Prozessmanagement (BPM) für den Mittelstand Warum sich auch für mittelständische Unternehmen durch BPM Kostenvorteile und Mehrwert erzielen lassen Management Summary Durch die Einführung eines methodischen Prozessmanagements (BPM) können die real ablaufenden betriebswirtschaftlichen Prozesse verwaltet – und damit ein nachhaltiges, tatsächliches „Leben“ der Prozesse in der täglichen Arbeit gefördert werden. Dies bietet die Basis, um brachliegende Potentiale zu identifizieren und auszunutzen. Wie bei jeder Managementaufgabe oder jedem Einführungsprojekt fallen verschiedene Aufwands- und Kostenblöcke an, die je nach Umfang des Projektes, des Ansatzes und der Organisation sehr unterschiedlich ausfallen können. Jedoch stehen diesen Aufwänden eine Reihe von Mehrwerten gegenüber, die sowohl interne Aspekte, wie Kosteneinsparung, Verbesserung der Zusammenarbeit und gesteigerte Beweglichkeit als auch marktorientierte Kriterien, wie Erkennen von Marktpotentialen, Erfüllung von Kundenanforderungen oder Entwicklung neuer Serviceangebote bedeuten können. Eine entscheidende Dimension von Prozessmanagement sind die beteiligten Menschen. Wesentliche Mehrwerte werden durch die Vermeidung von Reibungsverlusten an Abteilungsgrenzen sowie Motivations- und Akzeptanzsteigerung erreicht. Aktives Prozessmanagement geht immer einher mit einem Qualitätsanspruch – und trotzdem lassen sich Kosten senken und Zeit einsparen. Je nach Unternehmensstrategie bzw. aktueller Situation werden aber Gestaltungsaktivitäten auf eine der Dimensionen (Kosten, Qualität oder Zeit) fokussiert. Den vollen Nutzen kann BPM nur als integrativ und methodisch verstandene Managementaufgabe erbringen. Daher sind das volle Commitment der Geschäftsleitung, die strukturierte Einführung sowie die Erfolgskontrolle entscheidende Erfolgskriterien. Ziele, Erwartungen und Aufgaben müssen eindeutig definiert und für alle Beteiligten klar erkennbar sein. Was ist Prozessmanagement/BPM? Definition Für Business Process Management (BPM) bzw. (Geschäfts-)Prozessmanagement (GPM) finden sich viele Beschreibung und Interpretationen. Daher ist vorab eine Definition für das weitere Verständnis zwingend erforderlich: BPM ist eine Managementdisziplin, eine Seite 1 von 9 Methode mit ganzheitlichem Ansatz, um die real ablaufenden betriebswirtschaftlichen Prozesse zu verwalten und zu optimieren. Die grundlegende Vorstellung ist, in Prozessen zu denken und sich an Prozessen zu orientieren (Prozessorientierung). Als zentrale Fragestellung wird meist „Wer macht was, wann, wie und womit?“ angeführt. Diese Frage zielt aber nur auf eine Aufnahme (Ist), eine Analyse (Sinn) und eine Dokumentation der Prozesse ab. Um tatsächlich Ansatzpunkte zur besseren Erreichung der Unternehmensziele ableiten zu können („Prozessoptimierung“), müsste die Fragestellung noch ergänzt werden um „…mit welchem Aufwand (Kosten) und welchem Ergebnis (Mehrwert)?“ Oft werden BPM-Initiativen aus der IT heraus getrieben, sei es aus dem Versuch, IT-Kosten durch Prozessoptimierung zu senken, oder technologisch Weichen für morgen zu stellen (Stichwort SOA oder SaaS). Dabei hat BPM nur mittelbar mit IT zu tun. Man kann Prozessmanagement auch ohne jeglichen IT-Anspruch betreiben. Hierin liegt wohl der Grund, warum BPM im Mittelstand so wenig genutzt wird: Der IT-getriebene Ansatz (buttom-up) deckt nur einen Teil des Potentials ab. Den wesentlichen Nutzen des BPMs, nämlich die Unternehmensergebnisse hinsichtlich strategischer und operativer Zielerreichung wesentlich zu unterstützen (top-down) wird dabei nicht oder nur teilweise berücksichtigt. Eine entscheidende Funktion des Prozessmanagements wird aus diesem Sachverhalt deutlich: Das BPM bildet die Kommunikationsund Verständnisbrücke zwischen Management über Fachbereich zur IT. Über diese Methode werden die Unternehmensstrategie und die zugehörigen betriebswirtschaftliche Prozesse mit den systemgestützten Prozessen in der IT in Verbindung gesetzt. Es geht darum real existierende Abläufe und Anforderungen als betriebswirtschaftlich nutzbare Prozesse darzustellen, damit diese wiederum in Systemen und Organisationen umgesetzt, verwaltet und optimiert werden können. Betriebswirtschaftlich nutzbar heißt in diesem Zusammenhang, dass alle relevanten Informationen zu einem Prozess übergreifend und integrativ identifiziert, analysiert und doku- mentiert sind. Nur so lassen sich Maß-nahmen ableiten. Ein häufiges Missverständnis in der Praxis ist, man könne BPM „abschließen“. Oft werden nach der Ist-Aufnahme oder der Einführung eines BPM-Tools die Aktivitäten eingestellt, nach dem Motto: „Jetzt haben wir doch ein BPM“. Falsch! Damit ist nur das Einführungsprojekt (des Tools) abgeschlossen. Wie jede Managementaufgabe ist ein sinnvolles Prozessmanagement eine kontinuierliche Aufgabe, die zugegebenermaßen phasenabhängige Schwerpunkte hat. Um aber den vollen Nutzen und Mehrwert aus den investierten Aufwänden zu ziehen, ist es erforderlich, ein Verständnis für den Prozesslebenszyklus zu schaffen. Abgrenzung BPM BPM ist mit verschiedenen Bedeutungen besetzt und dazu noch ein mehrfach benutztes Akronym. Daher nachstehend die Abgrenzung zum oben definierten methodischen Ansatz: BPM ist kein Tool, keine Anwendung, kein System an sich, wobei BPM ohne adäquates Tool sicherlich keinen Sinn macht. BPMSysteme (BPMS) dienen der technischen Unterstützung des methodischen Ansatzes und stellen eine sinnvolle und i. d. R. zwingend erforderliche Ergänzung dar. BPM auf die reine Modellierung, d. h. Erfassen und Abbilden von Prozessen in Fluss- oder Ablaufdiagramme zu reduzieren, greift zu kurz. Eine Modellierung von ausführbaren serviceorientierten Geschäftsprozessen sowie deren Simulation ist heute zwar schon möglich, für den Mittelstand steht jedoch der Aufwand meist in keiner Relation zum Nutzen. Oft wird BPM auch mit Business Process Monitoring gleichgesetzt. Das Monitoring ist sicherlich ein wichtiger Teil des Managen von Prozessen, jedoch sind hierfür einige Vorarbeiten erforderlich, die über den o. a. methodischen Ansatz bereitgestellt werden. Geschäftsprozessmanagement ist nicht zu verwechseln mit Business Performance Management. Dabei geht es um Methoden, Werkzeuge und Prozesse zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Ertragskraft von Unternehmen. Bezieht man in BPM auch Seite 2 von 9 Managementprozesse („Strategisches BPM“) mit ein, so gibt es eine Schnittmenge zwischen den beiden Ansätzen. Der Fokus beim Business Performance Management liegt aber auf der Messung und Ermittlung von Kennzahlen, und ist eher im Bereich Business Intelligence anzusiedeln. Inhalte des Prozessmanagements Grundsätzlich lassen sich folgende Aufgabenblöcke der BPM-Methodik zusammenfassen: 1. Schaffung von Prozess-Bewusstsein im Unternehmen (Voraussetzung) 2. Identifikation, Aufnahme und Analyse von Kern-, unterstützenden und Management- Prozessen (Ist-Aufnahme) 3. Entwicklung, Konzeption und Implementierung von Prozessen bzw. Prozessänderungen (Soll-Zustand) 4. Dokumentation, Visualisierung und Verwaltung von Prozessen (operatives Prozessmanagement) 5. kontinuierliche Optimierung und Controlling von Prozessen Die genaue Ausprägung der Aufgabenblöcke unterscheidet sich sehr stark nach der jeweiligen Situation des Unternehmens bzw. der gestellten Aufgabe. Dies ist vergleichbar mit dem Projektmanagement: Hier sind die Phasen, Arbeitspakete, Meilensteine etc. ebenso stark von der Art des Projektes abhängig, wie im Prozessmanagement die Phaseneinteilungen und Aufgabenblöcke vom verfolgten Ziel (Strategie/Markt) und dem Grad der bestehenden Prozessorientierung (Mensch/System) abhängen. Ebenso spielt die gewünschte Breite („Scope“, z. B. einzelne Geschäftsbereiche, nur Kernprozesse, einzelne Systeme) und Tiefe (z. B. reine Dokumentation oder auch Modellierung über BPMN und SOA-Ansätze) eine entscheidende Rolle bei der Ausgestaltung der Aufgaben. Generell ist es ratsam, die gesammelten Prozesse in Prozesslandkarten oder in ein Corporate Process Repository zentral zu sammeln und zu verwalten. Insbesondere hinsichtlich der Steuerung von Prozessänderungen (Change Management) im Prozesslebenszyklus spielt dies eine entscheidende Rolle. Abbildung 2: Prozesslebenszyklus Die Basis: Der Prozess Fragt man 5 Experten, bekommt man 5 verschiedene Erklärungen. Daher soll der Geschäftsprozess über seine charakteristischen Merkmale definiert werden: Ein Prozess ist eine Abfolge von einzelnen Aktivitäten (Prozessschritten), die in einer definierten Abfolge nacheinander und in Abhängigkeit voneinander von verschiedenen Personen und/oder Abteilungen zur Erreichung eines Zieles bzw. eines Ergebnisses durchgeführt werden. Abbildung 1: Prozessmanagement D. h. das kleinste Element ist der Prozessschritt, also eine einzelne Aktivität oder eine Transaktion, die ausgeführt wird. Um einen Prozess zu beschreiben, müssen daher auch die Prozessschritte beschrieben, analysiert Seite 3 von 9 und dokumentiert werden. Dies erfordert eine Reihe von Informationen: Man muss wissen, wo der Prozessschritt ausgeführt wird (Organisation, Abteilung, System), von wem (Personen, Abteilung, Qualifikation), wer verantwortlich ist (Person, Rolle), welcher In- und Output erforderlich ist, welche Restriktionen, Vorgaben und Abhängigkeiten bestehen, und vor allem was genau getan wird (Aktivität, Funktion, Ergebnis). In Summe ergibt sich aus den Prozessschritten der Prozess. Ein einzelner Prozess kann ein Prozessschritt aus einem übergeordneten Prozess sein (Prozesshierarchie). In der Regel gliedert man von den Hauptgeschäftsprozessen (bzw. Geschäftsszenarien, wie Beschaffung, Fertigung) nach einzelnen Geschäftsprozessen (wie Verkauf von Lagerware). Abbildung 3: Prozesshierarchie Neben den variablen, prozessabhängigen Informationen gibt es auch wiederkehrende, kontinuierliche Daten, die zur Beschreibung erforderlich sind. Diese nennt man ProzessStammdaten (z. B. Abteilung, Rolle). Ein entscheidender Aspekt bei Prozessen sind die Schnittstellen. Dies können technische Schnittstellen von System zu System, menschliche Schnittstellen von Person zu Person oder Abteilungsgrenzen sein, die überschritten werden. Schnittstellen sind immer mit größter Sorgfalt zu beachten, da hier i. d. R. das meiste Verbesserungspotential liegt. Abbildung 4: Prozessparameter Warum sollte sich der Mittelstand mit BPM beschäftigen? Wenige Unternehmen können es sich insbesondere in Krisenzeiten leisten, Potentiale nicht auszunutzen und brachliegen zu lassen. Aber welches Unternehmen kennt alle verfügbaren Potentiale? Wie lassen sich verborgene Potentiale sichtbar machen? Wie lassen sich unternehmensweite Verbesserungen – und damit sind nicht nur Kostenaspekte gemeint – erarbeiten? Aktuelle Studien bescheinigen BPM eine existentielle Bedeutung für Unternehmen, die aufgrund der aktuell herrschenden Marktsituation Kosten einsparen müssen. Zumindest zeigen diese Studien, dass auf der Verbesserung von Prozessen und Zusammenarbeit die Top-Prioritäten liegen. Zugleich zeigen diese Studien, dass Firmen, die ein Prozessmanagement aktiv betreiben und bereits die Früchte ihrer Anstrengungen in Form von Produktivitätssteigerungen und Kosteneinsparungen geerntet haben, jetzt davon profitieren. Obwohl die Befragten dieser Studien i. d. R. aus größeren Unternehmen und Konzernen stammen, kann für den Mittelstand folgendes abgeleitet werden: Je früher Sie handeln, umso schneller und umfangreicher können Sie profitieren! Das heißt nicht, in hektischen Aktionismus zu verfallen. Vielmehr gilt es, zielgerichtet, d. h. an Ihrer Unternehmensstrategie ausgerichtete Maßnahmen einzuleiten. Diese sollten in einem ausgewogenen Verhältnis von Zeit, Kosten und Qualität stehen und nicht ausschließlich unter Kostenfaktoren betrachtet werden. Seite 4 von 9 Die Kosten und Aufwände Bevor ein Unternehmen eine Initiative startet, steht i. d. R. zuerst die Frage nach den Kosten. Daher soll auf diesen Punkt als nächstes eingegangen werden. Die anfallenden Aufwände und Kosten lassen sich grob in folgende Blöcke aufteilen: 1. Interne, organisationsbedingte Aufwände 2. Externe Beratungsleistungen 3. Kosten für unterstützende Systeme/ BPM-Systeme 4. Implementierungsaufwände Wie umfangreich diese jeweils ausfallen, ist wiederum stark von den Gegebenheiten und dem Stand der Prozessorientierung im Unternehmen abhängig. Nachfolgend werden diese ansatzweise skizziert. lich Schwachstellenanalyse keine Tabus und können „Besitzstände“ gefahrlos hinterfragen. Es bestehen keine persönlichen Bindungen, die die Planung einer ggf. erforderlichen Organisationsanpassung beeinflussen könnte. Bei auftretenden Änderungswiderstrebungen können sie moderierend wirken. D. h. auch hier kann ein rein zielorientierter, neutraler Ansatz verfolgt werden. Sie können neutrale Prozessoptimierungen nach Aufwand/Nutzenbasis und ausgerichtet auf die Gesamtunternehmensstrategie erarbeiten. Berater kennen Best practise Ansätze aus anderen Unternehmen und können damit wichtige Impulse geben. Kosten für BPM-Systeme Interne Aufwendungen Dieser Kostenblock lässt sich nochmals untergliedern. Zum einen fallen wie bei jeder Maßnahme organisatorische Aufwände an (z. B. Meetings, Informationsveranstaltung, Organisationsanpassungen), welche sich i. d. R. aber im überschaubaren Rahmen halten und vor allem im ersten Aufgabenblock anstehen. Zum anderen müssen die Prozesse aufgenommen, dokumentiert und analysiert werden. Da nur die eigenen Mitarbeiter Experten für Ihre Prozesse sind, die Kundenanforderungen und Markt sowie Organisationsgegebenheiten im Detail kennen, können externe Berater (s. u.) hier nur unterstützend tätig sein. Der Löwenanteil der Aufwände für die beiden Arbeitsblöcke Identifikation und Dokumentation wird also durch unternehmensinterne Mitarbeiter erfolgen. Externe Experten Auch wenn im Unternehmen schon ein gewisser Grad an Prozessverständnis und Prozessorientierung besteht, empfiehlt es sich, externe Experten hinzuzuziehen. Dies hat einige entscheidende Vorteile: Unternehmensfremde sind nicht betriebsblind Externe Berater sind keine „Propheten im eigenen Land“; sie kennen hinsicht- Auf dem Markt werden viele verschiedene BPM-Systeme (BPMS) angeboten, wobei ein Tool alleine nichts nutzt, wenn nicht die Philosophie der Prozessausrichtung gelebt wird und BPM methodisch etabliert ist. Das Spektrum der BPM-Systeme unterscheidet sich stark in den angebotenen Funktionalitäten. Manche sind einfache DokumentationsTools, die meisten fokussieren in Richtung Modellierung von Prozessen. Mit einigen können auch die Auswirkungen von Prozessänderungen simuliert werden (z. B. Auswirkungen auf den kritischen Pfad, Kostensenkungspotentiale, Durchlaufzeiten oder andere KPIs werden berechnet). Je nach den jeweiligen Anforderungen variieren auch die Kosten für die Systeme sowie deren Implementierung sehr stark. Die Hauptschwierigkeit bei der Auswahl eines Tools liegt darin, dass der Grundsatz „start small, think big“ verfolgt werden sollte und somit gleich zu Beginn eine Grundsatzentscheidung erforderlich ist. In der Praxis hat sich bewährt, zu Beginn einer Initiative zunächst auf vorhandene Tools (Visio, Excel, Access) oder andere einfache Tools zurückzugreifen, die später die Möglichkeit bieten, erfasste Prozesse später in spezielle BPMSysteme zu migrieren. Gute BPMS bieten solche Importmöglichkeiten. Seite 5 von 9 Implementierungsaufwände Sind die Vorarbeiten erbracht und Potentiale in den Prozessen analysiert und bewertet, so folgt die Umsetzung. Auch hier differenzieren sich die zu erwartenden Aufwände sehr stark je nach der Art der Änderung. Wird beispielsweise die Kommunikation mit Kunden von Papier auf E-Mail oder EDI umgestellt, so muss hierfür die Infrastruktur geschaffen werden. Werden in einem bestehenden bis dato sehr verteilten Prozess verschiedene Aufgaben in einem neu geschaffenen Kompetenzzentrum zusammengefasst, bleiben die Implementierungsaufwände eher gering. Hier ist eher mit Aufwand zur Überwindung von Änderungswiderstrebungen zu erwarten. Den Entscheidern muss bewusst sein, dass zu Beginn hohe Initialaufwände anstehen, denen zunächst keine Wertschöpfung gegenübersteht. Diese sind aber Voraussetzung, um die Potentiale in den Prozessen identifizieren und nutzen zu können. Hierbei sind meist nur noch kleinere Aufwendungen erforderlich, um großen Nutzen zu erzielen – diese „Durststrecke“ muss durchgestanden werden. Und genau hiervor scheut sich noch der Mittelstand. Welchen Mehrwert bietet BPM? Aber genau hier liegt auch die Chance: Wer jetzt schnell handelt und seine Potentiale nutzt, kann sich einen entscheidenden, vielleicht überlebenssichernden Wettbewerbsvorteil schaffen. Dabei geht es nicht nur um die Automatisierung von Prozessen, sondern auch die Beweglichkeit Ihres Unternehmens auf Marktveränderungen und Kundenanforderungen reagieren zu können – bis hin zur Entwicklung neuer Serviceangebote für Ihre Kunden. Vergleichbar ist dieser Mehrwert mit einer SkiFahrt auf einem Gletscher. Zunächst muss das teurere Ticket für die Gondelbahn gekauft werden, um auf den Gletscher zu gelangen (hoher Initialaufwand ohne direkten größeren Nutzen). Ist man oben angelangt, kann man nahezu mühelos die Pisten genießen (geringer Aufwand, Ausschöpfen der Potentiale). Und wer zuerst oben ist, kann seine eigene Spur bahnen, die Geschwindigkeit und Bögen selbst bestimmen und muss nicht in den ausge- fahrenen Spuren der Vorgänger folgen oder kreuzen (Wettbewerbsvorteil). Ungenutzte interne Potentiale Das Prozessmanagement befähigt Unternehmen, sich selbst ein Bild über den Grad der Integration zwischen Abläufen, Menschen, Organisation und genutzten Systemen zu machen und so selbst ungenutzte interne Potential zu erkennen und zu nutzen. Eine häufig anzutreffende Situation vor allem in industriell geprägten mittelständischen Unternehmen ist, dass Produkte technisch perfekt ausgereift sind, CAD-Anlagen auf dem neuesten Stand und Produktionsverfahren optimiert sind. Und dabei werden – häufig unbewusst – Prozessstörungen in Kauf genommen, die durch unklare Verantwortlichkeiten, unnötige Liegezeiten („legen Sie es auf den Stapel“) und Abteilungen mit divergenten Prioritäten verursacht werden. Häufig lassen sich solche Optimierungspotentiale durch einfache organisatorische (z. B. Kompetenzzentren) und prozessuale Anpassungen (z. B. elektronische Daten, statt Papier) ausschöpfen – sofern sie denn identifiziert werden. Und genau das ist das Ziel von BPM. Immer wieder erstaunt, dass solche internen Optimierungsmöglichkeiten rasch nach dem Aufsetzen der Prozessbrille erkannt und mit relativ geringen Aufwänden genutzt werden können. Identifikation von Markt- und Qualitätspotentialen Auch ungenutzte Marktpotentiale lassen sich durch ein aktives Prozessmanagement erkennen. Wenn z. B. die Anzahl und Komplexität der Kundenbeschwerden sehr hoch ist, lassen sich Qualitätsinitiativen und zusätzliche Serviceangebote daraus ableiten. Umgekehrt ist Prozessmanagement auch oft das Ergebnis von Qualitätsinitiativen (z.B. ISO 9001), die grundsätzlich einen prozessorientierten Ansatz verfolgen. Daran erkennt man, dass BPM auch immer mit einem gewissen Qualitätsanspruch einhergeht – und trotzdem Kosten senken und Zeit einsparen kann. Ein anderes Beispiel ist, wenn bei der Entwicklung von neuen Produkten durch Anpassung Seite 6 von 9 der Feedback-Zyklen die „time-to-market“ reduzieren oder weitere Produktideen generieren lassen. Eine der wichtigsten Wettbewerbsstrategien ist der Erste am Markt zu sein (Innovationsführer). Dies kann nur mit einer beweglichen Organisation erreicht werden, die über flexible Prozesse, schnell auf Marktänderung reagieren kann und sich eröffnende Chancen schnell ergreift. Dazu bietet ein aktives Prozessmanagement die Basis. Verbesserte Zusammenarbeit Eine weitere, sehr wichtige Wirkungsrichtung des Prozessmanagements sind die beteiligten Menschen. Durch ein im Unternehmen verankertes und gefördertes prozessorientiertes, ganzheitliches Denken lassen sich Reibungsverluste an Abteilungsgrenzen vermeiden. Wenn jeder mitdenkt und den Kollegen und dessen Aufgabe davor und danach kennt und bei seinem Tun berücksichtigt, eröffnen sich hervorragende Möglichkeiten zur Entwicklung eines neuen Miteinanders, wo früher Abschottung und Abteilungsgrenzen vorherrschten. Dies bildet wiederum die Möglichkeit, die Prozessablauforganisation zu verbessern, um gezielt Optimierungspotentiale zu nutzen. Fast automatisch ergeben sich Qualitätssteigerungen hinsichtlich der internen Abläufe, aber auch bei den Produkten und Dienstleistungen. Durch die Erarbeitung von Prozessen und deren Dokumentation in geeigneten Tools wird zudem Wissen im Unternehmen gestreut und bleibt auch bei Fluktuation im Unternehmen. Ebene) kaum gleiche Prozesse, auch wenn es auf der Meta-Ebene in jedem Unternehmen einen Verkaufsprozess, eine Supply-Chain, eine Finanzbuchhaltung gibt. In eben diesen Details liegt das Potential, sich gegenüber dem Wettbewerber abzusetzen. Zu beachten ist, dass der Erfolg von BPM Initiativen stark von der Komplexität der Prozesslandschaft und der Anzahl der Prozessdurchläufe abhängt. Einfache Prozesse lassen sich wenig optimieren – und selten durchlaufene Prozesse bieten wenig Potential, es sei denn, genau durch diese werden Wettbewerbsvorteile erzielt oder die Unternehmensstrategie unterstützt. Wenn die nachfolgenden kritischen Erfolgsfaktoren berücksichtig werden, lassen sich durch BPM signifikante Verbesserungen hinsichtlich der individuellen Ziele, immer aber bezüglich Transparenz, Effizienz und Agilität erreichen. Kritische Erfolgsfaktoren/Risiken Wie erwähnt werden BPM-Initiativen häufig durch die IT gesteuert, da dort ein Prozessverständnis aufgrund Implementierungs-, Wartungs- und Betriebsproblematiken am weitesten fortgeschritten ist und die Vorteile daher am ehesten gesehen werden. Ein rein IT getriebenes Prozessmanagement ohne Einbeziehung der Geschäftsführung und der Fachbereiche wird immer suboptimal bleiben. Den vollen Nutzen kann BPM nur als integrativ und methodisch verstandene Managementaufgabe leisten. Daher benötigen BPM-Ansätze das volle Commitment der Geschäftsleitung bzw. werden idealerweise von der Geschäftsleitung initiiert. Es ist unerlässlich, das Thema Prozessmanagement und Prozessorientierung strukturiert anzugehen und einzuführen. Für jeden Beteiligten müssen die Ziele, Erwartungen und Aufgaben erkennbar sein – sprich: Jeder muss den roten Faden sehen und auch bereit sein, ihm zu folgen! Abbildung 5: Mehrwert durch Prozessmanagement Dies können nur Beispiele sein, da BPM an der „Wurzel des Problems“ ansetzt: Jedes Unternehmen ist anders. Es gibt (auf Detail- Häufig werden Prozesse mit Funktionen verwechselt: „Wir haben doch schon einen Einkauf“ heißt es dann. Dass aber die Beschaffung von Rohstoffen für die Fertigung und der Einkauf von Handelswaren äußerst unterschiedliche Prozesse sein können, auch wenn Seite 7 von 9 diese von der gleichen Abteilung (mit) bearbeitet werden, liegt auf der Hand. Die Ein- und Ausgangsparameter sind andere, vor- und nachfolgende Schritte sind ebenfalls anders. Und hier liegt eine Gefahr: Wenn (funktionsorientierte) Abteilungen ihre Aufgaben (aus den Prozessen) optimieren, können Prozesse darunter leiden – umgekehrt ebenso (z. B. Verlust von Einkaufsvorteilen durch prozessbasierte Beschaffung)! Hier die richtige Balance zu finden ist die hohe Kunst im Prozessmanagement. In diesem Zusammenhang ist auch die kritische Frage nach der richtigen Aufbauorganisation zu klären: Richtet man die Organisation komplett nach Prozessen aus, oder installiert man eine Matrixorganisation mit ihren Problematiken, oder bleibt man doch funktional organisiert mit prozessorientierter Sichtweise? Eine Patentlösung gibt es nicht. Oft entwickelt sich die Aufbauorganisation ganz automatisch aus der Prozessorientierung im Unternehmen. Entscheidend für den Erfolg ist aber, losgelöst von der Organisationsfrage, die Festlegung der Prozessverantwortung. Wer hat die Hoheit über einen Prozess, d. h. wer kann über Prozessänderungen entscheiden? Eine wahre Managementaufgabe! Der Prozessverantwortliche (Process Owner) muss nicht gleich der Prozessspezialist (Process Expert) sein. Wichtig ist, dass die verschiedenen involvierten Rollen bewusst gelebt werden und Hand in Hand zusammenarbeiten. Bei der Einführung des Prozessmanagements ist darauf zu achten, dass die Einführung zwar im Rahmen eines Projektes stattfindet, nach der Einführung aber als eine kontinuierliche Aufgabe weiter geführt wird. Ganz wichtig bei der Einführung ist auch, dass alle Beteiligten frühzeitig einbezogen und geschult werden. Je nach Aufgabe muss diese Schulung eher methodische oder technische Schwerpunkte haben – ein Schulungskonzept muss ebenso Bestandteil des Einführungsprojektes sein, wie die Definition von Richt- und Leitlinien für die gemeinsame Aufgabe. Ziel muss es sein, die „Betroffenen“ zu motivierten und zu „Beteiligten“ zu machen, um so Widerständen vorzubeugen und eine breite Akzeptanz für die erforderlichen Änderungen zu schaffen. Nicht zuletzt ist die richtige Dimensionierung des Prozessmanagements der Erfolgsfaktor schlechthin. Je nach Unternehmensgröße, Branche, Flexibilität, Innovationsgrad etc. muss die Breite und die Tiefe des BPM festgelegt werden. Man darf weder mit Kanonen auf Spatzen schießen noch von Anfang an zu kurz springen. Erfolgsmessung von BPM-Initiativen Eine Erfolgsmessung muss auf zwei Ebenen erfolgen. Einerseits sollten auf einer aggregierten Ebene die Summe aller Kosten den realisierten Mehrwerten gegenüber gestellt werden. Auf der anderen Seite können auf Prozessebene über einzelne definierte Kennzahlen (KPI’s) Verbesserungen gemessen werden. Hierzu können ganze Kennzahlensystem aufgebaut werden. Wichtig ist bei beiden Ansätzen, dass nur anhand der verfolgten Ziele, die sich aus der Unternehmensstrategie ableiten, eine Messung sinnvoll ist. D. h. je nach Unternehmen existieren die unterschiedlichsten Kennzahlen und die jeweiligen Messungen fallen sehr unterschiedlich aus. Folgende Voraussetzungen sind erforderlich, um Messungen durchführen zu können: Die Ziele müssen bekannt und konkret benannt werden Entsprechende Kennzahlen sowie deren Ermittlung müssen definiert sein Die zur Ermittlung der Kennzahlen erforderlichen Daten müssen aus den Prozessen ableitbar sein Eine der häufig genannten Kennzahlen ist die Durchlaufzeit von Prozessen. Gelegentlich wird noch differenziert nach Entwicklungs-, Bearbeitungs-, Liege- und/oder Transportzeiten. Aber auch die Kundenzufriedenheit (nur über entsprechende Umfragen ermittelbar) oder auch Prozesskosten, Auslastung, Verfügbarkeit, etc. werden häufig als gefragte Messgrößen aufgeführt. Viel wichtiger sind aber meist die bereits angedeuteten, oft nicht messbaren, sondern eher gefühlten Prozessverbesserungen und ihre unmittelbaren Wirkungen auf Mitarbeiter, Management, Kunden und Partner. Seite 8 von 9 Kontakt XEPTUM Consulting AG Carl-Zeiss-Strasse 2 74172 Neckarsulm · GERMANY phone +49 7132 1566-60 fax +49 7132 1566-69 [email protected] www.xeptum.com Seite 9 von 9