Erfahrungsbericht Name: L a r s W i e t s c h e l Austauschjahr: WS 2013/14 Gastuniversität: Osaka University Stadt: Osaka Land: Japan Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht, kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden. Osaka, Japan! Das letzte halbe Jahr habe ich in Osaka, Japan, verbracht. Wenn ich in Deutschland jemandem erzählt habe, dass ich in Japan ein Auslandssemester machen werde, sah ich häufig erst ein verdutztes Gesicht und die erste Frage lautet: „Warum Japan?“ Auch in Japan haben mich viele Menschen gefragt, was der Grund für mein Auslandssemester in Japan sei. Die Frage klingt leicht, ist aber nicht ganz so leicht zu beantworten. Das Ganze begann mit einer Veranstaltung zu Auslandssemestern, welche ich ganz ohne Vorstellung über mein Reiseziel besucht habe. Als das Land Japan vorgestellt wurde, habe ich gleich etwas aufgehorcht. Der wohl offensichtlichste Grund dafür ist, dass mein Onkel einige Jahre dort lebte und sich immer sehr positiv über das Land geäußert hat. Daher war ich schon immer etwas interessierter an Japan. Daraufhin habe ich mich etwas schlau gemacht und festgellt, dass die Vorlesungen in Englisch gehalten werden und die Studiengebühren entfallen, da die Osaka Universität eine Partnerschaft mit der Universität Augsburg hat. Auch die Vorstellung in einem „nicht westlich“ geprägten Land zu leben, hat mir sehr zugesagt. Trotz meiner nicht vorhandenen Japanisch-Kenntnisse, hatte ich erst mal keine Angst vor Sprachproblemen. Damit war meine Entscheidung relativ schnell gefallen. Dann ging es los: Bewerbung vorbereiten, Motivationsschreiben auf Englisch und Deutsch, Finanzierung planen, Studienverlauf planen… . Wenn man davor steht, sieht es erst einmal endlos aus. Das ganze ließ sich jedoch trotzdem gut nebenher erledigen. Nach etwa einem halben Jahr stand es dann fest: Ich werde nach Japan gehen! Schon auf meinem Hinflug gab es ein kulinarisches Highlight! Es sah etwa aus wie Krautsalat, bis ich feststellte, dass mich aus dem Salat hunderte von kleinen Augen anschauten; es waren sehr viele kleine, getrocknete Fische. Mein Sitznachbar gab mir eine kurze Einführung im „richtigen“ Stäbchenessen und los ging es. Aus dem Flieger heraus betrat ich eine für mich bis dahin neue Welt. Das Erste was ich lernte: Englisch ist nicht, „Konnichiwa“ allein reicht nicht, also plötzlich Analphabet. Zu Beginn war ich mir nicht ganz sicher, ob viele der Japaner nur Angst davor haben, Fehler beim Reden von Englisch zu machen oder es schlichtweg häufig einfach nicht können. An der Uni habe ich dann doch einige getroffen, mit denen ich ohne Probleme auf Englisch kommunizieren konnte. Nach einiger Zeit habe ich dann auch erfahren, dass in der Schule sehr viel Wert auf das Lernen von Vokabeln gelegt wird, aber das Sprechen und Hör-Verstehen häufig zu kurz kommt. Meine Erfahrung ist, dass es Japanern auf Grund der Lehrmethoden einfacher fällt auf Englisch zu lesen und zu schreiben als es zu sprechen und zu verstehen. Jegliche Schilder, Warnhinweise, Beschreibungen, etc. waren mit ein paar Ausnahmen auf Japanisch. Da half es mir auch nicht, dass mich meine Dusche und mein Reiskocher mit einer Roboterstimme auf Japanisch volllaberten, wenn ich sie benutze. Machte aber gar nichts, mit empirischem Vorgehen hat sich alles ergeben. Dass ich zu Beginn eher Analphabet war, war eigentlich relativ witzig! Ich habe gelernt, neue Wege zu finden, um zu kommunizieren. Außerdem hat es mich motiviert, das Lernen der japanischen Sprache mit Engagement anzugehen. Wirklich viel gelesen oder mich über das Land informiert habe ich im Vorfeld eigentlich nicht. Ich wollte mehr oder weniger ins kalte Wasser geschmissen werden, alles selbst rausfinden und ohne Vorurteile in das Land gehen. Während meinem Hinflug lernte ich nicht nur auf Japanisch zu zählen, sondern las auch in einem Buch, das Augenkontakt in Japan als eher unhöflich gilt, was mich etwas verunsichert hat. Direkt am ersten Tag in Japan hatte ich mit der Auslandsbeauftragten einen Termin. Zu Beginn konzentrierte ich mich darauf, nur hin und wieder Augenkontakt mit ihr zu halten. Sie schaute mir unermüdlich in die Augen bis ich festgestellte, dass Augenkontakt wohl doch ziemlich normal ist. Man sollte nicht zu viel auf die Erfahrungen oder Vorurteile anderer setzen. Genauso wurde ich mit Vorurteilen über Deutsche konfrontiert. Während einem Highschoolbesuch, der den Schülern Möglichkeiten zum englisch Reden gab, stellte mir ein Schüler die Frage: „You are from Germany. How often do you drink beer per day?“ Was aber natürlich schon wieder witzig war. Da das Ganze ein Erfahrungsbericht werden soll, habe ich im Folgenden einzelne Punkte aufgelistet und näher beschrieben. Ich hoffe, ich kann damit einige der auftretenden Fragen beantworten. Organisation/Zeitplan Angefangen nach einem Auslandssemester zu schauen habe ich etwa 1,5 Jahre bevor ich dann tatsächlich nach Japan gegangen bin. Der Bewerbungsprozess beginnt etwa ein Jahr vor Beginn des Auslandsaufenthaltes. Solange man die Fristen im Blick hat, ergibt sich das Meiste dann mehr oder weniger von selbst. Das Osaka University Short-Term Student Exchange Program (OUSSEP) Beim OUSSEP handelt es sich um ein spezielles Programm, das von der Osaka Universität speziell für ausländische Studenten entworfen wurde. Das Fächerportfolio umfasst etwa 20 Fächer jeglicher Fachrichtungen, von denen man sich eine gewisse Anzahl an Fächern aussuchen kann. Prinzipiell sind für jeden passende Fächer dabei, wobei die Fächer häufig doch eher oberflächlich sind. Das liegt an der Tatsache, dass Studenten aus der ganzen Welt teilnehmen, deren Niveau und Studienfächer doch recht unterschiedlich sind. Das OUSSEP ist meiner Meinung nach sehr gut organisiert. Zu Beginn war ich mir da nicht ganz sicher, da in den Bewerbungsunterlagen, welche auf Englisch waren, einige Rechtschreibfehler sind und auch der Internetauftritt etwas komisch ist. An der Uni gibt es sehr viel Personal, das man ansprechen kann und das einem immer hilft, sei es bei einem Arztbesuch, organisatorischen Dingen oder bei den „Hausaufgaben“. Sprache Im OUSSEP werden die Vorlesungen auf Englisch gehalten. Die meisten der Fächer werden von Japanern gehalten und das Niveau der Vortragenden ist sehr unterschiedlich. Bis auf eine Ausnahme waren die Vorlesungen jedoch gut verständlich. Wie ich bereits angedeutet habe, bin ich nach Japan gereist und konnte ausschließlich auf Japanisch begrüßen. Ich habe aber sehr schnell angefangen wirklich Japanisch du lernen. An der Universität wählte ich den absoluten Anfängerkurs JA100. Der Unterricht war etwas komisch gestaltet und nicht jeder war mit der Lehrmethode ganz einverstanden. Ich habe mich jedoch einfach darauf eingelassen und konnte dann wirklich einiges lernen. Weiterhin war sehr wichtig, schnell Kontakt zu Japanern aufzunehmen, was an der Uni ziemlich gut funktioniert. Ich habe immer gleich versucht, das Gelernte anzuwenden und auf Japanisch zu kommunizieren, auch wenn das zu Beginn sehr holprig möglich war. Nach meinen sechs Monaten dort bin ich relativ zufrieden mit meinen Kenntnissen. Einfacher Smalltalk sowie organisatorische Dinge zu erledigen, sind ohne Probleme möglich. Ich habe regelmäßig Kontakt mit Japanern, mit denen ich häufig auch auf Japanisch schreibe. Wenn ich jemandem der nach Japan geht, um die Sprache zu lernen einen Tipp geben sollte, dann würde ich empfehlen das Hiragana- und Katakana-Alphabet vorher auswendig zu lernen. Das ist zwar nervig und dauert etwas, man muss jedoch nicht in Japan Zeit verschwenden um diese zu lernen. Finanzierung Die Finanzierung ist eines der Dinge über die man sich anständig Gedanken machen muss und nicht zu spät mit beginnen sollte. Informationen hierzu findet man auf der Seite der Universität Augsburg und auch bei einigen anderen Anlaufstellen. Sehr angenehm in Japan war, dass auch die Japanische Regierung Stipendien für Ausländer vergibt. Meines Wissens nach hatten etwa die Hälfte der OUSSEP Studenten ein solches Stipendium in Höhe von 80.000¥. Unterkunft Die vielen Auslandsstudenten der Osaka Universität wohnen in unterschiedlichsten Unterbringungen. Ich war zusammen mit einem anderen deutschen Studenten in einem normalen Wohnblock untergebracht. Die Gegend hieß Aoyamadai (zu Deutsch etwa: Großer blauer Berg). Mit dem Fahrrad dauerte es etwa 10 Minuten zum Suita Campus und etwa 30 Minuten zum Toyonaka Campus. Um uns herum haben hauptsächlich ältere Ehepaare oder allein Lebende gewohnt. Die Wohnung war im typisch japanischen Stil mit Tatamiböden (Strohmatten) und Papierschiebewänden. Die Kosten betrugen 38.000¥ was zum jetzigen Zeitpunkt etwa 300€ sind. Die Wohnung hat mir super gefallen und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Ein Großteil der anderen internationalen Studenten war im Tsukumodai Wohnheim untergebracht. Mit einer großen Lobby bzw. Gemeinschaftsraum im Eingangsbereich, einem Tischtennisraum, Basketballkörben und einem Tennisplatz war das mehr oder weniger der Mittelpunkt der internationalen Studenten. Ich habe einige Abende dort verbracht und hätte mich mit Sicherheit auch dort wohl gefühlt. Die Kosten für ein Zimmer dort lagen bei 30.000¥. Weitere Wohnheime gibt es direkt neben dem Toyonaka Campus. Soweit ich weiß, sind diese mit etwa 15.000¥ sehr billig. Die Vergabe der Unterbringung wird, wenn gewollt, von der Universität vorgenommen. Wirklich nachvollziehen, warum wer wo untergebracht war, konnte ich nicht. Dafür war es sehr angenehm, dass sich die Universität im Vorfeld quasi um alles gekümmert hat. Es gab auch einige Studenten die sich selbst eine Wohnung oder eine WG gesucht haben. Die Kosten dürften etwa zwischen 30.000¥ bis 50.000¥ liegen. Sport Die Osaka Universität hat ein riesiges Angebot an Sportvereinen. Prinzipiell unterscheidet man zwischen „Club“ und „Circle“. Ein Club ist relativ streng was Anwesenheit und Training angeht. Dort gibt es dann auch häufig Wettkämpfe mit anderen Universitäten. Während meiner Zeit an der Universität bin ich dem Karateclub beigetreten, welcher dreimal die Woche jeweils 3h! trainierte. Da ich jedoch einen kleinen Ausländerbonus hatte war es in Ordnung, dass ich meist nur zweimal die Woche zum Training erschienen bin. Ein Circle ist wesentlich lockerer, wird jedoch nicht über die Universität organisiert. Daher ist es etwas schwieriger einen solchen ausfindig zu machen. Am einfachsten ist es, irgendwelche Studenten zu fragen. Die kennen dann häufig jemanden der jemanden kennt… auf jeden Fall klappt es immer, irgendwie einen passend Circle oder Club zu finden. Sie sind in den meisten Fällen auch kostenlos. Reisen Japan ist landschaftlich ein traumhaftes Land! Mit dem kalten und schneereichen Hokkaido im Norden und dem immer warmen Okinawa im Süden hat das Land sehr verschiedene Klimazonen. Inlandsflüge sind z.T. recht billig, Busse & Nachtbusse sind komfortabel und ebenfalls billig. Züge sind schnell, dafür etwas teurer. Irgendwann habe ich auch damit angefangen durch das Land zu trampen, was meist ziemlich gut funktioniert hat. Das schöne dabei ist, dass man mit völlig fremden Menschen zusammen kommt, wirklich witzige Dinge erlebt und man das gelernte Japanisch anwenden muss. Etwa 75% der Landesoberfläche ist unbewohnbares Wald- bzw. Bergland. Daher eignet sich Japan hervorragend zum Wandern. Für Mehrtageswanderungen gibt es häufig sogar kostenlose Hütten in den Bergen, vor allem wenn man Pilgerouten entlang geht. Die Hütten sind mit Wasser und z.T. sogar mit Decken ausgestattet! Hier ist ein sehr guter Link, um sich über Wanderungen zu informieren und sich Ideen zu holen: http://japanhike.wordpress.com/ Versicherung Thema Versicherung hat mich erst kurz vor Japan beschäftigt. Die Krankenversicherung ist mit Sicherheit dabei das wichtigste Thema. Nach einiger Recherche habe ich mich für eine ADAC Auslandskrankenversicherung entschieden. Der Witz jedoch war, dass ich nach meiner Ankunft in Japan sowieso eine japanische Krankenversicherung abschließen musste (wurde von der Universität so geregelt und verlangt). Ich war sogar einmal beim Arzt und habe dann alles über die japanische Krankenversicherung abgewickelt. Im Nachhinein war die deutsche Auslandsversicherung unnötig. Andere Versicherungen habe ich nicht abgeschlossen. Falls sich noch jemand für die eine oder andere Geschichte mehr interessiert oder ein paar Bilder anschauen will: ich habe während meines Japanaufenthaltes einen Blog geführt. Der Link: http://laabiw.wordpress.com/ Fazit Japan ist ein wunderschönes Land, Japaner sind absolut respektvoll und umgänglich, das japanische Essen ist wahnsinnig gut und lecker, die japanische Sprache ist gar nicht so schwer und ich werde auf jeden Fall wieder nach Japan gehen. Ich habe inzwischen auch so gute japanische Freunde, die ich auf jeden Fall wieder treffen werde und mit denen ich so lange wie möglich Kontakt halten will. Wenn man vor einer Bewerbung für das Ausland steht, kann der ganze Berg, der erledigt werden muss, als wirklich groß empfunden werden. Es ist viel, aber das läuft doch alles ziemlich fliesend und nebenbei. Schon der Lerneffekt bei einer Bewerbung ist groß und der Lerneffekt während des Auslandsaufenthaltes ist noch viel größer. Für mich hat sich der Auslandsaufenthalt eigentlich sogar fast wie ein halbes Jahr Urlaub angefühlt. Und zwar auf der anderen Seite der Welt in einer mir bis dahin völlig fremden Kultur.