Z2 - Methoden der Psychologie 2 Di. 15.15 (Raum 401) Mi. 17.00 (Hörsaal 2) Dr. Jan Mierke [email protected] Übung Z2 – Methoden der Psychologie Zielgruppe sind Studierende im Nebenfach Psychologie, Grundstudium Scheinerwerb durch 60 minütige Klausur am Ende des Semesters Literaturempfehlungen • Bortz, J. & Döring, N. (2001). Forschungsmethoden und Evaluation. Berlin: Springer. • Huber, O. (2002). Das psychologische Experiment. Bern: Huber. Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 2 Inhalte Einführung in die Psychologische Methodenlehre • Alltagswissen und Wissenschaft • Wissenschaftstheoretische Grundlagen • Messtheorie und Skalenniveaus Statistische Grundlagen • Grundlagen der deskriptiven Statistik • Grundlagen der Inferenzstatistik Psychologische Experimente • Die Logik hypothesenprüfender Untersuchungen • Versuchsplanung und Kontrolle von Störfaktoren Testtheorie und Fragebogenkonstruktion • Klassische Testtheorie • Aktuelle Ansätze der Testtheorie Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 3 Einführung in die Psychologische Methodenlehre Alltagswissen und Wissenschaft Alltagsbewältigung erfordert eine Unmenge an Wissen • Dinge fallen nach unten • Um Brot vom Bäcker mitnehmen zu dürfen, muss ich Geld bezahlen • Nicht alle Menschen sind freundlich und harmlos Gerade psychologisches Alltagswissen wird zum Teil schon sehr früh erworben: • wenn ich weine, kommt Mama • wenn ich im Laden weine, bekomme ich manchmal ein Eis • wenn ich etwas abgebe, bekomme ich ein andermal auch etwas ab Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 5 Probleme von Alltagstheorien Alltagstheorien sind oft in sich geschlossene, nicht widerlegbare Gedankengebäude • vgl. Verschwörungstheorien Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 6 Probleme von Alltagsbeobachtungen Alltagstheorien beruhen oft auf einer unsystematischen oder Verzerrten Auswahl an Situationen Wenn Sie immer vom Zug aus beobachten, sind alle Bahnschranken immer geschlossen… Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 7 Alltagswissen und Wissenschaft Viele psychologische Befunde sind plausibel • Aber: Häufig wäre das Gegenteil genauso plausibel Informationsgehalt des Common Sense oft fragwürdig: • „Gegensätze ziehen sich an“ versus „Gleich und gleich gesellt sich gern“ Im Gegensatz zur Alltagspsychologie versucht die wissenschaftliche Psychologie, ihre Aussagen mit geeigneten Methoden daraufhin kritisch zu überprüfen, ob sie wahr oder falsch sind • Ergebnisse sollen intersubjektiv gültig, d.h. unabhängig von der subjektiven Geltung sein Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 8 Experiment zur Lebenszufriedenheit (Schwarz et al., 1991) Gruppe 1: 6 Beispiele für eigenes selbstsicheres Verhalten sollen erinnert werden Gruppe 2: 12 Beispiele für eigenes selbstsicheres Verhalten sollen erinnert werden Teilnehmer in beiden Gruppen schätzen anschließend ihre eigene Selbstsicherheit ein Ergebnis: Personen, die viele „selbstsichere“ Items generieren mussten, beurteilten sich als weniger selbstsicher als Personen die wenig „selbstsichere“ Items generieren mussten Interpretation: Schwierigkeit des Abrufs ist kritisch! 6,5 6 Beispiele 6 12 Beispiele 5,5 5 4,5 Selbstsicheres Verhalten Unsicheres Verhalten Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 9 Bestimmung des Strafmasses (Englich & Mussweiler, 2001) 16 Richtern, die mindestens 15 Jahre im Amt waren, wurde Material ausgehändigt, in dem ein Vergewaltigungsdelikt geschildert wurde Es wurde entweder mitgeteilt, ein Informatikstudent schlüge ein Strafmaß von 12 (Gruppe 1) oder 32 Monaten (Gruppe 2) vor • Richter sollten vorgeblich nur die Angemessenheit des Vorschlags beurteilen AV: Richter sollten überraschend selbst ein Strafmaß festlegen Ergebnis: niedriger Anker: 28 Monate; hoher Anker: 35 Monate Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 10 Dissonanz durch einstellungskonträres Verhalten (Festinger & Carlsmith, 1959) Phase 1: Teilnehmer bearbeiten sehr langweilige Aufgaben (ca. 1 Stunde) 2 Phase 2: Teilnehmer sollen dem nächsten Teilnehmer erzählen, dass die Aufgabe wirklich interessant ist. Es wird eine Belohnung dafür ausgelobt • Gruppe 2: $20 Belohnung AV: Bewertung der Aufgabe Ergebnis: Kleine Belohnungen führen zu großen Einstellungsänderungen, weil der Nachentscheidungskonflikt größer ist $20 1 Bewertung. • Gruppe 1: $1 Belohnung $1 0 -1 angenehme Aufgabe nochmal Teilnehmen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 11 Was ist Methodenlehre Die psychologische Methodenlehre ist eine Sammlung von Verfahren zur Lösung anwendungsbezogener und theoretischer Fragestellungen in der Psychologie Betrifft alle Bereiche empirische Forschung: • • • • • Begriffsklärung Formulierung von Theorien und Hypothesen Versuchsplanung Datenerhebung Auswertung und Interpretation von Daten Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 12 Grundlegendes zum Thema systematischer Untersuchungen Typen systematischer Untersuchung Lehnstuhlforschung • Ergebnisse werden nach dem Prinzip der Plausibilität und logischen Konsistenz beurteilt Halbempirische Forschung • Zusammenhang zwischen verschiedenen Fakten wird durch Plausibilität hergestellt Korrelationale Forschung • Zusammenhang zwischen Fakten wird systematisch und direkt beobachtet Experimente Längsschnittforschung Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 14 Tierney (1987) – Sind Haferflocken Krebserregend? Korrelation zwischen der Art der in der Jugend konsumierten Frühstücksflocken und der Häufigkeit einer Krebserkrankung 4x mehr Krebs bei Personen die Haferflocken gegessen haben! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 15 Tierney (1987) – Sind Haferflocken Krebserregend? Sind „Frosted Flakes“ Krebserregend? Wohl kaum. Aber: „Frosted-Flakes“ sind erst seit 1985 verfügbar. Jüngere Teilnehmer haben Frosted-Flakes gegessen, ältere Teilnehmer Haferflocken Alter der Teilnehmer ist entscheidend! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 16 Probleme korrelationaler Forschung Korrelationen können über Störvariablen vermittelt sein (Alter der Versuchsteilnehmer, im Fall der Frosted Flakes) Flakes in der Jugend? Krebs Alter Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 17 Probleme korrelationaler Forschung Korrelationale Ergebnisse erlauben keine Schlußfolgerungen über die Kausalrichtung (z.B. Trinkt jemand Alkohol, weil er lallt?) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 18 Mögliche Effekte von Drittvariablen Mediation A Scheinkorrelation B C A C Moderation A B B C Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 19 Probleme korrelationaler Forschung Durch welche Versuchsanordungen oder Methoden hätte man eine Scheinkorrelation entlarven bzw. ihr Auftreten verhindern können? Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 20 Experimente – Prüfung von Kausalbeziehungen zwischen Variablen Ziel: Gewinnung von Informationen über kausale Zusammenhänge Aktive Manipulation einer Variable • z.B. Teilnehmer werden gebeten über einen gewissen Zeitraum hinweg Frosted Flakes zu essen Randomisierung • Zufällige Zuweisung von Versuchsteilnehmern zu den Bedingungen Messung einer abhängigen Variable • Vergleich der abhängigen Variable unter den verschiedenen Bedingungen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 21 Wissenschaftstheoretische Grundlagen: Gesetze, Theorien, Hypothesen Ziel der (Human-)Psychologie als Wissenschaft: • Beschreibung, Erklärung und Vorhersage des Verhaltens, Erlebens und Bewusstseins von Menschen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 23 Wissenschaftliche Hypothesen beziehen sich auf reale, empirisch untersuchbare Sachverhalte (≠ „Gott ist gut“) beziehen sich nicht auf Einzelfälle sondern sind allgemeingültig (≠ „Es gibt Leute, die nie essen“) entsprechen formal einem Konditionalsatz mit Prämisse und Konsequenz (wenn-dann; jedesto) sind potentiell durch Beobachtungen widerlegbar (treffen eindeutige Vorhersage, ≠ „kann Krebs verursachen“) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 24 Zwei Arten von Hypothesen Inhaltliche Hypothesen: • Verbale Behauptungen über kausale/nicht-kausale Beziehungen zwischen Variablen • Abgeleitet aus begründeten Vorannahmen, Modellen oder Theorien Statistische Hypothesen: • Zuspitzung der inhaltlichen Hypothese zu einer empirischen Vorhersage des Untersuchungsergebnisses • Formulierung von statistischen Aussagen bezogen auf Maße, die eine inhaltliche Aussage am besten wiedergeben Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 25 Analytische Sätze Wahrheit oder Falschheit eines analytischen Satzes allein mit formalen Argumenten entscheidbar Beispiele: • „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, dann ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist“ (Tautologie) • „Manche Frauen sind Männer“ (Kontradiktion) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 26 Synthetische Sätze Wahrheit nur durch empirische Beobachtung entscheidbar Beispiele: • „Mit zunehmender Müdigkeit sinkt die Konzentrationsfähigkeit“ • „Frauen fahren besser Auto als Männer“ • „An Regentagen ist mein Chef besonders unfreundlich“ • … Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 27 Synthetische Sätze Die Psychologie stellt synthetische Sätze auf • zur Stützung dieser Sätze empirische Argumente verwendet • Grundlage daher die kontrollierte/systematische Beobachtung empirischer Sachverhalte Wissenschaftstheoretisch begründete Methodologien: Richtlinien, wie systematische und kontrollierte Beobachtungen eine möglichst fundierte Bewertung synthetischer Sätze erlauben Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 28 Wissenschaftliche Beobachtung Wissenschaftliche Beobachtung ist • Objektiv: von verschiedenen Personen übereinstimmend beobachtbar • Replizierbar: prinzipiell nachvollziehbar und wiederholbar • Dokumentiert: Protokoll unter Verwendung eines festgelegten Codes Objektivität ≠ Wahrheit einer Beobachtung • Wahrheit kennzeichnet theoretische Sätze Durch Objektivität ist nur sichergestellt, dass verschiedene Wissenschaftler einen empirischen Sachverhalt beobachten können und dabei zu einem identischen Ergebnis gelangen • Dieses kann grundfalsch sein (z.B. vom Zug aus beobachtet…) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 29 Zwei Bereiche wissenschaftlicher Arbeit Entdeckungszusammenhang (context of discovery) • Entdeckung und Beschreibung von Phänomenen • Generierung von Hypothesen und Theorien • Offene Fragestellungen: • „Welche Faktoren beeinflussen X?“ • „Was geschieht mit X unter der Bedingung Y?“ Methoden: explorative Studien, freie Beobachtung, Nachdenken, Eingebung,… Anything goes… Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 30 Zwei Bereiche wissenschaftlicher Arbeit Begründungszusammenhang (context of justification) Prüfung von Hypothesen auf • • • • • Logische Konsistenz Empirischen Gehalt Kompatibilität mit bestehendem Wissen Empirische Adäquatheit Typischerweise geschlossene Fragestellungen: • „Hat die unabhängige Variable (UV) den erwarteten Effekt X auf die abhängige Variable (AV)?“ • „Ist die AV in Gruppe A stärker ausgeprägt als in Gruppe B?“ Methoden: Experiment, Quasi-Experiment, Korrelationsstudien Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 31 Logischer Positivismus (Carnap) Ausgangspunkt ist die logische Analyse der Wissenschaftssprache • Wichtigste Setzung: Alle theoretischen Begriffe müssen auf Beobachtungsbegriffe zurückführbar sein Sätze, die sich nicht auf Beobachtbares beziehen, werden als „sinnlos“ qualifiziert • „Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ (Wittgenstein) • „Sinnlose“ Sätze können nicht Gegenstand der Wissenschaft sein (z.B. „Gott ist allmächtig“) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 32 Logischer Positivismus: Das Induktionsprinzip Schluss von spezifischen Beobachtungen auf allgemeines Gesetz („Enumerative Verallgemeinerung): „Alle Raben sind schwarz“ Je mehr bestätigende Beobachtungen, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Hypothese wahr ist Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 33 Kritischer Rationalismus (Popper) Es gibt keine theoriefreie Beobachtung! • Auswahl der beobachteten Sachverhalte beruht immer auf (impliziten oder expliziten) theoretischen Annahmen • Interpretation der beobachteten Sachverhalte im Lichte von Theorien Theoretische Begriffe sind mehr als nur Zusammenfassungen von Beobachtungen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 34 Kritischer Rationalismus: Kritik am Induktionsprinzip Zentraler Kritikpunkt: Das Induktionsprinzip ist unhaltbar • Universelle Hypothesen können niemals verifiziert, sondern nur falsifiziert werden (siehe unten) • Die Wahrscheinlichkeit des Zutreffens einer Hypothese wächst NICHT mit der Anzahl bestätigender Instanzen! Bei der Lottoziehung 6 aus 49 sei in den letzten zehn Jahren nie die Zahl 11 gezogen worden • Aber: Die Hypothese, die Urne enthalte keine 11, wird dadurch nicht wahrer! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 35 Kritischer Rationalismus: Falsifikationsprinzip ¾ Deduktivistischer Ansatz dreht deswegen das Vorgehen um: Ableitung (Deduktion) einer Prognose über beobachtbare Sachverhalte auf Basis einer Theorie • Aus dem Zutreffen einer Prognose kann nach Popper nichts geschlossen werden. Es erhöht sich jedoch der Bewährungsgrad der Theorie, aus der die Prognose abgeleitet wurde • Tritt jedoch eine Prognose nicht ein, so kann logisch sicher geschlossen werden, dass die Theorie falsch ist (Falsifikation) Æ Gute Hypothesen müssen Sachverhalte ausschließen! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 36 Kritischer Rationalismus: Falsifikationsprinzip Funktion eines Experiments: möglichst strenge und faire Prüfung einer Hypothese, d.h. der ernst gemeinte Versuch, sie zu falsifizieren während man ihr gleichzeitig eine Chance gibt, sich zu bewähren Ist eine Hypothese mehrfach experimentell überprüft worden, ohne falsifiziert zu werden, so hat sie sich vorläufig bewährt Eine Hypothese gilt niemals als endgültig wahr; jederzeit kann sie durch Beobachtungen falsifiziert werden: Wissenschaft ist stets der gegenwärtige Stand des Irrtums… Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 37 Psychologische Theorien Sammlung von gut bewährten miteinander vernetzten Hypothesen bzw. Gesetzmäßigkeiten zu einem Gegenstandsbereich Aussagen über das Zusammenspiel zweier oder mehrerer Variablen der Form wenn-dann bzw. jedesto Funktionen: Beschreibung, Erklärung und Vorhersage Wichtige Eigenschaften guter Theorien sind • Logische Konsistenz • Semantische Einheitlichkeit • Informationsgehalt und Prüfbarkeit Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 38 Logische Konsistenz Eine Menge von Aussagen ist logisch inkonsistent, wenn aus ihr sowohl Aussage A, als auch deren Negation nicht-A logisch abgeleitet werden können • Logische Konsistenz garantiert nicht, dass eine Theorie adäquat ist • aber logische Inkonsistenz garantiert, dass sie es nicht ist (z.B. Verdrängungsmechanismus in der Psychoanalyse…) Aus widerspruchsvollen Theorien folgt jede Aussage (wird folglich jedem empirischen Ergebnis gerecht) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 39 Semantische Einheitlichkeit Semantische Konsistenz (Herrmanns, 1982, 1987) ist die Einheitlichkeit der Beschreibungsebene • Trennung systemtheoretischer und handlungstheoretischer Perspektiven • Gegenbeispiele: • „Die zentrale Exekutive fürchtet, ihr Ziel nicht erreichen zu können“ • „Das Gehirn fühlt dies oder jenes“ ¾ Kontamination von Akteur und System • Semantische Inkonsistenz führt zu unsinnigen Aussagen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 40 Empirischer Gehalt Gehalt einer Theorie T (oder Hypothese H) ist • Die Menge aller Sätze die aus T (H) ableitbar sind • Die Menge aller Fälle die von T (H) ausgeschlossen werden Kontraintuitiv: Je weniger mögliche Realitäten eine Vorhersage zulässt, desto gehaltvoller ist sie! Erweiterung des „wenn“-Teils (Antezedenz) • Durch UND (konjunktiv) Æ niedrigerer Gehalt (ÆExhaustion) • durch ODER (disjunktiv) Æ höherer Gehalt Erweiterung des „dann“-Teils (Konsequenz) • Durch UND (konjunktiv) Æ höherer Gehalt • durch ODER (disjunktiv) Æ niedrigerer Gehalt Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 41 Zusammenfassung Analytische Sätze können formal geprüft werden, synthetische Sätze nur empirisch Grundlage des Logischen Positivismus: Begriffsklärung, Beschränkung auf Beobachtbares, Induktionsprinzip Kritik am Induktionsprinzip: Bestätigungsgrad von Theorien steigt nicht mit der Zahl bestätigender Beobachtungen Grundlage des kritischen Rationalismus: Eine allgemeine Hypothese kann logisch eindeutig durch Beobachtungen falsifiziert werden, nie jedoch eindeutig und endgültig bestätigt Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 42 Messtheorie und Skalenniveaus Themen Grundlegendes zu statistischen Einheiten, Stichproben und Grundgesamtheiten Variablen und Merkmale Messen und Klassifizieren Skalentypen und Skalenniveaus Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 44 Untersuchungseinheiten Untersuchungseinheiten (Merkmalsträger) sind Subjekt oder Objekt einer Untersuchung • Träger der Information, für die man sich bei der Untersuchung interessiert Die bei einer Untersuchung relevanten Eigenschaften einer statistischen Einheit bezeichnet man als Merkmale • Die möglichen Werte, die ein Merkmal annehmen kann, nennt man Merkmalsausprägungen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 45 Beispiel: Merkmale bei der Beschreibung von Personen Rindfleisch: lecker Fernsehen: gut e = mc2 Haarfarbe Alter Geschlecht Größe Einstellungen Meinungen Verhaltensmuster Intelligenz Bildung Einkommen Markenpräferenzen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 46 Messen Unter Messen versteht man die Zuordnung von Zahlen (Messwerten) zu Objekten oder Ereignissen (Merkmalsträgern) nach bestimmten Regeln (Abbildungsfunktion) • wobei diese Zuordnung die Verhältnisse der Merkmalsausprägungen untereinander strukturerhaltend abbilden soll Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 47 Empirisches und numerisches Relativ Empirisches Relativ Numerisches Relativ b 193 cm 180 cm 165 cm Abbildungsfunktion Die für ein empirisches Relativ charakteristischen Relationen bleiben im numerischen Relativ erhalten Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 48 Skalentypen Je nach Art der Abbildungsfunktion, lassen sich verschiedene Skalentypen unterscheiden • Zentrale Frage dabei ist, welche Eigenschaften des empirischen Relativs sich im numerischen Relativ abbilden bzw. wie diese Abbildung beschaffen ist Die Art der anwendbaren statistischen Verfahren hängt vom Skalentyp ab • Je weniger Information eine Messung enthält, desto mehr mathematische Transformationen sind zulässig, ohne dass diese Information verloren geht bzw. verzerrt wird Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 49 Die Skalenhierarchie Ordinalskala Intervallskala Verhältnisskala Absolutskala Zunehmendes Informationsniveau Nominalskala Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 50 Nominalskala Nominalskala: Messwerte drücken nur die Verschiedenartigkeit von Merkmalen der Untersuchungseinheiten aus • Anwendung auf Merkmale, die sich Kategorisieren, aber nicht ordnen lassen • Beispiele: Postleitzahl, Haarfarbe Merkmalsausprägungen können durch beliebige Symbole bezeichnet werden (sofern verschiedenen Ausprägungen verschiedene Symbole zugewiesen werden) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 51 Nominalskala Empirisches Relativ „Numerisches“ Relativ Abbildungsfunktion 1=blond 2=brünett 3=grau Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 52 Nominalskala, Präzisierung Eine Nominalskala ordnet den Objekten eines empirischen Relativs Zahlen derart zu, dass • Objekte mit gleicher Merkmalsausprägung gleiche und • Objekte mit verschiedener Merkmalsausprägung verschiedene Zahlen erhalten Sie ist damit gegenüber jeder beliebigen eindeutigen Transformation invariant Meist in Bezug auf Häufigkeiten… Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 53 Ordinalskala Ordinalskala: Messwerte erlauben Vergleich bezüglich der Rangfolge der Merkmalsausprägungen • Größer / kleiner / gleich – Aussagen über die Merkmale • Beispiele: Lebensmittelgüteklassen, Zeugnisnoten, Platzierungen etc. Die Symbole, die die Merkmalsausprägungen bezeichnen, können beliebiger Art sein, sofern nur die Rangfolge zwischen ihnen definiert ist Abstände zwischen Zahlen sind nicht interpretierbar, nur die Rangordnung Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 54 Ordinalskala, Präzisierung Eine Ordinalskala ordnet den Einheiten eines empirischen Relativs Zahlen zu die so geartet sind, dass • von jeweils zwei Objekten das Objekt mit der größeren Merkmalsausprägung auch den größeren Wert erhält Jede streng monotone Transformation führt zu einer ebenso zulässigen Zahlenzuordnung • Anders ausgedrückt: Da nur die Rangfolge der Skalenwerte Information enthält, ist jede Transformation zulässig, die diese Rangfolge unverändert lässt Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 55 Ordinalskala, Beispiel für monotone Transformationen 100 Schüler wurden gebeten, Noten für verschiedene Fernsehserien zu vergeben Sofern die Rangordnung durch eine Transformation erhalten bleibt, ist sie zulässig: Originale Schulnoten Transformation: Y=3*X Ebenfalls zulässige Transf. Unzulässige Transformation 1 3 -6 123 2 6 123 -6 3 9 5.462.743 5.462.743 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 56 Intervallskala Intervallskalen erlauben Aussagen über Abstände zwischen den Ausprägungen • Beispiele: Temperatur nach der Celsius Skala, Zeit in Jahren • Bildung von Quotienten der Skalenwerte ist nicht zulässig Die Eigenschaften einer Intervallskala bleiben bei linearen Transformation erhalten (y = bx+a; Addition von a, Multiplikation mit b, b>0) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 57 Intervallskala: Beispiel für lineare Transformation Umrechnung von Grad Celsius in Grad Fahrenheit Es besteht folgende Beziehung: F = 9/5 C + 32 • 10°C = 50° F • 20°C = 68° F • 30°C = 86° F α und ß legen Ursprung und Einheit der Skala fest Die Abstände zwischen zwei Messwertpaaren bleiben bei jeder Transformation proportional erhalten, nicht aber ihr Verhältnis! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 58 Verhältnisskala Als Verhältnisskala bezeichnet man eine metrische Skala mit natürlichen Nullpunkt • Erlaubt Vergleich von Abständen (wie Intervallskala) • Erlaubt zusätzlich Bildung von Quotienten (Verhältnissen) der Skalenwerte • Beispiele: Entfernungen, Volumina, Gewichte Zulässige Zahlentransformation: y = bx; b > 0 • Beispiel: Das Verhältnis der Entfernungen 6 km und 3 km ist das gleiche wie das von 28 km und 14 km, aber größer als das von 35 km und 20 km. Misst man die Entfernungen in Meilen, so bleiben die Verhältnisse gleich! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 59 Verhältnisskala Empirisches Relativ Numerisches Relativ Abbildungsfunktion 163 cm 183 cm 193 cm Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 60 Verhältnisskala, Präzisierung Eine Verhältnisskala ordnet den Objekten eines empirischen Relativs Zahlen derart zu, dass • das Verhältnis zwischen je 2 Zahlen • dem Verhältnis der Merkmalsausprägungen der jeweiligen Objekte entspricht Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 61 Absolutskala Eine metrische Skala mit natürlichem Nullpunkt und natürlicher Einheit heißt Absolutskala • Beispiele: Stückzahlen, Anzahl von Kindern Zulässige Transformation: Keine Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 62 Die Skalenhierarchie Ordinalskala Intervallskala Verhältnisskala Absolutskala Zunehmendes Informationsniveau Nominalskala Höherskalierte Merkmale lassen sich in niedriger skalierte Merkmale überführen (Niveauregression) • Beispiel: Das verhältnisskalierte Merkmal Körpergröße (165 cm, 181 cm etc.) kann ordinalskaliert werden (klein, mittel, groß, sehr groß) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 63 Zusammenfassung Nominalskala: Einfache Unterscheidung von Merkmalsausprägungen (z.B. Abteilungszugehörigkeit) Ordinalskala: Merkmalsausprägung nach Größe / Wertigkeit anordenbar (z.B. Status in Firmenhierarchie) Intervallskala: Unterschiede zwischen Merkmalsausprägungen numerisch ausdrückbar (z.B. IQ) Verhältnisskala: Intervallskala mit natürlichem Nullpunkt Æ Gleichheit von Verhältnissen (z.B. Monatseinkommen; Größe) Absolutskala: Verhältnisskala mit natürlicher Einheit (z.B. Führungsspanne, Kinderzahl) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 64 Zuordnung von Skalenniveaus Rindfleisch: lecker Fernsehen: gut e = mc2 Haarfarbe Alter Geschlecht Größe Einstellungen Meinungen Verhaltensmuster Intelligenz Bildung Einkommen Markenpräferenzen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 65 Grundlegendes zur Statistik Themen Rechnen mit Summen Grundbegriffe der deskriptiven Statistik • Häufigkeitsverteilungen • Lagemaße • Dispersionsmaße Bivariate Verteilungen • Zusammenhänge bei nominalskalierten Daten • Zusammenhänge bei intervallskallierten Daten Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 67 Rechnen mit Summen Das Summenzeichen (Sigma, Σ) vereinfacht die Schreibweise von Additionsanweisungen Beispiel: Variable x enthält Messwerte für 5 Personen (siehe rechts: x1=6, x2=3, x3=9 ...) Statt x1 + x2 +x3 + x4 + x5 schreiben wir: i xi 1 6 2 3 3 9 4 7 5 2 5 ∑x i=1 i Lies: „Summe aller Messwerte xi für i von 1 bis 5“ Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 68 Rechnen mit Summen Das Summenzeichen (Sigma, Σ) vereinfacht die Schreibweise von Additionsanweisungen Beispiel: Variable x enthält Messwerte für 5 Personen (siehe rechts: x1=6, x2=3, x3=9 ...) Variable: x x4=7 Wert der Variablen x für Person / Messwert 4 = 7 i xi 1 6 2 3 3 9 4 7 5 2 Laufindex: i Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 69 Rechnen mit Summen Obere Grenze des Laufindex i 5 ∑xi = 6 + 3+ 9 + 7 + 2 = 27 i=1 i xi 1 6 2 3 3 9 4 7 5 2 Untere Grenze des Laufindex i Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 70 Rechnen mit Summen: Beispiele 5 ∑x = 6 + 3+ 9 + 7 + 2 = 27 i i=1 4 ∑x i =2 i = 3 + 9 + 7 = 19 5 ∑x i =4 xi 1 6 2 3 3 9 4 7 5 2 =7+2=9 i 5 ∑ 2x i =4 i i = 14 + 4 = 18 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 71 Rechnen mit Summen Rechts neben dem Summenzeichen steht, welcher Ausdruck über den Laufindex i zu summieren ist • z.B. auch Häufigkeiten: f4 + f5 +f6 + f7 + f8 = 8 ∑f j =4 j • oder „komplexere“ Ausdrücke: x1·y1+ x2·y2+ x3·y3+ x4·y4 = 4 ∑x ⋅ y i=1 i i Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 72 Rechnen mit Summen: Einfache Rechenregeln Addiert man n-mal eine Konstante a, ist das Ergebnis n·a: n ∑a= n⋅ a i=1 4 ∑ 3= 3 + 3 + 3 + 3 = 12 = 4 ⋅ 3 i =1 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 73 Rechnen mit Summen: Einfache Rechenregeln Da die Reihenfolge der Summation von Faktoren beliebig ist (z.B. 3+4+12=4+12+3), kann man Summen innerhalb derer nur addiert wird leicht umstrukturieren: n n n ∑(x + y )= ∑x + ∑y i=1 i i i=1 i i=1 i Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 74 Rechnen mit Summen: Einfache Rechenregeln Da die Reihenfolge der Summation von Faktoren beliebig ist (z.B. 3+4+12=4+12+3), kann man Summen innerhalb derer nur addiert wird leicht umstrukturieren: n n n ∑(x + y )= ∑x + ∑y i=1 i i i=1 i i i=1 Vorsicht: Gilt nicht, wenn multipliziert wird!!! n n n ∑ ( x ⋅ y )≠ ∑ x ⋅ ∑ y i =1 i i i =1 i i =1 i Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 75 Rechnen mit Summen: Einfache Rechenregeln Wird jeder Messwert mit einer Konstanten a multipliziert, kann man stattdessen auch die Summe der Messwerte mit a multiplizieren n n i=1 i=1 a ⋅ x1 + a ⋅ x2 +...+ a ⋅ xn = ∑a ⋅ xi = a ⋅ ∑xi mit den Messwerten x1=5, x2=2, x3=1 gilt: 3 ∑ 3 ⋅ x = (3 ⋅ 5) + (3 ⋅ 2) + (3 ⋅1) = i i =1 3 3 ⋅ ∑ xi = 3 ⋅ (5 + 2 + 1) i =1 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 76 Rechnen mit Summen: Einfache Rechenregeln Statt von jedem Messwert die Konstante c abzuziehen, kann man stattdessen auch n·c von der Summe der Messwerte abziehen ⎛n ⎞ (x1 − c) + (x2 − c) +...+ (xn − c) = ∑(xi − c) =⎜ ∑xi ⎟ − n ⋅ c i=1 ⎝ i=1 ⎠ n Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 77 Welche der Summengleichungen sind korrekt, welche nicht? a) b) x1 + x2 + x3 + x4 1 4 ∑ xi = n i =1 n 7 2 c) i i =1 9 i i =3 4 e) i 9 i =1 i =1 i i =1 i i 9 f) n = a ⋅ ∑ xi i =1 9 ∑ (x + c ) = c + ∑ x i =1 ∑x =∑x +∑x i ∑a⋅x i =1 7 ∑x =∑x +∑x i =1 d) n i i =1 i 4 ∑ i = 10 i =1 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 78 Häufigkeitsverteilungen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 79 Häufigkeitsverteilungen sind meist bei Nominalskalen angemessen 12 10 8 6 4 2 0 Katholisch Evangelisch Muslimisch Keine Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 80 Häufigkeiten Mit fx bezeichnet man die absolute Häufigkeit der Merkmalsausprägung x • D.h. die Anzahl der Untersuchungseinheiten mit der Merkmalsausprägung x Mit px bezeichnet man die relative Häufigkeit der Merkmalsausprägung x: px=fx/n • wobei 0 ≤ p ≤1 (p liegt immer zwischen Null und eins) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 81 Intervallskalierte Merkmale können „herabtransformiert“ werden Tägliche Fernsehdauer von 24 Studenten 7 6 5 4 Häufigkeit 3 2 1 0 0 min 15 min 30 min 45 min 60 min > 60 min Tägliche Fernsehdauer von 24 Studenten 25 20 15 Kumulierte Häufigkeiten 10 5 0 0 min <=15 min <=30 min <=45 <=60 min min Veranstaltung Z2 – <=240 min Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 82 Lagemaße Statistische Kennwerte: Lagemaße Tabellen / Grafiken informieren über die gesamte Verteilung eines Merkmals Statistische Kennwerte informieren summarisch über spezielle Eigenschaften dieser Merkmalsverteilung Lagemaße (= Maße der zentralen Tendenz) geben dabei an, welcher Wert die Verteilung am besten repräsentiert Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 84 Drei Kriterien einer „guten Repräsentation“ Wert soll mit höchster Wahrscheinlichkeit mit Wert zufälliger Person P identisch sein • Häufigster Wert = Modus (bzw. Modalwert) Absolute Abweichung zu Wert zufälliger Person P soll minimal sein • Mittlerer Wert = Median Quadrierte Abweichung soll minimal (große Abweichungen stärker gewichtet als kleine) • Arithmetischer Mittelwert Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 85 Modus Der Modus ist ein Lagemaß für Nominalskalen • Bei unklassifizierten Daten: häufigster Messwert • Bei klassifizierten Daten: Klassenmitte der am stärksten (häufigsten) besetzten Klasse Wenn mehrere Werte / Klassen gleichhäufig: • zwei direkt benachbarte: Grenzwert angeben • nicht direkt benachbart: beide / alle Modi angeben Nur üblich, wenn Mo nicht extrem hoch / niedrig, sondern zu beiden Seiten noch Werte gemessen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 86 Der Median Der Median entspricht dem Wert, der eine Häufigkeitsverteilung „halbiert“ • entspricht dem 50%-Perzentil Gleich viele Messwerte liegen über diesem wie unter diesem Wert • Bei ungerader Anzahl von Messwerten: nach Größe ordnen, [(n-1)/2+1]-ster Wert von unten • Bei gerader Anzahl von Messwerten: arithmetisches Mittel aus beiden mittleren Werten Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 87 Median: Beispiel 9 Studierende haben in einer Klausur folgende Punktzahlen erreicht: • 3, 5, 6, 7, 9, 11, 15, 16, 19 Eine zehnte Studentin schreibt die Klausur nach und erreicht 17 Punkte: • 3, 5, 6, 7, 9, 11, 15, 16, 17, 19 • Nun ergibt sich als Median: (9+11)/2 = 10 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 88 Das arithmetische Mittel Das arithmetische Mittel ist ein Lagemaß für Intervallskalen • Berechnung: Summe aller Messwerte dividiert durch n: n x= ∑x i =1 i n Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 89 Rechnen mit Summen: Das arithmetische Mittel Das arithmetische Mittel ist die Summe der Messwerte x geteilt durch die Zahl der Messwerte: n x= ∑x i =1 i Person (i) Einkommen (x) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 3500 2500 2000 7500 3000 3000 1500 5500 2000 1500 n 32000 x= = 3200 10 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 90 Maße der zentralen Tendenz sind unterschiedlich empfindlich gegen „Ausreißer“ Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 91 Zentrale Tendenz und Verteilungsformen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 92 Dispersionsmaße Statistische Kennwerte: Dispersionsmaße Dispersionsmaße (Streuungsmaße) informieren über den Grad der Unterschiedlichkeit der gemessenen Werte Die Angabe von Mittelwerten (AM) ohne Dispersionsmaß ist unvollständig und meist wenig informativ • Verteilungen können ähnliche zentrale Tendenzen bei ganz unterschiedlicher Streubreite der Messwerte aufweisen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 94 Statistische Kennwerte: Dispersionsmaße In welchem Bereich befinden sich die Messwerte? • Variationsbreite (engl. range) Wie groß ist die durchschnittliche Abweichung der Werte vom arithmetischen Mittel? • Average Deviation (AD-Streuung) Große Abweichungen stärker gewichtet als kleine Æ Quadrierte Abweichungen • Varianz und Standardabweichung Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 95 Statistische Kennwerte: Dispersionsmaße – Range (Spannweite) Range ist der Bereich, innerhalb dessen sich alle Messwerte befinden, d.h. Differenz zwischen minimalem und maximalem Wert • Z.B. Punktezahl in einer Klausur: Minimum sei 2, Maximum 14. Der Range liegt bei 14-2=12 Person Punktzahl in Klausur 1 14 2 12 3 12 4 9 5 8 6 8 7 7 8 7 9 7 10 2 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 96 Statistische Kennwerte: Dispersionsmaße – AD-Streuung AD-Streuung ist die durchschnittliche Abweichung der Werte vom arithmetischen Mittel: n AD = ∑ (| x i =1 i n − x |) Berechnung der AD-Streuung setzt Intervallskalenniveau voraus! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 97 Statistische Kennwerte: Dispersionsmaße – Varianz und Standardabweichung Die Varianz ist die durchschnittliche quadrierte Abweichungen der Messwerte vom arithmetischen Mittel: n S2x = 2 (x x ) − ∑ i Durch die Quadrierung werden große Abweichungen stärker gewichtet! i =1 n • Varianzen sind aufgrund der Quadrierung jedoch schwer interpretierbar! Besser interpretierbar ist die Standardabweichung (SD oder s): n Sx = S2x = 2 − (x x ) ∑ i i =1 n Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 98 Varianz der Hüstelhäufigkeiten von 6 Politikern Arithmetisches Mittel berechnen: n x= ∑x i =1 n i = 10 Quadrierte Abweichung der Messwerte vom Mittelwert berechnen: Hüstelhäufigkeiten: A B C D E F 9 7 18 8 13 5 A B C D E F 1 9 64 4 9 25 s2=(1+9+64+4+9+25)/n=18,66 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 99 Zentrale Tendenz und Dispersion Maße der zentralen Tendenz sollen eine möglichst gute Schätzung über die Ausprägung einzelner Beobachtungen erlauben Maße der Dispersion (Streuung) geben an, wie gut oder schlecht die zentrale Tendenz die Werte repräsentiert Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 100 Allgemeine Eigenschaften von Dispersionsmaßen Eine Dispersion von 0 bedeutet, dass alle Fälle den gleichen Messwert aufweisen • Sind Standardabweichung, Varianz, AD-Streuung Null, so entspricht der Messwert eines beliebigen Falles exakt dem Mittelwert, dann sind Maße der zentralen Tendenz sind sehr aussagekräftig Je größer die Dispersion, desto schlechter repräsentieren die Maße der zentralen Tendenz die Verteilung Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 101 Bivariate Verteilungen Bivariate Verteilungen Von einer bivariaten Verteilung spricht man, wenn an jeder Untersuchungseinheit zwei Variablen erfasst werden Mit Verfahren für bivariate Verteilungen kann man prüfen, ob ein Zusammenhang zwischen den Variablen besteht, z. B.: • Abiturnote und Intelligenz • Politische Einstellung Eltern – Kinder Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 103 Bivariate Verteilungen – Zusammenhänge zwischen Variablen Statistische Zusammenhänge sind meist nicht streng funktional • Man kann aus einer Abschlussnote das spätere Einkommen nicht exakt berechnen. Trotzdem kann es einen mehr oder weniger starken Zusammenhang geben... Wie stark ist der Zusammenhang der Variablen? Kann man die Ausprägung einer Variablen aus einer anderen Variable vorhersagen? Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 104 Zusammenhänge bei nominalskalierten Daten Bivariate Häufigkeitsverteilungen Beispiel: Zusammenhang von TV-Promotion und Verkaufscharts bei CDs Für 100 Künstler wurde erfasst, ob sie • bei Stefan Raab waren oder nicht (Variable 1) • Einen Nr.1 Hit hatten (Variable 2) Die Häufigkeiten liegen in Form einer Kreuztabelle vor Bei Raab gewesen Nicht bei Raab gewesen Nr. 1-Hit 50 0 50 kein Nr. 1-Hit 0 50 50 50 50 100 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 106 Bivariate Häufigkeitsverteilungen Den Randsummen der Kreuztabelle kann man entnehmen, • • Den Zellen der Tabelle kann man entnehmen, • • dass 50 Künstler bei Raab waren und 50 andere nicht dass 50 Künstler einen Nr.1 Hit hatten und 50 andere nicht dass alle 50 Künstler, die bei Raab waren, einen Nr.1 Hit hatten dass alle 50 Künstler, die nicht bei Raab waren, keinen Nr.1 Hit hatten Bei Raab gewesen Nicht bei Raab gewesen Nr. 1-Hit 50 0 50 kein Nr. 1-Hit 0 50 50 50 50 100 Perfekter Zusammenhang! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 107 Verschiedene Zusammenhänge Bei Raab gewesen Nicht bei Raab gewesen Nr. 1-Hit 50 0 50 kein Nr. 1-Hit 0 50 50 50 50 100 Bei Raab gewesen Nicht bei Raab gewesen Nr. 1-Hit 0 50 50 kein Nr. 1-Hit 50 0 50 50 50 100 Bei Raab gewesen Nicht bei Raab gewesen Nr. 1-Hit 25 25 50 kein Nr. 1-Hit 25 25 50 50 50 100 Bei Raab gewesen Nicht bei Raab gewesen Nr. 1-Hit 35 15 50 kein Nr. 1-Hit 15 35 50 50 50 100 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 108 Meist finden sich schwächere Zusammenhänge... Bei Raab gewesen Nicht bei Raab gewesen Nr. 1-Hit 35 15 50 kein Nr. 1-Hit 15 35 50 50 50 Bei Raab gewesen Nicht bei Raab gewesen Nr. 1-Hit 45 5 50 kein Nr. 1-Hit 35 15 50 80 20 100 100 Bei Raab gewesen Nicht bei Raab gewesen Nr. 1-Hit 17 8 25 kein Nr. 1-Hit 63 12 75 80 20 100 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 109 Exkurs: Stochastische Unabhängigkeit Zwei Variablen sind stochastisch unabhängig wenn gilt: p (A ∩ B) = p (A) * p (B) • In Worten: Zwei Ereignisse sind voneinander stochastisch unabhängig, wenn die relative Häufigkeit für das gemeinsame Auftreten dem Produkt ihrer relativen Randhäufigkeiten entspricht. Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 110 Exkurs: Stochastische Unabhängigkeit Hat man eine Kreuztabelle, kann man prüfen, inwieweit die Daten der Regel entsprechen: Ist p(Raab ∩ Hit) = p(Raab) * p(Hit)? Je größer der Unterschied, desto größer der Zusammenhang! p(Hit) = 25/100 = 0.25 Bei Raab gewesen Nicht bei Raab gewesen Nr. 1-Hit 17 8 25 kein Nr. 1-Hit 63 12 75 80 20 100 p(Raab) = 80/100 = 0.8 p(Raab ∩ Hit) = 17/100 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 111 Der Phi-Koeffizient Φ a ⋅ d −b⋅ c Φ= (a + b) ⋅ (c + d) ⋅ (a + c) ⋅ (b + d) Raab ¬Raab Hit a b a+b ¬Hit c d c+d a+c b+d N Φ=1, wenn alle Fälle in der Diagonalen liegen Φ=-1, wenn alle Fälle in der Gegendiagonalen liegen Φ=0, wenn die Häufigkeiten der Zufallserwartung unter Unabhängigkeit entsprechen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 112 Der Phi-Koeffizient Φ – Beispiel: Perfekter Zusammenhang a ⋅d − b⋅c = Φ= (a + b) ⋅ (c + d) ⋅ (a + c) ⋅ (b + d) 50 ⋅ 50 − 0 ⋅ 0 2500 Φ= = =1 50 ⋅ 50 ⋅ 50 ⋅ 50 2500 Raab ¬Raab Hit a=50 b=0 a+b ¬Hit c=0 d=50 c+d a+c b+d N Φ=1, wenn alle Fälle in der Diagonalen liegen Φ=-1, wenn alle Fälle in der Gegendiagonalen liegen Φ=0, wenn die Häufigkeiten der Zufallserwartung unter Unabhängigkeit entsprechen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 113 Der Phi-Koeffizient Φ – Kein Zusammenhang Φ=1, wenn alle Fälle in a ⋅d − b⋅c der Diagonalen liegen = Φ= Φ=-1, wenn alle Fälle in (a + b) ⋅ (c + d) ⋅ (a + c) ⋅ (b + d) der Gegendiagonalen liegen 25 ⋅ 25 − 25 ⋅ 25 0 Φ=0, wenn die Φ= = =0 50 ⋅ 50 ⋅ 50 ⋅ 50 2500 Häufigkeiten der Zufallserwartung unter Unabhängigkeit Raab ¬Raab entsprechen Hit a=25 b=25 a+b ¬Hit c=25 d=25 c+d a+c b+d N Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 114 Der Phi-Koeffizient Φ – relativ starker Zusammenhang Φ= a ⋅ d − b⋅ c = (a + b)⋅ (c+ d)⋅ (a + c)⋅ (b+ d) Φ= 34⋅ 48−12⋅ 6 1632− 72 = = 0.64 46⋅ 54⋅ 40⋅ 60 2441.63 Raab ¬Raab Hit a=34 b=12 a+b ¬Hit c=6 d=48 c+d a+c b+d N Φ=1, wenn alle Fälle in der Diagonalen liegen Φ=-1, wenn alle Fälle in der Gegendiagonalen liegen Φ=0, wenn die Häufigkeiten der Zufallserwartung unter Unabhängigkeit entsprechen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 115 Zusammenhang von „Heavy Metal hören“ und Geschlecht? Φ=1, wenn alle Fälle in a ⋅ d − b⋅ c der Diagonalen liegen Φ= = (a + b)⋅ (c+ d)⋅ (a + c)⋅ (b+ d) Φ=-1, wenn alle Fälle in der Gegendiagonalen liegen Φ=0, wenn die Häufigkeiten der Zufallserwartung unter Unabhängigkeit entsprechen Φ=? männl. weibl. metal a= b= a+b ¬metal c= d= c+d a+c b+d N Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 116 Zusammenhänge bei intervallskalierten Daten Kovarianz und Korrelation Quantifizierung des Zusammenhangs zwischen 2 intervallskalierten Merkmalen x und y • z.B. zwischen Seitenumfang x und Preis y einer Wochenzeitung Hierzu läge eine Anzahl Beobachtungen vor, d.h. für N Zeitungen wurde der Seitenumfang wie der Preis erfasst Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 118 Kovarianz Kovarianz ist der gemeinsame Anteil der Varianz zweier Variablen • Die Kovarianz erfasst in welchem Ausmaß die Unterschiedlichkeit der Untersuchungseinheiten hinsichtlich Merkmal x der Unterschiedlichkeit hinsichtlich Merkmal y entspricht In der Kovarianz bildet sich ab • wie stark der Zusammenhang der Variablen ist • und ob er positiv oder negativ ist Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 119 Kovarianz: Definition n cov(x,y) = ∑ (x − x)(y − y) i =1 i i n Die Kovarianz von x und y ist das durchschnittliche Produkt der korrespondierenden Abweichungen der Messwerte x und y von ihren jeweiligen Mittelwerten Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 120 Größe der Kovarianz Je höher die Kovarianz, desto stärker die Abhängigkeit zwischen x und y Wird nicht nur durch die Anzahl der gleich oder ungleich gerichteten Abweichungen bestimmt, sondern auch durch deren Größe! • z.B. Ausgleich einer hoch negativen Abweichung durch viele kleine positive Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 121 Interpretation von Kovarianzen Interpretation kaum möglich, denn die Höhe der Kovarianz ist abhängig vom Maßstab der zugrunde liegenden Variablen bzw. deren Varianz! • Deswegen: Als allg. Abhängigkeitsmaß wenig geeignet! Günstigerweise ist die maximale Ausprägung der Kovarianz immer cov(xy)max = sx·sy, also das Produkt der Standardabweichungen beider Variablen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 122 Die Produkt-Moment Korrelation Relativiert man die Kovarianz von x und y am Produkt der Streuungen der Einzelvariablen erhält man die sog. ProduktMoment Korrelation rxy: cov(x,y) rxy = sx ⋅ sy -1 ≤ rxy ≤ 1 Wenn rxy = 1, ist der Zusammenhang perfekt linear Wenn rxy = -1, ist der Zusammenhang ebenfalls perfekt linear, aber anti-proportional Wenn rxy = 0, sind die Variablen unabhängig voneinander Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 123 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 124 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 125 Eigenschaften von r Durch die Standardisierung ist rxy gegen Maßstabsänderungen in x oder y invariant, da Streuungsunterschiede der Kovarianz ausgeglichen werden (Division durch sx·sy) • z.B. auch geeignet, wenn der Zusammenhang zweier Variablen über unterschiedlich skalierte Datensätze hinweg verglichen werden soll, Entsprechend ist die Korrelation gegen lineare Transformationen der Form x‘ = a·x + b invariant (für a ≠ 0) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 126 Zusammenhänge zwischen Φ und rxy Beide Zusammenhangs- (oder Abhängigkeits-) maße sind sehr eng verwandt • z.B. entspricht Φ exakt dem Korrelationskoeffizienten rxy für 4-Felder-Tafeln (=Kreuztabellen), wenn diese mit 0 und 1 (Merkmal nicht vorhanden / vorhanden) kodiert sind Φ stellt einen vereinfachten Sonderfall von rxy, nämlich rxy für dichotome Variablen, dar! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 127 Korrelation und Kausalität Wie auch im Fall von Φ lässt sich eine noch so hohe Korrelation NIE als Ursache-Wirkungs-Zusammenhang interpretieren! Wir wissen z.B. aufgrund von Φ oder r nicht, ob Raab wirklich gute Promotion leistet oder ob er bevorzugt Gäste mit Nr.1-Hits einlädt… Auch wenn eine Kausalrichtung zunächst viel plausibler erscheint: mit etwas Fantasie wird das Gegenteil meist genauso plausibel… Eine dritte Variable (z.B. gutes Aussehen) kann beide Merkmale bedingen, so dass diese auch korrelieren (sog. Scheinkorrelation). Und es kann ebenso sein, dass sich beide Variablen gegenseitig „aufschaukeln“, z.B. Preise - Verkaufszahlen (mit neg. Vorzeichen). Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 128 Korrelation und Kausalität Es gibt stets 4 mögliche Interpretationen für Zusammenhänge: 1. 2. 3. 4. X beeinflusst Y kausal Y beeinflusst X kausal X und Y werden beide von Z kausal beeinflusst X und Y beeinflussen sich wechselseitig kausal aber keine (rein statistische) Entscheidung, was zutrifft Eine Korrelation ist notwendig, aber nicht hinreichend für eine Kausalbeziehung, • d.h.: Kausalität lässt sich zwar korrelations-statistisch widerlegen, aber nie bestätigen! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 129 Z2 - Methoden der Psychologie 2 Di. 15.15 (Raum 401) Mi. 17.00 (Hörsaal 2) Dr. Jan Mierke [email protected] Themen Wahrscheinlichkeitsrechnung • Elementare Rechenregeln • Wahrscheinlichkeitsverteilungen Inferenzstatistik • Kennwerteverteilungen • Inhaltliche und statistische Hypothesen • Statistische Signifikanztests Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 131 Zufällige Ereignisse Zufallsexperiment: Ein Zufallsexperiment ist ein unter gleichen Bedingungen wiederholbarer Vorgang, dessen Ausgang nicht mit Sicherheit vorhersagbar ist • Beispiele: Münzwurf, Würfel, Roulette, Urne – aber auch bspw. Fehlerzahl in Diktat, Reaktionszeiten, Befragungen Ergebnismenge: Menge der möglichen Ergebnisse eines Zufallsexperiments (Symbol: Ω) Elementarereignis: Einelementiges Zufallsereignis, Symbol: ωi • Ω = {ω1, ω2, ω3, … , ωn} Zufallsereignis: A, B, C, ... oder A1, A2, A3, ... mit A ⊂ Ω Sicheres Ereignis: Ω und Unmögliches Ereignis: ∅ Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 132 Operationen mit Ereignissen im Venn-Diagramm Ω Durchschnitt A B Vereinigung A Ω B A∩B A∪B Komplement Ω A A (bzw. ¬A) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 133 Wahrscheinlichkeitsbegriffe Wahrscheinlichkeit als Maß für die Unsicherheit zukünftiger Ereignisse oder zweifelhafter Aussagen Wahrscheinlichkeit als Maß für die relative Häufigkeit des Auftretens von Ereignissen bei Auswahl aus mehreren Möglichkeiten „in the long run“ Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 134 Wahrscheinlichkeitsbegriffe Klassische Wahrscheinlichkeit (Laplace-Wahrscheinlichkeit) Quotient der für A günstigen Ergebnisse N(A) und der Anzahl der überhaupt möglichen und als gleichmöglich erachteten Ergebnisse N: N(A) p(A) = N • Beispiel: Die Wahrscheinlichkeit mit einer Münze die Zahl zu werfen ist p(Zahl) = ½, sofern man annimmt, dass die Münze nicht auf dem Rand zum Liegen kommt und Kopf und Zahl gleichmöglich sind („faire Münze“). Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 135 Wahrscheinlichkeitsbegriffe Klassische Wahrscheinlichkeit (Laplace-Wahrscheinlichkeit) Bestimmung des Ereignisses H: Würfelergebnis ist 5 oder 6 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 136 Eigenschaften der Wahrscheinlichkeit Axiomatik von Kolmogorov Die Axiome (= nicht ableitbare Grundsätze) legen die mathematischen Eigenschaften der Wahrscheinlichkeit p fest Dies Axiom sagt aus, dass Demnach ist die Wahrscheinlichkeit ein irgendein Ereignis • nichtnegatives (Axiom 1: 0 ≤ p(A) ≤ 1), eintreten muss • normiertes (Axiom 2: p(Ω) = 1), • additives (Axiom 3: p(A ∪ B) = p(A) + p(B), wenn A ∩ B = ∅) Maß Aus den Axiomen lassen sich viele Eigenschaften ableiten, die in der Wahrscheinlichkeitsrechnung Anwendung finden Sagen nichts über die Zuordnung von Wahrscheinlichkeiten zu zufälligen Ereignissen aus Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 137 Relative Häufigkeit • Ein statistischer Schätzer der Wahrscheinlichkeit ist die relative Häufigkeit des Ereignisses A: f(A) p(A) = n Verhältnis zwischen absoluter Häufigkeit und Stichprobengröße Beispiel: Relative Häufigkeit von Kopf beim Münzwurf Kapitel 1 : Wahrscheinlichkeitsrechnung Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 138 Sätze der Wahrscheinlichkeitsrechnung Für jedes Ereignis A gilt: p(¬A) = 1 - p(A) Für das unmögliche Ereignis gilt: p(∅) = 0 Additionssatz: p(A∪B) = p(A) + p(B) - p(A∩B) Multiplikationssatz: p(A∩B) = p(A)⋅p(B|A) Kapitel 1 : Wahrscheinlichkeitsrechnung Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 139 Kombinatorik Kombinatorik Die Kombinatorik befasst sich mit Problemen des Anordnens und Auswählens von Elementen endlicher Mengen Sie ist für die Berechnung der Anzahl günstiger und der Anzahl gleichmöglicher Fälle im Sinne der klassischen Wahrscheinlichkeit relevant. • Klassische Beispiele: Berechnung der Anzahl der möglichen Fälle in Glücksspielen (wie bspw. Lotto) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 141 Probleme der Kombinatorik Permutationen sind alle möglichen Anordnungen von n Elementen, in denen alle Elemente verwendet werden Variationen sind Auswahlen von Elementen aus einer Grundmenge, wobei die Reihenfolge der Elemente eine Rolle spielt Kombinationen sind Auswahlen von Elementen aus einer Grundmenge, wobei die Reihenfolge der Elemente keine Rolle spielt Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 142 Mit und ohne Zurücklegen Bei Permutationen, Variationen und Kombinationen muss jeweils beachtet werden, ob die Elemente nach der Auswahl zurückgelegt werden oder nicht • Bei Variationen mit Zurücklegen, kann das gleiche Element mehrfach auftreten (etwa eine Ziffer beim Zahlenschloss mit drei Ringen) • Bei Variation ohne Zurücklegen, kann das gleiche Element nur einmal auftreten (etwa einer von 10 Teilnehmern bei der Verteilung von Medaillen) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 143 Permutation Eine Permutation ist die unterschiedliche Reihung oder Anordnung von n Elementen. Die Reihenfolge wird dabei beachtet. • Beispiel: abc, acb, bac, bca, cab, cba Permutationsregel (ohne Wiederholung): n verschiedene Elemente können in n! = 1⋅2 ⋅ ... ⋅(n-1)⋅n verschiedenen Permutationen angeordnet werden Beispiele: Sendefolge von Werbungen in einem Block, Zahl der möglichen Anagramme eines Wortes, Mischergebnisse eines Kartenspiels Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 144 Variation ohne Zurücklegen k Plätze sollen mit jeweils einem aus n Objekten besetzt werden, wobei jedes Objekt maximal einen Platz besetzen darf Die Anzahl möglicher Variationen ohne Zurücklegen ist: n! (n − k)! Beispiel: Verteilungsmöglichkeiten der Medaillen bei einem Rennen: n=Anzahl der Teilnehmer, k=3 (Medaillen) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 145 Theoretische Verteilungen Diskrete Verteilungen Diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilungen ordnen einer endlichen Anzahl von Ereignissen Auftretenswahrscheinlichkeiten zu Ein Experiment, welches aus der n-fachen Wiederholung von unabhängigen Einzelexperimenten mit nur zwei möglichen Ausgängen besteht, heißt Bernoulli-Experiment • Beispiele für Bernoulli-Experimente: Münzwurf (Zahl oder Kopf), Würfeln (gerade oder ungerade Zahl, 6 oder eine andere Zahl),... Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 147 Diskrete Verteilungen: Binomialverteilung Zufallsexperiment „5maliger Wurf einer Münze“ - Wahrscheinlichkeitsverteilung - 0,5 0,4 0,3125 Wahr0,3 scheinlichkeit 0,2 0,3125 0,15625 0,15625 0,1 0,0315 0,0315 0 0 1 2 3 4 5 Anzahl "Kopf" Kapitel 2 : Theoretische Verteilungen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 148 Diskrete Verteilungen: Binomialverteilung Wenn ein Ereignis X in einem Einzelexperiment mit einer Wahrscheinlichkeit p auftritt, dann kann die Wahrscheinlichkeit P, dass X in n Wiederholungen k-mal auftritt, allgemein bestimmt werden: ⎛n⎞ k n −k P(X = k ) = ⎜⎜ ⎟⎟ ⋅ p ⋅ (1 − p ) ⎝k⎠ • Diese Wahrscheinlichkeitsfunktion heißt Binomialverteilung und gibt an, wie wahrscheinlich das Eintreten eines Ereignisses X = k ist • Beispiel: Galton Brett Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 149 Stetige Verteilungen In einem Zufallsexperiment mit einer stetigen Variable besteht die Ergebnismenge aus unendlich vielen möglichen Ergebnissen. Die Wahrscheinlichkeit einzelner Ergebnisse lässt sich daher nicht bestimmen Stetige Verteilungen werden folglich nicht mit Säulen, sondern durch Kurven veranschaulicht Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 150 Stetige Wahrscheinlickeitsverteilungen Die Gesamtfläche unter der Kurve ist auf 1 normiert • bedeutet, dass mit einer Wahrscheinlichkeit 1 irgendein Ergebnis eintritt Die Verteilung trägt die Wahrscheinlichkeitsdichte über alle möglichen Ergebnisse ab Die Fläche in einem Intervall von zwei Werten gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit Werte innerhalb dieses Intervalls eintreten Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 151 Die Normalverteilung Die Wahrscheinlichkeitsfunktion einer stetigen Verteilung wird als Wahrscheinlichkeitsdichte oder Dichtefunktion bezeichnet • Erst über Integrale dieser Dichtefunktion können Werteintervallen Wahrscheinlichkeiten zugeordnet werden Die wichtigste stetige Verteilung ist die Normalverteilung • ist eine Familie von Verteilungen, die sich hinsichtlich ihres Mittelwerts µ und ihrer Streuung σ unterscheiden Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 152 Stetige Verteilungen: Normalverteilung Kapitel 2 : Theoretische Verteilungen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 153 Stetige Verteilungen: Normalverteilung Standardnormalverteilung Durch z-Transformation kann eine beliebige Normalverteilung in die Standardnormalverteilung mit Mittelwert μ = 0 und Standardabweichung σ = 1 [Abk.: N(0, 1)] überführt werden: x −µ zx = σ • • Die Eigenschaften der Standardnormalverteilung, können so auf andere konkrete Normalverteilungen übertragen werden Für die Standardnormalverteilung gilt: 1 −z2 2 f(z) = ⋅e 2π Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 154 Stetige Verteilungen: Normalverteilung Bedeutsamkeit der Normalverteilung Die Normalverteilung nimmt eine zentrale Stellung unter den theoretischen Verteilungen ein, da sich verschiedene Verteilungen von ihr herleiten (χ2, t, F) und andere gegen sie konvergieren (Binomial, Poisson). Die Normalverteilung dient als theoretisches Modell für die Verteilung von ... • Stichprobenkennwerten (vgl. Zentraler Grenzwertsatz) • einigen empirischen Merkmalen (z.B. Körpergewicht, -größe, Lebensdauer) • Zufallsfehlern (z.B. Abweichung bei mehrfacher Messung der Körpergröße bei einer Person), s.a. Galton-Brett Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 155 Grundbegriffe der Inferenzstatistik Inferenzstatistik Schließende oder Inferenzstatistik hat das Ziel, auf Basis von Stichprobenergebnissen Aussagen über die zugrundeliegende Population zu treffen Zur Inferenzstatistik zählen • die Schätzung von Populationsparametern auf Basis von Stichproben (Punktschätzung) • Die Schätzung von Konfidenzintervallen (Intervallschätzung) • das Testen von Hypothesen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 157 Deskriptive Statistik und Inferenzstatistik In der deskriptiven Statistik werden Stichprobenkennwerte dahingehend betrachtet, was sie über eine gegebene Stichprobe Aussagen In der Inferenzstatistik steht hingegen im Mittelpunkt, was eine Stichprobenstatistik über die Population aussagt, aus der eine Stichprobe gezogen wurde • Inferenzstatistik betrachtet Stichprobenkennwerte als Funktion der Population aus der die Stichprobe gezogen wurde Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 158 Stichprobenkennwerte und Populationsparameter Stichprobenkennwerte werden mit lateinischen und Populationsparameter mit griechischen Buchstaben notiert • Schätzer werden durch ein „Dach“ über dem Buchstaben gekennzeichnet Mittelwert Stichprobenkennwert Populationsparameter x µ µ̂ 2 σ̂ 2 σ̂ Varianz s² σ² Streuung s σ Korrelation r ρ Schätzer ρ̂ 2 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 159 Stichprobenkennwerteverteilung Stichprobenkennwerteverteilung: Zieht man aus einer Population unendlich viele Stichproben (mit Zurücklegen), lässt sich eine Verteilung der Stichprobenkennwerte bestimmen, z.B. die Verteilung der Stichprobenmittelwerte x • Die Streuung dieser Verteilung bestimmt, wie gut ein einzelner Stichprobenkennwert den unbekannten Populationsparameter schätzt Kapitel 3 : Inferenzstatistik Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 160 Zentraler Grenzwertsatz Verteilungen von Mittelwerten aus Stichproben des Umfangs n, die sämtlich derselben Grundgesamtheit entnommen werden, gehen mit wachsendem Stichprobenumfang in eine Normalverteilung über • Gilt ungeachtet der Verteilungsform der zugrundeliegenden Population! • Stichproben mit n > 30 sind hinreichend groß, um die Stichprobenverteilung des Mittelwertes als Normalverteilung zu behandeln Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 161 Standardfehler Die Streuung einer Stichprobenkennwerteverteilung wird als Standardfehler des Kennwertes bezeichnet Der Standardfehler des Mittelwertes hängt von der Populationsvarianz und der Stichprobengröße ab: σ2 σx = n In der Regel ist die Varianz einer Population σ2 nicht bekannt. Daher wird der Standardfehler aus den Stichprobendaten geschätzt: σ̂ 2 s2 σ̂ x = . = n n −1 Kapitel 3 : Inferenzstatistik Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 162 Standardfehler des Mittelwerts Der Standardfehler des Mittelwerts (kurz: σ ) entspricht x der Standardabweichung der Mittelwerte von gleichgroßen Zufallsstichproben einer Population • Ein Stichprobenmittelwert stellt eine umso präzisere Schätzung des Populationsmittelwerts µ dar, je kleiner sein Standardfehler ist • Der Standardfehler des Mittelwerts verändert sich proportional zur Streuung des Merkmals in der Population • Der Standardfehler des Mittelwerts verringert sich mit zunehmendem Stichprobenumfang Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 163 Signifikanztests und statistische Hypothesen Statistische Hypothesen Eine statistische Hypothese macht Aussagen über die Gegebenheiten in einer unbekannten Grundgesamtheit, der eine vorliegende Stichprobe entnommen ist • Ziel ist es, zu einer Entscheidung über das Zutreffen dieser Aussagen zu kommen Bei einem Signifikanztest werden üblicherweise zwei (oder mehr) konkurrierende Hypothesen aufgestellt • Die Hypothesen werden meist mit H0 (Nullhypothese) und H1 (Alternativhypothese) bezeichnet Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 165 Null- und Alternativhypothese Die Alternativhypothese H1 formuliert die inhaltliche Fragestellung in Form eine Aussage über die statistischen Parameter der jeweiligen Grundgesamtheit • Die H1 sollte die inhaltliche Hypothese so präzise wie möglich wiedergeben Die Nullhypothese H0 ist eine Negativhypothese, mit der behauptet wird, dass die zur Alternativhypothese komplementäre Aussage richtig sei Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 166 Null- und Alternativhypothese Beispiel: In einer Studie soll geprüft werden, ob die regelmäßige Ausstrahlung eines TV-Werbespots zur Erhöhung der Bekanntheit der beworbenen Marke führt • Über einen Zeitraum von 2 Monaten werden Werbespots geschaltet. Vor und nach diesem Zeitraum werden jeweils 100 zufällig ausgewählt Personen bzgl. der Markenkenntnis befragt. Man formuliert dann folgende Hypothesen: • H1: Die Bekanntheit einer Marke erhöht sich durch regelmäßige TV-Werbung Die H0 behauptet das Gegenteil: • H0: Die Bekanntheit einer Marke erhöht sich durch regelmäßige TV-Werbung nicht Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 167 Das Kalkül eines Hypothesentests Wenn die H0 das empirische Ergebnis mit geringer Wahrscheinlichkeit hervorbringt, dann wird sie zurückgewiesen Konvention: Ergebnisse, die mit einer Wahrscheinlichkeit von weniger als 5% (oder 1%) eintreten, sind unwahrscheinlich. Diese Wahrscheinlichkeit heißt nominales Signifikanzniveau und wird mit α notiert Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 168 Arten von statistischen Hypothesentests Unterschieds- vs. Zusammenhangs- Anpassungstests • Test auf Unterschiede bzw. Zusammenhänge zwischen Variablen oder Test der Verteilungsform eines Merkmals Gerichtete vs. ungerichtete Hypothesen • Eine gerichtete Hypothese formuliert eine Vermutung über die Richtung eines Effekts bzw. Zusammenhangs (z.B. „Zufriedene Arbeiter sind produktiver“) • Ungerichtete Hypothesen machen keine Aussage über die Richtung eines Effekts Spezifische vs. unspezifische Hypothesen • Macht eine Hypothese Aussagen über die exakte Größe eines gerichteten Unterschiedes oder eines Zusammenhangs, so ist die Hypothese spezifisch • Eine unspezifische Hypothese macht entsprechend keine Aussage über die Größe eines Unterschieds/ Zusammenhangs Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 169 Beispiel für eine Punkthypothese Ein Kolbenlieferant garantiert Kolben mit einem mittleren Durchmesser von µ = 70 mm bei einer Standardabweichung von σ = 0.01 mm Da jede Abweichung des Durchmessers nach oben oder unten zur Gebrauchsunfähigkeit der Kolben führt, formuliert man für eine statistische Qualitätsprüfung: • H0: µ = 70 mm • H1: µ ≠ 70 mm Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 170 Beispiel für einen gerichteten Hypothesentest In einer Lieferung von 10000 Glühlampen soll der Ausschussanteil Θ den Wert 0.02 nicht übersteigen. Dies soll anhand einer Stichprobe geprüft werden • Für den Abnehmer ist es nicht störend, wenn der tatsächliche Anteil noch niedriger liegt Formulierung der Hypothesen ist folglich: • H0: Θ ≤ 0.02 • H1: Θ > 0.02 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 171 Logik des Hypothesentestens Die Nullhypothese stellt in der klassischen Prüfstatistik die Basis dar, von der aus entschieden werden wird, ob die Alternativhypothese akzeptiert werden kann oder nicht • Wenn die Stichprobenergebnisse praktisch nicht mit der Nullhypothese vereinbar sind, wird diese verworfen und die Alternativhypothese akzeptiert Anders formuliert: Wenn ein konkretes empirische Ergebnis unter Gültigkeit der H0 mit geringer Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre, dann wird sie zurückgewiesen und damit die H1 akzeptiert Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 172 Logik des Hypothesentestens Noch anders formuliert: Ein Signifikanztest ermittelt die Wahrscheinlichkeit eines konkreten Ergebnisses bei Gültigkeit der Nullhypothese: p(Ergebnis|H0) • Liegt diese Wahrscheinlichkeit zu niedrig, wird die H0 verworfen Vorsicht: Ein Signifikanztest ermittelt nicht die Wahrscheinlichkeit einer Hypothese gegeben ein konkretes Ergebnis! • p(H0|Ergebnis) und p(H1|Ergebnis) bleiben unbekannt Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 173 Logik des Hypothesentestens: Signifikanzniveau Die Kernidee des Hypothesentests ist, dass eine Nullhypothese verworfen wird, wenn die vorliegende Stichprobe unter Gültigkeit der H0 sehr unwahrscheinlich ist • Damit erlaubt man jedoch gleichzeitig, dass die H0 – wenn auch mit geringer Wahrscheinlichkeit - irrtümlich verworfen werden kann Das Signifikanzniveau α legt fest, welche Irrtumswahrscheinlichkeit hier maximal in Kauf genommen werden kann Per Konvention setzt man das Signifikanzniveau α meist auf 1% bzw. 5% fest Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 174 Logik des Hypothesentestens: Fehlerarten In der Population gilt ... Entscheidung für ... H0 H1 H0 Richtige Entscheidung β-Fehler H1 α-Fehler Richtige Entscheidung Die Wahl einer Wahrscheinlichkeit für den α-Fehler kann von inhaltlichen Erwägungen abhängen: Ist die Annnahme der H1 z.B. Kriterium für die Einführung einer neuen Fertigungsmethode, deren Einführung mit hohen Kosten verbunden ist, wird man mit geringer Irrtumswahrscheinlichkeit wissen wollen, dass diese Methode die Produktivität steigert… Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 175 Logik des Hypothesentestens: Beispiel Mit einer herkömmlichen Lehrmethode möge der durchschnittlich erzielte Lernerfolg bei µ = 40 (z.B. Anzahl gelöster Testaufgaben) liegen, mit einer Streuung von σ = 8 Eine Stichprobe von n=100 Personen wurde mit einer neuen Methode unterrichtet und habe eine durchschnittliche Leistung von x = 42 erzielt Frage: Mit welcher Wahrscheinlichkeit hätten 100 Schüler auch nach der herkömmlichen Methode einer Leistung von x = 42 oder besser erzielt? • Anders gesagt: Wie wahrscheinlich ist es, eine Stichprobe mit zu ziehen, wenn µ = 40? x = 42 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 176 Logik des Hypothesentestens: Beispiel Zur Prüfung dieser Frage nehmen wir folgendes über die Zufallsverteilung der Mittelwerte an: Die Verteilung hat den Mittelwert µ0 = 40 σ̂ x 8 Die Verteilung hat eine Streuung von σ̂ x = = = 0.8 n 100 Die Verteilung hat die Form einer Normalverteilung, die sich durch z-Transformation in eine Standardnormalverteilung überführen lässt Nun muss lediglich ermittelt werden, welcher z-Wert der Standardnormalverteilung dem gefundenen x -Wert in der Zufallsverteilung der Mittelwerte entspricht: x − µ 0 42 − 40 zx = = = 2.50 σ̂ x 0.8 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 177 Logik des Hypothesentestens: Beispiel σ̂ x = 0.8 α = p(z > 2.5) = 0.0062 µ = 40 x = 42 µz = 0 z x = 2.5 x −µ z= σx Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 178 Logik des Hypothesentestens: Beispiel Der so berechnete z-Wert stellt den Bezug zwischen der Stichprobe und der Standardnormalverteilung her x − µ 0 42 − 40 zx = = = 2.50 σ̂ x 0.8 Die Wahrscheinlichkeit einen Wert von x ≥ 42 zu bekommen, kann nun über diese Verteilung bestimmt werden In einem entsprechenden Tabellenwerk findet man: α = p(z > 2.5) = 0.0062 Es ist ausgesprochen unwahrscheinlich, dass unter Gültigkeit der H0 ein Stichprobenmittelwert von 42 auftritt (0.62%) Man entscheidet sich folglich gegen H0 (und damit für H1)! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 179 Logik des Hypothesentestens – Signifikanz von Korrelationskoeffizienten Beim Testen von Zusammenhangshypothesen stellt sich die Frage, ob eine Stichprobenkorrelation durch Zufall zustande gekommen sein kann, oder nicht Eine (kleine) Population ohne Zusammenhang • Die statistische H0 ist in diesem Fall, dass die Korrelation in der Population 0 ist • Die H1 besagt, dass die Korrelation > 0 ist (gerichtet) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 180 Logik des Hypothesentestens – Signifikanz von Korrelationskoeffizienten Offensichtlich: In einem bestimmten Prozentsatz der möglichen Stichproben ergibt sich auch dann ein Zusammenhang in der Stichprobe, wenn die Populationskorrelation Null ist Es lässt sich auch hier formal bestimmen, wie wahrscheinlich eine Stichprobenkorrelation unter dieser Bedingung ist Ist diese Wahrscheinlichkeit < α, wird die H0 verworfen Eine (kleine) Population ohne Zusammenhang Eine mögliche Stichprobe mit n=5 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 181 Null- und Alternativhypothese Die Nullhypothese H0 behauptet meist, dass in der Population • kein Unterschied zwischen Mittelwerten besteht (bei Unterschiedshypothesen) • kein Zusammenhang zwischen Variablen besteht (bei Zusammenhangshypothesen) • es keinen Unterschied zwischen der Population, der eine Stichprobe entnommen wurde, und einer theoretisch spezifizierten Population gibt Wird die Nullhypothese H0 angenommen, kann das Stichprobenergebnis also durch Zufallsprozesse erklärt werden Verwirft man die H0, ist ein zufälliges Zustandekommen hingegen unwahrscheinlich Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 182 Hypothesentests: Zusammenfassung Statistische Signifikanz macht eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit eines Ergebnisses unter bestimmten hypothetischen Bedingungen • Die statistische Signifikanz eines Ergebnisses bedeutet, dass man etwas beobachtet hat, das unter Gültigkeit der H0 sehr unwahrscheinlich ist (p < α) Æ In diesem Fall wird die H0 verworfen und H1 angenommen. Eine Entscheidung für H1 (oder H0) ist also keine sichere Entscheidung • Eine Entscheidung für H0 kann immer auf eine relativ zu kleine Stichprobe zurückgehen. Deshalb muss besonders vorsichtig argumentiert werden Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 183 Überblick: Statistische Testverfahren t-Test: Prüft ob zwei Mittelwerte in der Grundgesamtheit identisch sind Varianzanalyse (ANOVA): Prüft ob zwei oder mehr Mittelwerte in der Grundgesamtheit identisch sind; erlaubt die Kreuzung verschiedener Faktoren Signifikanztest für den Korrelationskoeffizient: Prüft, ob eine Korrelation in der Grundgesamt größer als Null ist Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 184 Psychologische Experimente Experimente – Prüfung von Kausalbeziehungen zwischen Variablen Ziel: Gewinnung von Informationen über kausale Zusammenhänge Aktive Manipulation einer unabhängigen Variable • z.B. Teilnehmer werden gebeten über einen gewissen Zeitraum hinweg Frosted Flakes zu essen Randomisierung • Zufällige Zuweisung von Versuchsteilnehmern zu den Bedingungen Messung einer abhängigen Variable • Vergleich der abhängigen Variable unter den verschiedenen Bedingungen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 186 Typen empirischer Untersuchungen Typen wissenschaftlicher Untersuchungen Korrelationsstudien Ex-Post-Facto Studien Experimentelle Techniken • Quasi-Experiment • Feldexperiment • „Echtes“ Experiment Längsschnitt- und Querschnittsstudien Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 188 Korrelationsstudien Korrelationsstudien zeichnen sich die simultane Erhebung von zwei oder mehr Variablen aus • z.B. Intelligenz und Hautfarbe Ziel ist die Prüfung von Zusammenhängen zwischen Variablen • Variablen werden nicht manipuliert Æ Henne-EiFrage nicht klärbar! Teilweise: theoretisch angenommene Kausalrichtung (z.B. Rauchen Æ Krebsrisiko) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 189 Ex-post-facto-Studie Kennzeichen: Simultane Erhebung einer AV und einer zeitlich zurückliegenden UV Variablen werden nicht durch den Untersuchenden manipuliert • Unterscheiden sich heutige Straftäter von NichtStraftätern durch stärkeren Fernsehkonsum in der Kindheit? • Unterscheiden sich erfolgreiche Geschäftsleute von weniger erfolgreichen Geschäftsleuten durch höhere Schulabschlüsse? Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 190 Quasi-Experiment Kennzeichen: Beobachtung einer AV bei vorgegebener, nicht manipulierter UV unter kontrollierten Bedingungen (im „Labor“) • Sind Introvertierte leichter aversiv konditionierbar als Extravertierte? • Unterscheiden sich Studierende auf den vorderen Plätzen von Studierenden, die hinten sitzen, bzgl. ihrer Sehstärke? • Generell: Untersuchung von Geschlechtsunterschieden im Labor Æ Quasi-Experimente Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 191 Feldexperiment Kennzeichen: Beobachtung einer AV bei randomisierter Zuweisung zu Bedingungen der UV in der „natürlichen“ Umgebung • Wie kann man Studierende am besten überreden, an einem Experiment teilzunehmen? • Wie wirkt sich der vorgefundene Verschmutzungsgrad der Umwelt auf das Wegwerfverhalten von Passanten aus? Probleme • Standardisierung der Situation und systematische Beobachtung oft schwierig • Kontrolle von Störvariablen schwierig • Experimentieren setzt Einwilligung der Teilnehmer voraus! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 192 Laborexperiment Kennzeichen: Beobachtung einer AV bei randomisierter Zuweisung zu Bedingungen der UV unter kontrollierten Bedingungen • Führt massiertes oder verteiltes Lernen zu besseren Reproduktionsleistungen? • Schlagen Kinder eher eine Plastikpuppe, wenn sie zuvor ein Modell gesehen haben, das dieses Verhalten ebenfalls zeigt? Probleme • Mehr oder weniger künstliche Situation Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 193 Experiment Definition: Eine Untersuchung ist bezüglich einer unabhängigen Variablen X ein Experiment, wenn die gleichen Sachverhalte unter verschiedenen Bedingungen X1, X2, X3, …, Xk systematisch beobachtet werden und die Untersuchungseinheiten den Bedingungen zufällig zugeordnet werden Merkmale • Randomisierung • Manipulation mindestens einer UV • Systematische Beobachtung der AV Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 194 Kausalinterpretation Eine Veränderung in der AV darf als von der UV kausal verursacht interpretiert werden, wenn: • die Realisierung der UV der Realisierung der AV zeitlich vorgeordnet ist • es keine Störvariable SV gibt, die den Zusammenhang zwischen UV und AV beeinflusst (die Untersuchung intern valide ist) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 195 Interne und externe Validität von Experimenten Interne und externe Validität (nach Campbell & Stanley) Ansatz zur Bewertung der Güte experimenteller Designs • Ausgangspunkt ist eine Hypothese mit der Struktur einer Wenn-Dann-Aussage, die einen kausalen Effekt (einer oder mehrerer) unabhängiger Variablen auf (eine oder mehrere) abhängige Variablen behauptet • z.B. je mehr Personen anwesend sind, desto geringer die Hilfe-Wahrscheinlichkeit Interne und externe Validität sind inhaltsunabhängige Eigenschaften des experimentellen Designs Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 197 Interne Validität Eine Untersuchung ist intern valide, wenn systematische Fehler völlig ausgeschlossen sind • Systematische Fehler entstehen durch Konfundierung von Störvariablen mit UVn • Zur Sicherung der internen Validität müssen also alle (potentiellen) Störvariablen kontrolliert werden Wenn interne Validität gegeben ist, kann ein Effekt der UV als kausaler Effekt interpretiert werden Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 198 Externe Validität Eine Untersuchung ist extern valide, wenn Sie Aussagen über die gesamte Population erlaubt, also verallgemeinerbar ist • Die realisierten Gegebenheiten (Vpn, Randbedingungen, UVn, AVn, etc.) müssen dazu repräsentativ sein • kann durch Randomisierung der Vpn, Randbedingungen, AVn etc. aus den jeweiligen Grundgesamtheiten erreicht werden Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 199 Interne und externe Validität Ist für eine Untersuchung die interne und externe Validität gegeben, • so darf ein beobachteter Effekt einer UV kausal interpretiert werden (interne Validität) • und auf die in der Hypothese genannte Grundgesamtheit generalisiert werden (externe Validität) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 200 Typen von Störvariablen Versuchsplanung und Störvariablen „Ein ganz wesentliches Ziel der Maßnahmen der Versuchsplanung besteht darin, die gemeinsame systematische Variation von möglichen Störfaktoren mit der hypothesenrelevanten UV zu verhindern und die statistische Assoziation zwischen den potentiellen Störfaktoren und der UV auf den Wert Null zu bringen. In dem Ausmaß, in dem dies für einen der möglichen Störfaktoren gelingt, nennen wir diesen Störfaktor kontrolliert.“ (Hager, 1987) Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 202 Was sind Störvariablen? Alle Variablen außer der interessierenden UV, die potentiell einen Einfluss auf die AV haben können Störvariablen können zu einem systematischen Fehler führen, wenn sie mit der UV statistisch assoziiert (konfundiert) sind • Unsystematische Fehler können Ergebnisse „verhageln“, das Auftreten von Effekten in einer AV jedoch meist nicht erklären Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 203 Systematische Fehler durch Störvariablen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 204 Beispiel: Untersuchung der Wirksamkeit eines neuen Programms für den Mathematikunterricht Untersuchungseinheiten: Schulklassen (zufällig einer Bedingung zugewiesen) UV: herkömmlicher Unterricht vs. neues Programm AV: Punkte in einem Mathematik-Leistungstest Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 205 Beispiel: Untersuchung der Wirksamkeit eines neuen Programms für den Mathematikunterricht Zusammenhang zwischen der Wirkung des Lernprogramms und der Leistungsfähigkeit der Schüler! Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 206 Kontrolle von Störfaktoren Verhinderung einer Kovariation zwischen möglichen Störfaktoren und der hypothesenrelevanten UV ist Ziel der Versuchsplanung • Technisch gesehen ist die Kontrolle von Störfaktoren der Versuch, die statistische Assoziation zwischen UV und potentiellen Störfaktoren auf Null zu bringen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 207 Arten von Störvariablen Personspezifische SV • Alle Eigenschaften der Versuchsteilnehmer (traits oder states), die Einfluss auf die AV haben können Situative SV • Apparativer Aufbau • Verwendetes Material • Physikalische Umgebung: Lärm, Beleuchtung, Heizung, … • Tageszeit, Jahreszeit • „Demand characteristics“ Materialeffekte Eigenschaften des Versuchsleiters • Geschlecht, Alter, … • Autorität, Status, Attraktivität, … • Verhalten: Freundlichkeit, Strenge, … • Erwartungen bzgl. Ausgang der Untersuchung SV bei Messwiederholung • Positionseffekte • Übungs-, Erinnerung-, Ermüdungseffekte • Sensibilisierungseffekte Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 208 Experimentelle Kontrolltechniken Randomisierung – Vergleich zweier Behandlungsmethoden für Brustkrebs 70 Ü b erleb en srate n ach 5 Jah ren Vergleich herkömmlicher Chemotherapie mit einer neuen Bestrahlungsmethode Ergebnisse mit 120 Versuchsteilnehmern zeigen einen beachtlichen Vorteil für die neue Behandlungsmethode (5% höhere Überlebensrate) Standard Chemotherapie Neue Bestrahlungsmethode 65 60 55 Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 210 Randomisierung – Vergleich zweier Behandlungsmethoden für Brustkrebs 70 60 Z ah l d er P erso n en Der scheinbar positive Effekt der neuen Behandlung geht in Wahrheit darauf zurück, dass Personen im Frühstadium der Krankheit überrepräsentiert waren Der Verzicht auf Randomisierung kann im Extremfall dazu führen, dass Effekte ins Gegenteil verkehrt werden! Standard Chemotherapie Neue Bestrahlungsmethode 50 40 30 20 10 0 Tumor im Frühstadium Tumor im Spätstadium Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 211 Randomisierungsprozeduren Randomisierung mit Zurücklegen • Alle Teilnehmer haben gleiche Wahrscheinlichkeit, jeder der Bedingungen zugeordnet zu werden • Kann zu ungleichen Gruppengrößen führen Randomisierung ohne Zurücklegen • Teilnehmer ziehen ein Los aus einem Pool, der so groß ist wie die geplante Stichprobe • Führt zu gleichgroßen Gruppen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 212 Parallelisierung Erzwungene Gleichverteilung der experimentellen Gruppen bzgl. einer bekannten Störvariablen Durchführung: Erfassen der Störvariable (SV) bei allen Teilnehmern Æ Bilden einer Rangreihe bzgl. der SV Æ Jeweils benachbarte Rangplätze werden per Zufall auf die Bedingungen verteilt Voraussetzungen: • SV ist (reliabel und valide) messbar • Verfügbarkeit der gesamten Stichprobe vor der eigentlichen Untersuchung • Theoretische oder empirische Begründung für die Bedeutsamkeit der SV Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 213 Ausbalancierung (Counterbalancing) Vermeidung der Konfundierung der UV mit Positions- und Materialeffekten • Positionseffekte (Lern-, Übungs-, Ermüdungseffekte) • Materialeffekte bei Messwiederholung Werden für eine VP verschiedene Bedingungen realisiert, kann die Reihenfolge der Treatments einen Effekt haben, der mit der mit dem Treatment konfundiert ist Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 214 Weitere experimentelle Kontrolltechniken Versuchsablauf und Steuerung • Konstanthaltung bzw. Elimination situativer Einflüsse • Kontrollfaktoren • Täuschung der Teilnehmer über den Zweck der Untersuchung Verhalten des Versuchsleiters • • • • Standardisierung der Instruktion Automatisierung des Versuchsablaufs Training der Versuchsleiter Durchführung von Blindstudien Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 215 Versuchspläne Versuchspläne - Terminologie Faktor – Realisierung einer UV in einer konkreten Untersuchung Faktorstufen – Realisierungen der einzelnen Ausprägungen der UV in einer konkreten Untersuchung Beispiele: • Faktor: Zahl der Anwesenden in Notfallsituation, Faktorstufen: 0, 2, 5 Personen • Faktor: Dauer des Retentionsintervalls, Faktorstufen: 1min, 1h, 1d • Faktor: Art der Psychotherapie, Faktorstufen: VT, GT, PA Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 217 Manipulation „between Participants“ Faktorstufen bestehen aus unterscheidbaren Reizen, Instruktionen, Behandlungen oder Situationen (Operationalisierungen der UV) Herstellung der Faktorstufen durch Manipulation Untersuchungseinheiten werden den Stufen des Faktors randomisiert zugeteilt (between subjects) • z.B. Reaktionsgeschwindigkeit unter Alkoholeinfluss versus nüchtern bei unterschiedlichen Personen Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 218 Manipulation „within-Participants“ Jede Untersuchungseinheit wird unter allen Stufen des Faktors beobachtet (Messwiederholung) Beispiele: • Reaktionsgeschwindigkeit unter Alkoholeinfluss versus nüchtern bei gleichen Personen Vpn • Mehrfache Gedächtnisprüfung mit unterschiedlich langem Intervall zwischen Lernen und Abruf (1 min, 5 min, 30 min) bei einer Person Versuchsfaktoren a1 a2 a3 s1 s2 … sn Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 219 Klassifikation von Versuchsplänen Anzahl der untersuchten Versuchsgruppen • Ein-, Zwei-Stichproben- vs. Mehrstichproben-Plan • Placebo vs. Alkohol; Placebo, wenig, viel Alkohol Anzahl der unabhängigen Variablen (UV) • Einfaktorieller vs. mehrfaktorieller Plan • UV 1: Alkohol, UV 2: soziale Ängstlichkeit Anzahl der abhängigen Variablen (AV) • Univariater vs. multivariater Plan • Alkoholwirkungen auf Sprechverhalten, Blickkontakt, Befinden Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 220 Vortest-Nachtest-Kontrollgruppen-Design mit nicht gleichartiger Kontrollgruppe Versuchsplan zählt zu den bekanntesten Anordnungen im pädagogischen Bereich O 30 KG EG 40 KG O 40 EG 30 20 20 20 10 10 10 Vortest Nachtest O KG EG 30 Vortest Nachtest O N • Äquivalenz der Gruppen ist nicht gegeben, da nicht randomisiert werden kann • Messzeitpunkt als Messwiederholung in einer Varianzanalyse 40 X Vortest Nachtest Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 221 Klassische Versuchspläne Randomisierte Kontrollgruppenanordnung ohne Vortest • Die Äquivalenz der Gruppen sorgt dafür, dass potientelle Störfaktoren. in beiden Gruppen in vergleichbarer Weise wirken X R O Randomisierte Kontrollgruppenanordnung mit Vortest • Zusätzlich können vorher bestehende Unterschiede zwischen den Gruppen aufgedeckt werden O O X O R O O Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 222 Der Solomon 4-Gruppenplan Realisiert beide elementaren Versuchspläne Erlaubt die Abschätzung von Effekten des Vortests auf die AV O R O X O X O z.B. Effekte, die sich durch Beobachtung selbst ergeben… O O Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 223 Mehrfaktorielle Versuchspläne Bei mehrfaktoriellen Versuchsplänen werden die Teilnehmer zufällig den möglichen Kombinationen von Bedingungen zugewiesen • Faktor A: Induktion kognitiver Dissonanz durch Information (A1) oder Rollenspiel (A2) • Faktor B: Induktion starker (B4), mittlerer (B3), leichter (B2) und keiner (B1) kognitiven Dissonanz • AV ist Einstellung zum Rauchen R O A1 B1 O O A1 B2 O O A1 B3 O O A1 B4 O O A2 B1 O O A2 B2 O O A2 B3 O O A2 B4 O Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 224 Nicht-Experimentelle Forschungspläne Sinnvoll, wenn keine Kausalhypothese geprüft werden soll Existenzhypothesen • „Gibt es Alkoholiker, die nach eine Entzug lernen können, Alkohol kontrolliert zu konsumieren?“ Deskriptive oder Exploratorische Untersuchungen • Non-verbaler Ausdruck von Emotionen in verschiedenen Kulturkreisen, oder Prävalenz bestimmter Erkrankungen in der Bevölkerung Quasi-experimentelle Pläne • Geschlechtsunterschiede: Jungen lernen ihre Aggression eher non-verbal zu zeigen, Mädchen werden zu verbaler Aggression sozialisiert Veranstaltung Z2 – Methoden der Psychologie II – SS 2006 - Folie 225