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ORIGINALARBEIT
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D. Brüllmann2, C. Kiesel1, B. Briseño Marroquin1, B. Willershausen1
Automatische Erkennung von
Wurzelkanaleingängen in Videosequenzen
trepanierter Zähne
Zur Abschätzung der Anwendungsmöglichkeiten der computergestützten Erkennung von Wurzelkanaleingängen bei trepanierten
Zähnen wurde eine Bilderkennungssoftware entwickelt und in einer
In-vitro-Studie mit 40 Zähnen (Inzisiven, Prämolaren und Molaren)
überprüft. Dabei wurde das Digital Stereo-Mikroskop Model DM143
(Motic Deutschland GmbH Wetzlar) eingesetzt, dessen Videokamera über USB 1.0 mit jedem Computer verbunden werden kann. Mit
Hilfe der Windows AVICap-API (Audio Video Interleave Capture Application Programming Interface) wurde in Delphi 7 (Borland, Langen) eine Software programmiert, in welcher auch Module zur Bilderkennung implementiert sind. Das entstandene Programm ist in
der Lage mit jeder angeschlossenen Videokamera zu kommunizieren und ist bei allen untersuchten Zähnen fähig, die Ostien der Wurzelkanäle automatisch zu detektieren. Bei einer Anzahl von insgesamt 2000 Bildern kam es nur in 6 Fällen zur falsch positiven Anzeige eines Wurzelkanaleinganges. Die vorliegende Studie soll die praktische Umsetzung computergestützter Verfahren zur automatischen
Erkennung von Wurzelkanaleingängen aufzeigen.
Schlüsselwörter: Computergestützte Zahnheilkunde, automatische Bilderkennung, Wurzelkanäle, Innovation, Endodontie
Automatic recognition of root canal orifices in video sequences of trepanated teeth. Image recognition software was
developed and tested in an in-vitro study to assess the possibilities of computer-aided recognition of root canal orifices in
trepanated teeth. A total of 40 teeth (incisors, premolars and
molars) were used. A Model DM143 digital stereo microscope
(Motic Germany GmbH, Wetzlar, Germany) was used as it includes a video camera which can be connected via USB1.1 to
any computer. Software was programmed, in which modules for
pattern recognition were implemented by means of the Windows AVICap API (Audio Video Interleave Capture Application
Programming Interface) and Delphi 7 (Borland, Langen, Germany). The program developed is capable of communicating
with any video camera connected to it and can automatically detect the root canal orifices in almost all teeth. From a total of
2000 images, only 6 cases resulted in false positive detection of
a root canal orifice. The objective of this study is to demonstrate
practical application of computer-aided techniques for detecting
root canal orifices automatically.
Keywords: computer-aided dentistry, automatic image detection, root canals, innovation, endodontics
1 Einleitung
1 Introduction
Die Nutzung von Intraoralkameras sowie die Anwendung von
Mikroskopen, [3] im Rahmen der Endodontie zählen in zunehmendem Maße zu Standardverfahren in der Zahnmedizin. Durch die Anwendung von Intraoralkameras können einerseits die Behandlungsintentionen des Arztes für den Patienten besser ersichtlich und folglich nachvollziehbar werden,
andererseits eröffnen sich neue Möglichkeiten zur Unterstützung des Behandlers durch Computerprogramme, die den
Behandlungsablauf vereinfachen können. Im Folgenden soll
ein Programm beschrieben werden, das in der Zahn-, Mundund Kieferklinik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
entwickelt wurde. Mit Hilfe der Windows AVICap (Audio Video Interleave Capture)-Schnittstelle ist dieses Programm in
der Lage, jede beliebige an einen PC angeschlossene Videokamera über eine Videokarte oder die USB-Schnittstelle anzusteuern. Im dargebotenen Videobild eines bereits trepanierten
Zahnes kann damit automatisch nach den koronalen Konturen der Wurzelkanaleingänge gesucht werden. In der hier vorliegenden Studie handelt es sich zunächst noch um In-vitroExperimente, die zukünftige Anwendungsmöglichkeiten der
computergestützten Zahnmedizin in Verbindung mit einer in
ein Mikroskop integrierten Videokamera veranschaulichen.
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Poliklinik für Zahnerhaltung, Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität
Mainz
Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie, Klinikum der Johannes GutenbergUniversität Mainz
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The use of intraoral cameras and the application of microscopes [3] in endodontics are increasingly becoming standard techniques in dental medicine. The use of intraoral
cameras can, on the one hand, render the treatment strategy of the operator more apparent and consequently comprehensible, on the other hand, it opens up new options to
support him with computer programs that can simplify the
treatment procedure. This article describes a program developed in the Dental School of the Johannes Gutenberg
University of Mainz, Germany. With the aid of the Windows AVICap (Audio Video Interleave Capture) interface,
this program is capable of controlling any video camera
connected to a PC via a video card or USB interface. The
video image of the trepanated tooth presented can be
scanned automatically for the coronal contours of the root
canal orifices. At the moment, this study only involves invitro experiments, which illustrate future application options in computer-aided dental medicine using a video
camera integrated into a microscope.
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Dept. of Operative Dentistry, Dental School of the Johannes Gutenberg
University Mainz, Germany
Dept. of Oral Surgery, Johannes Gutenberg-University Mainz, Germany
© Deutscher Ärzte-Verlag, Köln
Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 61 (2006) 4
D. Brüllmann et al.: Erkennung von Wurzelkanaleingängen
Abbildung 1 Schematische Darstellung der Bildverarbeitungsoperationen.
Figure 1 Schematic representation of the image processing
procedures.
2 Material und Methoden
2 Materials and methods
Zur vorliegenden Studie wurden 40 verschiedene extrahierte
menschliche Zähne mit völlig intakter Wurzel- und Schmelzoberfläche ausgewählt. Die Zähne wurden 3 Tage zur Desinfektion in 1% Chloraminlösung aufbewahrt und anschließend für
24 Stunden in 3% H2O2 gelagert und durch Kürettagemaßnahmen von Bindegewebsresten äußerlich gereinigt. Es wurden
nur völlig intakte Zähne ausgewählt, damit das H2O2 nur äußerlich eine Bleichwirkung entfalten und nicht bis zu den Wurzelkanaleingängen vordringen konnte. Nach gründlicher Reinigung erfolgte die Fixation der Zähne mittels eines Gipsblocks im
unteren Wurzeldrittel. In dieser Position wurden die Zähne
nach den geltenden Regeln [15, 16, 17, 18] so trepaniert, dass das
gesamte Pulpenkammerdach entfernt und aus einem bestimmten Winkel die Übersicht über den gesamten Pulpenkammerboden gewährleistet war. Zähne, bei denen sich zwei Kanäle aus einem Eingang abzweigten (so genannte 1-2-Konfiguration) wurden aus dieser Untersuchung ausgeschlossen. Des Weiteren
wurde mit einer Abdruckmasse (Panasil Putty, Kettenbach,
Eschenburg) ein künstlicher Gingivaverlauf bis zur Schmelz-Zementgrenze modelliert, um ein Durchscheinen des Lichtes
unterhalb der Krone zu vermeiden, da diese Art des Lichteinfalls
auch bei natürlichen Zähnen nicht gegeben ist. Zur Gewinnung
der Videosequenzen wurde das Digital Stereo-Mikroskop
DM143 (Motic Deutschland GmbH, Wetzlar) eingesetzt, das
über USB 1 mit einem Intel Pentium 4 mit 2 GHz und 256Mb
RAM Arbeitsspeicher kommunizierte. Mit Hilfe der Windows
AVICap-API wurde die Kommunikation mit dem Videotreiber
realisiert. Von besonderer Bedeutung war, dass diese Schnittstelle in der Lage ist, mit jedem Videotreiber für Windows zu kommunizieren. Zur Realisierung des Programms kam die Programmiersprache Delphi 7 (Borland, Langen) zum Einsatz, mit
der eine Software produziert wurde, die auf jedem Windowsrechner ab Windows 98 eingesetzt werden kann. Zur Bilderkennung wurde aus dem Videostream alle 100 ms ein Bild in ein
Bitmapobjekt [1,5] kopiert und von dort in ein Bildverarbeitungsmodul überspielt. Dieses Bildverarbeitungsmodul ermöglicht anschließend die eigentliche Bilderkennung. Zunächst
wurde die Farbinformation in ein Grauwertbild umgerechnet,
was durch die Zuordnung der verschiedenen Informationen der
drei Farbkanäle in Helligkeitswerte erfolgte [5]. Auf dieses Grau-
40 different extracted human teeth with fully intact root
and enamel surfaces were selected for this study. The
teeth were immersed in 1% chloramine solution for 3
days to disinfect them and subsequently kept for 24
hours in 3% H2O2 before curettaging their external surfaces to clean off residual connective tissue. Only fully intact teeth were selected, to ensure that the H2O2 only
bleached the outer surfaces and did not penetrate as far
as the root canal orifices. After thorough cleaning, the
lower thirds of the tooth roots were fixed in a plaster
block. In this position, the teeth were then trepanated according to the applicable rules [15, 16, 17, 18] – this involved removing the entire top of the pulp chamber to
provide a view of the entire floor of the pulp chamber
from a certain angle. Teeth where two canals emanated
from a single orifice (so-called 1-2 configuration) were excluded from this study. Furthermore, artificial gingival
scalloping was added by applying impression material
(Panasil Putty, Kettenbach, Eschenburg, Germany) up to
the enamel/cementum junction to avoid light shining
through from beneath the crown, as this incident light is
not present with natural teeth. To obtain the video sequences, a DM143 digital stereo microscope (Motic
Deutschland GmbH, Wetzlar, Germany) was used, which
communicated via USB 1 with an Intel Pentium 4 computer with 2 GHz and 256MB RAM. The Windows AVICap-API was used to communicate with the video driver.
It is of particular importance that this interface is capable
of communicating with any Windows video driver. Delphi 7 (Borland GmbH, Langen, Germany) was used to
write a program that can run on any Windows computer
higher than Windows 98. To detect the images, a single
image was copied from the video stream to a bitmap [1,5]
every 100 ms from where it was written into an imageprocessing module. This image-processing module subsequently provides for actual image recognition. Firstly
the color information was converted to a gray-scale image
by assigning the information from the three color channels into brightness values [5]. Following noise suppression, as well as brightness and contrast optimization [8,
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D. Brüllmann et al.: Erkennung von Wurzelkanaleingängen
Abbildung 2 Software bei der Detektion von
4 Kanälen in Zahn 26. Links das Videoeingangssignal, rechts die angezeigten Kanalostien. Man beachte die auf die Kamera angepassten Eingangsparameter: Sigma für die
Rauschunterdrückung, Contrast für die Kontrastanpassung und Brightness für die Helligkeitsanpassung im Programmfenster unten rechts.
Figure 2 Shows the software detecting four
canals in tooth 26. The video input signal is
shown on the left and the canal orifices on the
right. Please note that the input parameters
were adjusted to the camera in use: Sigma for
noise suppression, Contrast and Brightness for
adjusting these parameters in the box at the
bottom right of the screen.
Abbildung 3 Einzelbild von Zahn 26. Der im Programm angezeigte zweite
mesiobukkale Kanal wird mit einer K-Feile ISO 08 aufgesucht und dargestellt.
Figure 3 Single image of tooth 26. The second mesiobuccal canal displayed
by the program is detected and exposed using an ISO 08 K-File.
wertbild wurde dann nach Rauschunterdrückung, Helligkeitsund Kontrastoptimierung [8, 9] ein speziell entwickelter Kantenfilter, welcher eine Kombination aus den Methoden von Canny
und dem Marr-Hildreth Operator darstellt [2, 12], auf das Eingangsbild angewendet. Dieser Kantenfilter ermöglicht eine Umrechnung der Grauwerte in ein Bild zweiter Ableitung, in dem
Objektkanten als Nullstellen detektiert werden können. Diese
Nullstellen können als eine Art Skizze aufgefasst werden, aus
dem die Objektkanten und damit die einzelnen im Bild enthaltenen Objekte und ein Teil ihrer geometrischen Eigenschaften
extrahiert werden können [9] (Schema Abb. 1). In der hier verwendeten Methodik wurden insbesondere die optischen Eigenschaften der Wurzelkanaleingänge ausgenutzt: Einerseits stellen sich die Kanaleingänge als tiefste Regionen im Pulpenkammerboden immer als dunkelste Bildregionen innerhalb der Kavitätenumrandung im Videobild dar (Schlagschatten), andererseits erscheinen ihre Konturen im Kantenbild immer geschlossen sowie weitgehend rund, elliptisch oder oval. In der Literatur
finden sich zahlreiche Algorithmen zur Detektion runder oder
elliptischer Konturen in Kantenbildern [9, 10]. Diese sind jedoch
in der Regel für die Erkennung der Kanaleingänge zu restriktiv,
da sich die Kanaleingänge in der Regel nicht als strenge geometrische Formen präsentieren. Daher erscheint es sinnvoll und
ausreichend, nach geschlossenen Konturen in einem bestimmten Größenbereich zu fahnden, deren Pixelgrauwerte im Zentrum der Kontur einen gewissen Schwellenwert nicht über-
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9], a specially developed edge filter – a combination of the
Canny methods and the Marr-Hildreth Operator [2, 12] –
was then applied to the input image. This edge filter allows conversion of the gray-scale into a second derivative
image in which object edges can be detected as zero
points. These zero points can be considered a kind of
sketch from which the object edges and therefore the objects contained in the image and part of their geometric
properties can be extracted [9] (schematic representation
Fig. 1). The methodology applied here exploits the optical
properties of the root canal orifices: Firstly, being the
deepest regions in the pulp chamber floor, the canal orifices are always the darkest regions of the image within
the cavity boundary on the video image (shadow), and
secondly, their contours always appear solid as well as
largely round, elliptical or oval. Numerous algorithms for
detecting round or elliptical contours in edge images are
described in literature [9, 10]. These are however generally too restrictive for detecting canal orifices, as they are
usually not presented as strict geometric forms. Scanning for solid contours within a certain range of sizes,
whose pixel gray-scale values in the center of the contour
exceed a certain threshold value, therefore seems reasonable and adequate. To present the objects found in realtime, their object edges were written back to the bitmap
object and these were updated every 100 ms, which corre-
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D. Brüllmann et al.: Erkennung von Wurzelkanaleingängen
Abbildung 4 Zahn 15 und Detektion zweier
Kanäle. Die auf die Kamera angepassten Eingangsparameter: Sigma für die Rauschunterdrückung, Contrast für die Kontrastanpassung
und Brightness für die Helligkeitsanpassung
sind gleich wie in Abb. 2.
Figure 4 Tooth 15 and detection of its two
canals. The input parameters were adapted to
the camera: Sigma for noise suppression,
Contrast and Brightness adjustment are the
same as in Fig. 2.
Abbildung 5 Darstellung der Sensitivität in Abhängigkeit der Anzahl der Wurzelkanäle pro Zahn.
Figure 5 Representation showing sensitivity depending on the number of
root canals per tooth.
schreiten. Zur Darstellung der gefundenen Objekte in Echtzeit
wurden deren Objektränder in das Bitmapobjekt zurückgeschrieben und diese alle 100 ms aktualisiert, was einer Darstellungsfrequenz von 10 Bildern/s entspricht. Um die Ergebnisse
als Bild- oder Videodatei zu exportieren war es erforderlich, in
das Programm noch Funktionen für Einzelbildscreenshots, die
als Windows Bitmap-Datei [1] gespeichert werden, und Videoscreenshots, die im Windows AVI-Format gespeichert werden,
zusätzlich zu implementieren. Für reproduzierbare und vergleichbare Ergebnisse wurden Kontrast, Helligkeit und Rauschunterdrückung auf die verwendete Kamera bei maximalem Auflicht durch die ins Mikroskop integrierte Lichtquelle und die
Kaltlichtquelle KL1500 (Schott, Mainz) eingestellt.
sponds to a display frequency of 10 images/s. In order to
export the results as an image or video file, it was necessary to implement further functions into the program for
single image screenshots, which are saved as Windows
bitmap files [1], and video screenshots saved in Windows
AVI format. As a means of obtaining reproducible and
comparable results, the contrast, brightness and noise
suppression levels were adjusted on the camera used at
maximum incident light with the light source integrated
in the microscope and the KL1500 cold light source
(Schott, Mainz; Germany) in addition.
3 Auswertung
3 Evaluation
Die Fähigkeit des Programms zur korrekten Auffindung der
Wurzelkanaleingänge wurde für jeden Zahn einzeln visuell
und instrumentell überprüft. Die gewonnenen Daten wurden durch Screenshots abgespeichert, und es erfolgte eine
instrumentelle Darstellung (siehe Abb. 2 und 3) der ange-
The ability of the program to correctly detect the root canal
orifices was investigated visually and instrumentally for
each tooth individually. The data acquired were saved with
screenshots and the displayed canal orifices (see Figs. 2
and 3) exposed using a Colorinox, ISO 08, 25 mm K-File
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D. Brüllmann et al.: Erkennung von Wurzelkanaleingängen
zeigten Kanaleingänge mit einer K-Feile Colorinox, ISO 08,
25 mm (Dentsply Maillefer, Balaigues, Schweiz). Mit dieser
K-Feile wurden alle angezeigten Kanaleingänge klinisch
überprüft und in richtig und falsch positiv anhand des Sondierungsbefundes unter mikroskopischer Inspektion durch
einen erfahrenen Behandler unterschieden. Zur Bewertung
der Fehldetektionen innerhalb eines Videostreams wurden
pro ausgewerteten Zahn 50 Bilder hintereinander abgespeichert. In einer manuellen Bewertung erfolgte die Ermittlung
der Bilder mit einer korrekten oder nicht klar erkennbaren
Detektion. Für diese Überprüfung wurden die Zähne dabei
manuell unter dem Mikroskop positioniert. Die Bilder wurden mit dem Tabellenkalkulationsprogramm Excel (Microsoft Corp. Redmond, USA) nach klinischer Überprüfung
nach folgenden Regeln ausgewertet: Falsch negativ bedeutet
keine Entdeckung eines vorhandenen Kanals; richtig positiv
ist gleich der Entdeckung eines vorhandenes Kanals; falsch
positiv ist gleich der Anzeige eines nicht vorhandenen Kanaleinganges. Dabei wurde die Sensitivität pro Zahn aus 50
Einzelbildern für 40 verschiedene Zähne ermittelt. Aus diesen Kriterien ließ sich nachfolgend die mittlere Sensitivität
aus den vorhandenen 2000 Bildern berechnen. In diesen
2000 Bildern wurden auch die Anzahl der Bilder mit einem
an falscher Stelle angezeigten Kanaleingang ermittelt (falsch
positiv).
(Dentsply Maillefer, Balaigues, Switzerland). The same file
was used to check all displayed canal orifices and the results of the probing examined microscopically by an experienced operator to evaluate them as being correct or false
positive. As a means of evaluating false detection within a
video stream, 50 consecutive images were saved per tooth
evaluated. Manual evaluation was carried out to determine
on which images the canals had been detected correctly
and on which they were not clearly identifiable. The teeth
were positioned manually under the microscope for this
examination. After clinical examination, the images were
evaluated with the Excel (Microsoft Corp. Redmond, USA)
spreadsheet program according to the following rules:
False negative – no existing canal detected; correct positive
– an existing canal detected; false positive – a non-existent
canal orifice displayed. The sensitivity per tooth was determined from 50 individual images of each tooth for 40 different teeth. These criteria were then employed to calculate the mean sensitivity of the 2000 images available.
These 2000 images were also used to determine the number of images displaying a non-existent canal orifice (false
positive).
4 Ergebnisse
4 Results
Die hier beschriebene Software ist in der Lage, die Wurzelkanaleingänge unabhängig von der Vergrößerung korrekt
darzustellen. Es werden auch kleine Kanaleingänge korrekt
detektiert (Abb. 2 und Abb. 4). Die Größe der zur Darstellung
umrandeten Strukturen schwankte dabei geringfügig um ein
bis drei Pixel pro Seite in Abhängigkeit des Rauschens in den
dargebotenen Videobildern. In einigen Fällen kam es dabei
auch zu Fehldetektionen, bedingt durch Schattenbildungen
oder kariös veränderte Zahnhartsubstanz am Kavitätenrand.
Die durch Schattenwürfe am Kavitätenrand hervorgerufenen
Fehldetektionen konnten jedoch durch Ermittlung der Farbwerte im Zentrum der detektierten Strukturen und Einschränkung der dafür zulässigen Sollwerte weitestgehend
ausgeschlossen werden. Fehldetektionen, die durch kariöse
Defekte ausgelöst waren, konnten durch vollständige Entfernung der Karies oder durch stärkere Vergrößerung ausgeblendet werden. Die Bildverarbeitungsgeschwindigkeit variierte je nach Aufkommen der detektierten Objekte und der
gewählten Eingangsauflösung von 240x320 Pixel zwischen
296 ms und 344 ms, was einer Darstellung von ca. 3 Bilder/s
bei einem Intel Pentium 4-Rechner mit 2 GHz entspricht. Da
die Bildverarbeitung der Vorgabe des Timers von 10 Bilder/s
nicht folgen kann, ergab sich bei gewissen Einstellungen ein
Einfrieren des Eingangssignals für ca. jedes dritte Bild. Bei
Verwendung von einem Intel Pentium 4-Rechner mit 2,66
GHz Taktung ließ sich die Geschwindigkeit auf 250 ms beschleunigen. Die meisten Fehldetektionen fanden sich bei
den Zähnen mit mehreren Wurzelkanälen. Die mittlere Sensitivität für alle 40 Zähne lag bei 82,0% (Minimum 32,0%,
Maximum 100%). Der Median der Sensitivität beträgt 91,3%
bei Zähnen mit einem Wurzelkanaleingang (n=18, Frontzähne und Prämolaren), 90,0% bei Zähnen mit zwei Wurzelkanaleingängen (n=5, vor allem Prämolaren), 71,5% bei Zähnen
mit drei Kanaleingängen (Molaren) und 64,0% bei Zähnen
mit vier Wurzelkanaleingängen (n=4 bei den ersten Molaren
des Oberkiefers). Dabei wurden bei einer Anzahl von 2000
Bildern nur in 6 Bildern Kanaleingänge falsch positiv angezeigt, diese Fehldetektionen traten dabei nur bei 4 Zähnen
von insgesamt 40 auf.
The software described is capable of displaying the root
canal orifices correctly regardless of magnification. Small
canal orifices are also correctly detected (Fig. 2 and Fig. 4).
The size of the structures circumscribed for displaying only
fluctuates minimally by one to three pixels per page dependent on the noise of the video images. In a few cases
this also caused false detections due to shadows cast on the
cavity margins or carious tooth structure around it. However, it was possible to largely exclude false detection arising
from shadowing on the cavity margins by determining the
shade values in the center of the structures detected and restricting the permissible target values for this condition.
False detections caused by carious defects could be masked
out by excavating the caries fully or increasing the magnification. The image processing speed varied – depending on
the incidence of the detected objects and the input resolution of 240x320 pixels selected – between 296 ms and of 344
ms per image, which corresponds to 3 images/s for an Intel
Pentium 4 computer with 2 GHz. As the image processing
cannot follow the timer specification of 10 images/s, freezing of the input signal occurred at certain settings for
roughly every third image. Using an Intel Pentium 4 computer with 2.66 GHz clock rate, the speed could be accelerated to a maximum of 250 ms per image. Most false detections involved teeth with multiple root canals. The average
sensitivity for all 40 teeth was 82.0% (minimum 32.0%,
maximum 100%). The median sensitivity was 91.3% for
teeth with one root canal orifice (n=18, anteriors and premolars), 90.0% for teeth with two root canal orifices (n=5,
mostly premolars), 71.5% for teeth with three canal orifices
(molars) and 64.0% for teeth with four root canal orifices
(n=4 for the first upper molars). False positive canal orifices
were indicated in just 6 images of a total of 2000; these false
detections occurred in only 4 teeth from a total of 40.
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Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 61 (2006) 4
D. Brüllmann et al.: Erkennung von Wurzelkanaleingängen
5 Diskussion und Ausblick
5. Discussion and outlook
Die computergestützte Bilderkennung, die sich bereits in den
Bereichen Prothetik in verschiedenen CAD/CAM-gestützten
Verfahren zum Ersatz von Kronen und Kauflächen [7, 13, 14]
sowie in der Radiologie bei komplexen 3D-Rekonstruktionen
oder zur Objekterkennung in Röntgenbildern [10, 11, 19, 20]
durchgesetzt hat, ist nun auch im Bereich der Endodontie mit
einer Software zur Auffindung der Kanaleingänge einsetzbar.
Die vorliegende Studie zur automatischen Erkennung von
Wurzelkanaleingängen an menschlichen Zähnen zeigt viel
versprechende Möglichkeiten und Perspektiven. Die im ungünstigsten Falle vorhandene Sensitivität von 32,0% bei einem zweiten Oberkiefermolaren (Zahn 27) reicht immer
noch aus, um dem Behandler die Region der zu erwartenden
Wurzelkanaleingänge in einem Drittel aller Bilder der Videoaufnahmen klar anzuzeigen. Die geringe Erfolgsrate insbesondere bei den zweiten Molaren des Oberkiefers ist vor allem
auf deren Anatomie zurückzuführen. Es ist bei der Bewertung
der hier vorgestellten Ergebnisse zu beachten, dass jeder Kanal im Beobachtungszeitraum von 50 Bildern im schlechtesten Fall mindestens 16-mal auf dem Bildschirm angezeigt
wurde. Für endodontisch weniger erfahrene Anwender wird
dieser Hinweis bei der Kanalsuche eine Hilfe sein um die klinische Suche auf die richtige Region zu lenken. Die in 0,2%
der Videobilder vorhandene Anzeige nichtvorhandener Kanaleingänge ist niedrig genug um versehentliche Perforationen
durch Fehlanzeige des Programmes zu vermeiden. Die vorliegenden Ergebnisse belegen, dass in naher Zukunft adäquate
Hilfsmittel zur Auffindung zusätzlicher Wurzelkanäle zur
Verfügung stehen werden, was die Erfolgsrate von 64% bei ersten Oberkiefermolaren mit vier Wurzelkanaleingängen gezeigt hat. Bei diesen Zähnen wird der vierte Kanal immerhin
in 32 Bildern in einem Zeitraum von 50 Bildern richtig angezeigt. Es müssen jedoch weiter Untersuchungen an dieser Art
von Zähnen durchgeführt werden. Vor allem problematisch
erscheint die Kanalauffindung bei Zähnen mit obliterierten
Kanaleingängen. Um diese mit einer Software aufzufinden
muss verstärkt Vorwissen [8] und die zu erwartenden DentinFarbwerte in die Software mit implementiert werden. Deshalb
ist diese Software momentan einem Spezialisten für Endodontie bei der Kanalsuche noch unterlegen. Im Gegensatz
dazu sollten durch Karies verursachte Fehldetektionen nicht
der Software angelastet werden, da prinzipiell eine vollständige Kariesentfernung vor Beginn der Wurzelkanalbehandlung
durchgeführt werden muss [6]. Die Problematik wechselnder
Detektionsqualität bei wechselnden Beleuchtungsverhältnissen wird in der praktischen Anwendung nicht wesentlich von
Bedeutung sein, da in den jeweiligen benutzten OP-Mikroskopen in der Regel konstante Lichtquellen fest installiert sind.
Außerdem kann der Einfluss von Beleuchtung durch Unsharp Masking bzw. Flat Fielding korrigiert werden. In der
vorliegenden Software kann des Weiteren das Eingangssignal
durch verschiedene Eingangsparameter wie Kontrast und
Helligkeit im Videobild auf verschiedene Systeme angepasst
werden. Diese Anpassung ist auch dann sinnvoll, wenn bei
der Wurzelkanalspülung Mittel mit bleichender Wirkung verwendet werden, die zu einer Veränderung der Farbwerte führen könnten. Es muss aber angemerkt werden, dass im derzeitigen Stadium der Software der Schlagschatten in der Tiefe
der Wurzelkanaleingänge detektiert wird, auf den die Dentinfarbe nur einen geringen Einfluss ausübt. Allerdings könnte
bei zu dunklem Dentin der Kontrast zwischen Dentin und
Schatten für die Detektion zu gering sein. Die geringe Erkennungsrate bei Zähnen mit mehreren Wurzelkanaleingängen
schwankt zu Zeit noch in Abhängigkeit der relativen Lage des
Zahnes zur Kamera. Da die Zähne zur Auswertung fest fixiert
Computer-aided image recognition, which has already become established in prosthodontics with various
CAD/CAM techniques for restoring crowns and occlusal
surfaces [7, 13, 14] and in radiology for complex 3D reconstructions or for object recognition in x-ray images [10, 11,
19, 20], is now feasible in endodontics using software to detect canal orifices. This study on the automatic recognition
of root canal orifices in human teeth shows very promising
options and perspectives. The sensitivity of 32.0% for a second upper molar (tooth 27) in the most unfavorable case is
still sufficient to clearly indicate to the operator the region
of the anticipated root canal orifices in a third of all images
from the video recordings. The low success rate for second
upper molars is primarily attributable to their anatomy.
When evaluating the results presented here, it must be considered that every canal in the observational period of 50
images was displayed on the screen at least 16 times. For
users with less experience in endodontics, this information
serves as an aid to steer the clinical search to the correct region. The indication of non-existent canal orifices in 0.2%
of the video images is low enough to avoid accidental perforations through false indication caused by the program.
These results indicate that adequate aids will be available
for detecting additional root canals in the near future, as
shown by the success rate of 64% for first upper molars
with four root canal orifices. The fourth canals of these
teeth were correctly displayed in 32 images over a period of
50 images. Nevertheless, further investigations are needed
on this type of tooth. Detection appears particularly problematic in teeth with obliterated canal orifices. To detect
these using software, prior knowledge [8] and the anticipated dentin shade must be implemented in the software. For
this reason, this software is currently inferior in canal detection to an experienced endodontist. In contrast, false detection by the program due to caries cannot be blamed on
the software, because it is essential to excavate caries completely before beginning the root canal treatment [6]. The
problem of fluctuating detection quality with variable illumination is not of significance in practical use, as constant
light sources are usually permanently installed in the OP
microscopes used. However illumination effects may be
corrected in new detection algorithms such as blurred
masking or flat fielding. In the software presented here,
the input signal in the video image can also be adapted to
different systems with various input parameters, such as
contrast and brightness. These adjustments are also useful
if a rinsing agent with bleaching effect is used, which could
lead to a change in the shade. It must, however, be noted
that in the current software version the shadows deep down
in the root canal orifices are detected (shadows), on which
the dentin shade only exerts a slight influence. However, in
the case of dark dentin, the contrast between dentin and the
shadow cast could be too low for detection. The low detection rate for teeth with several root canal orifices still varies
dependent on the relative position of the tooth to the camera. As the teeth were securely fixed for the evaluation, for
certain orientations of the cavity such unfavorable shadowing in the “canyon system” of the pulp chamber floor occurs
that the region of the canal orifice was difficult to view or
overshadowed. The presentation of the detection in realtime with 10 images/s is still just under the eye’s fusion frequency of 14 images/s, so that the images cannot yet be created without stepping. This problem will become less and
less predominant with optimization of the currently experimental algorithm and increasing computer performance.
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D. Brüllmann et al.: Erkennung von Wurzelkanaleingängen
waren, kam es bei bestimmten Orientierungen der Kavität zu
so ungünstigen Schattenbildungen im „Canyonsystem“ des
Pulpenkammerbodens, dass der Bereich des Kanaleinganges
schwierig einzusehen oder überschattet war. Die angestrebte
Darstellung der Detektion in Echtzeit mit 10 Bildern/s liegt
noch gering unter der Verschmelzungsfrequenz des Auges
von 14 Bilder/s, so dass die Bilder noch nicht stufenfrei entstehen können. Diese Problematik wird jedoch durch Optimierung der bisher experimentellen Algorithmen und durch
zunehmende Computerleistung mehr und mehr in den
Hintergrund treten. Die vorliegende Studie belegt, dass die
Anwendung der computergestützten Bilderkennung auch im
Bereich der Endodontie in Echtzeit möglich ist. Die Anwendung entsprechender PC-Programme ermöglicht in naher
Zukunft eine qualitative Verbesserung und Zeitersparnis des
Behandlungsablaufes. Außerdem könnten umfangreiche Studien im Rahmen der Grundlagenforschungen zur Ermittlung
der durchschnittlichen Entfernungen der Kanaleingänge zueinander bei gleichen Zähnen unterschiedlicher Individuen
durchgeführt werden.
This study demonstrates that computer-aided image recognition can also be employed in realtime for endodontics.
The use of appropriate PC programs is set to enable qualitative improvement and save time during the treatment
procedure in the near future. In addition, extensive basic
research studies into determining the average distances between the canal orifices for the same teeth of different individuals have been carried out with this new software.
Literatur
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Korrespondenzadresse:
Dr. Dan Brüllmann
Poliklinik für zahnärztliche Chirurgie
Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 61 (2006) 4
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