen und Förderung des Wettbewerbs ist in den letzten Jahren weder in der Schweiz noch im EU-Ausland das Preisniveau gesunken: Vielmehr führte diese Politik zu einer Stagnation der Reallöhne und zu einer Umverteilung von Einkommen und Vermögen von unten nach oben. Verschiedene Sektoren, die einem härteren Preiswettbewerb ausgesetzt werden sollen, sind immer noch Tieflohnsektoren. Im Detailhandel liegen die Löhne rund ein Viertel unter dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnittslohn. In der Landwirtschaft sind die Löhne noch tiefer. Schweizer Haushalte geben anteilsmässig für Nahrungsmittel immer weniger aus, nicht mehr: Die Nahrungsmittelausgaben der Haushalte sind seit 1990 noch um 14 Prozent gestiegen, der Preisindex des gesamten Warenkorbes (und die Löhne) jedoch um rund 24 Prozent. Der Anteil der Ausgaben für Nahrungsmittel und Getränke beläuft sich mittlerweile nur noch auf rund 8 Prozent des Gesamtbudgets eines Schweizer Haushalts. Selbst wenn es gelänge, die Preise im Detailhandel insgesamt zu senken (was fraglich ist), hätte dies nur einen kleinen Einfluss auf den Gesamtindex der Preisbewegungen. Eine weitere Verschärfung des Wettbewerbs durch Billiganbieter würde nicht nur den Druck auf die Löhne und Arbeitsbedingungen erhöhen: Bereits in den letzten Jahren wurden im Detailhandel Arbeitsplätze abgebaut. Durch die Schliessung kleinerer Läden und den massiven Rationalisierungsdruck sind jährlich weitere 6'000 bis 10'000 Stellen in diesem Sektor bedroht. In der gegenwärtigen Situation mit einer praktischen Nullteuerung und Tiefstzinsen könnte eine Lohn-/Preisspirale nach unten leicht einen Teufelskreis von Preissenkungen, Konsumrückgang und Arbeitslosigkeit auslösen und in einer langfristigen Deflation und Rezession enden. Die Wohnungskosten sind ein bedeutender Teil der Ausgaben und im Vergleich mit dem Ausland sehr hoch. Dies ist vor allem ein Resultat der hohen Landpreise sowie der Spekulation und nicht der hohen Baukosten. Im Baugewerbe herrscht ein starker Wettbewerb, der die Baupreise in den letzten Jahren gedrückt hat. Die im Vergleich mit dem Ausland schärferen Auflagen in Bau- und Umweltschutz verteuern zwar die Land- und Baukosten, widerspiegeln aber auch eine höhere Wohn- und Umweltqualität. Die Gesundheitskosten sind überdurchschnittlich gestiegen und benötigen einen immer grösseren Anteil des Einkommens. Eine Umverteilung der Kosten und kostendämpfende Massnahmen sind hier nötig. Das Rationalisierungspotential im Gesundheits- und Pflegewesen ist aber schon weitgehend ausgereizt und hat zu Arbeitsplatzabbau und vermehrtem Druck auf die Beschäftigten geführt, was jetzt auch zunehmend die Qualität der Versorgung bedroht. Staatliche bzw. kommunale Gebühren sind immer mehr zulasten der direkten Steuern erhöht worden. Dies hat zu einer stärkeren Belastung der Haushalte mit tieferen Einkommen geführt. Die Gewerkschaft Unia will keine Strukturpolitik betreiben und kann nicht direkt auf die Preispolitik der Unternehmen Einfluss nehmen. Die Korrektur einzelner, überhöhter Preise ist sicher gerechtfertigt. Eine allgemeine Billigpreispolitik und ein Ingangsetzen der Preis/Lohnspirale nach unten sind aber nicht im Interesse der Lohnabhängigen. Seite 3/3 Unia-Positionen Nr 1. «Preisinsel Schweiz» Die Unia fordert deshalb: 1 Die Reallöhne in der Schweiz sind zu sichern, die Kaufkraft zu stärken. Dies stützt die Nachfrage und trägt zur Erhaltung der Arbeitsplätze bei. 2 Die Löhne müssen mindestens im Ausmass des Produktivitätsfortschritts und der allgemeinen Preisentwicklung erhöht werden. Die Umverteilung zugunsten von Unternehmensgewinnen undHochl ohnbez üger ni stz us t oppen.Gegenei ne„ Vor l ei st ung“derAr bei t nehmendendur ch Einfrieren der Löhne in Hinblick auf evtl. Preissenkungen werden wir uns mit allen Mitteln wehren! 3 Die Öffnung der Märkte und der Freie Personenverkehr in Europa bedingt eine konsequente Umsetzung der flankierenden Massnahmen gegen Lohndumping. Die Angleichung der Einkommen zwischen Hoch- und Tieflohnländern soll durch die Erhöhung von Produktivität und Löhnen auf unser Niveau erfolgen und nicht umgekehrt. 4 Eine bessere Integration in die EU kann und soll für die KonsumentInnen eine höhere Transparenz der Preise bringen. Weitere Integrationsschritte, wie die gegenseitige Aner kennungderNor men( „ Cas si s-de-Dijon-Pr i nz i p“ )oderdi eÖf f nungf ürden Dienstleistungsverkehr dürfen aber nur auf der Basis der gegenseitigen Angleichung von Mindestnormen geschehen, auch dort, wo in der EU ein höheres Schutzniveau besteht, wie in Teilen des Sozial- und Arbeitsrechts. 5 In allen Branchen braucht es verbindliche Mindestlöhne nach Qualifikationsstufen, die in Gesamtarbeitsverträgen (oder in Ausnahmefällen in Normalarbeitsverträgen) abgesichert sind. Dies gilt namentlich für jene Branchen, die dem Preiswettbewerb und dem Lohndumping besonders ausgesetzt sind, wie der Detailhandel, der Strassentransport, die Landwirtschaft, die gesamte Bauwirtschaft und der Luftverkehr. Auch die Gleichstellung der Frauen, die Qualifizierung der Beschäftigten und die Qualität und Sicherheit der Arbeitsplätze hat in diesen Sektoren Priorität. Rationalisierungsschübe dürfen nicht zu Entlassungen und Prekarisierung der Arbeit führen! 6 Die Preise der landwirtschaftlichen Produkte sollen durch Zollabbau gesenkt werden. Dies darf aber nicht zulasten der Einkommen der in der Landwirtschaft Beschäftigten oder auf Kosten der Produktequalität gehen. Direktzahlungen müssen Einkommensausfälle ausgleichen und auch die Pflege von Umwelt und Landschaft sichern. 7 Den hohen Landpreisen ist mit gezielter Baulandbewirtschaftung durch die Gemeinden und Massnahmen gegen die Baulandhortung zu begegnen. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus muss eine wichtige Aufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden bleiben, damit das Angebot an günstigen Wohnungen erhöht werden kann. 8 Eine Senkung der Baukosten durch Deregulierung der Gesamtarbeitsverträge im Bau und Gewerbe wird von der UNIA mit allen Mitteln bekämpft. Eine Deregulierung im Bereich von Bau-, Planungs- und Umweltgesetzen (inkl. Verbandsklagerecht), wie von der Arbeitgeberseite gefordert, würde eine Senkung des Umweltschutzniveaus und der Wohnqualität bedeuten und wird deshalb abgelehnt. 9 Kostendämpfende Massnahmen im Gesundheitswesen, wie z.B. die Senkung überhöhter Medikamentenpreise oder die bessere Planung des Einsatzes von High-Tech-Einrichtungen sind nötig. Sie dürfen aber nicht zu einem weiteren Druck auf das Personal in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen führen und sollen die Qualität des Gesundheitswesens nicht beeinträchtigen. Di e„ Rat i oni er ung“v onLei st ungeni stabz ul ehnen. Die Ausgaben müssen sozialer finanziert werden, vor allem über einkommensabhängige Krankenkassenprämien. 10 Staatliche bzw. kommunale Leistungen sollen wieder vermehrt über direkte Steuern anstatt über Gebühren finanziert werden.