Verschenktes Honorarpotential durch „übliche - NAV-Virchow-Bund

Werbung
ABRECHNUNGSTIPPS GOÄ
der niedergelassene arzt 10/2014
Fakten zum Steigerungsfaktor – Erster Teil
Verschenktes Honorarpotential durch „übliche“ Faktoren
Viele Hausärzte rechnen schematisch
mit dem 2,3- oder 1,8-fachem Faktor ab.
Häufig ist der Grund Gewohnheit, aber
auch die Scheu vor Mühen und Unannehmlichkeiten.
W
er immer nur den 1,8- oder 2,3-fachen
Faktor ansetzt, hat es bequem. Diese
Faktoren werden von der Software angeboten, Widersprüche von Kostenträgern
gegen die Berechnung höherer Faktoren
gibt es nicht. Andererseits wird so Honorarpotential nicht genutzt. Modellrechnungen zeigten mögliche Mehreinnahmen von
zehn bis 20 Prozent bei der Rechnungsstellung unter Nutzung der Möglichkeiten des
Faktor­ansatzes.
Wer auch die Möglichkeiten der Berechnung höherer Faktoren nutzen will, muss
bereit sein, sich mit den „Spielregeln“ der
GOÄ zum Steigerungsfaktor vertraut zu
machen, etwas Mühe bei der Dokumenta­
tion der Leistungen und der Rechnungsstellung auf sich nehmen und bereit sein, möglichen Nachfragen zu begegnen.
Begründung in der Rechnung
In der GOÄ gibt es nicht steigerungsfähige
Leistungen (häufig Zuschläge) und Leistungen, für die bei Überschreitung bestimmter
Faktoren in der Rechnung eine Begründung
angegeben werden muss. Deshalb werden
diese Faktoren auch „Schwellenwerte“
genannt. Bei den sogenannten ärztlichen
Leistungen ist das der 2,3-fache Faktor, bei
den „technischen“ Leistungen der 1,8-fache
Faktor und bei Laborleistungen der
1,15-fache Faktor. Oberhalb dieser Faktoren
kann bis zu den „Höchstsätzen“ abgerechnet
werden (3,5-, 2,5- bzw. 1,3-fach). Noch höher
ginge es nur mit einer sogenannten „Abdingung“, die aber ein anderes Thema ist.
§ 12 der GOÄ fordert, dass die Begründung verständlich und nachvollziehbar sein
muss. Dies zu beachten, ist ein wesentlicher
Schritt zur Akzeptanz der Abrechnung
höherer Faktoren. Kryptische Fachtermini
sollten hier vermieden werden. Die Begründungen sollten auch so sein, dass der Patient
die Besonderheit der Leistungserbringung,
die zum höheren Faktor führte, nachvollziehen kann und nicht irritiert ist (zum Beispiel ist bei auf die Psyche oder Verhalten
bezogenen Begründungen Zurückhaltung
geboten und eine den Patienten eventuell
erschreckende Begründung wie „Multimorbidität“ kann auch als „komplexes
Krankheitsbild“ formuliert werden).
Bei vielen Leistungen ergibt sich die
Nachvollziehbarkeit des höheren Faktors
aus den Diagnoseangaben. Was vorlag und
der Patient weiß, sollte­angeführt werden.
Manche Ärzte fassen die Diagnoseangaben
zu knapp, weil sie aktuell nicht im Vordergrund standen.
Weiter müssen die Begründungen in der
Rechnung so angeführt werden, dass
erkennbar ist, zu welcher mit höherem Faktor abgerechneten Leistung sie gehören.
Das kann man – wie meist gewählt –
machen, indem man die Begründung direkt
unter der Leistung anführt. Man kann aber
auch Begründungen, die zu mehreren Leistungen zutreffen zum Beispiel in Fußnoten
zusammenfassen. Dann muss man aber die
Leistungen und die Begründungen nachvollziehbar zusammengehörend mit Indizes versehen.
Nachfragen sind vorgesehen
§ 12 der GOÄ sagt ausdrücklich, dass die
Begründung auf Verlangen näher zu erläutern ist. Manche Kostenträger veranlassen
ihre Versicherten dazu routinemäßig. Sie
hoffen, dass der Patient den Arzt damit
nicht belästigen will und die Differenz aus
eigener Tasche zahlt oder der Arzt die Mühe
scheut, möglicherweise sogar „vorbeugend“
bei diesen Kostenträgern auf die Berechnung höherer Faktoren verzichtet. Dabei ist
das keine große Mühe, oft kann man entsprechende Textbausteine vorhalten. Die
Erläuterung muss auch nicht ausführlich
sein, ein paar Sätze reichen. Meist reicht ein
WICHTIG
• Wer immer nur mit den „üblichen“
Faktoren abrechnet, hat es bequem,
verschenkt aber Honorarpotential
• Dokumentation ist unerlässlich, um das
Potential zu erkennen und sich durchsetzen zu können
• Die Begründungen müssen verständlich und nachvollziehbar sein und so
angeführt werden, dass erkennbar ist,
zu welcher Leistung sie gehören
• Die Mühe, eventuelle Nachfragen zu
beantworten, darf man nicht scheuen
• Wir setzen die Hinweise zum Umgang
mit höheren Faktoren in den nächsten
Ausgaben fort
knapper Hinweis auf die vorliegenden Diagnosen oder Besonderheiten der Erkrankung oder der Behandlung (zum Beispiel zu
einer Begründung wie „wechselndes
Beschwerdebild“ zu schreiben, was zu
Beginn der Behandlung im Vordergrund
stand und wie sich das im Behandlungsverlauf änderte). Mit fortschreitendem Zeitverlauf stellt sich hierzu Übung ein.
Dokumentation
Der erste Schritt zur Umsetzung ist eine
entsprechende Dokumentation. Wer die
Besonderheiten, die einen höheren Faktor
rechtfertigen, nicht dokumentiert, hat in
Fällen, wo sich das nicht zum Bespiel schon
aus den Diagnosen oder dem Leistungsumfang ergibt, oft bei der Rechnungserstellung
nicht mehr vor Augen, dass er einen höheren Faktor ansetzen kann. Zudem erschwert
mangelnde Dokumentation die Beantwortung von Nachfragen oder gar die Durchsetzbarkeit im Streitfall.
Alle Tipps mit Stichwort-Suchfunktion
und Archiv finden Sie auch unter
www.abrechnungstipps.de – kostenlos!
47
Herunterladen