Grundlagen der Wissensverarbeitung

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Grundlagen der Wissensverarbeitung
Sibylle Schwarz
Westsächsische Hochschule Zwickau
http://wwwstud.fh-zwickau.de/~sibsc/
[email protected]
SS 2010
1
Wissensverarbeitende Systeme
Repräsentation des Wissens
I geeignete Abstraktionsgrade
I Sprachen zur Wissensrepräsentation
I Modellierung
Verarbeitung des Wissens
I Erweiterung vorhandenen Wissens
I Herleitung neuen Wissens
I Verträglichkeit neuen Wissens mit
vorhandenem
Verwendung des Wissens, z.B. zum
I Problemlösen
I Diagnose
I Entscheidungsunterstützung
I Erklären
I Planen
2
Einordnung in die Informatik
Informatik Wissenschaft von der Darstellung und Verarbeitung
symbolischer Information durch Algorithmen
Einordnung in die Teilgebiete der Informatik:
theoretisch
technisch
Sprachen zur Formulierung von Information und
Algorithmen,
I Berechenbarkeit durch Algorithmen,
I Grundlagen für technische und praktische
(und angewandte) Informatik
Logik und formale Sprachen
I
I
I
maschinelle Darstellung von Information
Mittel zur Ausführung von Algorithmen
praktisch Entwurf und Implementierung von Algorithmen
Suchverfahren, Inferenzalgorithmen, Algorithmen zum
Constaint-Lösen
angewandt Anwendung von Algorithmen, z.B.
KI, Spracherkennung, Bilderkennung, Suchmaschinen
3
Inhalt der Lehrveranstaltung
I
Motivation und Grundlagen:
I
I
I
Methoden zum Problemlösen
I
I
I
I
Daten, Information, Wissen
Wissenbasierte Systeme (Aufgaben, Aufbau)
Suche nach Lösungen
heuristische Suche
logisches Schließen
Wissensrepräsentations- und -verarbeitungsmethoden
I
I
I
I
I
I
I
Regelsysteme
Entscheidungsbäume und -diagramme
Constraint-Systeme
nichtklassische Logiken
Wissen über zeitliche Abläufe
Nichtmonotones Schließen
Unvollständiges Wissen
4
Literatur
Folien zur aktuellen Vorlesung unter
http://wwwstud.fh-zwickau.de/~sibsc/lehre/ss10/gwv/
Bücher:
I
Ingo Boersch, Jochen Heinsohn, Rolf Socher:
Wissensverarbeitung (Spektrum, 2007)
I
Ronald Brachman, Hector Levesque:
Knowledge Representation and Reasoning
(Morgan Kaufmann 2004)
I
Stuart Russell, Peter Norvig:
Künstliche Intelligenz (Pearson 2004)
I
George Luger: Künstliche Intelligenz (Pearson 2001)
5
Organisation
Vorlesung Z1 Mittwoch 13:30-15:00 in R165a
Z2 Mittwoch 9:20-10:50 in R278
Hausaufgaben
schriftliche Übungsaufgaben
Vorbereitung auf Praktikum
I
I
Übungen 2 Gruppen, bitte einschreiben unter
https://bildungsportal.sachsen.de/
autolat/dmz/
Z2 Mittwoch 11:20-12:50 in R311
Z2 Mittwoch 15:20-16:50 in R311
I Fragen zum Vorlesungsstoff
I Besprechung der schriftlichen Hausaufgaben
(Prüfungszulassung)
I einige Übungen als Praktika
(Prüfungszulassung)
Prüfung: Klausur 90 min (keine Hilfsmittel)
6
Wissen
I
Was ist Wissen?
I
Wie lässt es sich darstellen?
I
Wie lässt es sich nutzen, um Probleme zu lösen?
I
Wie lässt es sich erweitern / ändern?
Analogie zu Wissen von Experten auf einem Fachgebiet
7
Ansätze zur Modellierung von Wissen / Intelligenz
verschiedene Abstraktionsstufen:
I
Modellierung der menschlichen Reizaufnahme und
-verarbeitung und des menschlichen Verstehens
(kognitive Methoden)
I
Modellierung des menschlichen Handelns
Turing Test
I
Modellierung des rationalen Denkens
(abstrahiert von biologischem Vorbild)
Regelsysteme, Logiken
8
Ziele wissensverarbeitender Systeme
I
Simulation menschlichen Verhaltens
(Verständnis und eigenes Denken nicht notwendig)
schwache künstliche Intelligenz
I
Simulation des menschlichen Denkens
(Verständnis und eigenes Denken notwendig)
starke künstliche Intelligenz
9
Geschichtliches
I
I
I
I
I
I
I
I
I
I
1945 frühe Schachprogramme (ohne Implementierung)
1955 Logic Theorist: automatischer Beweiser
1961 General Problem Solver, z.B. zum Lösen von Rätseln
und Intelligenztests
1972 erster mobiler Roboter
ab ca. 1970 Beschränkung auf spezialisierte
Expertensysteme
1976 MYCIN (Medizinisches Diagnosesystem)
1980 Dendral (Molekülstruktur aus Massenspektrogramm)
1982 XCON (Konfiguration von Computersystemen)
ab ca. 1980 Expertensystem-Shells
aktuell:
Intelligente Systeme, laut BMBF-Förderprogramm
„... Systeme, die sich in komplexen dynamischen
Umgebungen angepasst verhalten können.“
10
Beispiele wissensverarbeitender Systeme
I
Expertensysteme
I
Diagnosesysteme
I
Schach- und andere Spielprogramme
I
Datenanalyse
I
Suchmaschinen
I
Maschinelle Erkennung und Verarbeitung natürlicher
Sprache
I
Bild- und Zeichenerkennung (Klassifikation)
I
Objekterkennung in digitalen Bildern
I
Planungssysteme
I
Roboter, z.B. für Transport, Information, Unterhaltung,
Rettung, Putzen
11
Wissen, Information, Daten
Informatik Lehre von Darstellung und Verarbeitung von
Information
Daten Darstellungsform (Syntax)
Zeichenketten, Bilder, Ton, . . .
Information Bedeutung der Daten (Semantik)
in einem bestimmten Kontext
Wissen Information mit einem Nutzen,
trägt zur Lösung eines Problemes bei,
Nutzen abhängig von vorhandenem Kontextwissen
12
Wissen zur Problemlösung
Beispiele:
Daten:
Information:
Kontextwissen:
Wissen:
Problemlösung:
39.7
Körpertemperatur= 39.7◦
Körpertemperatur> 39.0◦ ist Fieber
Fieber
Fieberbehandlung
Daten:
Information:
FRUEFPUJRERFCEBOYRZ
FRUEFPUJRERFCEBOYRZ ist eine
unverständliche, also wahrscheinlich
verschlüsselte Nachricht
verschiedene
Chiffrierverfahren,
Buchstabenhäufigkeiten
FRUEFPUJRERFCEBOYRZ ist eine
mit dem ?-Verfahren und den Schüssel ? verschlüsselte Nachricht
?
Kontextwissen:
Wissen:
Problemlösung:
13
Arten von Wissen
deklarativ statisches Wissen
Fakten, Aussagen, Zusammenhänge, z.B.
I Fliegenpilze sind ungenießbar.
I Es existieren gerade Primzahlen.
I Jedes Kind eines Kindes einer Person X ist ein
Enkel von X .“
I Eine Liste (x1 , . . . , xn ) ist genau dann aufsteigend
sortiert, wenn sie leer ist oder (x1 ≤ x2 und
(x2 , . . . , xn ) aufsteigend sortiert ist).
prozedural dynamisches Wissen (über Zustandsübergänge)
Regeln, Algorithmen, Funktionen, z.B.
I Kochrezept
I Euklidischer Algorithmus
I aussagenlogisches Resolutionsverfahren
I Sortierverfahren
Aber: Repräsentationen von Regeln, Algorithmen und Funktionen
sind auch Daten.
mehr dazu im kommenden Semester: Deklarative Programmierung
14
Programmierung und Wissensrepräsentation
Programmierung
Wissensrepräsentation
Entwurf eines Algorithmus zur
Lösung des Problemes
Identifikation des zur Lösung
des Problemes relevanten Wissens
Implementierung in einer
geeigneten
Programmiersprache
Darstellung des relevanten Wissens in einer geeigneten Repräsentationssprache
Problemlösung durch Ausführung des Programmes
Problemlösung durch Anwendung eines Inferenzverfahrens
15
Beispiel: n-Damen-Problem
Aufgabe: Setze n Damen ohne gegenseitige Bedrohungen auf
ein n × n-Spielfeld
Programmierung
Wissensrepräsentation
Entwurf geigneter Datenstrukturen und eines Algorithmus
zur Lösungssuche
Identifikation der Bedingungen
an Aufgabe und Lösung
Implementierung
Repräsentation von Spielfeld
und Bedingungen an eine Lösung als logische Formeln (z.B.
CNF)
Problemlösung durch Ausführung des Programmes
Problemlösung durch logisches
Inferenzverfahren (z.B. Resolution, SAT-Solver, Prolog)
16
Programmierung und Wissensrepräsentation
Programmieren
Wissensrepräsentation
Erklärung der Lösung:
Verfolgen der Zustandsänderung bei Programmausführung (Debugging)
vom Inferenzverfahren verwendete Voraussetzungen
Fehlerbehandlung:
Debugging
Codeänderung
fehlendes Wissen einfügen
falsches Wissen löschen
Wissenserweiterung:
neuer Entwurf, Neuimplementierung
neues Wissen in Wissensbasis
einfügen
17
Darstellung von Wissen
formale Repräsentation des deklarativen Wissens in einer
Wissensbasis:
spezielle Form der Daten in der Wissensbasis abhängig von
I
Problembereich
I
geplante Verwendung
Wissen in Wissensbasis ist immer Abstraktion, beschreibt
Modelle der Realität
I
Auswahl von (für den Anwendungsbereich) wichtigem
Wissen
I
Vernachlässigung unwichtiger Details
Beispiele:
I
Liniennetzplan
I
Grundriss
I
Stundenplan
I
Kostenplan
18
Expertenwissen
I
fachspezifisches Wissen in einem Anwendungsgebiet
I
Fähigkeit zur Lösung von speziellen Problemen auf diesem
Gebiet (Kenntnis fachspezifischer Problemlöseverfahren)
I
Identifikation fehlender Information (gezieltes Nachfragen)
I
Fähigkeit zur Erklärung von Lösung und Lösungsweg
I
Kenntnis der Grenzen des eigenen Wissens
I
Lernfähigkeit (Fachliteratur, Gespräche)
19
Wissensbasierte Systeme
Beispiel Expertensystem
Zentrale Komponenten:
I
Wissensbasis
(deklaratives Wissen)
I
Inferenzsystem (Problemlösekomponente)
(prozedurales Wissen)
Hilfs-Komponenten, z.B. für
Interview Abfrage fallspezifischer Information
Erklärung Begründung der vorgeschlagenen Lösung
Wissenserwerb konsistente Erweiterung der Wissensbasis
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Anforderung an Wissensbasis
Qualitätskriterien bei der Modellierung:
I
für Problembereich geeignete Abstraktion
I
effektiv, redundanzfrei
I
verständlich
I
vollständig
I
erweiterbar
I
verständlich
21
Beispiel Missionare + Kannibalen
I
Zu Beginn: 3 Missionare + 3 Kannibalen an einem
Flussufer
I
An diesem Ufer gibt es auch ein Boot, welches höchstens
zwei Personen fasst.
I
Sobald an einem Ufer die Kannibalen in der Überzahl sind,
werden die Missionare gefressen.
Aufgabe: Übersetzen aller Personen
Modellierung des relevanten Wissens:
I
Anzahl der Missionare am Zielufer m ∈ {0, . . . , 3}
I
Anzahl der Kannibalen am Zielufer k ∈ {0, . . . , 3}
I
Position des Bootes b ∈ {s, z}
I
Modellierung der Überfahrten als
Zustandsübergangssystem
22
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