Wdhl. - Klassische und neoklassische Angebotstheorie - Keynesianische Nachfragetheorie - Korrespondenz mit abwechselnden Regulationsweisen - Probleme unter den Finanzmarktbedingungen der jüngsten Zeit Probleme und Regulierung von Geld- und Finanzmärkten Übersicht 1. Die „Natur“ des Geldes als fiktiver Wert 2. Finanzmärkte: Der Handel mit Geld, Kapitalanlagen, Devisen, Kredit, und Versicherungen 3. Der Diskurs über den Finanzmarktkapitalismus 4. Eine kurze Geschichte der Krisen 5. Mögliche Regulierung von Geld- und Finanzmärkten 1. Die „Natur“ des Geldes als fiktiver Wert Industrielle Wirtschaft ist auf Geldverkehr angewiesen: Wechsel als biund multilaterale Zahlungsversprechen zwischen Kaufleuten. Geld zunächst als Realwert auf der Grundlage von Edelmetallen; später als Papier- und Giralgeld. Papier- und Giralgeld muss von einer Notenbank garantiert werden. Seit dem 19. Jahrhundert Entwicklung von universalen Reservewährungen - britisches Pfund bis 1914, USDollar seit 1945, Euro verstärkt seit 1999/2002. Realwert auf Grundlage von Edelmetallen: - Problem der Reinheit, deshalb hoheitliche Münzprägung - aber ständiges Abfeilen der Ränder. Doppeltwert: realer Metallwert und geprägte Währung - Problem der Abstimmung von Geldmenge und Wirtschaftswachstum: Deflationäre oder inflationäre Tendenzen je nach Begrenztheit oder Stärke des Edelmetallzuflusses. Führt zur Einsetzung von Zentralbanken und staatlich gesteuerter Geldmengenregulierung; heute weitgehend unabhängig von Edelmetallbeständen (Abkopplung von "Golddeckung"). Giralgeld auf der Grundlage von Wechseln: - Der Schuldschein ("Wechsel") eines großes Handelshauses war früher in Händlerkreisen praktischer Ersatz für Geld (auf Grundlage des Vertrauens in dieses Handelshaus). Konnte auch nicht so leicht gestohlen oder besteuert werden (der Wechsel wurde dann im Händlerkreis gesperrt). - Banken horten nur zu einem geringen Teil Münzen oder Papiergeld. Einlagen und Kredite bestehen im Wesentlichen als Buchungsziffern. Die Bank vertraut darauf, dass sie laufende Barabhebungen aus laufenden Bareinnahmen decken kann. Oder tauscht bei anderen Banken Giralgeld gegen Bargeld ein. - Geldmenge wird von der Zentralbank über den Leitzins reguliert, zu dem sich die Banken Geld bei der Zentralbank leihen können. Banken umgekehrt zu Einlagen bei der Zentralbank verpflichtet. - Da sich auch Nichtbanken untereinander Kredit geben können, kann sich die Aufblähung der Geldmenge auch dem Zugriff der Notenbanken entziehen. - Wirtschaft wird hochgradig abhängig vom Vertrauen in den Geldwert, der nur noch in Ziffern verkörpert ist. - Produktionskapital und Arbeit bevorzugen expansive Geldpolitik, Geldbesitzer /Sparer bevorzugen restriktive Geldpolitik. (jedenfalls war das früher so, gilt heute wohl nicht mehr: Finanzkapital und Rentiers profitieren von Assetinflation: Wertsteigerung von Aktien, Immobilien, Edelmetallen und anderen "Realien") 2. Finanzmärkte: Der Handel mit Geld, Kapitalanlagen, Devisen, Kredit, und Versicherungen Geld gegen Geld: Im Alltag manchmal das Problem, dass kein Wechselgeld vorhanden ist. Bargeld gegen Giralgeld: Vertrauen in die Bank erforderlich. Devisen: Veränderlichkeit der Wechselkurse. Die Herausbildung von Reservewährungen: stabiler Wert, jederzeit ausreichende Menge am Markt. Natürliche und politische Beschränkungen der Konvertibilität. Einfluss der Wechselkurse auf Export und Import. Kapitalanlagen: Anteile an Unternehmungen oder an Immobilien, die an andere veräußert werden können. Mit oder ohne Beteiligung an der Direktionsmacht. Kredit: Anspruch auf Rückzahlung zu einem Termin. Zins als Aufschlag für Beteiligung des Kreditgebers am durchschnittlichen Wirtschaftswachstum („Realzins“), für das Risiko des Kreditausfalls, sowie zum Ausgleich der Geldentwertung. Absicherung eventuell durch Kapitalanlagen. Versicherungen: Versicherungen gegen Preisschwankungen oder Kreditausfall können gehandelt werden. Beim Handel mit Geld und seinen oben genannten Derivaten geht es nicht – wie in der Realwirtschaft – um den Austausch von Gebrauchswerten, sondern von Werterwartungen (oder Tauschwerten). 3. Der Diskurs über den Finanzmarktkapitalismus "Arbitrage" / "Spekulation" ist der Kauf oder Verkauf eines Gutes ohne realwirtschaftliche Absicht (Produktion, Konsum). Man möchte das Gut an anderer Stelle oder zu einem späteren Zeitpunkt mit Gewinn wieder verkaufen. - Man kann auch mit Naturalien spekulieren (z.B. Erdöl oder Weizen). "Papier" bzw. Ziffern verderben aber nicht und lassen sich leichter horten und transportieren. - Sogenannte Leerverkäufe oder Termingeschäfte ermöglichen die Spekulation auf fallende Kurse. Diskurs I: Finanzmarktransaktionen als wünschenswerte „Arbitrage“ - Erwartung von realwirtschaftlichen Entwicklungen: X (Öl, Aktie, Währung) steigt im Wert, weil X stärker nachgefragt wird (mehr Öl verbraucht, die entsprechende Firma erfolgreich ist, die entsprechende Volkswirtschaft prosperiert). - Geld und Investitionen werden dahin gelenkt, wo sie am nötigsten gebraucht werden (wenn z.B. der Wert einer Aktie steigt, kann das Unternehmen mehr investieren) - Leerverkäufe sind sinnvoll, um Preis- oder Währungskursschwankungen abzufangen (z.B. Warentermingeschäfte). So wird ein Ausgleich zwischen unterschiedlichen Risikoneigungen oder -vulnerabilitäten hergestellt. - Umverteilungsspiele im Kasino (s.u.) tangieren nicht die Realwirtschaft (sagt dieser Diskurs). Diskurs II:Finanzmarktransaktionen als unerwünschte „Spekulation“ - Erwartungserwartungen: X wird knapp, weil die Leute glauben, dass es knapp wird und es deshalb horten. Pyramidenspiele beruhen ebenfalls auf diesem Effekt: z.B. Ausgabe ungesicherter Kredite in der Erwartung, diese an andere Banken weiterverkaufen zu können. (vgl. Comik_EntstehungderKrise.pdf) - Steuerung der Kurse durch Erzeugung von Erwartungserwartungen: Unbemerkter Aufkauf einer erheblichen Menge X. Plötzlicher Verkauf mit dem Effekt, dass die anderen Spekulanten auch verkaufen, weil sie fallende Kurse befürchten – die dann auch eintreten. Profit über Leerkäufe, d.h. Wette auf fallende Kurse. Außerdem Propaganda durch "Börsentipps". - Soweit die Preise oft nicht auf Erwartungen, sondern auf Erwartungserwartungen beruhen, kommt es zu völlig irrationalen Verzerrungen und Schwankungen. - Je indirekter die Finanzinstrumente, desto mehr werden die Risiken und sonstigen Wirkungen selbst für Insider intransparent. - Risiko und Profit fallen oft systematisch auseinander. Bei großen Pleiten muss nämlich regelmäßig der Staat einspringen, um Dominoeffekte zu vermeiden. - Die Schwankungen schlagen sehr wohl auf die Realwirtschaft durch (z.B. bekommt ein Unternehmen, dessen Aktienkurs in den Keller getrieben wurde, nur schwer Kredite bei der Bank). - Volkswirtschaftlich ergeben sich dadurch Umverteilungen zwischen Steuerzahlern und Rentiers/Konsumenten (bzw. Bankmanagern und ihren Boni-basierten Millioneneinkommen) oder: die Notenpresse zahlt die Zeche => weitere Assetinflation - Weltwirtschaftlich ergeben sich dadurch häufig Umverteilungen zwischen Volkswirtschaften ("we have the Dollar: that is your problem") 4. Eine kurze Geschichte der Krisen Tulpenzwiebel-Spekulation 1637 in den Niederlanden Besonders schwere Krisen in der Zwischenkriegszeit, speziell Weltwirtschaftskrise von 1929-1932 Durch das Abkommen von Bretton Woods 1944 hohe Stabilität im Welthandel der Nachkriegszeit (bis Beginn der 1970er Jahre) In den 1970er Jahren, Inflation und Stagnation besonders in USA und Großbritannien. Wechsel zum Neoliberalen Regime. Nachfragepolitik der Regierungen Clinton und Bush (d.h. Alan Greenspan) seit den 1990er Jahren: Niedrige Steuern, niedrige Leitzinsen + neoliberale Deregulierung der Finanzmärkte. => Mit dem Internet glaubt man, das Erfinden neu erfunden zu haben und Grundlage für immerwährendes Wachstum geschaffen zu haben. Deshalb wurde die sich aufbauende Blase verkannt. Die meisten Geschäftsideen erwiesen sich aber als unrealistisch. Internetblase platzte 2001. Um die Krise zu bewältigen, flutet die Federal Reserve der USA die Märkte mit Geld. => Anheizung des Konsums und der Importe in den USA (und anderer angloamerikanischer Länder) auf Basis extrem hoher Staats- und Privatschulden. Die Deregulierung erleichtert Vergabe und Transfer von Krediten: a) ungesicherte Konsumentenkredite. b) ungesicherte Hebelkredite für Investoren zur Erhöhung der Rendite aufs Eigenkapital. => Gegenfinanzierung durch die Angebotspolitik in China, Japan und Deutschland: Hohe Leitzinsen, Restriktion der Staatsausgaben und des Wohlfahrtsstaates führt zu niedrigem Inlandskonsum. Anheizen der Produktion und der Exporte führte zu extremen Überschüssen der Ersparnisse, für die es keine sinnvolle Anlagemöglichkeiten gab. Also wurden, teilweise über Drittländer, Kredite an die angelsächsischen Volkswirtschaften vergeben (die diese ihrerseits notwendig brauchten <= Kreislauf der Weltwirtschaft). Entsprechend kam es zur Immobilienkrise von 2008. Um die Krise zu bewältigen, übernahm in vielen Ländern der Staat die faulen Kredite der Banken. Aus der Bankenkrise von 2008 wurde in der Folge eine Krise überschuldeter Nationalstaaten. Weil es sich vielfach um internationale Kredite handelt und weil im Euroraum die Nationalbanken nicht mehr eigene Währungen ausgeben können, kommt es zu Staatsbankrotten (Island, Griechenland etc.). In den gegenwärtigen oder zukünftigen Finanzkrisen werden die Ungleichgewichte von übermäßigen Ersparnissen und übermäßiger Verschuldung (vorläufig) ausgeglichen: Schulden und Ersparnisse teilweise abgeschrieben, private Gläubiger teilweise von der öffentlichen Hand der betroffenen Länder (das heißt den Steuerzahlern) entschädigt. 5. Mögliche Regulierung von Geld- und Finanzmärkten - Ungleichgewichte im Außenhandel vermeiden. - Ausreichende Eigenkapitalbeteiligung der Banken und der Bankenmanager. - Trennung von normalem Kreditgeschäft und Investment-Banking - Zerschlagung großer Banken ("too big to fail") - Systematische staatliche Gewinnabschöpfung bei den Banken - Einschränkung oder Verbot von indirekten Instrumenten - Beschränkung der Spekulationsmasse (z.B. Rentenversicherung auf Umlagebasis statt Alterabsicherung durch privates Ansparen) - Besteuerung von Finanztransaktionen (Tobin-Steuer) und andere Kapitalverkehrskontrollen Probleme bei der Durchsetzung - Interessensdivergenzen zwischen Export(dumping)ländern wie China und Deutschland auf der einen Seite und den Standorten der Finanzdienstleister wie USA und GB auf der anderen Seite. Erstere wollen den Kapitalverkehr regulieren und die Entwertung ihrer Ersparnisse abwehren. Letztere wollen lieber die Banken selbst regulieren (und zwar im Sinne liberalen Wettbewerbs) und die Ersparnisse der anderen weginflationieren. - Interessensdivergenzen zwischen schwachen und starken Euro-Ländern (z.B. Frankreich versus Deutschland): Erstere wollen ihre Schulden weginflationieren und ihre Wirtschaft durch Ausgaben ankurbeln, letztere wollen ihre Ersparnisse retten – daher der Keynesianismus der einen und der Monetarismus der anderen. - (Selbst-)Einbindung der Politik in den Finanzmarktkapitalismus seit den 1970er Jahren – vgl. Sitzung zur „Globalisierung“