OP-MANAGEMENT Foto: Kzenon – Fotolia Hybrid OP Innovative Technologie die sich rechnet D er Begriff „Hybrid-OP“ beschreibt, dass mehrere Disziplinen in einem OPSaal zeitgleich arbeiten können. Die Bandbreite des Begriffes beginnt bei dem „konventionellen“ OP-Saal mit einem mobilen C-Bogen bis zu Hybrid-OP-Sälen mit komplexen Angio-Anlagen, die unter Reinraumbedingungen der Klasse 1A eingesetzt werden. Die Investitionskosten reichen von 300.000 Euro bis über 2.000.000 Euro. Die Lösung, und somit der optimale OP-Saal, muss zur Klinik passen, damit sie sich rechnet. Dabei können mehrere Szenarien zur hybriden Nutzung eines OP-Saals betrachtet werden. Lösung 1 Die Lösungsmöglichkeit 1 ist ein neuer OP-Saal mit modernem C-Bogen. Bei dieser Lösung kommt ein moderner C-Bogen, in einer vorbereiteten OP-Umgebung (OP-Tisch, Strahlenschutz, Netzanbindung, etc.) zum Einsatz. Dies ist die kostengünstigste Möglichkeit hybride Verfahren anzuwenden. Zum Einsatz kommen mobile C-Bögen mit Drehanode und hochauflösenden Monitoren. Wenn die Kriterien der Sachverständigen-Prüfung zur Darstellung von Angiographien einschließlich Phlebos, Digitale Subtraktionsangiographie (DSA) und kardiologischer Serien erfüllt sind, kann die Anlage für gefäßchirurgische Eingriffe, Schrittmacher und Interventionen wie Angiographien genutzt werden. Bei der Kostenbetrachtung werden die Kosten für einen Standard-OP mit einem, für den Einsatz des C-Bogen geeigneten OPTisches und die Kosten des C-Bogens über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren kalkuliert. Die Tabelle 1 (Seite 18) zeigt die grob geschätzten Kosten für Lösung 1 (Preisangaben geschätzt, brutto). Lösung 2 Eine andere Möglichkeit ist ein neuer Hybrid-OP mit fest installiertem C-Bogen und integriertem Tisch. Der Hybrid-OP besteht Der Hybrid-OP optimiert die medizinische Versorgung des Patienten und ermöglicht neue Therapieverfahren. Die interdisziplinäre Nutzung des OP-Saals kann dabei zu gesteigerter Effizienz und optimaler Auslastung führen. Voraussetzung für den Erfolg des „Hybrid-OPs“, ist die behutsame Planung. Das Nutzungs- und Raumkonzept muss exakt auf die jeweilige Klinik zugeschnitten sein und mit „Augenmaß“ erfolgen, nicht jede Investition amortisiert sich. Roland Herrmann IngMed-Ingenieurbüro Aachen aus einem fest installierten, auf die Anlage abgestimmten OPTisch. Die Anlage ist fest auf dem Boden montiert. KU Gesundheitsmanagement 3/2014 I 17 OP-MANAGEMENT Hybrid-OP Baukosten RöntgenAnlage Bauzeit/RLK Betriebskosten Mobiler C-Bogen konventioneller OP Mobiler C-Bogen 3 – 5 Monate Wartung 1B C-Bogen 10 Jahre 300.000 € 300.000 € 105.000 € GesamtKosten 705.000 € Tab. 1: Durchschnittliche Kosten für OP-Saal mit modernem C-Bogen. Diese Werte sind Beispiele, die Zahlen können je nach Projekt stark variieren. Der Betrieb erfolgt unter Reinraumluftklasse 1B Bedingungen. Der zusätzliche Investitionsaufwand gegenüber der C-BogenLösung beziffert sich in den Differenzkosten mobiler C-Bogen neu plus OP-Tisch und den höheren Bau- und Planungs-Kosten gegenüber der Lösung mit festinstalliertem OP-Tisch und bodenmontiertem C-Bogen. Insbesondere die 3D-Bildführung ist hier für viele Anwendungen sehr hilfreich und ermöglicht erst bestimmte Untersuchungen. Der Aufbau eines vollwertigen Hybrid-Operationssaals der höchsten Hygiene-Klasse erfordert den höchsten Planungsaufwand und die höchsten Investitions- und Betriebs-Kosten. Das Leistungsspektrum kann um Verfahren wie endovaskuläre, aortale Rekonstruktion (EVARProzeduren) erweitert werden. Vorteile: Der gefäßchirurgische Saal steht für Notfälle bereit. Die bodenmontierte Anlage mit OPTisch kann für komplexe gefäßchirurgische Eingriffe genutzt werden. Die in Tabelle 2 dargestellten Brutto-Werte beschreiben die Investitions- und Wartungs-Kosten für die Lösung 2. Zu Beginn der Planung ist eine umfassende Bedarfsermittlung mit den klinischen Nutzern, der Hygiene, den Anästhesisten und der OP-Pflege durchzuführen, bei der die Grundlagen des Hybrid-OPs vermittelt werden. Lösung 3 Die dritte Option ist ein neuer Hybrid-OP mit hochwertiger Angio-Anlage, hämodynamischen Messplatz unter Reinraumbedingungen der Klasse 1A. Die Klinik, die TAVI, fenestrierte EVAR/TEVAR oder hybrid Operationen bei koronaren Bypässen durchführen möchte, benötigt dafür einen vollwertigen Hybrid-OP. Kernstück ist eine HochleistungsAngiographieanlage, die nahezu beliebig um den Patienten positionierbar ist. Es wird zwischen deckenmontierten C-Bögen an extra weit auseinanderliegenden Schienensystemen, die den Betrieb einer Laminar-Airflow-Decke erlauben, und einer bodenmontierten Roboter-Lösung, die unabhängig von Laminar-Airflow-Decke, seitlich montiert wird, unterschieden. Dabei kann in manchen Projekten je nach baulicher Vorgabe nur eine deckenhängende oder eine bodenmontierte Anlage installiert werden. Beide Anlagen er- Hybrid-OP Baukosten RöntgenAnlage Boden-/ DeckenmontierterC-Bogen mit integriertem OP-Tisch Hybrid OP Boden-/ 4 – 6 Monate Wartung, Decken1B Energie montierterC-Bogen mit int. OP-Tisch, Hämodynamik, KardioPACS. 400.000 € 700.000 € Bauzeit/RLK Betriebskosten 10 Jahre 500.000 € GesamtKosten I KU Gesundheitsmanagement 3/2014 Während des Eingriffs Der Chirurg kann mit Lösung 3 während der Intervention per Joystick innerhalb des Gefäßsystems virtuell navigieren. Eingriffe können simuliert werden. Der Anwender navigiert von einer Steuerkonsole aus und injiziert Kontrastmittel per Knopfdruck in den Körper des Patienten. Der Detektor ist mit ca. 30 x 40 cm größer als in Lösung 1 und Lösung 2, da hier auch große anatomische Strukturen z. B. Aorta oder Lendenwirbelsäule, abgebildet werden können. Angiographische Darstellungen der Gefäße sind ebenso möglich wie simulierte Eingriffe. Die grundlegenden Funktionalitäten für die Angiographie (wie DSA, Roadmap, Overlay, etc.) müssen vorhanden sein. Der Einsatz neuster Hygienetechnik sorgt für optimale Hygienebedingungen, vor allem bei HybridOperationen, bei denen der Brustkorb evtl. geöffnet werden muss. Dies ist bei bestimmten Formen des Herzklappen-Ersatzes oder bei hochkomplexen Eingriffen im Gefäßsystem oftmals erforderlich. Die sogenannte „Laminar-Airflow“-Decke sorgt für einen permanenten, keimfreien Luftstrom von der Decke Richtung Boden. Ein Filtersystem saugt dann die Luft vom Boden ab. Die Vorbereitung des OP-Bestecks und der Endoprothesen (z. B. Herzklappen) geschieht in einem speziellen „Laminar-Airflow“-Bereich des Saales ebenso unter Reinraumbedingungen. Bilder, Aufnahmen und Auswertungen 1.6 Mio. € Tab. 2: Durchschnittliche Kosten für Hybrid-OP mit bodenmontierter Anlage, Reinraumluftklasse (RLK) 1B (Preisangaben geschätzt, brutto). Diese Werte sind Beispiele, die Zahlen können je nach Projekt stark variieren. 18 möglichen 3D-Aufnahmen von Gefäßen in höchster Präzision (annähernd 3D-CT-Aufnahmen) während des Eingriffs. Die Monitorsysteme oftmals sogenannte „Large-Displays“ mit 56 Zoll Bildschirmgröße, zeigen während des Eingriffs aktuelle Bilder sowie Vor-Aufnahmen. Für Schulungs- und Live-Übertragungen bei Kongressen, werden modernste Bildübertragungsund HD-Konferenz-Systeme eingesetzt. Eine integrierte Bildnachverarbeitung im Sinne einer Workstation ermöglicht die Nachbearbeitung und Auswertung von Bilddaten zur Erfolgskontrolle unmittelbar nach dem Eingriff, noch im OP-Saal. Die Hämodynamik wird über einen integrierten Hämodynamischen-Messplatz realisiert. Blutdrücke können gemessen und mit den Daten vor und nach dem Eingriff verglichen werden. Das sichert eine zusätzliche physiologische Erfolgs-Kontrolle. Direkt vor Ort Der OP-Tisch mit „schwimmender“ Tischplatte ist für die Gefäßchirurgie ausgelegt und trägt ein Körpergewicht von bis 250 kg. Eine Herzlungenmaschine steht für den Notfall bereit. Hierdurch muss der Patient nicht mehr in einen anderen OP-Saal verlegt werden und kann direkt an Ort und Stelle notoperiert werden. Die benötigte Raumgröße ist etwas höher als in einem konventionellen OP-Saal. Er werden mind. 55 qm für einen Hybrid-OP gefordert, um gleichzeitig offen und endovaskulär operieren zu können. Ein Standard-OP liegt etwa bei 40 qm. In vielen Fällen wird der vollwertige Hybrid-OP nach Lösung 3, anfänglich zu über 70 % gefäßchirurgisch genutzt. Die Herzchirurgie nutzt den Saal für Eingriffe wie z. B. Einbringen von Endoprothesen/Stents in die Hauptschlagader minimal-invasiv über das Gefäßsystem oder für Eingriffen über den geöffneten Brustkorb. Weitere Leistungen sind Einbringen künstlicher Herzklappen und Notfallversorgung von Gefäßverletzungen. Vorteile für Patienten, Mitarbeiter und Klinik Als Patienten werden zum größten Teil Gefäß- und Herzpatienten behandelt. Hochrisikopatienten, also schwer kranke Menschen mit vielen Begleiterkrankungen, für die ein herkömmlicher chirurgischer Eingriff zu belastend wäre, profitieren von den minimal-invasiven Operationstechniken im vollwertigen Hybrid-OP. Vorteile für die Patienten: * Eingriffe werden schonender, schneller und sicherer durch minimal-invasive Technik. * Weniger Schmerzen, schnellere Genesung, kürzere Liegezeiten/Verweildauer. * Im Notfall kann der minimalinvasive Eingriff in eine offene Operation mit Herz-LungenMaschine umgestellt werden, ohne dass der Patient in dieser kritischen Situation umgelagert und transportiert werden muss. * Optimierte Bildgebungsverfahren: weniger Kontrastmittelgabe, geringere Strahlenbelastung, keine Umlagerung. Vorteile für die Mitarbeiter: * Schnelle und effiziente Arbeitsabläufe. * Der Operateur kann die Angiographieaufnahmen per Joystick steuern. Bisher war zur Bedienung des Gerätes eine Pflegekraft erforderlich. * Geringere Strahlenbelastung. Vorteile für die Klinik: * Die Gefäß- und Herzchirurgie kann ausgebaut und das Leistungsspektrum der chirurgischen Eingriffe deutlich erweitert werden. * Die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Gefäßchirurgie und Herzchirurgie schafft medizinischen Mehr-Wert. * Wissenschaftliche Fragestellungen können bearbeitet werden. In der Tabelle 3 (Seite 20) sind die Investitionskosten für den vollwertigen Hybrid-OP unter Reinraumbedingungen abgebildet. Fazit Ein neuer Ansatz für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von „Hybrid-OPs“ ist der wirtschaftliche Vergleich von drei Szenarien (Abb. 1) , die alle hybride Verfahren ermöglichen. Lösung 1: Hybride Verfahren mittels C-Bogen, unter OP-Bedingungen nach Reinraumluftklasse (RLK) 1B. Lösung 2: festinstallierte bodenoder decken-montierte Anlagen unter OP-Bedingungen RLK 1B oder Lösung 3: vollwertiger Hybrid-OP mit robotergesteuerter, OP-MANAGEMENT Hybrid-OP Baukosten Boden-/ DeckenmontierterC-Bogen mit integriertem OP-Tisch Hybrid OP Boden-/ 5 – 10 Monate Wartung, inkl. Laminar- Decken1A Energie Airflow montierter-CBogen mit int. OP-Tisch, Hämodynamik, KardioPACS. 600.000 € RöntgenAnlage Bauzeit/RLK 1.000.000 € Betriebskosten 10 Jahre 900.000 € GesamtKosten 2.5 Mio. € Tab. 3: Durchschnittliche Investitionskosten für einen vollwertigen HybridOP unter Reinraumbedingungen. Diese Werte sind Beispiele, die Zahlen können je nach Projekt stark variieren. 2.500.000 2.500.000 Hybrid OP inkl. Laminar-Airflow 2.000.000 Hybrid OP 1.600.000 konventioneller OP 1.500.000 1.000.000 705.000 500.000 0 Der Return on Investment (ROI) ist nur dann möglich, wenn der Raum auch effizient durch eine fachübergreifende Zusammenarbeit genutzt werden kann. Im Ergebnis bedeutet der vollwertige Hybrid-OP nach Lösung 3 einen erheblichen Gewinn an Behandlungsqualität für die Patienten. Risikopatienten profitieren im besonderen Maße von der Lösung, denn der Hybrid-OP bietet ein Höchstmaß an Sicherheit und erlaubt mehrere unterschiedliche Eingriffe vor Ort. Ein Umlagern und Transportieren des Patienten ist nicht mehr nötig. Hinzu kommt, dass eine sofortige Therapiekontrolle postoperativ, per Angiographie oder Ultraschalluntersuchung möglich ist. Dies nützt nicht nur dem Patienten, sondern bietet auch dem behandelnden Ärzteteam Vorteile. Dennoch ist Lösung 3 nicht in allen Fällen sinnvoll und wirtschaftlich nicht darstellbar. In vielen Fällen ist Lösung 1 oder Lösung 2 die bessere Wahl. $ Art des OPs Abb. 1: Investitions- und Betriebskosten in Euro für die jeweiligen „HybridOP“-Formen bodenmontierter Anlage oder decken-montierter Sonderkonstruktion an speziellen Schienensystemen unter Reinraumbedingungen der RLK 1A. Lösung 3 ist mit erheblichen Investitionen verbunden, deren Realisierung am ehesten in gut funktionierenden, interdisziplinären Zentren gelingt. Dipl.-Ing. Roland Herrmann IngMed-Ingenieurbüro für Technologien in der Medizin Hohenstaufenallee 56 52074 Aachen Online-Archiv. KU Online-Archiv Kostenlos zu Ihrem Abonnement! Treten Sie ein, in die umfangreiche KU-Zeitschriftenbibliothek und recherchieren Sie einfach, schnell und gezielt in allen Ausgaben (bis auf die vergangenen drei) der KU Gesundheitsmanagement und KU Specials ab dem Jahr 2000! So einfach geht‘s: 1. Aufrufen der Website ku-gesundheitsmanagement.de/archiv 2. Kundennummer: Ihre Kundennummer 3. Passwort: Ihre Postleitzahl 4. Anmelden Viel Spaß bei Ihrer digitalen Recherche! Besuchen Sie auch unseren Onlineshop unter shop.ku-gesundheitsmanagement.de!