B2B-57-Beitrag-ZKB

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portfoliostrategie
BESSERE ANLAGEENTSCHEIDE DANK
ESG-INTEGRATION
Roland Wöhr
Während rein nachhaltige Anlagen noch immer
ein Nischendasein in der «Bio-Ecke» fristen, ist
das Interesse seitens Investoren und Asset Manager an einer Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in einem breiteren Sinn rasant
gestiegen. Doch was versteckt sich hinter dem
Schlagwort «ESG-Integration» konkret?
B2B JUNI 2016
Immer mehr Investoren und Asset Manager gelangen zur Überzeugung, dass mit der Integration von
Nachhaltigkeitsfaktoren bessere Anlageentscheide getroffen werden. Dies belegen bedeutende Investoreninitiativen wie die UN Principles for Res­
ponsible Investment mit weltweit über 1400 Unterzeichnern und Assets von 59 Bio. USD. Auch der
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portfoliostrategie
Auszüge aus dem ESG-Tool des fundamentalen Anlageprozesses am Beispiel
der RWE AG
analysen hinaus und umfasst die Beachtung von
ESG-Faktoren.
ESG-Indikator
Unter «ESG-Integration» werden alle Ansätze verstanden, die ökologische (E), soziale (S) sowie Governance-Faktoren (G) in die traditionelle Finanzanalyse einbeziehen und die Risiken und Chancen daraus
für bessere Anlageentscheide nutzen. Eine notwendige Voraussetzung für die ESG-Integration ist die
Verfügbarkeit entsprechender Informationen. Da­­raus abgeleitete Risiken und Chancen können quantitativ in Bewertungsmodelle einfliessen oder als
qualitativer Input zu einem Anlageentscheid beitragen. Die Umsetzungsmöglichkeiten und das Potenzial für neue Entwicklungen sind beträchtlich. Häufig ist bisher die Verwendung von ESG-Kriterien im
Anlageprozess jedoch nicht systematisch geregelt
und damit wenig transparent.
Firma
Sektor
Environment
Firma
Sektor
Best
CO2-Fussabdruck in t(e)/USD Mio. Sales
22
Worst
2961
12401
Fragestellungen:
Kontroversen in Umweltfragen
Hohe Umwelteinflüsse
Social
Firma
Sektor
Best
Reputations-Index (0 bis 100)
0
Worst
29
45
Fragestellungen:
Arbeitssicherheit
Arbeitsbedingungen
Ausschlusskriterien
Governance
Firma
Heimmarkt
Best
Governance Score (0 bis 100) Heimmarkt
100
Global
Worst
7
1
20
Fragestellungen:
Leadership (verschiedene Belange)
Business Operations (verschiedene Belange)
Aktionärsrechte (Streitfragen)
Compensation (Link zur erbrachten Leistung, andere Aspekte)
kürzlich durch bedeutende institutionelle Investoren gegründete Schweizer Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen hat das Ziel, die Integration von ESG-Kriterien und Engagement-Ansätzen voranzutreiben. Das heutige Verständnis der
treuhänderischen Pflicht bei der Vermögensverwaltung geht zunehmend über klassische Finanz­
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Risiken schnell im Blick
Als Innovation startet nun die Zürcher Kantonalbank bei allen aktiven Aktienanlagen mit der systematischen Integration von ESG-Faktoren. Das Ziel
der Anlagephilosophie besteht darin, überdurchschnittliche Renditen durch die Identifikation von
Unternehmen zu erzielen, die attraktiv bewertet sind
und einen bewährten Management-Leistungsausweis sowie ein qualitativ hochwertiges Geschäftsmodell aufweisen. Die Aktien werden dazu in einer
detaillierten Fundamentalanalyse bewertet. Dabei
werden ESG-Faktoren berücksichtigt, um materielle Risiken zu erkennen, die noch nicht in der Bewertung eingepreist sind.
Zentral für den praktischen Einsatz bei den über
zwanzig Analysten und Portfoliomanagern sind die
schnelle Verfügbarkeit sowie die Relevanz und Verständlichkeit der Informationen. Dazu wurde eigens
ein Tool entwickelt, das auf Knopfdruck die relevanten Umwelt-, Sozial- und Governance-Daten für ein
beliebiges Unternehmen übersichtlich auf einer Seite zusammenstellt (s. dazu Abildung links) und folgende Abschnitte enthält:
• Bewertung eines Unternehmens in den Dimensionen Umwelt, Soziales und Governance (grafisch dargestellt), sowie Warnhinweise auf kritische Punkte beim Unternehmen
• relevante Datenpunkte zur Corporate Governance
• Key Performance Indicators und Fragen für Engagement-Aktivitäten bei Meetings mit dem Management der Unternehmen.
B2B JUNI 2016
portfoliostrategie
Rote Ampel für Kohlestrom
Mit dem deutschen Energieversorger RWE AG als
konkretes Unternehmensbeispiel werden ausgewählte Punkte des ESG-Tools vorgestellt. Anhand
des ESG-Indikators – einer vereinfachten Analyse,
die pro Dimension (Umwelt, Soziales und Governance, gleichgewichtet) auf einem zentralen Kriterium
beruht – erkennt man schnell, dass RWE im roten
Bereich der Skala angesiedelt ist. Der Indikator Umwelt (Environment) zeigt weiter auf, dass die CO2Emis­sionszahlen des Unternehmens (in Relation zum
Umsatz) hoch sind; bei RWE macht Kohlestrom rund
40 % der Produktionskapazität aus. Zudem werden
rote Warnhinweise vergeben aufgrund von Umweltkontroversen, etwa wegen der Umweltbelastungen
durch den Kohleabbau und der ungedeckten Kosten
für den Rückbau der Kernkraftwerke sowie aufgrund
der starken Umweltauswirkungen des Stromsektors.
Im Bereich Soziales werden unter anderem Vorfälle
bei der Arbeitssicherheit erwähnt. Bei der Corporate Governance von RWE sollten etwa Führung, Entlöhnung oder Aktionärsrechte kritisch beurteilt werden. Detailliertere Angaben im ESG-Tool zeigen zum
Beispiel für den Bereich Führung (Leadership) eine
ungenügende Unabhängigkeit des Verwaltungsrates,
des Audits und des Vergütungs-Komittees. Insgesamt
geben knapp 60 Indikatoren zu Leadership, Entlöhnung, Aktionärsrechten sowie Accounting & Reputation detaillierte Informationen zu möglichen Risiken
bei der Unternehmensführung. So kann der Analyst
relevante ESG-Risikohinweise schnell erkennen und
beurteilen, ob diese in der Unternehmensbewertung
bereits enthalten sind oder ob grundsätzliche Vorbehalte gegenüber dem Geschäftsmodell bestehen.
Verständnis für ökonomische Haupttreiber
Entscheidend für erfolgreiches Investieren ist das
Verständnis der ökonomischen Treiber eines Sektors. ESG-Thematiken sind für viele Branchen materiell. Die besonders relevanten Treiber werden in
einem weiteren Abschnitt für die Branche des analysierten Unternehmens zusammengestellt; für den
Sektor Energieversorgung sind dies:
• die Treibhausgas-Intensität in der Stromproduk­
tion und diesbezügliche Zielsetzungen
• der Anteil der erneuerbaren Energie und die diesbezügliche Strategie sowie
• Geschäftsethik und Management der Arbeits­
sicherheit
Die Energiewende, also der Übergang von fossilen
Energiequellen oder Atomstrom zu erneuerbaren
B2B JUNI 2016
Daten für Beurteilung des Managements
Leadership
Aspekt
Ampelfarbe
Personalunion CEO/VRP
Unabhängiger Geschäftsleiter
Unabhängige Mehrheit im VR
Leitende Führungskräfte (ausser CEO) im VR
Unabhängige Revisionsstelle
Unabhängiges Vergütungs-Kommittee
VR überdimensioniert (im Vergleich zu regionalen Standards)
VR unterbesetzt (im Vergleich zu regionalen Standards)
Aktionärsrechte
Aspekt
Ampelfarbe
Eine Aktie, eine Stimme
Kontrolle Aktienbesitzer
Ein Aktionär besitzt mehr als 20 % der Titel
Kontrolle von Aktionärsanliegen
Stimmrechtsbeschränkungen
Giftpillen
Goldene Aktien
Jährliche Wahl des Direktoriums
Quelle: Zürcher Kantonalbank, RepRisk, MSCI ESG, TruCost
Energien, und die Dezentralisierung der Energieversorgung stellen die Strombranche vor enorme He­
rausforderungen. Das Geschäftsmodell von RWE ist
nur zukunftsfähig, wenn das Unternehmen mit klaren
Zielsetzungen die Energiewende mitgestaltet. Weiter dienen spezifische Fragestellungen den Analysten und Portfoliomanagern als Grundlage, die relevanten (ESG)-Faktoren für das Geschäftsmodell direkt an Meetings mit dem Management zu erörtern.
Roland Wöhr
Senior Sustaina­
bility Analyst bei
der Zürcher Kantonalbank, Zürich.
Die systematische Erhebung und Verarbeitung dieser ESG-Informationen verleiht der konventionellen Finanzanalyse eine zusätzliche Dimension und
führt zu besseren Anlageentscheiden. Mit der konsequenten Integration unterstreicht das Asset Management der Zürcher Kantonalbank die wachsende Bedeutung von ESG-Faktoren für erfolgreiches
Anlegen.
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