Spirituelle Aspekte in der idiolektischen Grundhaltung - ein Beitrag von Petra Speth Was ist Idiolektik? Idiolektik stammt von Idiolekt. Diesen kennzeichnet die Enxyclopedia Britannica folgendermassen: Idiolekt: „Die Sprachmuster, die eine Person verwendet inkl. all ihrer phonetischen, grammatikalischen und die Wortwahl betreffenden Vorlieben. Ein Sprecher kann im Rahmen seines Idiolekts verschiedene Sprachstile haben, wobei er jeweils eine Version seiner Sprachmuster für einen bestimmten sozialen Kontext einsetzt. Darüber hinaus bilden die verschiedenen Idiolekte einer Gruppe von Sprechern, sei dies nun regional oder einer sozialen Schicht, einen bestimmten Dialekt.“ (Encycl. Brit. 1980l Übersetzung vom Autor) Idiolektik, die Lehre von der Eigensprache, umfasst die Beziehungen oder das Wechselspiel zwischen der Eigensprache als Äußerung einer individuellen Person, dem Inhalt dieser Äußerung oder ihrer Bedeutung und entsprechenden Wirkung auf die Interpretanten. Idiolektik verschärft das Verständnis im Umgang mit Sprache und vermittelt Sicherheit im Zuhören und Reden. Sie ist das Ergebnis einer adäquaten Ethik und Haltung im Zusammenspiel mit konsequent angewendeter Fragetechnik, die sich gegenseitig im Wechsel fördert. Idiolektik ist eine Gesprächsführungsmethode, die sich bedingungslos auf den Gesprächspartner einlässt – ohne wenn und aber: ..zuhören statt reden fragen statt raten respektieren statt recht haben und vielleicht verstehen… Machen Sie jetzt eine Pause von circa 2 Minuten. Was haben Sie jetzt erlebt? Welche Köperempfindungen haben Sie wahrgenommen? Welche Gefühle sind entstanden? Welche Gedanken sind aufgetaucht? In der idiolektischen Gesprächsführung sprechen wir davon, dass jedes Gespräch vor dem ersten gesprochenen Wort beginnt. Man könnte auch sagen: „Die Stille hinter der Stille hören ist Ausdruck von Spiritualität.“ dies ist ein Zitat von Willigis Jäger Zen Meister / und Kontemplationslehrer. Wie bin ich auf dieses Thema: „Spirituelle Aspekte in der Idiolektik“ gekommen? Sowohl die Kontemplation als christlich spiritueller Weg, als auch die Idiolektik haben durch ihre Grundhaltung mein Leben in den letzten Jahren entscheidend mitgeprägt. Spiritualität findet sich in allen Religionen wieder. Im Christentum in Form der Mystik ( griech: myein = nach innen schauen), im Buddhismus in Form von Zen, im Islam in Form des Suffismus, im Judentum in Form der Kabbalah und im Hinduismus in Form von Yoga. Worum geht es? Es geht um die Entdeckung der Urwirklichkeit die allem Leben zugrunde liegt. Dabei geht es um folgende Fragen: Woher komme ich? Wer bin ich? Wohin gehe ich? Auch die Idiolektik will uns unterstützen individuelle Antworten auf diese Sinnfragen zu erhalten. Dabei ist Spiritualität wie auch die Idiolektik ein Erfahrungsweg. Ich versuche nun wesentliche Begrifflichkeiten aus den beiden Bereichen näher zu beleuchten und das Verbindende herauszuarbeiten. Die idiolektische Grundhaltung: Was verstehen wir unter der idiolektischen Grundhaltung? Die idiolektische Grundhaltung ist die kompromisslose Anerkennung der Sichtweise des anderen. Sie geht davon aus, dass jeder Mensch eine innere Weisheit besitzt, die umfassend in seiner Eigensprache zum Ausdruck kommt. In der Idiolektik behält der Frager eigene Ideen und Wertvorstellungen für sich. Er ermöglicht dem anderen durch wertfreies, zieloffenes Fragen und bedingungsloses Zuhören, mehr über sich selbst zu erfahren. Im achtsamen Umgang mit der Sprache des anderen eröffnen wir ihm einen Zugang zu seiner inneren Weisheit und somit zu sich selbst. Welche spirituellen Aspekte sind in dieser Grundhaltung erkennbar? Im idiolektischen Gespräch nehme ich meine eigenen Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen zurück um mich auf die Gedankenwelt des anderen einlassen zu können. Auf einem spirituellen Erfahrungsweg geht es darum, Gedanken Gefühle und Körperempfindungen hinten anzustellen und sich nur für diesen Moment zu sammeln und sich der Stille zu öffnen. Auf spiritueller Ebene sprechen wir davon das Ego zurück zu nehmen. In der Idiolektik sprechen wir davon das Eigenrauschen zu reduzieren um die individuellen Bedeutungsgehalte der Worte des gegenüber, nicht mit den eigenen zu überlagern. Dies erfordert Achtsamkeit. Halten Sie einen Moment inne. Achtsamkeit. Achtsamkeit bedeutet, dass das Bewusstsein, für das was im gegenwärtigen Moment geschieht wach gehalten wird. In der gegenstandslosen Meditation – Kontemplation genannt – reduzieren wir die Außeneindrücke. Wir werden ganz still und öffnen uns dem Inneren. Wir lauschen achtsam nach innen. Wir hören mit dem Herzen. Dabei sind wir ganz wach und präsent für den jeweiligen Moment ohne uns in der Zerstreuung zu verlieren. Wir nehmen alles zurück, bis das unhörbare hörbar und erfahrbar wird. In der Stille findet man sich selbst. Vergleichbar mit einem See dessen Wasseroberfläche immer ruhiger wird, bis sie wie ein Spiegel vor einem liegt. In der idiolektischen Gesprächsführung sind wir mit dem Gegenüber sehr achtsam und nehmen somit bewusst wahr was bei ihm im gegenwärtigen Moment geschieht. Es entsteht ein Raum der wachen Gegenwart zwischen zwei Menschen. In der idiolektischen Gesprächsführung ermöglichen wir dem anderen mit dieser Grundhaltung sich selbst neu zu entdecken. Dies muss erfahren und erlebt werden. Menschen die dies erfahren haben beschreiben es als beglückendes Erlebnis. Eine weitere Grundhaltung in der Idiolektik ist die Wertfreiheit. Wertfreiheit Was bedeutet Wertfreiheit? In der Idiolektik eröffnen wir dem anderen einen Raum in dem er sich ganz angenommen fühlt – ohne Moral, Bewertung oder Kritik. Wir versuchen ihm somit, einen wertfreien Raum zur Verfügung zu stellen. In der Spiritualität gilt die Grundannahme dass wir im tiefsten inneren unseres SEINS vollkommen sind. Dass alles in uns HEIL ist. Wir erfahren uns somit als ganz angenommen, als bereits in der Tiefe unseres SEINS, vollkommene Wesen im Sinne eines Urvertrauens. Der göttliche Funke ist in diesem tiefsten Grund unserer Seele immer vorhanden. Die Spiritualität führt also durch Wertfreiheit im tiefsten Inneren zum angenommen sein. Bei der Idiolektik geschieht dies über die innere Haltung des Fragenden. Indem wir wohlwollend, beobachtend und nicht bewertend zuhören ermöglichen wir dem anderen sich selbst anzunehmen. Es entsteht eine vertrauensvolle Beziehung. Eng verknüpft mit der Wertfreiheit ist das zieloffene Fragen in der Idiolektik. Zieloffenes Fragen in der Idiolektik Zieloffenes Fragen bedeutet sich einzulassen auf den anderen und offen zu sein für das was sich in dieser Begegnung ereignen will. Dies führt immer wieder zu überraschenden AHA- Erlebnissen durch plötzlich aufleuchtende innere Erkenntnisse. Es ist so, „dass niemand so schnell den Weg verliert, wie jemand der glaubt das Ziel ganz genau zu kennen.“ Dieses Zitat stammt von meiner Kontemplationslehrerin Luitgard Tusch- Kleiner. Es entspricht der absichtslosen Haltung auf dem spirituellen Erfahrungsweg. „Die Wirklichkeit ist jenseits der Begriffe“ Dies sagt Thich Nhat Hanh ein vietnamesischer Mönch und drückt damit einen wesentlichen Teil dessen aus, was Spiritualität ausmacht. Die Wirklichkeit ist nicht in Begriffe zu fassen, sondern nur erfahrbar. In der Idiolektik lösen wir uns von den fest definierten Bedeutungen der Begriffe und lassen uns auf die individuelle Bedeutung des anderen ein. Wir bleiben also ganz beim Anderen, wir bleiben in seiner Wirklichkeit. Wir ermöglichen ihm seine innere Wirklichkeit selbst neu zu erfahren. Idiolektische Grundhaltung versus Technik Die idiolektische Methode beinhaltet auch klar definierte technische Elemente. Diese können erlernt und weitergegeben werden. Im Wesentlichen ist die Idiolektik jedoch von der inneren Haltung, der idiolektischen Grundhaltung des Fragenden geprägt. Diese Haltung einzunehmen und zu erlernen, ist ein innerer persönlicher Entwicklungsprozess, ein Erfahrungsweg. Genauso werden in der Spiritualität einzelne Techniken vermittelt. Sie unterstützen diesen Übungsweg, entscheidend sind jedoch die inneren Erfahrungen. Es geht um das nicht machen, sondern um das geschehen lassen. Ganz im HIER und JETZT zu verweilen, in der Gegenwart zu sein. Dadurch öffnen sich Zeit und Raum. Neue Erfahrungen sind möglich. Was ist die Essenz meines Artikels Spirituelle Aspekte in der Idiolektik? Spirituelle Erfahrung bedeutet eine Bewusstseinserweiterung – sie führt über die Innenschau zu einem tieferen Zugang zu uns selbst und somit zu einer Verringerung dessen was uns von unserem Selbst noch trennt. Auch die Idiolektik hilft uns zu einem tieferen Zugang zu uns selbst. Dies geschieht dadurch, dass wir weniger auf das Problem schauen sondern die inneren Quellen und Ressourcen ansprechen. Dies geschieht zum Beispiel über Schlüsselwörter, die wir aufgreifen und uns erklären lassen. Die Energie fließt in dem wir einen Zugang zu inneren Kraftquellen finden, und den Blick auf das Verbindende richten. Dies geschieht, wenn es gelingt, mühelos und leicht. Das ist das Besondere das in idiolektischen Gesprächen immer wieder erlebt werden kann. Es hat meines Erachtens mit einem Hauch von Spiritualität zu tun. Es entsteht nämlich ein geistiger Raum in dem der andere sich ganz angenommen fühlt und dadurch Vertrauen entwickelt. Dies ermöglicht ihm neue, vorher nicht geahnte Möglichkeiten, zu entdecken. Auf spiritueller Ebene würden wir von einer Bewusstseinserweiterung sprechen. Mein Anliegen war es in diesem Artikel das Verbindende von Spiritualität und Idiolektik durchscheinen zu lassen. Sowohl die Kontemplation als christlich spiritueller Weg, als auch die Idiolektik haben durch ihre Grundhaltung mein Leben in den letzten Jahren entscheidend mitgeprägt. Sie haben meine Entwicklung zu mehr innerer Freiheit und Gelassenheit in der Begegnung mit mir selbst und mit anderen Menschen gefördert. Genau das wünsche ich Ihnen auch. Petra Speth Audiotherapeutin (DSB) Mozartstraße 32 63768 Hösbach 06021‐45904561 info@hoertraining‐speth.de www.hoertraining‐speth.de