1. Begriff und Abgrenzung

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Fach:
Wirtschaft & Recht
Thema:
Arbeitsvertrag
Arbeitsvertrag
1. Begriff und Abgrenzung
Es gibt markante Unterschiede zwischen dem Arbeitsvertrag und anderen Vertrags-
Relativ zwingende Normen:
typen. Hoch relevant sind diese insofern, als das Arbeitsvertragsrecht relativ zwin-
Dürfen nicht zu ungunsten ei-
gende (OR 362) und absolut zwingende Normen (OR 361) zum Schutze des schwä-
ner Partei geändert werden.
Absolut zwingende Normen:
cheren Vertragspartners (in der Regel der Arbeitnehmer) kennt.
Dürfen nicht zu ungunsten
Wir grenzen aus Gründen der Übersichtlichkeit nur von zwei weiteren Vertagstypen
beider Parteien geändert wer-
auf Arbeitsleistung ab:
den.
Verträge auf
Arbeitsleistung
Arbeitsvertrag
Begriff: OR 319
Werkvertrag
Begriff: OR 363
Auftrag
Begriff: OR 394
Arbeitsvertrag
Gemäss OR 3191 lauten die Kriterien für einen Arbeitsvertrag wie folgt: Arbeitsleis-
OR 319: Arbeitsleistung, Ent-
tung wird entgeltlich (gegen Lohn) zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um ein
geltlichkeit, Dauerschuldver-
Dauerschuldverhältnis (auf bestimmte oder unbestimmte Zeit), in welchem der Ar-
hältnis, Subordination
beitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer ein Weisungsrecht hat (Subordinationsverhältnis). Soweit der Arbeitnehmer sorgfältig arbeitet, hat er Anspruch auf den Lohn.
Der Lohnanspruch hängt somit also nicht vom Ergebnis der Arbeit ab!
Neben dem herkömlichen Einzelarbeitsvertrag (EAV) gibt es noch den

Lehrvertrag (OR 344 ff)
1
OR 319 Abs.1
Durch den Einzelarbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers und dieser zur Entrichtung
eines Lohnes, der nach Zeitabschnitten (Zeitlohn) oder nach der geleisteten Arbeit (Akkordlohn) bemessen wird.
© by Dr. Martin Fröhlich

Handelsreisendenvertrag

Heimarbeitsvertrag

Gesamtarbeitsvertrag (GAV)

Normalarbeitsvertrag (NAV)
Nicht im OR sind die Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst. Hier gelten die Personalgesetze von Bund, Kantone und Gemeinden.
Werkvertrag
Demgegenüber geht es beim Werkvertrag um die Erstellung und Lieferung eines
OR 363 ff: Selbständiger Un-
Werkes (individuell gebauter Tisch, Malen eines Portraits). Im Zentrum steht also
ternehmer, Ergebnis der Ar-
nicht die Arbeit, sondern ein bestimmtes Ergebnis. Wichtig zur Abgrenzung zum
beit, Werklohn
Arbeitsvertrag ist die Selbständigkeit desjenigen, der das Werk erstellt (z.B. Handwerker, Gartenbauer usw.). Der Besteller hat einen Werklohn zu bezahlen.
Einfacher Auftrag:
Gemäss OR 394 liegt ein Auftrag dann vor, wenn sich eine Person vertraglich ver-
OR 394ff Selbstständig Er-
pflichtet, eine bestimmte Dienstleistung im Interesse und nach dem Willen des Auf-
werbstätiger
traggebers zu übernehmen. Entscheidender Unterschied zum Arbeitsvertrag ist hier
das Fehlen eines Subordinationsverhältnisses. Der Auftragnehmer tritt als selbstän-
verrichtet
Dienstleistungen im Interesse
und nach Willen des Auftraggebers
dig Erwerbstätiger auf (Bsp.: Anwalt, Arzt usw.)
Laut OR 394 II kommt immer dann der Auftrag zum Zug, wenn auf die vertragliche
Vereinbarung kein Vertragstyp auf Arbeitsleistung zutrifft (subsidiäre Vertragsform).
Gemäss OR 394 III ist ein Entgelt (Honorar) nur geschuldet, wenn es verabredet oder
üblich ist.
2. Grundlegendes zum Einzelarbeitsvertrag
Verschiedene Vorschriften regeln das Arbeitsverhältnis. Dabei sind nicht bloss die
Bestimmungen des OR massgebend:
2.1 Gesetzliche Bestimmungen
Zahlreiche Bundesgesetze und Verordnungen regeln neben dem OR den Arbeitsvertrag. Ich gehe hier nur auf ein paar zentrale Rechtsquellen ein:
Das Arbeitsgesetz (ArG)2 regelt als Bundesgesetz die Arbeit in Industrie, Gewerbe
ArG gilt nicht für Angestellte
und Handel. Es enthält zwingende Vorschriften in Bezug auf Unfall- und Gesund-
der öffentlichen Verwaltung,
für höhere Angestellte usw.
heitsvorsorge, wöchentliche Höchstarbeitszeiten sowie Ruhezeit usw. Es gilt
2
3
https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19640049/index.html
https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19920153/index.html
Seite
Missbrauch verhindern.
2
Das Datenschutzgesetz (DSG)3 regelt die Nutzung von Personendaten und soll deren
Das Gleichstellungsgesetz (GIG)4 soll die Gleichstellung von Mann und Frau im Arbeitsalltag erwirken.
2.2 Vertragliche Vereinbarungen

Der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) wird in der Regel zwischen dem Arbeitgeberver-
GAV
band einer bestimmten Branche und der Arbeitnehmerorganisation (Gewerkschaft)
macht mit Gewerkschaften
vereinbart. Zentrale Probleme wie Höchstarbeitszeit, Mindestlöhne, Teuerungsaus-
Branchenverband
Rahmenbedingungen für Arbeitsverträge ab.
gleiche, Ferien, Kündigungsfristen usw. werden darin geregelt.
Der Normalarbeitsvertrag (NAV) ist ein staatlicher Erlass, mit dessen Hilfe Mindest-
NAV  Ist ein staatlicher Er-
anforderungen zum Schutz von einzelnen Berufsgruppen (Hausangestellte, Land-
lass
wirtschaft, Pflegeberufe usw.) verbindlich erklärt werden können.
Der Einzelarbeitsvertrag (EAV) regelt den Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitgeber
und einem Arbeitnehmer.
2.3 Firmeninterne Reglemente
Firmeneigene Reglemente (Bsp.: Arbeitszeiten, Sicherheitsanweisungen, Verhaltens-
Firmeninterne
weisen bei Krankheit usw.) sind generelle Anordnungen, die für alle Mitarbeiter gel-
gelten nur, wenn sie Bestand-
ten. Da ihr Rechtsgrund im Arbeitsvertrag liegt, sind sie auch nur dann verbindlich,
Reglemente
teil des Arbeitsvertrages sind.
wenn sie schriftlich vereinbart worden sind. Erhebt der Arbeitgeber Anspruch auf
Gültigkeit der Personalreglemente, müssen diese also einen integrierten Bestandteil
des Vertrages bilden.
Hierarchie der Normen5
Verfassung
OR, ArG, GlG, DSG
Verordnungen
GAV
EAV
Reglemente
4
5
https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19950082/
Geiser (2015), S. 1.
Seite
3
Weisungen
3. Entstehung des Einzelarbeitsvertrages
3.1 Vertragsverhandlungen
Eine Rechtsbeziehung entsteht bereits im Zuge der Vertragsverhandlungen (Bewerbung, Bewerbungsgespräch…).
Die Entscheidung zum Abschluss eines Arbeitsvertrages hängen von den Bewer-
Persönlichkeitsschutz  OR
bungsunterlagen und von mündlichen Angaben im Bewerbungsgespräch ab. Ge-
328b
rade im Bewerbungsgespräch gibt es Schranken. Der Arbeitgeber darf nur Fragen
stellen, die einen unmittelbaren Bezug zur Arbeitsstelle aufweisen (OR 328b). Alles
andere stellen unzulässige Persönlichkeitsverletzungen dar. Die Zulässigkeit der gestellten Fragen hängt der spezifischen Arbeitsstelle ab. So ist die Frage nach der Religions- und Parteizugehörigkeit nicht zulässig. Die Frage nach bestehenden Schwangerschaften kann gemäss Art. 3 GlG (Gleichstellungsgesetz)6 problematisch werden
(in der Lehre umstritten)7.
Wie hat sich die Arbeitnehmerin zu verhalten? Folgende grundlegenden Regeln gelten:

Gibt sie von sich aus freiwillig Informationen preis, dann dürfen diese weder
unwahr noch irreführend sein. Ansonsten liegt eine absichtliche Täuschung
vor, was eine fristlose Kündigung nach sich ziehen kann. Zum Beispiel hat
die Bewerberin eine bestehende Schwangerschaft preis zu geben, sofern die
Tätigkeit dadurch verunmöglicht wird (Tänzerin).

Heikel ist es nun mit der Beantwortung von unzulässigen Fragen. Grundsätzlich hat die Bewerberin kein Recht darauf, zu lügen. Im Falle einer unzulässigen Frage spricht man vom „Notwehrrecht der Lüge“. Im Prinzip verwirkt
der Arbeitgeber mit seinen unzulässigen Fragen sein Recht auf fristlose Kündigung aufgrund unwahrer Antworten seitens der Arbeitgenehmerin. Da es
sich hier um eine Interessenabwägung handelt, muss von Fall zu Fall entschieden werden.
3.2 Auskünfte von Dritten
Will der zukünftige Arbeitgeber mehr Informationen erhalten, darf er nicht ohne
Keine Auskünfte Dritter ohne
Einwilligung der zukünfigen Arbeitnehmerin den bisherigen Arbeitgeber anfragen.
Einwilligung des Arbeitneh-
Das gilt auch und insbesondere, wenn die Arbeitnehmerin die alte Stelle noch nicht
gekündigt hat.
6
Seite
4
Art. 3 Diskriminierungsverbot
1 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt
noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf
die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft.
7 Geiser (2015), S. 87.
mers
3.3 Bewerbungsunterlagen
Die Bewerbungsunterlagen sind Eigentum des Bewerbers. Entsprechend hat der Ar-
Bewerbungsunterlagen
beitgeber die Bewerbungsunterlagen (Ausnahme Bewerbungsschreiben) sorgfältig
bleiben im Eigentum des Be-
aufzubewahren und nach Beendigung des Bewerbungsverfahren wieder auszuhän-
ver-
werbers
digen.
4. Abschluss des Arbeitsvertrages
Gemäss OR 319 charakterisiert sich der Einzelarbeitsvertrag durch vier Merkmale:
1. Arbeitsleistung
2. Im Dienst des Arbeitgebers
3. Für bestimmte oder unbestimmte Zeit
Arbeitgeber
4. Lohn
Arbeitnehmerin
Laut OR 319 II fällt auch eine Teilzeitstelle unter die Normen des Einzelarbeitsvertra-
Teilzeitstelle fällt auch unter
ges. Die Arbeitnehmerin darf als Teilzeitangestellte auch einer zweiten Arbeit nach-
OR 319
gehen. Dabei darf es allerdings weder zu einer Konkurrenzierung eines Arbeitgebers
noch zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit führen.
4.1 Formvorschriften
Der Einzelarbeitsvertrag bedarf gemäss OR 320 I keiner besonderen Form. Mündli-
Formvorschrift gemäss OR
che Vereinbarung oder gar konkludentes Verhalten genügen.
320 I
Er kann also auch entstehen, ohne dass die beiden Vertragspartner davon wussten.
OR 320 II  Vermutung des
Nimmt beispielsweise der Ladenbesitzer Rudolf Meier die regelmässige Putzarbeit im
stillschweigenden
Ladenlokal von Sandro Altdorf an und kann man davon ausgehen, dass er damit
seinen Lebensunterhalt verdienen will, dann entsteht nach OR 320 II ein Arbeitsvertrag.
Allerdings verlangen vereinbarte Abweichungen von gesetzlichen Bestimmungen die
schriftliche Form:
-
So muss ein Konkurrenzverbot des Mitarbeiters nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in schriftlicher Form vereinbart werden (OR 340).
Weicht eine Vereinbarung bezüglich Überstundenvergütung von der gesetz-
5
lichen Bestimmungn ab, so muss diese ebenfalls schriftlich sein (OR 321c III)
Seite
-
schlusses
Vertrags-
Mündliche Arbeitsverträge sind zwar gültig, bergen aber die Gefahr von Missver-
Informationspflicht des Ar-
ständnissen. Damit Rechtssicherheit herrscht, gibt es seit dem 1. April 2006 den Ar-
beitgebers gemäss OR 330b
tikel 330b OR. Dieser verlangt, dass der Arbeitgeber bei unbefristeten oder länger
dauerenden Arbeitsverträgen den Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach Arbeitsbeginn schriftlich über die Abmachungen des Arbeitsvertrages informiert. Darin
enthalten sind:
-
Lit a: Name der Vertragsparteien
-
Lit b: Beginn des Arbeitsverhältnisses
-
Lit c: Funktions des Arbeitnehmers
-
Lit d: Lohn und Lohnzuschläge
-
Lit e: wöchentliche Arbeitszeit
ACHTUNG!
Es handelt sich hier nur um eine Informationspflicht. Der Vertrag entsteht auch ohne diese Schriftlichkeit.
Kommt der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, muss er sich den
Vorwurf der Verletzung der Fürsorgepflicht gefallen lassen. Auch
kann er im Streitfall in Beweisnot geraten.
4.2 Probezeit
Der Arbeitsvertag kann auf befristete oder unbefristete Zeit abgeschlossen werden.
Unbefristeter Arbeitsvertrag: Ohne spezielle Vereinbarung gilt gemäss OR 335b I
OR 335b I  gesetzliche Ver-
der erste Monat der Anstellung als Probezeit. Schrift-
mutung einer Probezeit von
lich lässt sich die Probezeit auf maximal drei Monate
einem Monat. Bis max. auf
3 Monate verlängerbar.
verlängern (OR 335b II).
Eine vereinbarte viermonatige Probezeit ist entsprechend nichtig.
Befristeter Arbeitsvertrag:
Bei einem befristeten Arbeitsvertag muss die Probezeit ausdrücklich vereinbart werden.
Laut OR 335b III verlängert sich eine laufende Probezeit aufgrund von Krankheit,
OR 335b III  Verlängerung
Unfall oder Übernahme einer gesetzlichen Pflicht. Diese Aufzählung des Gesetzes ist
der
abschliessend, weshalb z.B. eine Schwangerschaft die Probezeit nicht zu verlängern
vermag.
Nicht umsonst steht dieser Artikel in der gesetzlichen Systematik unter „G. Beendigung des Arbeitsverhältnisses“, gelten doch für die Probezeit kürzere Kündigungs-
Seite
6
fristen. Zu dem kommen wir weiter unten.
Probezeit
aufgrund
Krankheit, Unfall, gesetzliche
Pflicht
5. Pflichten des Arbeitnehmers
Gemäss Thomas Geiser und Roland Müller8 lassen sich die Pflichten des Arbeitsnehmers folgendermassen einteilen:
Pflichten des Arbeitnehmers
Arbeitspflicht
Sorgfaltspflicht
Treuepflicht
5.1 Arbeitspflicht
Gemäss OR 321 ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die vereinbarte Arbeitsleistung
persönlich zu erbringen.
a. Inhalt der Arbeitspflicht
Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeit zu leisten. Im
Einzelarbeitsvertrag wird meist die Arbeit mit einem Oberbegriff bezeichnet: Hauswart, Marketingleiter usw. Die Arbeitspflicht umfasst alle Arbeiten und Tätigkeiten,
die überlicherweise in diesem Beruf oder in dieser Branche auszuführen sind.
Mittels Pflichtenheften kann der Arbeitgeber die Arbeitspflicht konkretisieren. Die
Pflichtenheft  Konkretisie-
Rechtsgrundlage solcher Pflichtenhefte bildet der Arbeitsvertrag. Geltung erlangen
rung der Arbeitspflicht. Müs-
sie entsprechend nur, wenn sie sie Bestandteil des Arbeitsvertrags werden. Weitere
Konkretisierung erreicht der Arbeitgeber durch sein Weisungsrecht (OR 321d). Er
kann dem Arbeitnehmer genau vorschreiben, wie er zu arbeiten hat.
b. Arbeitszeit
Bestimmt wird die Arbeitszeit durch Vereinbarungen im Gesamtarbeitsvertrag oder
im Einzelarbeitsvertrag. Einschränkungen sind durch zwingende Normen des Ar-
8
Geiser (2015), S. 120.
Seite
Wöchentliche Höchstarbeitszeit
1 Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt:
a. 45 Stunden für Arbeitnehmer in industriellen Betrieben sowie für Büropersonal,
technische und andere Angestellte, mit Einschluss des Verkaufspersonals in
Grossbetrieben des Detailhandels;
b. 50 Stunden für alle übrigen Arbeitnehmer.
7
beitsgesetzes gegeben. Art. 9 ArG hält fest:
sen Bestandteil des Arbeitsvertrages sein.
__________________________
Interessanterweise definiert weder das OR noch das Arbeitsgesetz den Begriff „Arbeitszeit“. Eine Definition findet sich in der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz. Gemäss Art 13. Abs. 1 ArGV 1 ist mit „Arbeitszeit“ jene Zeit gemeint, in der sich der
Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen hat. Arbeitszeit
ist also grundsätzlich nicht mit Präsenzzeit gleichzusetzen. Gemäss dem besagten
Artikel gilt der Arbeitsweg grundsätzlich nicht als Arbeitszeit.
__________________________
Gemäss OR 321c I ist der Arbeitnehmer verpflichtet, Überstunden zu leisten, soweit
Verpflichtung
diese notwendig und zumutbar (gesundheitliche und familiäre Situation des Arbeits-
zu leisten
Überstunden
nehmers) sind. Notwendig ist Überstundenarbeit nur, sofern diese nicht durch Hilfskräfte oder besserer Organisation hätte vermieden werden können. Im Übrigen ist
der Arbeitnehmer dazu angehalten, selbstständig ohne Anordnung der Vorgesetzten Überstunden zu leisten, sofern er die Notwendigkeit erkennt. Die Beweislast für
Überstunden liegt beim Arbeitnehmer.
Überstunden bilden jene Zeit, die über die im Arbeitsvertrag (oder GAV oder NAV)
Definition von Überstunden
vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht. Entsprechend können auch Teilzeitangestellte
Überstunden leisten. Ist eine Sekretärin für 20 Stunden pro Woche angestellt, leistet
sie ab dieser vereinbarten Arbeitszeit Überstunden. Die Genauigkeit hängt ab von
der Arbeitszeiterfassung.
Mit Einverständnis des Arbeitgebers können gemäss OR 321c II die Überstunden mit
Entschädigungsanspruch als
Ferien gleicher Dauer kompensiert werden. Sofern nicht anders vereinbart, schuldet
dispositive Norm
der Arbeitgeber gemäss OR 321c III für Überstunden einen Lohnzuschlag von 25%.
Der Arbeitgeber kann allerdings die Norm auch schriftlich wegbedingen und eine
Pauschalentgeltung im Lohn integrieren.
Überstunden sind nicht das gleiche wie die Überzeit. Während das OR Überstunden
Überzeit und ihre Entschädi-
regelt und ihre Entschädigung dispositiver Natur ist, finden sich die Regeln der Über-
gung als zwingende Norm im
zeit im Arbeitsgesetz. Überzeit beginnt für Büroangestellte sowie für Arbeitnehmer
in industriellen Betrieben gemäss Art. 9 ArG ab 45 Wochenstunden. Die Entschädigung von Überzeit beträgt zwingend 25% Lohnzuschlag (Art. 13 Abs 2. ArG). Für
Büroangestellte allerdings schuldet der Arbeitgeber den zwingenden Lohnzuschlag
erst ab der 60 Stunde Überzeit im Kalenderjahr (Art 13 Abs. 1 ArG).
In keinem Fall können Entschädigungen für Überstunden und Überzeit kumuliert
8
werden, d.h. der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf die 25% Lohnzuschlag be-
50% Lohnzuschlag).
Seite
züglich Überstunden in Addition zum 25% Lohnzuschlag aufgrund der Überzeit (=
Arbeitsgesetz
Quelle: Geiser, Thomas; Müller, Roland: Arbeitsrecht in der Schweiz. Bern 32015. Seite 126
5.2 Arbeitnehmer hat Weisungen des Arbeitgebers zu befolgen
Gemäss OR 321d kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Weisungen zur Ausfüh-
Weisungen sind innerhalb der
rung der Arbeit geben. Der Arbeitnehmer hat sich nach „Treu und Glauben“ (OR
Grenzen des Persönlichkeits-
231d II) daran zu halten, wodurch gekennzeichnet wird, dass die Weisungsbefugnis
rechtes Folge zu leisten
Grenzen hat. Die Grenzen des Weisungsrechts finden sich in den Persönlichkeitsrechten des Arbeitnehmers, konkretisiert in der Fürsogepflicht des Arbeitgebers (OR
328).
Zulässige Weisung:
Hat die Arbeitnehmerin in der Nahrungsmittelproduktion aus
Hygienegründen ein Haarnetz zu tragen, so bezieht sich die
Weisung unmittelbar auf eine betriebliche Notwendigkeit.
Unzulässige Weisung: Der Arbeitnehmerin im Büro aus Antipathie gegenüber dem
Islam das Kopftuch zu verbieten, bezieht sich nicht auf einen
unmittelbare betriebliche Notwendigkeit.
5.3 Sorgfaltsfpflicht
Anders als im Werkvertrag schuldet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nicht den
Erfolg, wohl aber sorgfältig ausgeführte Arbeit (OR 321a). Zu den zur Verfügung
gestellen Arbeitsutensilien hat Sorge zu tragen. Für den Schaden, den er dem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig zufügt, hat er gemäss OR 321e Schadenersatz
zu leisten. Es handelt sich hierbei um eine Verschuldenshaftung, d.h. der Arbeitgeber
muss das Verschulden des Arbeitnehmers beweisen. Das Mass der Sorgfalt bemisst
sich an den Fachkenntnissen und dem Bildungsgrad des Arbeitnehmers sowie am
Berufsrisiko. So wird eine Kellnerin, der in der Eile ein Glas zu Boden fällt, nicht Scha-
Seite
9
denersatzpflichtig.
OR 321e = Verschuldenshaftung
5.4 Treuepflicht
a. Verbot der Schwarzarbeit (OR 321a III)9
Grundsätzlich ist es Arbeitnehmern nicht verboten, ausserhalb der Arbeitszeit entgeltliche oder unentgeltliche Arbeit zu leisten. Die Treuepflicht wird allerdings verletzt wenn:
Verbot der
Nebenbeschäftigung
Verbot im
Arbeitsvertrag (oder
GAV) vereinbart
Haupt- und
Nebenbeschäftigung
überschreiten die
Höchstarbeitszeit
Nebenbeschäftigung
verletzt berechtigte
Interessen des
Arbeitgebers
Schwarzarbeit ist dann gegeben, wenn der Arbeitgeber durch die Nebenbeschäftigung direkt konkurrenziert wird (OR 321a III). Gründet der Arbeitnehmer z.B. eine
eigene Firma, die dieselbe (oder ähnliche) Dienstleistung in demselben Ort im denselben Kundenkreis anbietet wie der Arbeitgeber, dann handelt es sich um eine treuwidrige Nebenbeschäftigung.
Beispiel:
Der Coiffeur Max arbeitet von Montag bis Freitag im Coiffeursalon
„Schneiderlein“ und schneidet am Wochenende daheim auf eigene
Rechnung den Kunden im gleichen Dorf die Haare.
Ein Verstoss gegen die Treupflicht liegt auch vor, wenn die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers derart unter der Nebenbeschäftigung leidet, so dass er seiner Arbeitspflicht gegenüber dem Arbeitgeber nicht mehr vollumfänglich nachkommen kann.
Beispiel:
Der Treuhänder arbeitet am Abend in einer Bar.
b. Geheimhaltungspflicht (OR 321a IV)
Die Geheimhaltungspflicht umfasst nicht bloss Fabrikations- und Geschäftsgeheim-
10
nisse, sondern alles, was der Arbeitgeber geheim halten will. Diese Geheimhaltungs-
9
Seite
pflicht gilt während des Arbeitsverhältnisses und in abgeschwächter Form auch nach
Nicht zu verwechseln mit der Schwarzarbeit gemäss BGSA (Bundesgesetz gegen die
Schwarzarbeit)
Beendigung desselben. Der Arbeitnehmer darf also keine Geheimnisse selber verwerten oder an Dritte weitergeben.
Die Grenzen der Geheimhaltungspflicht finden sich im berechtigten Interesse des
Arbeitnehmers, seine erworbenen Fähigkeiten in einer neuen Stelle anwenden zu
können.
c. Rechenschaft- und Herausgabepflicht (OR 321b)
Der Arbeitnehmer hat die Pflicht, den Arbeitgeber über alles, was seine vertragliche
Tätigkeit betrifft Rechenschaft zu leisten. Insbesondere hat er seine Arbeitserzeugnisse sowie alles, was er von Dritten erhalten hat, herausrücken.
Gemäss OR 332 I gehören auch Erfindungen und Designs, die der Arbeitnehmer in
Ausübung seiner vertraglich vereinbarten Tätigkeit hervorgebracht hat, dem Arbeit-
Seite
11
geber.
6. Pflichten des Arbeitgebers
Pflichten des Arbeitgebers
Lohnzahlungspflicht
Fürsorgepflicht
Schutz der
Persönlichkeit des
Arbeitnehmers
Gewährung von
Freizeit und Ferien
Mutterschaftsurlaub
Arbeitszeugnis
6.1 Die Lohnzahlung
Gemäss OR 319 I hat der Arbeitnehmer Arbeit zu leisten, während der Arbeitgeber
Lohn in gesetzlicher Währung
den dafür vereinbarten Lohn zu zahlen hat (OR 322). Der Arbeitgeber hat dem Ar-
in der Regel am Ende jeden
beitnehmer den Geldlohn in gesetzlicher Währung (OR 323b I) in der Regel am Ende
Monats
eines Monats (OR 323 I) mitsamt einer Lohnabrechnung (OR 323b I) zu entrichtet.
Lebt der Arbeitnehmer im Haushalt des Arbeitgebers, können gemäss OR 322 II auch
Naturallohn
Naturalien einen Lohnbestandteil bilden.
Ist der Arbeitnehmer knapp bei Kasse, kann er einen Lohnverschuss verlangen (OR
323 IV).
Es gibt verschiedene Lohnkomponenten:
Zeitlohn
Bemisst sich nach der Zeit, die der Arbeitnehmer dem Arbeit
geber zur Verfügung stellt.
Akkordlohn
Ist ein Leistungslohn und bemisst sich z.B. auf Grund der zu
fertigenden Stücke. (OR 326 – 326a)
Provision
Wird ausbezahlt bei erfolgreichem Abschluss eines Geschäftes (OR 322b I). Fällt das Geschäft nachträglich aufgrund z.B.
Erfolgsbeteiligung
Anteil am Geschäftsergebnis des Unternehmens oder der
Abteilung (OR 322a)
Seite
der Arbeitnehmer die Provision zurückgeben. (OR 322b III)
12
der Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners dahin, muss
Lohnvorschuss OR 323 IV
Gratifikation
Freiwillige Zuwendung des Arbeitgebers für gute Arbeit.
Der 13. Monatslohn ist keine Gratifikation. Der Arbeitgeber
zahlt den ohne besonderen Grund aus, so dass es sich um
einen Lohnbestandteil handelt
ACHTUNG!
Spesen sind kein Lohn! OR 327a schreibt relativ zwingend vor, dass
Spesen OR 237a
der Arbeitgeber sämtliche Auslagen zu übernehmen hat, welche im
direkten Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit anfallen. So hat der
Arbeitnehmer z.B. Telefongebühren, Briefporto aber auch Fahrkosten zu auswärtigen Arbeitsorten nicht selber zu tragen.
Gemäss OR 237a II darf der der Arbeitgeber eine Pauschalabgeltgung
tätigen, welche aber die gesamten Auslagen decken muss.
Eine Vereinbarung, wonach der Arbeitnehmer diese Auslagen selber
tragen muss, ist nichtig!
Gemäss OR 327 muss der Arbeitnehmer Gerätschaften, die er zur Ausübung der
Bereitstellung der notwendi-
Arbeit zu verwenden hat, nicht selber bezahlen. Stellt der Arbeitnehmer die Gerät-
gen Arbeitsgeräte
schaften selber zur Verfügung, dann hat der Arbeitgeber eine entsprechende Entschädigung zu zahlen.
6.2 Annahmeverzug des Arbeitgebers
Im Grundsatz gilt: Arbeit gegen Lohn! Was geschieht jedoch, wenn der Arbeitgeber
die angebotene Arbeit des Arbeitnehmers nicht annehmen will oder annehmen
kann?
Bei Annahmeverzug des Arbeitgebers, bleibt der Lohnanspruch des Arbeitnehmers
bestehen, ohne dass dieser die Arbeitsleistung später nachholen müsste (OR 324).
Die Beweislast liegt jedoch beim Arbeitnehmer. Er hat den Annahmeverzug des Arbeitgebers zu beweisen, in dem er z.B. erfolglos seine Arbeit angeboten hat.
beim Arbeitgeber und kann nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden, der laut
Arbeitsvertrag nur Arbeitsleistung schuldet.
Beispiele:

Die nötigen Rohstoffe fehlen.

Betriebsstörung verursacht durch Blitzeinschlag oder einer Computerpanne
Seite
13
Der Arbeitgeber verweigert die Annahme der vertragsgemäss angebotenen
Leistung, weil er ihm keine Arbeit zuweisen kann.
gebers  Lohnfortzahlungspflicht
Beweislast liegt bei Arbeitnehmer
Der Arbeitgeber muss am Annahmeverzug nicht Schuld sein. Das Betriebsrisiko liegt

Annahmeverzug des Arbeit-
6.3 Verhinderung des Arbeitnehmers
Ist der Arbeitnehmer krank, verunfallt, (Arbeitnehmerin) Schwanger, hat er Militär-
Verhinderung liegt in der Per-
dienst zu leisten oder ein öffentliches Amt zu bekleiden, dann handelt es sich um
son des Arbeitnehmers
eine persönliche Verhinderung (OR 324a). Der Arbeitgeber hat eine zeitlich beschränkte Lohnfortzahlungspflicht.
ACHTUNG!
Ist der Flugverkehr aufgrund eines Vulkanausbruches unterbrochen
oder steckt der Arbeitnehmer im Stau und kann deswegen am Montag nicht anfangen zu arbeiten, dann liegt die Verhinderung nicht in
der Person des Arbeitnehmers. Dieses Risiko hat er selber zu tragen.
Der Arbeitgeber hat keine Lohnfortzahlungspflicht.
Zusätzlich gelten für obligatorisch versicherte Unfälle die Regeln des Unfallversiche-
Unfall durch obligatorische
rungsgesetzes (UVG) und bei Mutterschaft die Bestimmungen zur Mutterschaftsent-
Unfallversicherung gedeckt
schädigung.
Nach OR 324b ersetzen diese gesetzlich vorgeschrieben Leistungen die Lohnfortzah-
Bei
Arbeitsverhinderungen,
lungspflicht des Arbeitgebenden, soweit der Arbeitnehmende mindestens 80% des
die durch obligatorische Versicherungen gedeckt sind,
Lohnes erhält.
kommt OR 324b zum Zug
Unfallversicherung:

Taggeld beträgt 80% des versicherten Lohnes.

Dauer: Bis der Arbeitnehmer wieder arbeiten kann oder bis dauernde Arbeitsunfähigkeit feststeht und die Invaliditätsleistungen ausbezahlt werden.
Mutterschaftsentschädigung funktioniert ähnlich wie das Unfalltaggeld. Der An-
Mutterschaftsentschädigung
spruch beginnt ab dem Tag der Geburt und dauert max. 14 Wochen.

Taggeld beträgt 80% des versicherten Lohnes

Dauer: max. 14 Wochen
Siehe hierzu auch OR 329f Mutterschaftsurlaub
Bei krankheitsbedingten Absenzen kommt OR 324a zum Zug. Die gesetzliche Dauer
der Lohnfortzahlungspflicht ist aber sehr knapp bemessen. Deshalb schliessen heute
viele Arbeitgeber für ihre Mitarbeitenden eine Krankentaggeldversicherung ab, welche zwar nicht den vollen Lohn (z.B. 80%) aber unabhängig der Dienstjahre und für
Seite
14
eine längere Dauer versichern.
Krankentaggeldversicherung
Lohnvorzahlungspflicht
gemäss OR 324a
Voraussetzungen
Liegt in einer
persönlichen
Verhinderung
- Krankheit
- Unfall
- Schwangerschaft
- Gesetzliche Pflichten
wie Militärdienst
- Familienereignisse wie
Geburt, Heirat, schwere
Krankheit oder Tod
eines nahen
Verwandten
Kein grobes
Selbstverschulden
Minimale Dauer des
Arbeitsverhältnisses
Leichte und mittlere
Fahrlässigkeit -->
innerhalb des Rahmens
von OR 324a
Befristetes
Arbeitsverhältnis:
Grobfahrlässigkeit: Max
fährt mit Sommerpneu
im Hochwinter durch
das Dorf und macht
einen Unfall. -->
Lohnfortzahlung kann
verweigert werden.
muss mehr als 3 Monate
dauern, ansonsten keine
Lohnfortzahlungspflicht.
Unbefristetes
Arbeitsverhältnis:
Erst nach 3 Monaten
Dienstzeit greift OR 324a.
Erst ab 3 Monaten ist
also der Arbeitgeber zur
Lohnfortzahlung
verpflichtet.
Dauer der Lohnfortzahlungspflicht:
Da der Artikel OR 324a nicht viel hergibt, haben die Gerichte Skalen kreiert. Die
Lohnfortzahlung
3 Wochen
1 Monat
2 Monate
3 Monate
4 Monate
5 Monate
6 Monate
7 Monate
8 Monate
9 Monate
Quelle: https://www.mobi.ch/de/unternehmen/lohnfortzahlungsfristen.html
Seite
Dienstjahr
im 1. Dienstjahr
im 2. Dienstjahr
im 3. und 4. Dienstjahr
im 5. bis 9. Dienstjahr
ab 10. Dienstjahr
ab 15. Dienstjahr
ab 20. Dienstjahr
ab 25. Dienstjahr
ab 30. Dienstjahr
ab 35. Dienstjahr
15
wichtigste ist die Berner Skala.
ACHTUNG!
Der Anspruch auf Lohnfortzahlung beginnt mit jedem Dienstjahr neu.
6.4 Persönlichkeitsschutz (OR 328)
Persönlichkeitsschutz
Allgemeiner Schutz
- Schutz der
Persönlichkeit und
beruflicher Ehre
Gesundheit
- Schutz von Leben
und Gesundheit
Sittlichkeit
- Gleichstellung von
Mann und Frau
- Schutz vor sexueller
Belästigung
- Wahrung der
Geheim- und
Privatsphäre
- Datenschutz
-Schutz vor Mobbing
6.5 Freizeit
Freizeit
Normale Freizeit
Ausserordentliche Freizeit
OR 329 I und II
OR 329 III
Wichtige persönliche
Angelegenheiten erledigen:
- Behördengang
- Wohnungswechsel
- Beerdigung
16
- Arztbesuch
Seite
Minimum ein Tag pro Woche (in
der Regel der Sonntag)
6.6 Ferien
Ferien
Laut OR 329a hat der Arbeitnehmer Anspruch:

Bis zum vollendeten 20. Lebensjahr Anspruch auf 5 Wochen bezahlte Ferien
pro Jahr

Ab dem vollendeten 20. Lebensjahr Anspruch auf 4 Wochen bezahlte Ferien
pro Jahr
Unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers bestimmt der Arbeitgeber
Ferienbezug
den Zeitpunkt der Ferien (OR 329c II). Die Ferien müssen im Verlauf des Dienstjahres
bezogen werden (OR 329c I).
Die Ferien haben mindestens 2 Wochen am Stück zu dauern (329c I).
Zusammhang der Ferien
Abgeltung der Ferien durch Geldzahlungen ist grundsätzlich verboten (OR 329d II),
Verbot der Abgeltung der Fe-
da Ferien zur Erholung dienen.
rien durch Geldzahlung
Zwei Ausnahmen:

Unregelmässige Teilzeitarbeit

Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn Ferien noch nicht bezogen worden sind.
6.7 Arbeitszeugnis
Eine besondere Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist das Erstellen eines Zwischenzeugnis (im Arbeitsverhältnis) oder eines Arbeitszeugnis (bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses).
Das Arbeitszeugnis hat vollständig, genau, wahr und wohlwollend zu sein. Es darf
negative Qualifikationen beinhalten, sofern sie wahr und nicht nebensächlich für die
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Beurteilung des Arbeitnehmers sind.
7. Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Beendigung des
Arbeitsverhältnisses
Zeitablauf
OR 334: nach Ablauf
des befristeten
Vertrages
Tod des Arbeitnehmers
Aufhebungsvertrag
OR 338: Hinterlässt der
Arbeitnehmer Ehegatten
und Kinder hat der
Arbeitgeber den Lohn für
einen weiteren Monat
(ab dem 5 Dienstjahr 2
Monate) auszuzahlen
OR 115: Wenn beide
Vertragsparteien es
wollen, lässt sich
auch ein
Arbeitsvertrag
jederzeit aufheben.
Kündigung
Einseitige Auflösung
des Arbeitsvertages
7.1 Ordentliche Kündigung
a. Befristete Arbeitsverhältnisse (OR 334)
Befristete Arbeitsverträge enden mit dem vereinbarten Datum, können aber stillschweigend fortgeführt werden. Es braucht also keine Kündigung, um das Arbeitsverhältnis zu beenden. Es darf aber auch nicht einfach ordentlich gekündigt werden.
Ordentlich ist ein befristetes Arbeitsverhältnis erst nach zehn Jahren kündbar.
b. Unbefristete Arbeitsverhältnisse
Die Ordentliche Kündigung bedarf wie der Arbeitsvertag keiner besonderen Form,
sollte aber aus Beweisgründen schriftlich (und eingeschrieben) erfolgen. Der Beweis
der fristgerechten Kündigung obliegt demjenigen der kündet. Der Arbeitgeber muss
die ordentliche Kündigung nur begründen, wenn dies der gekündigte Arbeitnehmer
wünscht (OR 335 II).
c. Gleich lange Fristen der ordentlichen Kündigung (OR 335a)
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für den Arbeitgeber gleich lang vereinbart werden müssen.
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OR 335a verlangt, dass die Kündigungsfristen sowohl für den Arbeitnehmer als auch
d. Kündigung während der Probezeit (OR 335b)
Während der Probezeit darf jederzeit mit einer Kündigungsfrist von 7 Tagen gekündigt werden.
e. Nach Ablauf der Probezeit (OR 335c)
Dienstjahr
Kündigungsfrist
1
1 Monat
2–9
2 Monate
Ab dem 9
3 Monate
Gekündigt wird immer auf das Ende eines Monats.
ACHTUNG! Die Kündigung ist eine emfangsbedürftige Willenserklärung!!
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Beispiel:
7.2 Schutz vor missbräuchlicher Kündigung
Der Grundsatz der Kündiungsfreiheit wird durch die Bestimmung der missbräuchlichen Kündigung eingeschränkt. Missbräuchlich ist eine Kündigung, wenn sie aus
einem ungerechtfertigten weil verwerflichen Grund ausgesprochen worden ist. OR
336 nennt die Gründe. Aber Achtung! Die Beweislast liegt bei der gekündigten Par-
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tei, also in der Regel beim Arbeitnehmer.
Beispiele missbräuchlicher Kündigung:

Der Arbeitgeber kündigt seinem Mitarbeiter, weil dieser Militärdienst leisten
muss.

Der Arbeitnehmerin wird gekündigt, weil sie als Muslimin ihr Kopftuch tragen will.

Dem Arbeitnehmer wird gekündigt, weil er in der SVP tätig ist und dies dem
SP-nahen Arbeitgeber nicht passt.
ACHTUNG!
Eine missbräuchliche Kündigung ist gültig! Das Arbeitsverhältnis ist
Gültigkeit der missbräuchli-
damit beendet (OR 336a). Der Arbeitgeber hat allerdings mit Scha-
chen Kündigung
denersatzforderungen zu rechnen.
Was kann der Arbeitnehmer tun?
Er kann gerichtlich eine Entschädigung geltend machen, die vom Richter unter Wür-
Entschädigung gemäss OR
digung aller Umstände festgelegt wird. Maximal 6 Monatslöhne kann die Entschä-
336a II
digung betragen (OR 336a II).
Der Arbeitnehmer hat sich aber zwingend an die Fristen von OR 336b zu halten,
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ansonsten seine Forderungen verwirkt sind.
Zwingende Fristen
7.2 Kündigung zur Unzeit
Nach Ablauf der Probezeit ist die Kündigung zu gewissen Zeiten unzulässig. OR 336c
Nichtigkeit der Kündigung
zählt die Zeiten auf, zu welchen eine Kündigung des Arbeitgebers nichtig ist. Nich-
während der Sperrfrist
tigkeit bedeutet, dass die Kündigung keine Wirkung entfaltet. Will der Arbeitgeber
künden, muss er die Kündigung nach Ende der Sperrfrist nochmals aussprechen.
ACHTUNG!!! Die Sperrfristen sind nicht zu verwechseln mit den Lohn-
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fortzahlungsfristen von OR 324a!!!
Beispiel Krankheit:
Beispiel Schwangerschaft:
Was passiert, wenn die Sperrfrist in der Kündigungsfrist beginnt? Die Kündigung ist
Sperrfrist innerhalb der Kün-
gültig, da sie vor der Sperrfrist ausgesprochen worden ist. Die Kündigungsfrist wird
digungsfrist
allerdings unterbrochen und fährt nach Ende der Sperrfrist weiter (OR 336c II) . Gemäss OR 336c III endet das Arbeitsverhältnis in einem solchen Fall wiederum am
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Ende eines Monats.
7.3 Fristlose Kündigung (OR 337 – 337d)
Eine fristlose Kündigung kommt nur in Betracht, wenn die weitere Zusammenarbeit
für den Kündigenden unzumutbar ist. Das setzt naturgemäss einen groben Verstoss
des Vertragspartners voraus.
Hier gelten keine Sperrfristen.
Die Kündigung muss innert zwei bis drei Tagen ausgesprochen werden. Andernfalls
gilt die Vermutung, dass die Arbeit trotzdem zumutbar sei.

Straftaten (Tätlichkeiten, Diebstahl, Fälschungen)

Falsche Angaben bei der Anstellung. Wenn z.B. der Bewerber für eine Stelle
im Spital ein gefälschtes Medizin-Diplom vorwies.

Verraten von Geschäftsgeheimnissen

Wiederholtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz und dies trotz mehrfacher Mahnungen.

Arbeitsverweigerung und nicht Antreten der Stelle (OR 337d  Pauschalentschädigung an den Arbeitgeber von einem Viertel eines Monatslohnes)
Nichtzahlung des Lohnes trotz Mahnung.

Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (OR 337a)
Seite

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Von Seiten des Arbeitnehmers:
Rechtsfolge bei Gerechtfertigte fristlose Kündigung:
Das Arbeitsverhältnis endet sofort.
Rechtsfolge bei ungerechtfertigter fristloser Kündigung:
Das Arbeitsverhältnis ist gültig beendet.
Schadenersatz bei ungerecht-
Gemäss OR 337c kann der Gekündigte Schadenersatzansprüche per Klage geltend
fertigter fristloser Kündigung
machen:
1.
Finanziell soll er so gestellt werden, wie wenn ihm ordentlich gekündigt
worden wäre, d.h. der Lohn während der Kündigungsfrist (OR 337c I)
2.
Eine vom Richter bemessene Entschädigung bis max. 6 Monatslöhnen
(OR 337c III).
8. Konkurrenzverbot (OR 340 – 340c)
Formvorschrift
Ein Konkurrenzverbot bedarf zur Gültigkeit der schriftlichen Form.
Das Gesetz versucht, eine Interessenabwägung zwischen Arbeitgeber (Wissen und
Fähigkeiten wandern zur Konkurrenz) und Arbeitnehmer (wirtschaftliches Fortkommen) hinzukriegen.
Interessenabwägung
Deshalb ist das Konkurrenzverbot an gewisse Bedingungen geknüpft:

OR 340 II: Ein Konkurrenzverbot kann nur mit Mitarbeitern vereinbart werden, die Einblick in den Kundenkreis oder in Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse haben und durch die Verwendung dieser Erkenntnisse den Arbeitgeber erheblich schaden könnten.

OR 340a I: Ein Konkurrenzverbot muss örtlich, zeitlich und inhaltlich angemessen beschränkt sein, so dass der Arbeitnehmer in seinem Streben nach
wirtschaftlichem Erfolg nicht zu sehr behindert wird.
Konventionalstrafe:
Da der Arbeitgeber die Höhe eines allfälligen Schadens beweisen muss (OR 97), wird oft einfach eine Konventionalstrafe (OR 160) vereinbart.
OR 340c II:
Das Konkurrenzverbot fällt weg, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne begründeten Grund kündigt oder wenn die Kündigung
Geiser, Thomas; Müller, Roland: Arbeitsrecht in der Schweiz. Bern 32015.
(zitiert: Geiser (2015))
Seite
Literatur
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durch den Arbeitnehmer im Verhalten des Arbeitgebers liegt.
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