Medizintechnologie.de BfArM Genehmigungsanträge für klinische Prüfungen werden besser Wolfgang Lauer leitet die Abteilung „Medizinprodukte“ des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Quelle: © BfArM 27.01.2015 Seit fast fünf Jahren ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für die Genehmigung klinischer Prüfungen von Medizinprodukten zuständig. Dr. Wolfgang Lauer vom BfArM zieht eine vorläufige Bilanz. Mit der vierten Novelle im Paragraf 20 des Medizinproduktegesetzes hat der Gesetzgeber festgelegt, dass ein Medizinprodukt nur dann klinisch geprüft werden kann, wenn zuvor die zuständige Ethikkommission zugestimmt und die Bundesoberbehörde den Prüfantrag genehmigt hat. Damit ist seit März 2010 das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte für die Genehmigung klinischer Prüfungen von Medizinprodukten sowie Leistungsbewertungsprüfungen von In-vitro-Diagnostika zuständig. Herr Dr. Lauer, bis Anfang 2010 mussten Hersteller von Medizinprodukten klinische Prüfungen bei den Landesbehörden anzeigen. Seither ist ein Genehmigungsverfahren beim Für eine korrekte Antragstellung Das Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen von Medizinprodukten und Leistungsbewertungsprüfungen von In-vitroDiagnostika (IVD) muss beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beantragt werden. Die Verordnung über klinische Prüfungen von Medizinprodukten (MPKPV) gibt vor, welche Unterlagen eingereicht werden müssen. Eine Übersicht über die erforderlichen Unterlagen finden Sie auf der Internetseite des BfArM unter: www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/klinischePr/genAntrag/_node.htm BfArM vorgeschaltet. Wie viele Anträge hat das BfArM seitdem bearbeitet? Lauer: Wir haben seit 2010 ungefähr 1.000 Neuanträge auf Genehmigung einer klinischen Prüfung bearbeitet. Rund 56 Prozent davon waren Anträge auf Genehmigung, ungefähr 44 Prozent Anträge auf Befreiung von der Genehmigungspflicht. Hat sich die Qualität der eingereichten Unterlagen seither verbessert? Wir beobachten, dass sich über die Jahre die Qualität der Anträge deutlich verbessert hat. Auch die Rückfragen, die wir stellen müssen, oder die Mängel, die wir feststellen, sind im Schnitt weniger geworden. Die Firmen und Sponsoren haben viel dazu gelernt, aber natürlich auch das BfArM, denn das Genehmigungsverfahren musste 2010 ja auch hier völlig neu aufgebaut werden. Gilt diese positive Entwicklung für alle Antragsteller gleichermaßen, also für Unternehmen, die schon seit längerem dabei sind, ebenso wie für Start-ups? Das gilt natürlich insbesondere für die Unternehmen, die nicht ihren ersten Antrag einreichen, sondern schon mehrere klinische Prüfungen beantragt haben. Anträgen von Start-ups sieht man oft sehr deutlich an, ob der Antragsteller sich Unterstützung von Fachleuten geholt hat oder nicht. Wo bekommt man Unterstützung? Zunächst einmal unterstützen wir die Antragsteller selbst, indem wir in unseren Einwandschreiben ausführliche Hinweise geben, was fehlt oder geändert werden muss. Es gibt auch Unternehmen, die sich vorab einen professionellen Dienstleister suchen, der dann die Antragstellung in ihrem Auftrag übernimmt. Darüber hinaus ist es auch möglich, beim BfArM im Vorfeld des Genehmigungsverfahrens ein Beratungsverfahren – einen sogenannten „Scientific Advice“ – zu beantragen. Was muss man dafür tun? Der Antragsteller muss auf einem Formular darlegen, worum es geht und welche Fragen er in diesem Zusammenhang hat. Wir klären diese Fragen dann entweder schriftlich oder im Rahmen eines Beratungsgesprächs – das kommt auf den Wunsch des Antragstellers an. Dieses Beratungsverfahren ist kostenpflichtig, und es werden Gebühren abhängig vom Aufwand berechnet. Wo sehen Sie den größten Nachholbedarf? Eine große Baustelle ist die Strukturierung des Antrags. Die Verordnung über klinische Prüfungen von Medizinprodukten (MPKPV) gibt sehr klar vor, welche Dokumente eingereicht werden müssen. Daran wird sich nicht immer gehalten. Herzstück des Antrags ist der Prüfplan. Das ist so etwas wie der Fahrplan für die klinische Prüfung, den man einhalten muss. Dieser Prüfplan muss sehr klar formuliert sein und mit bestehenden Normen für klinische Prüfungen konform gehen. Anfängern mit wenig Erfahrung auf dem Gebiet gelingt das manchmal nicht auf Anhieb. Nachholbedarf besteht auch beim SAE-Reporting, also dem Melden sogenannter schwerwiegender unerwünschter Ereignisse. Bereits im Antrag muss eindeutig geschildert werden, wie man vorzugehen plant, wenn es im Rahmen der klinischen Studie dazu kommt. Auch das Prüfungsdesign ist oftmals ein kritischer Punkt: Nicht immer ist das beschriebene statistische Design einer Prüfung dazu geeignet, die aufgestellten Hypothesen zu untermauern. Sind in dem Maße, in dem die Qualität der Antragsunterlagen besser geworden ist, die SAEs zurückgegangen? Das lässt sich nicht direkt ins Verhältnis zueinander setzen. Wir bewerten einen Antrag dahingehend, ob die geplante klinische Prüfung möglichst sicher für die beteiligten Patientinnen und Patienten ist. Insbesondere also, ob sie dem aktuellen Stand der Wissenschaft genügt, alle Unbedenklichkeitsnachweise erbracht wurden und das Studiendesign geeignet ist, die gestellten Fragen zu beantworten. Die Meldepflicht für SAEs umfasst alle unerwünschten Ereignisse, die in einer klinischen Prüfung aufgetreten sind - auch ohne erkennbaren Zusammenhang mit dem Prüfprodukt. Die Anzahl der SAE-Meldungen hängt damit auch von ganz anderen Faktoren ab, beispielsweise von der Patientenpopulation. Sind vor allem ältere, häufig multimorbide Patienten eingeschlossen, kann es sehr viel schneller zu einem unerwünschten Ereignis kommen, als wenn ein Medizinprodukt für Männer um die 40 mit wenig oder ganz ohne Nebenerkrankungen in der klinischen Prüfung untersucht werden soll. Kommt es vor, dass ein Unternehmen einen Antrag zurückzieht, weil es nicht in der Lage ist, die vorgegebenen Kriterien zu erfüllen? Das gibt’s auch. Wir haben eine Genehmigungsquote von rund 70 Prozent und eine Versagensquote von ungefähr 6 Prozent. Der Rest, also circa 24 Prozent, zieht zurück. Lassen diese Unternehmen es dann völlig bleiben? Für die Rücknahme der Unterlagen gibt es die unterschiedlichsten Gründe. Manche Unternehmen stellen zum Beispiel fest, dass sie zum Zeitpunkt der Antragstellung bestimmte präklinische Tests noch nicht abschließen oder in der veranschlagten Zeit nicht alle Fragen beantworten können. Dann ziehen sie den Antrag lieber zurück, um ihn später erneut zu stellen und nicht zu riskieren, dass die Genehmigung versagt wird. Andere ändern ihre Studienplanung und müssen den Antrag deswegen noch einmal neu formulieren. Der Arbeitsaufwand für das BfArM hat sich damit ja erheblich erhöht. Ist die Personaldecke entsprechend mitgewachsen? Im Zuge der Novelle hat das BfArM entsprechende Personalressourcen bekommen. Es ist sehr wichtig, dass wir diese Aufgabe kontinuierlich und dauerhaft erfüllen können. Dafür brauchen wir langfristige Stellenperspektiven. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hochqualifiziert und interdisziplinär aufgestellt – Mediziner, Biologen, Ingenieure, Pharmazeuten etc. Über diese wissenschaftliche Expertise müssen wir auf breiter Basis langfristig verfügen können. Vielen Dank für das Gespräch! © medizintechnologie.de/jej