Stellungnahme des Bund Deutscher Hebammen e.V. zur Überarbeitung des Leitfaden Prävention Gemeinsame und einheitliche Handlungsfelder und Kriterien der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Umsetzung von §20 Abs.1 und 2 SGB V vom 21. Juni 2000 in der Fassung vom 10. Februar 2006. 2. korrigierte Auflage vom 15. Juni 2006. Der Bund Deutscher Hebammen e.V. begrüßt ausdrücklich die im Leitfaden geforderten Qualifikationsanforderungen an die verschiedenen Anbieter. Er bedauert, dass Hebammen1 als Anbieterinnen primärpräventiver Versorgungsleistungen in dem Leitfaden Prävention derzeit keine Berücksichtigung finden. Eine unverzügliche Überarbeitung des Leitfadens Prävention scheint deshalb notwendig, um eine primärpräventive Unterversorgung während Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit zu vermeiden und die Nichtberücksichtigung von Hebammen als zentrale Ansprechpartnerinnen zu korrigieren. Begründung: Die Nichtberücksichtigung von Hebammen2 als Anbieterinnen primärpräventiver Versorgungsleistungen in dem Leitfaden Prävention rührt möglicherweise darauf, dass das Recht der Versicherungsnehmerinnen auf Hebammenhilfe während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbetts bislang nicht von der Reichsversicherungsordnung in das SGB V überführt wurde. Darauf hat der Bund Deutscher Hebammen immer wieder hingewiesen. 1 Mit der letzten Änderung des Hebammengesetzes wurde die Ausbildung auch für Männer zugänglich. Nach Abschluss der Ausbildung erhalten sie die Berufsbezeichnung ‚ Entbindungspfleger’ . Aufgrund der mangelnden Präsenz männlicher Vertreter und zugunsten der besseren Lesbarkeit wird sich im weiteren Verlauf der Stellungnahme auf die weibliche Berufsbezeichnung ‚ Hebamme’beschränkt. 2 Mit der letzten Änderung des Hebammengesetzes wurde die Ausbildung auch für Männer zugänglich. Nach Abschluss der Ausbildung erhalten sie die Berufsbezeichnung ‚ Entbindungspfleger’ . Aufgrund der mangelnden Präsenz männlicher Vertreter und zugunsten der besseren Lesbarkeit wird sich im weiteren Verlauf der Stellungnahme auf die weibliche Berufsbezeichnung ‚ Hebamme’beschränkt. Stellungnahme zum Leitfaden Prävention, VS2 1 Der Leitfaden Prävention dient den einzelnen Leistungsträgern bzw. seinen Vertreterinnen und Vertretern als Orientierung für die Vergütung von primärpräventiven Maßnahmen. Deshalb ist im Leitfaden die Aufnahme der Berufsgruppe der Hebammen als Anbieterinnen solcher Leistungen dringend erforderlich. Nur so kann gewährleistet werden, dass Hebammen in ihrer Schlüsselposition in der Lebensphase von Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit ihre politisch anerkannte Rolle in der Gesundheitsförderung und Prävention auch erfüllen können. Dies entspricht auch der Haltung der Bundesregierung und der Vergütungspraxis der gesetzlichen Krankenkassen. Darin wird deutlich, dass der Berufsgruppe der Hebammen eine bedeutende Rolle in der Primärprävention zugesprochen wird. Diese Rolle sollte sich auch durch die Nennung der Berufsgruppe als Anbieterinnen primärpräventiver Maßnahmen in den verschiedenen Handlungsfeldern im Leitfaden Prävention widerspiegeln. Die aktuellen Bemühungen der Bundesregierung um Hilfeleistungen für Menschen in besonderen Problemlagen während der Schwangerschaft, der Geburt und dem ersten Lebensjahr des Kindes (Projekt: Familienhebammen), sieht die Gesundheitsförderung und Prävention als Handlungsfelder der Hebammen. Im Leitfaden Prävention werden u.a. als Indikator für spezifische Zielgruppen von Präventionsangeboten spezifische Lebenszyklusphasen sowie besondere Belastungen oder Risiken hervorgehoben. Der Übergang in eine Elternschaft stellt ohne Frage eine spezifische Lebenszyklusphase dar, die mitunter auch von besonderen Belastungen oder Risiken begleitet wird. Hebammen nehmen hier in der gesundheitlichen Versorgung durch die gesetzlich festgeschriebenen vorbehaltenen Tätigkeiten eine Schlüsselposition ein. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, warum die Berufsgruppe der Hebammen im Leitfaden Prävention keine Erwähnung gefunden hat. Änderungsbedarf im Einzelnen Aufnahme einer grundsätzlichen Aufgabenbeschreibung Hebammen sind maßgeblich und gesetzlich verbindlich an der gesundheitlichen Versorgung von Frauen in der Lebensphase von Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit beteiligt. Zu ihren Aufgaben zählen u.a. die Durchführung von Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen, Hilfe bei Schwangerschaftsbeschwerden, Durchführung von Geburtsvorbereitungskursen, Hilfeleistungen bei Fehlgeburten, Überwachung des Geburtsverlaufs und Durchführung eventueller Notfallmaßnahmen, Stellungnahme zum Leitfaden Prävention, VS2 2 Überwachung des Wochenbetts und der Stillzeit. Im Rahmen dieser Tätigkeiten sind Hebammen auch primärpräventiv tätig, was durch die Vergütung beispielsweise von Beratungsgespräche durch die gesetzlichen Krankenkassen anerkannt wird. Schnittstellenfunktion von Hebammen hervorheben Die im Leitfaden als sinnvoll benannte Verknüpfung von Maßnahmen aus verschiedenen Handlungsfeldern um den allgemeinen Gesundheitszustand eines Individuums in den Vordergrund rücken zu lassen, entspricht weitestgehend den primärpräventiven Strategien in der Hebammentätigkeit. So bildet beispielsweise ein Geburtsvorbereitungskurs ein Konglomerat aus den Handlungsfeldern Bewegungsgewohnheiten, Ernährung, Stressbewältigung/Entspannung und Suchtmittelkonsum. Auch hier wird die primärpräventive Tätigkeit der Hebammen in Form der Vergütung durch die gesetzlichen Krankenkassen anerkannt. Nach Ausführungen des Leitfadens kommen im individuellen Ansatz als Anbieter von Maßnahmen in den verschiedenen Handlungsfeldern Sportwissenschaftler, Sport- und Gymnastiklehrer, Physiotherapeuten, Krankengymnasten, Ergotherapeuten, Erzieher, Gesundheitspädagogen, Heilpädagogen, Oecotrophologen (Bachelor of Science), Diätassistenten, Diplom-Ernährungswissenschaftler, Diplom-Ingenieure Ernährungs- und Hygienetechnik, Diplom-Oecotrophologen, Psychologen, Pädagogen, Sozialpädagogen/Sozialarbeiter, Sozialwissenschaftler, Gesundheitswissenschaftler und Ärzte mit den entsprechenden Qualifikationsnachweisen in Frage. Die Auflistung nimmt mit ihren prioritären Handlungsfeldern Bezug auf Krankheitsbilder mit besonderer epidemiologischer Bedeutung. Dazu gehören Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus, bösartige Neubildungen, Krankheiten des Skeletts, der Muskeln und des Bindegewebes, Krankheiten des Nervensystems und der Sinnesorgane sowie psychische/psychosomatische Krankheiten. Ergänzung der spezifischen Lebenszyklusphasen Nicht berücksichtigt wurden in dieser Auflistung die spezifischen Lebenszyklusphasen eines Individuums als Indikator für Präventionsangebote, die in ihrer Konsequenz eine Verknüpfung der Handlungsfelder und damit möglicherweise den Einsatz mehrerer Anbieter erfordern. Bezogen auf die Lebensphase von Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit wäre eine derartige Fragmentierung in der primärpräventiven Betreuung weder effektiv noch effizient, da aufgrund des dann naturgemäß höherschwellig angelegten Ansatzes Frauen in besonderen Problemlagen nur sehr unzureichend davon profitieren Stellungnahme zum Leitfaden Prävention, VS2 3 würden. Diese Vorgehensweise entspräche so nicht den Ausführungen des § 20 Abs. 1 SGB V. In der Praxis bedeutet die Nichtberücksichtigung der Hebammen als Anbieterinnen primärpräventiver Versorgungsleistungen den Ausschluss Schwangerer an beispielsweise Yogakursen, Wassergymnastik und Raucherentwöhnungskursen, da sie für andere Professionen als besonders zu behandelnde eingestuft und somit nicht in einem Normalkurs aufgenommen werden. April 2008 Stellungnahme zum Leitfaden Prävention, VS2 4