LRQA-Interview mit Hans-Theo Kuhl, AXA MATRIX Risk Consultants

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Interview
Interview mit Hans-Theo Kuhl, AXA Matrix Risk Consultants
LRQA sprach mit Hans-Theo Kuhl,
International Hub Coordinator Casualty
bei AXA Corporate Solutions Germany &
AXA MATRIX Risk Consultants, über die
Bedeutung von QualitätsmanagementSystemen für die Versicherung von
Unternehmensrisiken.
LRQA: Glauben Sie, dass eine
Zertifizierung gemäß ISO 9001 zu
weniger Fehlern und Problemen bei
der Qualitätskontrolle führt und daher
ein geringeres potenzielles Risiko
sowohl für den Kunden als auch für
den Versicherer zur Folge hat?
LRQA: Herr Kuhl, worin liegt für Sie
der Wert eines QualitätsmanagementSystems, insbesondere in Bezug auf die
ISO 9001 oder den Automobilstandard
ISO/TS 16949?
Hans-Theo Kuhl: Die Einführung und
unabhängige Zertifizierung eines ISO 9001
QM-Systems bildet einen wichtigen
Rahmen, um die Prozesse innerhalb eines
Unternehmens verstehen, klären und
korrekt steuern zu können. Zudem stellt
es für eine Organisation ein wertvolles
Instrument zur Verbesserung von
Risikominderung und -management
dar.
Hans-Theo Kuhl: Sofern ein QM-System
innerhalb des gesamten Unternehmens
ernst genommen, umfassend etabliert
und ständig weiterentwickelt wird, sorgt
es dafür, dass die Unternehmensprozesse
klar abgebildet und zielgerichtet
gesteuert werden. Dies wiederum führt
zu einer verbesserten Produktqualität
und einer verringerten Fehlerrate.
Hans-Theo Kuhl
International Hub Coordinator Casualty
bei AXA Corporate Solutions Germany
& AXA MATRIX Risk Consultants.
Herr Kuhl ist anerkannter Experte für
Risikomanagement mit fundierten
Kenntnissen im Bereich von
Qualitätsmanagement-Systemen.
Auch wenn ein QM-System vom
Gesetzgeber formal nicht zwingend
gefordert wird, stellt der Markt doch
immer höhere Ansprüche an die
Produktqualität. Daher hat beinahe
jedes produzierende Unternehmen
ein QM-System auf hohem Niveau
eingeführt. Inzwischen nehmen diese
Erwartungen aber auch in anderen
Branchen zu, z.B. bei Dienstleistungsunternehmen. Auch wir als Versicherer
verfügen im Bereich der Risikoberatung
bei AXA MATRIX Risk Consultants über
eine ISO 9001 Zertifizierung.
Bevor wir ein neues Versicherungsrisiko
abdecken, fragen wir unsere potenziellen
Kunden grundsätzlich nach ihren
Zertifikaten. Das Vorhandensein dieser
Dokumente ist für uns ein wichtiger
Indikator, um die Qualitätsstandards des
Unternehmens einschätzen zu können.
Darüber hinaus können wir weitere
Einblicke in die Risiko-Situation unserer
potenziellen Kunden erhalten, indem
wir unsere eigenen Audits durchführen.
Dabei prüfen wir insbesondere eventuelle Schwachstellen, die bei kürzlich
erfolgten Audits durch unabhängige
Zertifizierungsgesellschaften gefunden
wurden und besprechen risikorelevante
Themen, die über die ISO 9001 hinausgehen – insbesondere Haftungsrisiken.
Improving performance,
reducing risk
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LRQA: Wie kann die ISO 9001 ein
Unternehmen bei der Zusammenarbeit
mit seinen Stakeholdern unterstützen
und es einfacher machen, Versicherungsschutz zu erhalten?
Hans-Theo Kuhl: Durch eine ISO 9001
Zertifizierung zeigt ein Unternehmen,
dass es bereits auf hohem Niveau an
seinem Prozessmanagement arbeitet und
damit die meisten relevanten Funktionen
und Geschäftsbereiche abdeckt. Diese
Information ist für alle Stakeholder,
also auch für Versicherer von großer
Bedeutung.
Wenn ein potenzieller Kunde nicht
über eine Zertifizierung nach ISO 9001
verfügt, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass wir seine Risiken nicht
versichern. Wir werden seine Prozesse,
Qualitätskontrollen und Managementmaßnahmen dann aber auf jeden Fall
genauer analysieren. AXA MATRIX Risk
Consultants führt in einem solchen Fall
eigene Risiko-Audits durch.
Natürlich können Produktrückrufe und
Produkthaftungsansprüche auch bei
ISO 9001 zertifizierten Unternehmen
vorkommen. Aber ein lebendiges
Qualitätsmanagement-System in
Verbindung mit moderner Herstellungsund Steuerungstechnik verringert
LRQA: Daraus ergibt sich die Frage,
welche Bedeutung Zertifizierungsgesellschaften und Akkreditierungen
für die Versicherungsbranche haben?
Hans-Theo Kuhl: Wir beobachten
momentan einen harten Preiskampf
unter den Zertifizierern mit der alarmierenden Entwicklung, dass die Kunden
tendenziell das billigste Angebot wählen.
Es versteht sich von selbst, dass diese
Anbieter dann nicht die Zeit aufbringen
können, um sich eingehender mit der
Prüfung der Qualitätsstandards zu
befassen. Wenn dieser Trend andauert,
könnten die Zertifikate schon bald ihre
Aussagekraft verlieren. Daher unterstützen wir als Versicherungsunternehmen die Idee, eine Integritätsprüfung als
Qualitätskontrolle für die Zertifizierungsgesellschaften selbst einzuführen.
Wir sollten uns daran erinnern, dass
die Idee eines Zertifizierungs-Systems
nicht darin besteht, ein Zertifikat auf
bequemstem Wege zu erlangen und
aufrecht zu erhalten. Kompetente
Zertifizierer spielen aufgedeckte
Probleme nicht herunter, weil das
begutachtete Unternehmen vielleicht
lieber nichts davon wissen möchte. Im
Gegenteil nehmen diese Zertifizierer
ihre Rolle ernst, indem sie Probleme
identifizieren, sie benennen und das
Unternehmen dabei unterstützen, sein
Qualitätsniveau langfristig zu verbessern.
Auf der anderen Seite wollen
Unternehmen, die sich wirklich für
Qualitätsmanagement interessieren,
vom Mehrwert eines kompetenten
Audits profitieren und Erkenntnisse aus
den Schwachstellen ziehen, um dadurch
ihr Qualitätsniveau weiter zu heben.
Diese Unternehmen wissen, dass
hervorragende Qualität heute eines
der wichtigsten Themen in unserer
Geschäftswelt ist.
sowohl die Wahrscheinlichkeit eines
Schadenereignisses als auch dessen
finanzielle Auswirkungen – der
Schlüsselbegriff lautet hier „Rückverfolgbarkeit des Produktes“.
LRQA: Welche Rolle spielt eine
unabhängige Zertifizierung für die
Glaubwürdigkeit von Managementsystemen? Welchen Wert hat Ihrer
Meinung nach eine unabhängige
Zertifizierung eines QM-Systems?
Hans-Theo Kuhl: Ich denke, wir
sind uns alle einig darüber, dass
das Qualitätsmanagement eines
Unternehmens nur dann zuverlässig,
transparent und realistisch bewertet
werden kann, wenn das QM-System
von einem externen, unabhängigen
Auditor zertifiziert wird.
LRQA: In einem kürzlich erschienenen
Artikel in Commercial Risk Europe,
zu dem Sie auch beigetragen haben,
wird die ISO/TS Zertifizierung als gute
Grundlage für das Zeichnen von Risiken
erwähnt. Welche Verbindung besteht
zwischen Versicherung und zertifizierten
Managementsystemen?
Hans-Theo Kuhl: Zertifikate sind zuerst
einmal ein wichtiger Indikator für uns,
wenn wir den Qualitätsstandard eines
potenziellen Kunden bewerten.
Insbesondere die Zertifizierung gemäß
ISO/TS 16949 enthält eine Reihe von
Aspekten, die für unsere Zeichnungspolitik relevant sind, wenn es um die
Abdeckung der Risiken Produktrückruf
und Produkthaftung in der Automobilindustrie geht.
LRQA: Es scheint zwei verschiedene
Märkte zu geben – den der Risikomanager und den der Versicherungsunternehmen. Glauben Sie, dass eine
auf Risikomanagement spezialisierte
Zertifizierungsgesellschaft die
Kommunikation zwischen diesen
beiden Parteien verbessern kann?
Würden Unternehmen damit
leistungsfähiger und würden
potenzielle Risiken für beide Parteien
vermindert?
Hans-Theo Kuhl: Für uns als
Versicherungsunternehmen sind die
bestehenden Zertifizierungsnormen wie
ISO 9001, ISO/TS 16949, OHSAS 18001
und ISO 14001 ausreichend im Hinblick
auf eine erste Einschätzung des Risikos.
Besonders wenn wir über internationale
Industrieunternehmen reden, die ja
unsere potenziellen Kunden sind,
ist die Risikoeinschätzung ein sehr
komplexes Thema. Daher müssen wir im
zweiten Schritt ein Set an spezifischen
Informa-tionen analysieren, um das
Risiko aus der Sicht des Versicherers
wirklich verstehen zu können. Dabei
nutzen wir Instrumente, Datenbanken
und Analysen, die auf der gesammelten
Erfahrung unserer Underwriter und Risk
Consultants basieren.
“Insbesondere die Zertifizierung gemäß
ISO/TS 16949 enthält eine Reihe von Aspekten,
die für unsere Zeichnungspolitik relevant
sind, wenn es um die Abdeckung der Risiken
Produktrückruf und Produkthaftung in der
Automobilindustrie geht.”
Hans-Theo Kuhl
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Ich bezweifle, dass eine auf Risiken
fokussierte Zertifizierung in der Lage
wäre, alle diese speziellen Aspekte
abzudecken.
LRQA: Welche Informationen kann eine
Versicherung aus einem Audit-Bericht
über das QM-System eines Unternehmens
und dessen Risikoansatz ableiten?
vernetzten Lieferketten. In diesem
Zusammenhang spielen so genannte
Produktvermögensschäden eine
zunehmend größere Rolle. Ein Beispiel
sind Folgeschäden, die aus dem bloßen
Nichtfunktionieren eines Produktes
resultieren, ohne dass es zuvor zu einem
Sach- oder Personenschaden gekommen
ist.
Hans-Theo Kuhl: Bei einem Audit-Bericht
über das QM-System sind wir besonders
an den kritischen Stellen interessiert, die
uns zeigen, wo mögliche Risiken vorhanden sein könnten. Diese Informationen
können wir dann gut mit unseren
eigenen Erfahrungen aus Schadensfällen
kombinieren.
LRQA: Die nächste Version der ISO 9001
ist bereits geplant. Welche Richtung
schlägt der Standard Ihrer Meinung nach
beim Thema Risiko ein?
LRQA: Einige Unternehmen behaupten,
dass Versicherungen neue Risiken nicht
ausreichend abdecken. Wie ist Ihre
Meinung zu diesem Thema? Um welche
neuen Risiken handelt es sich dabei?
Hans-Theo Kuhl: Zweifellos sind
Fertigungsprozesse heute globaler
geworden, sodass Unternehmen sich
wesentlich größeren Herausforderungen gegenüber sehen, als noch vor
10 Jahren. Ein hochaktuelles Thema
sind Betriebsunterbrechungen innerhalb der weltweiten, zeitlich eng
derzeit als einziges Versicherungsunternehmen am deutschen Markt an.
Aber auch auf gesetzlicher Ebene hat sich
viel getan. Compliance spielt hier eine
wichtige Rolle. AXA Corporate Solutions
hat globale Prozesse und Instrumente
entwickelt, um internationale Versicherungsprogramme in über 90 Ländern
steuern zu können. Zudem helfen wir
Risikomanagern weltweit im Umgang mit
lokalen Richtlinien.
AXA Corporate Solutions hat für diesen
Problemkreis das Produkt „Produkthaftpflicht PLUS“ entwickelt und bietet dies
Hans-Theo Kuhl: Gegenwärtig
konzentriert sich die ISO 9001 eher auf
Prozesse. Nach unserer Kenntnis wird
aber darüber diskutiert, zukünftig auch
Aspekte des Risikomanagements in die
Norm aufzunehmen. Dies kommt unserer
Sicht als Versicherer und Risikoberater
entgegen. Es bleibt abzuwarten, welche
Aspekte dies sein werden und in welchem
Umfang und Detailgrad solche Aspekte
in einer Qualitätsnorm behandelt werden
können. Von besonderem Interesse ist
dabei auch die Abgrenzung der Risikothemen in der zukünftigen ISO 9001
gegenüber der Risikomanagement-Norm
ISO 31000.
“Für uns als Versicherungsunternehmen sind
die bestehenden Zertifizierungsnormen wie
ISO 9001, ISO/TS 16949, OHSAS 18001 und
ISO 14001 ausreichend im Hinblick auf eine
erste Einschätzung des Risikos.”
Hans-Theo Kuhl
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unter +49 (0)221 93 77 37-0 oder per Email [email protected]
www.LRQA.de
www.lrqa.com
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Ungenauigkeiten in bzw. Änderungen an den Informationen.
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