Emerging Markets Emerging Markets-Aktien unter Volldampf – trotz höherer Zinsen Höhere amerikanische Zinsen haben sich nur teilweise auf die Emerging Markets-Werte ausgewirkt Von Hans Christian Bachmann Das spricht für die Stärke der Emerging Markets-Werte, denn früher waren markante Die Emerging Markets-Werte haben unterschiedlich auf die höheren globalen Zinsen in der letzten Zeit reagiert, vgl. die Tabelle auf dieser Seite. Während die Emerging Markets-Aktien gestiegen sind, haben die Lokalwährungsanleihen etwas nachgegeben. Gleichzeitig sind die Fremdwährungsanleihen noch stärker zurückgegangen. Ein Blick auf die Lokalwährungen macht deutlich, dass die jüngsten Zinssteigerungen durch ein hohes globales Wachstum und nicht durch eine höhere Inflation ausgelöst worden sind. Wie die Tabelle zeigt, schnitten die riskanteren Lokalwährungsanleihen in GBI-EM somit besser ab als die Fremdwährungsanleihen. Die Ursache hierfür ist, dass ein höheres globales Wachstum den meisten Schwellenländern und damit den Währungen dieser Länder nutzt. Der Zinsspread zwischen den Fremdwährungsanleihen und der 10-jährigen amerikanischen Anleiherendite blieb trotz des starken Anstiegs der amerikanischen Zinsen im Wesentlichen unverändert, vgl. Abbildung 1. Tabelle 1 Rendite ausgewählter Emerging Markets-Indizes USD Anleihen EUR Laufendes Jahr 22/5-19/6 Laufendes Jahr EMBI Global Diversified1) 1,8 % -1,4 % 0,7 %* -1,9 %* GBI EM Broad 7,6 % -0,6 % 5,8 % -0,2 % EFFAS 7-10 J (EUR) ** - - -2,4 % -1,5 % MSCI EM 17,9 % 4,6 % 15,9 % 5,1 % MSCI EM EMEA 8,9 % 1,3 % 7,1 % 1,7 % MSCI EM Far East 18,7 % 6,7 % 16,7 % 7,2 % MSCI EM BRIC 16,0 % 5,3 % 14,0 % 5,8 % MSCI EM Latin America 29,8 % 6,0 %27,7 % 6,5 % MSCI World ** 1,0 % 1,4 % Zinsspread 31/12/06 Zinsspread3) 2) 22/5-19/6 Aktien 10,6 % 8,8 % 17/04/0722/05/07 181bp 167bp 166bp EM-Anleihen in USD, EM-Anleihen in Lokalwährungen, Zinsspread zwischen EMBI Global Diversified und der 10-jährigen US-Rendite, * Währungsgeschützt ** Vergleichsgrundlage 1) 2) 3) Abbildung 1 Zinsspread zwischen EMBI Global Diversified und US-Staatsanleihen Abbildung 2 Rendite des EMBI Global Diversified und aller Länder im Index 550 20 % Rendite seit dem 22.05.2007 Rendite für das laufende Jahr 2007 16 % 500 12 % 450 8% 400 4% 350 0% 300 -4 % 2007 Libanon Irak Nahost Anlageinfo – Juni 2007 2006 Vietnam Pakistan Malaysia Indonesien Philippinen China Asien 2005 Tunesien Südafrika Marokko Elfenbeinküste Ägypten Afrika 2004 Ungarn Ukraine Türkei Serbien Rumänien Russland Polen Bulgarien Europa 150 Venezuela Uruguay Trinidad Peru Panama Mexiko El Salvador Ecuador Dom. Republik Kolumbien Chile Brasilien Belize Argentinien Lateinamerika 200 EMBI Global Div. -8 % 250 16 amerikanische Zinssteigerungen gleichbedeutend mit einem größeren Zinsspread. So bei- Emerging Markets spielsweise in 2004, als die US-Notenbank begann, die Leitzinsen anzuheben, vgl. Abbildung 1. Wachstum stärkt Emerging Markets-Unternehmen Dass die jüngsten Zinssteigerungen durch Wirtschaftswachstum ausgelöst wurden, erkennt man deutlich an den Emerging Markets-Aktien, die trotz der globalen Zinssteigerungen gut abgeschnitten haben, vgl. Abbildung 3 und die Tabelle. Das liegt an der Tatsache, dass gerade Emerging MarketsUnternehmen bei einem hohen Wirtschaftswachstum ein großes Potenzial haben. Allerdings gelten die normalen Bewertungsprinzipien nach wie vor und aus dieser Perspektive gesehen erscheinen die Aktienkurse in China überbewertet selbst angesichts eines erwarteten hohen Wirtschaftswachstums in den kommenden Jahren. Außerdem sind Unternehmen von etablierten Märkten, hierunter dänische, stark auf den Emerging Markets exponiert und können daher auch stark vom wirtschaftlichen Aufschwung in den Emerging Markets-Ländern profitieren. Der Handel mit Aktien hat sich nämlich zu einem Volkssport in China entwickelt, wo über 100 Millionen Aktiendepots angelegt worden sind. Man schätzt, dass 80 % des täglichen Handels von Privatpersonen getätigt werden. Das Problem dabei ist nach wie vor, dass chinesische Investoren nicht in ausländische Aktien investieren können und dass Aktienkursgewinne nicht, Zinsen dagegen mit 20 % besteuert werden. Wir können nur erneut vor chinesischen Einzelaktien warnen. Als Anleger sollte man sich einer breiten Investmentgesellschaft bedienen, die die Anlagen streuen und weiterhin eine Exponierung an das hohe Wirtschaftswachstum in China erreichen kann. Neuer chinesischer Volkssport Ende Mai versuchte die chinesische Regierung, den Markt durch eine Verdreifachung der Stempelgebühr beim Handel mit Aktien etwas abzukühlen. Doch der chinesische Aktienmarkt ist nach wie vor aufgeheizt bis zur Weißglut. Zwar hat die Gebührenerhöhung zu einem Aktienkursrückgang geführt, vgl. Abbildung 3, doch hat sich der Markt wieder erholt. Gefahr – Staubildung an den Ausgängen Die so genannten Carry Trades – hier werden Kredite in einer Niedrigzinswährung aufgenommen und beispielsweise in Emerging Markets-Werten angelegt – laufen weiterhin auf vollen Touren. Das führt u. a. zu geschwächten Finanzierungswährungen – z. B. JPY, CHF oder CZK, vgl. Abbildung 5. In Perioden, in denen riskante Werte den Wind im Rücken haben, sind Carry Trades kein Problem, bläst ihnen der ökonomische Wind aber ins Gesicht, kann es an den Ausgängen schnell zum Stau kommen. Und bei kreditfinanzierten Aktivitäten gibt es zwei Ausgänge, die man passieren muss. Daher können Carry Trades zu stärkeren Schwankungen bei finanzieller Unruhe führen, vgl. den Artikel zur Weltwirtschaft in dieser Ausgabe von Anlageinfo. Abbildung 3 MSCI Emerging Markets, Shanghai Composite und S&P 500, 2006 = 100, Aktienindex Abbildung 4 VIX-Index und Zinsspread zwischen EMBI Global Diversified und der 10-jährigen US-Rendite 400 1600 50 350 1400 45 300 Shanghai Composite 250 200 MSCI EM 150 100 50 S&P 500 2006 2007 VIX (rechte Achse) 1200 35 800 25 600 20 400 15 200 10 2004 2005 2006 2007 Emerging Markets-Werte weiterhin attraktiv Wir rechnen damit – siehe dazu auch den Artikel auf den Seiten 8-11 – dass die globalen Zinsen nicht auf ihrem derzeitigen Stand bleiben, sondern zurückgehen werden. Damit ist das Risiko für Emerging Markets-Werte als Folge der höheren globalen Zinsen nur in begrenztem Maße gestiegen. Sollten aber die Zinsen für amerikanische und europäische Staatsanleihen wider Erwar- Abbildung 5 EMBI Global Diversified/Zinsspread und USD/JPY 450 100 400 105 40 1000 0 Chinesisches Wachstum drückt die Rohstoffpreise nach oben Sehr viele Schwellenländer exportieren Rohstoffe. Deshalb haben sie generell von weltweit steigenden Rohstoffpreisen profitiert, vgl. Abbildung 6. In hohem Maß verantwortlich für die steigenden Rohstoffpreise sind die Schwellenländer selbst. So erfordert beispielsweise das chinesische Wirtschaftswachstum große Mengen Eisenerz und andere Rohstoffe. Der chinesische Rohstoffimport lässt sich u. a. an den Handelsbeziehungen mit Brasilien ablesen, dem gegenüber China ein Handelsbilanzdefizit hat, vgl. Abbildung 7. Vor ein paar Jahren noch konnte China seinen Ölbedarf selbst decken, heute muss fast die Hälfte importiert werden. Hier liegt eine der wichtigsten Ursachen für das gegenwärtige Ölpreisniveau. Wir erwarten, dass das beeindruckende Wirtschaftswachstum in China und den restlichen Emerging Markets-Ländern weitergehen und u. a. zu hohen Rohstoffpreisen führen wird. Profitieren werden davon die Rohstoffe exportierenden Emerging MarketsLänder. 5 350 USD/JPY 110 (rechte Achse invers) 300 115 250 120 200 150 EMBI Global Div 2005 2006 2007 125 Ein niedriger VIX-Index zeigt hohe Risikobereitschaft an Anlageinfo – Juni 2007 17 Emerging Markets Abbildung 6 · Zinsspread zwischen EMBI Global Diversified und der 10-jährigen US-Rendite und Reuters/Jefferies CRB Non-Energy Rohstoffindex Abbildung 7 Handelsbeziehungen zwischen Brasilien und China, Mrd. USD Abbildung 8 EUR/TRY und Handelsbilanz 12M Summe Mrd. USD, Türkei 230 14 10 12 0 10 -10 120 122 220 EMBI Global Div. links 210 200 128 8 190 130 6 132 134 170 160 18 136 CRB Non-Energy, rechts, invers 2006 Anlageinfo – Juni 2007 2007 120 130 124 126 180 110 138 Export nach China 140 150 -20 160 -30 4 180 -40 Import aus China 2 0 170 2000 2002 2004 2006 190 -50 -60 200 EUR/TRY 02 03 04 05 06 07 210 Emerging Markets ten steigen, würde das dazu führen, dass riskante Emerging Markets-Anleihen gegenüber sicheren Staatsanleihen aus den USA oder Westeuropa an Attraktivität verlieren. Emerging Markets-Werte sollten nach wie vor zu einem breit gefächerten und langfristigen Portfolio gehören. Die Zinsanstiege der letzten Zeit geben keinen Anlass zu einer geänderten Einstellung, die chinesischen Aktienkurssteigerungen und die Wahl in der Türkei aber stellen kurzfristig zwei Risikofaktoren dar. Die Wahl in der Türkei rückt näher In der Türkei finden in weniger als einem Monat – am 22. Juli – die Parlamentswahlen statt, doch der Kampf zwischen Regierung und Präsident geht unvermindert weiter. Zuletzt hat der Präsident sein Veto gegen einen Gesetzentwurf der Regierung eingelegt, der vorsieht, dass der Präsident vom Volk – und nicht vom Parlament – gewählt wird. Der Präsident hat nun zur Volksabstimmung über den Entwurf aufgerufen und damit kommt es im Zuge der Parlamentswahl nicht zur Wahl eines Präsidenten. Die Meinungsumfragen im Vorfeld der Parlamentswahl zeigen, dass die Regierungspartei AKP im Parlament Gesellschaft von zwei anderen Parteien und eine Mehrheit bekommt – allerdings nicht die absolute Mehrheit. Für den Markt wäre das positiv, denn die Türkei behielte damit eine marktfreundliche Regierung, die bewiesen hat, dass sie Wirtschaftsreformen durchführen kann und will. Außerdem käme es nicht zu einer absoluten Mehrheit, die die AKP nutzen könnte, um Verfassungsänderungen durchzuführen. Und das wiederum müsste die Streitkräfte beruhigen können. Ergebnis der Parlamentswahl ist bereits in hohem Maß im derzeitigen TRY-Kurs eingepreist. Geht die Wahl anders aus, hieße das wahrscheinlich eine Schwächung der TRY. Die TRY-Stärkung der letzten Zeit hat sich bisher nicht nachteilig auf den Export ausgewirkt, der im Mai um 26 % zunahm (YoY). Das Exportwachstum hat sich in der Handelsbilanz niedergeschlagen, das Defizit hat sich verringert, vgl. Abbildung 8 – eine Situation, zu der auch die hohen Leitzinsen beitragen, denn sie begrenzen den privaten Verbrauch und damit den Import. Insgesamt stärkt das die TRY. An der ökonomischen Front hat die Zentralbank angesichts einer Inflationsentwicklung mit einer jährlichen Steigerungsrate von unter 10 % endlich den Wind im Rücken – vgl. Abbildung 9. Allerdings erreicht man nicht das Inflationsziel dieses Jahres und da sechs Monate des Jahres bereits verstrichen sind, fasst die Bank inzwischen schon Ende 2008 ins Auge. Wir rechnen weiterhin damit, dass der Leitzins im 3. oder 4. Quartal gesenkt wird, je nachdem, ob die Wahl zu finanzieller Un­­ ruhe führt. Wir meinen nach wie vor, dass kurzfristige Anleger vom Spielfeldrand aus den Wahlausgang in der Türkei abwarten sollten – auch wenn die Meinungsumfragen auf ein marktfreundliches Wahlergebnis hindeuten. auf der Sitzung im August erneut angehoben werden muss - aus mehreren Gründen: • Das Geldmengenwachstum liegt weiterhin auf einem hohen Niveau von über 20 %. • Die Rolle als Gastgeberland für die Fußball-WM 2010 erfordert einen umfassenden Ausbau der Infrastruktur. Das kann zu Engpässen in einer ohnehin angespannten Baubranche führen. • Die Inflation ist 2007 deutlich angestiegen, und sollte sich dies den Sommer über fortsetzen, wird eine weitere Zinserhöhung unausweichlich. • Südafrika ist derzeit von Streiks u. a. im öffentlichen Sektor betroffen, die zu höheren Löhnen und Gehältern führen können. Das käme der Zentralbank äußerst ungelegen. Gegen eine Erhöhung spricht, dass die Zentralbank erst vor einem Jahr begonnen hat, die Zinsen anzuheben. Der Markt hat derzeit eine Zinserhöhung im August fast eingepreist, und daher würde ein Abwarten der Zentralbank den ZAR schwächen können. Außerdem haben wir den Effekt, den die ZAR-Abschwächung des letzten Jahres auf die Handelsbilanz hatte, vgl. Abbildung 11, noch nicht in vollem Umfang gesehen. Daher rechnen wir auch nicht damit, dass der ZAR von seinem derzeitigen Stand deutlich ge­­ stärkt wird, doch mit einem Zinssatz von fast 10 % ist der ZAR interessant. Wir erwarten aber, dass der ZAR weiterhin sehr volatil ist. Das kann bedeuten, dass der risikobereite Anleger weiterhin Geld mit dieser Währung verdienen und verlieren kann. ■ Türkischer Leitzins im Abwärtstrend Das voraussichtliche marktfreundliche Höherer Leitzins in Südafrika Die Inflation in Südafrika ist nun höher, als das Inflationsziel der Zentralbank erlaubt. Außerdem rechnet die Bank damit, dass die Inflation auch im 4. Quartal 2007 und im 1. Quartal 2008 das Ziel überschreiten wird. Daher wurde der Leitzins am 7. Juni um 0,5 Prozentpunkte auf 9,50 % angehoben. Wir gehen davon aus, dass der Leitzins Abbildung 9 Leitzins und Inflation, in % YoY, Türkei Abbildung 10 Leitzins und Inflation, in % YoY, Südafrika Abbildung 11 Handelsbilanz, Mrd. ZAR und EUR/ZAR 28 14 60 26 24 22 Leitzins 12 Handelsbilanz, links 10,0 20 10 9,5 0 18 9,0 8 16 -20 14 6 12 10 4 2002 2004 2006 2007 2 8,5 -40 8,0 -60 8 6 10,5 40 Leitzins 20 11,0 02 03 04 05 06 07 -80 7,5 02 03 04 05 06 07 7,0 Anlageinfo – Juni 2007 19