Der Staat, der Welthandel und die Zivilgesellchaft

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Evangelische Akademikerschaft in Deutschland (EAiD) e.V.
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Der Staat, der Welthandel und die Zivilgesellschaft
Ein Thesenpapier
der Evangelischen Akademikerschaft in Deutschland
mit Impulsen aus christlicher Sicht.
Handel ist das sichtbarste Zeichen der Globalisierung. Es hat sich gezeigt, dass er Arbeit und
Wohlstand fŸr einige bringen kann. Aber es gibt auch ein weit verbreitetes Unbehagen, ja sogar
Misstrauen, gegenŸber den neuen škonomischen und technologischen RŠumen, in denen wir uns
bewegen.
(UN-GeneralsekretŠr Kofi Annan)
I
Die gegenwŠrtige Situation
(1) Die politische, wirtschaftliche und kulturelle Verflechtung von Regionen, Nationen und
Kontinenten hat die Welt tiefgreifend verŠndert und geht auch an Deutschland nicht
spurlos vorŸber. Zwar ist die Bewegung von GŸtern und Dienstleistungen, von Ideen und
Kapital Ÿber nationale Grenzen hinweg nicht neu. Doch die Beschleunigung und Ausweitung dieser VorgŠnge machen einen qualitativen Unterschied gegenŸber frŸheren
Zeiten aus. Zu Recht ist von der ÒrŠumlichen und zeitlichen Schlie§ung der WeltÓ (H.
LŸbbe) die Rede. Diese Globalisierung hat ohne Zweifel positive Auswirkungen. Nicht
zuletzt wird durch sie der Friede zwischen den IndustrielŠndern gefestigt. Denn wer
Handel treibt, braucht Partner, nicht Feinde.
(2) Aber die Globalisierung kennt nicht nur Gewinner, sondern auch sehr viele Verlierer.
Arme LŠnder sehen ihre Erwartungen enttŠuscht. Statt der ÔEinen WeltÕ entwickelt sich
zusehends die ÔOne EconomyÕ. Wo der Mangel an Einkommen die grš§te Not bildet,
bleibt den Menschen der Zugang zu den MŠrkten und Institutionen verwehrt. Spekulative
Kapitalstršme, ausgelšst vom makroškonomischen Erfolg im reichen Teil der Welt, verursachen Finanzkrisen in anderen Erdteilen, die auch nach ihrer †berwindung SchŠden
zurŸcklassen: schlimmere Armut und noch grš§ere Ungleichheit der Einkommen. Die
Umweltkrise, ausgelšst durch den ma§losen Energieverbrauch vor allem der IndustrielŠnder, droht im Zuge der Globalisierung au§er Kontrolle zu geraten.
(3) Der ungesteuerte, nur dem Markt Ÿberlassene Globalisierungsprozess zwingt die
ganze Welt in einen Konkurrenzkampf, der die Kluft zwischen Arm und Reich, den wirtschaftlichen Abstand zwischen den LŠndern des ÔNordensÕ und des ÔSŸdensÕ, aber auch
die soziale Ungleichheit in den reichen LŠndern vertieft. Von der Verdichtung der weltweiten Beziehungen, von der Zunahme der Handels-, Finanz- und Kommunikationsstršme kšnnen nur die Nationen profitieren, die, wie die IndustrielŠnder, bereits reich oder
auf dem Sprung in den Kreis dieser LŠnder sind. Offenkundig profitiert ein technologischfinanzieller Komplex, der eine ungeheure VerfŸgungs- und Einflussmacht in den HŠnden
weniger Ôglobal playersÕ vereinigt, die sich vor allem den Gesetzen der …konomie verpflichtet fŸhlen.
1
(4) Ein gro§er Teil der Welt verliert den Anschluss. WŠhrend der Welthandel in den letzten Jahrzehnten Zuwachsraten erzielte, die doppelt so hoch waren wie das Wirtschaftswachstum, hat sich der Anteil Afrikas am Welthandel, der einmal zwei Prozent betrug, in
dieser Zeit fast halbiert. Viele Volkswirtschaften des afrikanischen Kontinents sind verkrŸppelt durch die Verschuldungen, deren Konditionen ihnen in den siebziger Jahren des
vergangenen Jahrhunderts von den Banken der IndustrielŠnder aufgezwungen wurden.
Nachkoloniale Ausbeutung plŸndert die Rohstoffe fŸr auslŠndische Interessen, unter
Mithilfe korrupter einheimischer Eliten. Die empfindlichen tropischen …kosysteme potenzieren die Probleme. Eine afrikanische Apokalypse aber wird die Welt nicht verkraften.
Das Kernproblem
(5) Das Kernproblem der Globalisierung ist eine weltweite GefŠhrdung der šffentlichen
GŸter. …ffentliche GŸter sind die Menschenrechte, demokratische Mitbestimmung, soziale Gerechtigkeit, ferner stabile FinanzmŠrkte, der Zugang zu Bildung und Information,
Geschlechtergerechtigkeit sowie eine intakte Umwelt, ausreichende Versorgung mit
Wasser, Nahrungsmitteln und Energie. Auch Rechtsstaat und Frieden sind šffentliche
GŸter. Wenn wirtschaftliche Verflechtung den Frieden stŠrkt, so wird dieses šffentliche
Gut gefŠhrdet, wenn ein Staat auf den internationalen MŠrkten zu schwach ist. Es kommt
darauf an, eine weltweite Ordnung zu schaffen, die die FrŸchte der Globalisierung allen
zuteil werden lŠsst.
(6) Dies Kernproblem erfordert, auf dem Hintergrund des nationalen Willens zu sozialer
Gerechtigkeit und sozialem Ausgleich, die bestehenden internationalen Organisationen,
allen voran die UNO, zu stŠrken. FŸr die Zukunft muss nach Wegen gesucht werden,
BeschlŸsse der UNO und ihrer Unterorganisationen in viel hšherem Ma§e als bisher
verbindlich zu machen und ihre Nichtbefolgung zu sanktionieren. Die Welthandelsorganisation (WTO) muss Ÿber ihren GrŸndungsrahmen hinaus, der ihr nur technische, nicht
politische Gestaltung zuweist, in ein demokratisch legitimiertes Gremium umgewandelt
werden.
Gegenbewegungen
(7) Die Fehlentwicklungen der Globalisierung haben Gegenbewegungen ausgelšst. Sie
wollen mehr als die ÔLokalisierungÕ, von der die Weltbank spricht, wenn sie das Streben
von Staaten und Regionen nach Selbstbestimmung meint. Sie agieren lŠngst transnational, getragen von der Zivilgesellschaft. Zur globalisierungskritischen Zivilgesellschaft gehšren die Nicht-Regierungsorganisationen, die sozialen und škologischen Bewegungen
und darin auch die Evangelische Akademikerschaft in Deutschland (EAiD).
(8) Die EAiD vertritt soziale, škologische und einer gerechten Entwicklung dienende
Werte. In diesem Engagement erkennt sie eine Grundform christlicher Existenz.
Sie sieht sich damit in †bereinstimmung zum Beispiel mit AltprŠses Manfred Kock, der
sagte: ÒDie Kirchen sind auf der Basis ihres Glaubens in allen politischen Kontexten den
Grundwerten der SolidaritŠt verpflichtet, ebenso einer Kultur des Friedens, der sozialen
Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schšpfung. Dieses ist ihr unverwechselbarer Beitrag zu einer Weltinnenpolitik.Ó
Orientierung
(9) Basis des christlichen Glaubens ist die biblische Tradition. Wenn sie von Gerechtigkeit spricht, dann meint sie eine ÒQualitŠt von lebenfšrdernden BeziehungenÓ. ÒGerecht
ist in der biblischen Sicht alles Tun, das die Gemeinschaftsbeziehungen fšrdertÓ (Konrad
Raiser), ungerecht, was sie bedroht.
2
Es ist nicht gemeinschaftsgerecht,
Menschen ihrer Lebensgrundlage zu berauben,
die Hilflosigkeit von Menschen auszunutzen,
das eigene Recht rŸcksichtslos durchzusetzen.
Schon die Bundesordnung Israels hŠlt in einer frŸhen Gesetzessammlung konkrete
Schutzma§nahmen dagegen fest. Es sind Bestimmungen - u.a. zum Schuldenerlass und
zur Schuldneramnestie -, die auf den Schutz des Lebensrechts der Armen zielen und einen Rechts- und Gewaltverzicht der Besitzenden verlangen.
Diese Tradition hat Jesus bekrŠftigt. Die Gerechten in seinem Gleichnis vom Weltgericht
sind diejenigen, die die ÔGeringstenÕ in ihren Notlagen wahrnehmen und mit dem Lebensnotwendigen versorgen.
Auch Martin Luther mahnt in deutlichen Worten: ÒEs ist niemandem von Gott verordnet,
von den GŸtern der Anderen zu leben.Ó
II
Leitlinien einer lebensdienlichen Globalisierung
(10) Der ehemalige Direktor des IWF, Horst Kšhler, hat unlŠngst ÒWegweiserÓ zu einer
lebensdienlichen Globalisierung benannt:
Multilaterale Lšsungen dŸrfen nationale Eigenverantwortung nicht unterhšhlen.
Die Globalisierung braucht einen weltumspannenden Ordnungsrahmen, der dafŸr
sorgt, dass šffentliche GŸter bereit gestellt werden.
Der soziale Ausgleich ist herzustellen, weil von ihm politische StabilitŠt und ein dauerhaft gutes Investitionsklima erwartet werden kšnnen.
Globalisierung ist nicht misszuverstehen als globale Gleichschaltung von Wirtschaftsund Sozialmodellen.
Globalisierung verlangt Respekt vor der kulturellen Vielfalt.
Globalisierung bedarf eines Grundkonsenses Ÿber verbindliche Werte, unverrŸckbare Ma§stŠbe und persšnliche Grundhaltungen.
SolidaritŠt im Globalisierungskontext
(11) Trotz der Dynamik und KomplexitŠt des Wandels mŸssen wir eine Wirtschaftsordnung herbei fŸhren, die allen Menschen ein auskšmmliches Leben in einer gesunden
Umwelt bietet. In dieser Absicht wird den EntwicklungslŠndern heute Ôgood governanceÕ
abverlangt. Der Dirigismus des Internationalen WŠhrungsfonds (IWF) und der Weltbank
(WB) allerdings, der die Auflagen fŸr die GewŠhrung von Hilfe an marktliberale und monetaristische Dogmen bindet, ist unfruchtbar und schŠdlich. Steuererhšhung, HaushaltskŸrzung, Kappung šffentlicher Dienste, Abwertung der WŠhrung kšnnen nicht ohne
RŸcksicht auf die Situation eines Landes als Allheilmittel verordnet werden. Denn die in
den EntwicklungslŠndern notwendigen Institutionen entwickeln sich unter diesen UmstŠnden nicht. Die rigoros geforderte …ffnung der BinnenmŠrkte auch der Šrmsten LŠnder fŸr auslŠndische Erzeugnisse setzt eine Symmetrie des Warenaustausches voraus,
die zwischen massiv ungleichen Volkswirtschaften nicht gegeben ist. Das Theorem der
komparativen Vorteile versagt unter den realen VerhŠltnissen einer Weltwirtschaft, in der
unterentwickelte ÒHabenichtseÓ Handel treiben sollen mit IndustrielŠndern, die ihrerseits
die FinanzmŠrkte beherrschen. Was heute zŠhlt, ist der absolute Kostenvorteil in allen
MŠrkten und LŠndern gleichzeitig. Bei der Jagd nach dem absoluten Vorteil kšnnen arme LŠnder nicht mithalten.
(12) Im 20. Jahrhundert entwickelten protestantisch geprŠgte …konomen und Staatsrechtler in Deutschland vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen mit dem totalitŠren Staat
das Konzept einer Freiheit gewŠhrenden, sozialen Wirtschaftsordnung. Ihr Ziel war, die
Freiheit der Person und die Gerechtigkeit in der Gesellschaft bei Wahrung der EigenstŠndigkeit des Staates miteinander in Einklang zu bringen. So entstand das Konzept der
3
sozialen Marktwirtschaft. Es ist eine ordnungspolitische Idee. Es ist kein Konzept in dem
Sinne, dass es fŸr alle Zeiten in gleichem Sinn angewendet werden kann. Vielmehr bedarf es der stŠndigen Anpassung an die Anforderungen einer sich wandelnden Zeit. So
wird heute versucht, das Konzept in Richtung auf eine škosoziale Marktwirtschaft zu erweitern.
(13) Heute brauchen wir eine neue internationale Arbeitsteilung, in der die armen LŠnder
ihre Chance erhalten, in der aber auch zunehmend LŠnder eine wichtige Rolle spielen
werden, die wir frŸher allenfalls als Rohstofflieferanten und als MŠrkte fŸr unsere ExportgŸter verstanden haben. FŸr viele unserer angestammten Produkte sind sie heute
schon zur Werkbank geworden, wŠhrend die zugehšrigen ArbeitsplŠtze bei uns unwiederbringlich verloren scheinen. Dies bedeutet, dass unsere eigene Rolle sich verŠndern
wird. Was wir als gro§en Schritt auf dem Weg zu mehr globaler Gerechtigkeit begrŸ§en
mŸssen, wird so zur Quelle fŸr Beunruhigung und erfordert von uns ein schmerzhaftes
Umdenken, wie wir uns in der neuen Konstellation behaupten kšnnen. Wir kšnnen nicht
mehr allein auf ÒAufschwungÓ und Wachstum setzen, wenn unser Anteil am Wachstum
der Weltwirtschaft abnimmt.
(14) Europa muss dem neoliberalen Wirtschaftsmodell, das auch IWF und Weltbank
dominiert, ein eigenes Modell einer globalen škosozialen Marktwirtschaft entgegen setzen. Freiheit fŸr jede/n und Gerechtigkeit fŸr alle mŸssen die Regulative dieses Modells
sein. Eine solche Politik wird darauf hinarbeiten, allen Menschen auf der Welt die Angebote zu verschaffen und die Anrechte zu verleihen, die der kleinere Teil schon lŠngst fŸr
sich in Anspruch nimmt. Vom Ausgang des Streits um die richtige Wirtschafts- und Sozialpolitik in unserem Land wird die Weichenstellung fŸr die Politik der europŠischen Gemeinschaft entscheidend abhŠngen, mit letztlich globalen Konsequenzen.
(15) Die Christen und die Kirchen werden sich der ÒBasis ihres GlaubensÓ erinnern und
ihre Verpflichtung erneuern gegenŸber denen, die im System verloren zu gehen drohen
oder schon verloren sind. Sie werden sich als Teile der Zivilgesellschaft verstehen und
sich entscheiden mŸssen, BŸndnisse einzugehen, um politisch wirksam zu werden. Sie
werden in diesen BŸndnissen mit Blick auf das Lebensrecht aller šffentlich machen mŸssen, wo und wie wirtschaftliches Handeln dem Leben dient und wo nicht.
Beispiel GATS
(16) Das GATS (General Agreement on Trade in Services) ist ein Rahmenabkommen
der WTO (World Trade Organisation) zur Regelung des internationalen Handels mit
Dienstleistungen. Die WTO stellt keine Unterorganisation der Vereinten Nationen dar; da
sie aber durch einen multilateralen Vertrag der UN-Mitgliedsstaaten begrŸndet ist, besitzen WTO-VertrŠge Všlkerrechtsstatus. Ihre Regeln haben einen hšheren Rang als nationale Gesetze und sind fŸr alle MitgliedslŠnder verbindlich.
(17) Das GATS unterscheidet zwšlf Dienstleistungssektoren von berufsbezogenen
Dienstleistungen Ÿber Bildung, Kommunikation, Gesundheit, Umwelt, bis zu Bau und
Montage, Vertrieb, Finanzierung, Transport und nimmt neben dem Luftverkehr nur solche aus, die Òin AusŸbung hoheitlicher GewaltÓ erbracht werden. GATS erstreckt sich
nicht nur auf den klassischen grenzŸberschreitenden Handel, sondern auch auf auslŠndische Direktinvestitionen und zeitweilige Arbeitsmigration.
(18) Mit GATS wurde eine multilaterale Instanz geschaffen, die befugt ist, in die nationale
Gesetzgebung und Regulierung von Dienstleistungen einzugreifen. Dies fŸhrt zu Kollisionen, die bis in die persšnliche LebensfŸhrung der Menschen durchschlagen. So darf es
nicht dahin kommen, dass ein Staat fŸr die Bereitstellung šffentlicher GŸter wie Bildung,
Umwelt, Gesundheit oder Altersvorsorge dem Druck der WTO ausgesetzt ist, wenn sie
die Handelsinteressen fremder Unternehmen vertritt. Offenbar gefŠhrdet das GATS das
Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Effizienz und KonkurrenzfŠhigkeit eines Landes
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auf der einen Seite und sozialer StabilitŠt und Frieden auf der anderen. Dagegen ist festzuhalten, dass der Zugang zu šffentlichen GŸtern einen sozialen Zusammenhang
schafft, der fŸr eine vitale Demokratie unverzichtbar ist.
(19) Die Milleniums-Entwicklungsziele gab es noch nicht, als das WTO-Vertragswerk
konzipiert wurde. Trotzdem wŠre es wŸnschenswert gewesen, wenn das alte Ziel der
Verringerung der Armut und der Kindersterblichkeit und das BemŸhen um Geschlechtergerechtigkeit (gender equality) hier schon ihren Niederschlag gefunden hŠtten. Dienstleistungen auf diesen Gebieten - also Wasserversorgung, sanitŠre Einrichtungen, Energie, Transport, Erziehung, Gesundheit - mŸssen von Regierungen und BŸrgern so organisiert werden, dass sie wirklich der Bevšlkerung zugute kommen und einen wirkungsvollen Beitrag zur †berwindung der Armut leisten, dass sie nachhaltiges Wirtschaften
ermšglichen und nicht in erster Linie der Exportfšrderung dienen.
Gegenstrategien
(20) Gegen Armut und Hunger in den armen LŠndern genŸgen die kirchliche und private
Not- und Katastrophenhilfe und auch die všllig unzureichend finanzierte Entwicklungszusammenarbeit des Nordens nicht. Diese LŠnder brauchen faire Ôterms of tradeÕ, eine
stŠrkere und differenzierte Einbeziehung in den Welthandel. Insbesondere fŸr ihre Agrarprodukte mŸssen die MŠrkte gešffnet werden, ist doch die Landwirtschaft neben den
BodenschŠtzen ihre Haupteinnahmequelle.
(21) Von den IndustrielŠndern wird dazu ein u.U. schmerzhafter Umdenkungsprozess
verlangt. Die Abschaffung der Agrarsubventionen und des Protektionismus in ihren eigenen LŠndern wŸrde den EntwicklungslŠndern hšhere Exporte ermšglichen und dadurch
erhebliche EinkommenszuwŠchse gewŠhren; sie selbst aber mŸssten Einkommenseinbu§en hinnehmen. Kompensatorische Ma§nahmen etwa in Form von Direktzahlungen
an die Landwirte fŸr den Schutz von Landschaft und Umwelt wŠren dann wenigstens fŸr
einen †bergangszeitraum notwendig. Die Weiterentwicklung des Agrarabkommens von
1995 bleibt die Hauptaufgabe der 2001 in Doha begonnenen Verhandlungsrunde der
WTO.
(22) FŸr den Finanzsektor bleibt die EinfŸhrung einer Devisen-Transfer-Lenkungssteuer
(Tobin Tax oder eine ihrer Varianten) vordringlich. Diese Steuer bedeutet ÒSand in das
GetriebeÓ der FinanzmŠrkte. Sie wendet sich gegen die nicht-produktive Spekulation mit
riesigen Geldmengen.
DarŸber hinaus sind stŠndige Kapitalverkehrskontrollen erforderlich.
In gleicher Weise ist eine internationale Fusionskontrolle anzustreben.
Schlie§lich mŸssen Steueroasen, in denen sich Geld dem legitimen Zugriff des Fiskus
entziehen kann, von allen Staaten weltweit abgeschafft und verboten werden.
(23) Heute findet eine Mehrheit der Bevšlkerungen armer LŠnder ein bescheidenes Auskommen im so genannten Òinformellen SektorÓ. Dieser ist gekennzeichnet durch arbeitsintensive Produktion, einfache Techniken, geringe Lšhne und oft auch durch das Fehlen
sozialer Mindeststandards. Immerhin entsteht hier eine verteilbare Wertschšpfung, die
noch auf lange Zeit mehr ArbeitsplŠtze bieten wird, als es durch den Aufbau von Industrien mšglich ist.
Die Perspektive muss allerdings sein, den armen LŠndern den Anschluss an die wissensbasierte technische Moderne zu ermšglichen. Viele politische und gesellschaftliche
Voraussetzungen mŸssen dazu erst geschaffen werden. Wenn nach vorausgegangenen
Investitionen ein eigener Stamm qualifizierter ArbeitskrŠfte aufgebaut sein wird, kšnnen
diese LŠnder den Weg in die technische Moderne aus eigener Kraft gehen.
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Wir brauchen Menschen, die in einem gewandelten Bewusstsein leben und als Zivilgesellschaft dafŸr sorgen, dass sich soziale und škologische Regeln global durchsetzen.
Das ist das Ziel.
Fulda, 17. April 2004
Die Mitglieder der Arbeitsgruppe Gerechtigkeit
der Evangelischen Akademikerschaft in Deutschland
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Rolf Bellmann, Bielefeld (Landesverband Westfalen)
Manfred Berg, Berlin (Landesverband Berlin/Brandenburg)
Hans-Georg Dittrich, Hemsbach (Landesverband Baden)
Margot Gilch, 71229 Leonberg, KrŠhwinkelweg 11
(Landesverband WŸrttemberg; Vorsitzende der EAiD)
Dr. Werner Grau, Bobenheim-Roxheim
(Landesverband Pfalz/Saar)
Siegfried Heinzel, Garbsen (Landesverband Niedersachsen)
Christoph Hertel, Waltenhofen (Landesverband Bayern)
Peter Meyer, Bremen (Landesverband Nordwest)
Margret Schoenborn, Dellbusch 298, 42279 Wuppertal
(Landesverband Rheinland; Leitung der Arbeitsgruppe, ViSdP)
JŸrgen von Strauwitz, Dresden (Landesverband Sachsen)
Dr. Gerd Wibberenz, Molfsee
(Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein)
Manfred Zenker, Bad Homburg (Landesverband Hessen)
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