s t ra t e gie u n d lös u n g FINANZIERUNG Unternehmenskäufe richtig finanzieren U nternehmenskäufer wollen meist alles auf einmal: Sie möchten ihre Akquisition mit begrenztem Risiko finanzieren, natürlich einen Kaufpreis mit möglichst kurzer Amortisationsdauer aushandeln und diesen möglichst schnell steuerwirksam abschreiben, sie möchten zugleich aber auch die Finanzierungsaufwendungen steuerlich geltend machen – und natürlich die erfolgreiche Fortführung des erworbenen Unternehmens sicherstellen. Die ersten beiden Punkte, das Ziel einer möglichst kurzen Amortisationsdauer für das eingesetzte Kapital, erreichen sie durch die „Hebelwirkung“ des Fremdkapitals. Ein Beispiel: Ein mittelständisches Unternehmen erreicht ein Ergebnis vor Steuern von nachhaltig drei Millionen Euro. Der Käufer ist bereit, das siebenfache Ergebnis als Kaufpreis zu akzeptieren. Somit ergibt sich ein Kaufpreis von 21 Millionen Euro. Da das Risiko dieser Akquisition und auch der Eigen- 62 creditreform 7 | 2008 kapitaleinsatz begrenzt bleiben sollen, wird eine gesonderte Käufergesellschaft gewählt. Diese Käufergesellschaft stattet der Käufer mit sechs Millionen Euro Eigenkapital aus. 15 Millionen Euro werden über ein Akquisitionsdarlehen finanziert. Dieses Akquisitionsdarlehen wird innerhalb von fünf Jahren aus dem erwarteten freien Cash-flow der erworbenen Gesellschaft amortisiert. Aktuell liegen die Zinsen für Akquisitionsdarlehen bei etwa sechs Prozent. Ein Kaufpreis, der dem siebenfachen Gewinn entspricht, ermöglicht eine Rendite von mehr als 14 Prozent. Aus dieser Spanne lässt sich das Akquisitionsdarlehen amortisieren, ohne dass die Liquidität des kaufenden Unternehmens belastet wird. Voraussetzung ist, dass der zukünftige Cash-flow nicht ungünstiger wird als er in der Vergangenheit war. Die Erwerbsfinanzierung besteht aus drei Teilen: Kaufpreis, Transaktionskosten und Umfinanzierung bestehender Verbindlichkeiten des Zielunternehmens. © Dietrich - Fotolia Akquisitionsfinanzierungen – auch „Leveraged-Buy-Outs“ genannt – erfordern vielfältiges Spezialwissen. Wir geben einen Überblick. strategie und lösung Bei der Bereitstellung der Finanzierung werden die Darlehensgeber immer den Einzelfall prüfen. Dennoch lassen sich die folgenden grundsätzlich üblichen Finanzierungsstrukturen herausarbeiten. Senior-Kredite: Das sind die vorrangig zu befriedigenden Kredite, die in der Regel aus verschiedenen zeitlich befristeten Terminkrediten bestehen. Zu den Senior-Krediten zählt außerdem der Betriebsmittelkredit. Die Senior-Kredite werden meist das Vier- bis Fünffache des durchschnittlichen konsolidierten freien Cash-flows, das 3,5- bis Vierfache des durchschnittlichen konsolidierten EBIT oder das Drei- bis Vierfache des durchschnittlichen konsolidierten EBITDA der erworbenen Gesellschaft nicht übersteigen. Die Höhe des freien Cash-flows wird auf der Grundlage der Planung unter Berücksichtigung ihrer Vergangenheitsergebnisse ermittelt. Bei diesen Werten handelt es sich um durchschnittliche Grenzwerte, die von den in diesem spezifischen Markt tätigen Kreditinstituten in der Regel angewendet werden. Mezzanine-Kapital: Bleibt zwischen dem verfügbaren Eigenkapital und den Senior-Krediten eine Finanzierungslücke bestehen, so kann diese durch Mezzanine-Kapital geschlossen werden. Für Mezzanine-Kapital gilt als Faustregel, dass es einschließlich der vorrangigen Senior-Kredite das Sechsbis Siebenfache des nachhaltig erzielbaren konsolidierten freien Cash-flows nicht übersteigen sollte. Reicht der frei verfügbare Cash-flow oder das EBITDA nicht aus, um die Kredite innerhalb der vorgesehenen Laufzeiten zurückzuzahlen, muss der Eigenkapitalanteil erhöht werden. Jeder Teilnehmer an einer Finanzierung hat eigene Renditeerwartungen. Derzeit beträgt die Renditeerwartung eines Senior-Kreditgebers fünf bis 7,5 Prozent jährlich – eines Mezzanine-Kapitalgebers aber zwischen neun und 20 Prozent. Wirken bei einer Unternehmensübernahme externe Eigenkapitalgeber mit (Private-Equity-Investoren), liegt die Ergebniserwartung bei etwa 25 Prozent. Die Senior-Kredite werden meist für Laufzeiten zwischen fünf und sieben Jahren zur Verfügung gestellt – Mezzanine-Kredite bis zu zehn Jahre. Financial Covenants: Bei Akquisitionsfinanzierungen werden in zunehmendem Umfang Auflagen zur Einhaltung bestimmter Bilanzrelationen oder fester Finanzkennzahlen vereinbart (Financial Covenants). Diese Auflagen werden gern als Frühwarnsystem bezeichnet. Allerdings sind sie zur Früherkennung einer Krise nur bedingt geeignet, da die Kreditgeber erst mit Verspätung – nämlich nach dem Berichtsstichtag – von einer Nichteinhaltung der Auflagen erfahren. Sicherheiten: Als Sicherheit werden in der Regel die Gesellschaftsanteile der erworbenen Gesellschaft angeboten. Diese Sicherheit reicht jedoch Kreditgebern nicht immer aus. Sie möchten eine Besicherung am Vermögen der erworbenen Gesellschaft erreichen. Ist die erworbene Gesellschaft eine GmbH oder GmbH & Co. KG, so sind § 30 Abs. 1 GmbHG sowie die Rechtsprechung des BGH zum „existenzvernichtenden Eingriff“ zu beachten. Die Bestellung einer Sicherheit durch eine Gesellschaft zur Besicherung der Verbindlichkeiten ihres Gesellschafters unterliegt vielfältigen Beschränkungen des Gesellschaftsrechts. Sie kann insbesondere gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung, die Regeln zum existenzvernichtenden Eingriff oder das Verbot der finanziellen Unterstützung des Erwerbs FINANZIERUNG eigener Aktien verstoßen. Außerdem können Gesellschafter und Geschäftsführer ihre gesellschaftsrechtlichen Pflichten gegenüber Minderheitsgesellschaftern oder der Gesellschaft verletzen. Verstöße können gravierende Rechtsfolgen für die Gesellschaft, die Geschäftsführung, die Gesellschafter oder die Sicherungsnehmer haben. Die Probleme können dadurch gelöst werden, dass Kreditnehmer und Sicherungsgeber in einer juristischen Person zusammengeführt werden. In Betracht kommt die Verschmelzung der Zielgesellschaft auf die Erwerbergesellschaft, die Anwachsung des Vermögens der erworbenen Gesellschaft auf die Erwerbergesellschaft, die Verlagerung der Kreditverbindlichkeiten auf die erworbene Gesellschaft oder die Übertragung der Sicherheiten auf den Kreditnehmer. Share-Deal oder Asset-Deal: Neben einer Reduzierung der Finanzierungskosten spielt bei der Strukturierung einer Transaktion die Frage der Abschreibungsfähigkeit des Kaufpreises eine große Rolle. Ist der Erwerber in der Lage, den Kaufpreis mit steuerlicher Wirkung abschreiben zu können, tritt hier für die Finanzierung die gleiche Wirkung ein wie sie die Abschreibungen im Rahmen des laufenden Geschäfts haben. In Höhe der verdienten Abschreibungen steht dem Unternehmer Liquidität zur Verfügung, die unter anderem für die Tilgung der Fremdfinanzierungsverbindlichkeiten eingesetzt werden kann. Die Frage der Abschreibungsfähigkeit des Kaufpreises ist eng verknüpft mit der Frage, was genau der Käufer erwirbt. Erwirbt er einzelne Wirtschaftsgüter, kann der Kaufpreis abgeschrieben werden, sofern die Wirtschaftsgüter selbst einer regelmäßigen Abnutzung unterliegen und grundsätzlich abschreibungsfähig sind. Erwirbt er dagegen Anteile an Kapitalgesellschaften, kann der Kaufpreis für diese Anteile nicht im Rahmen einer planmäßigen Abschreibung abgeschrieben werden. Der Erwerb einzelner Vermögensgegenstände wird auch als Asset-Deal, der Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften als Share-Deal bezeichnet. Eine Zwitterstellung nimmt hier die Personengesellschaft ein. Der Erwerb von Anteilen an Personengesellschaften ist zivilrechtlich als Share-Deal zu qualifizieren. Steuerlich handelt es sich jedoch um einen Asset-Deal. Die Personengesellschaft wird für steuerliche Zwecke als transparente Gesellschaft gesehen. Dies bedeutet, dass der Inhaber der Personengesellschaftsanteile indirekt Inhaber der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden ist. Dies bedeutet bei einem Kauf von Anteilen an Personengesellschaften, dass mit dem Kauf der Anteile auch indirekt die einzelnen Vermögensgegenstände erworben werden und somit der Kaufpreis für diese einzelnen Vermögensgegenstände planmäßig abgeschrieben werden kann. Aus Käufersicht wird demnach regelmäßig ein Asset-Deal bevorzugt. Zusammengefasst lässt sich sagen: Akquisitionsfinanzierungen – auch „Leveraged-Buy-Outs“ oder „LBOs“ genannt erfordern vielfältiges Spezialwissen. Erfahrungsgemäß sind gerade mittelständische Unternehmer häufig überrascht, wenn sie detaillierte Informationen über die Vielfalt der Finanzierungsmöglichkeiten erhalten. In Kenntnis dieser Möglichkeiten konnten in der Vergangenheit viele Unternehmenserwerbe intelligent finanziert werden. Dirk Schulte/Diethard B. Simmert creditreform 7 | 2008 63