3 Grundlagen der linearen Elastizi

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F. U. Mathiak
3-1
3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
An dieser Stelle sollen die Grundgleichungen der linearen Elastizitätstheorie zusammengestellt werden, was bedeutet, dass wir uns einerseits auf kleine Verformungen und kleine 1.
Ableitungen der Verformungen beschränken (geometrische Linearität), andererseits soll ein
linear elastisches Werkstoffgesetz in Betracht gezogen werden (physikalische Linearität).
3.1 Der räumliche Spannungszustand
Abb. 3-1 Der Spannungsvektor
Die Spannung1 s(r, n) ist ein dem Flächenelement ∆A mit Ortsvektor r und dem Stellungsvektor n zugeordneter Vektor, der als Grenzwert
∆F dF
=
∆ A →0 ∆ A
dA
s(r, n) = lim
Gl. 3-1
definiert ist (Abb. 3-1). ∆F ist dabei der zur Fläche ∆A im Allgemeinen schief gerichtete
Kraftvektor.
1
Augustin Louis Baron Cauchy, franz. Mathematiker, 1789-1857
3-2
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
Abb. 3-2 Komponenten des Spannungsvektors sn
Der Spannungszustand in einem Kontinuum hängt außer vom Punkt P mit dem Ortsvektor r
auch noch von der geführten Schnittrichtung (Stellungsvektor n) ab. Der Spannungszustand
am Punkt eines Kontinuums ist dann bekannt, wenn für drei unabhängige Schnittrichtungen
durch diesen Punkt die zugeordneten Spannungsvektoren bekannt sind. Erst dann kann der
Spannungsvektor sn für eine beliebige Schnittrichtung berechnet werden. Die senkrecht auf
dem Flächenelement ∆A stehende Komponente des Spannungsvektors (Abb. 3-2) heißt Normalspannung s nn (r, n) = σ nn (r, n) e n und die in der Ebene des Flächenelements liegende
Komponente wird Schubspannung s nt (r, n) = σ nt (r, n) e t genannt.
Die Normalspannung wird als positiv bezeichnet, wenn sie eine Zugspannung ist und entsprechend als negativ, wenn sie eine Druckspannung ist. Stehen insbesondere die Schnittflächen
senkrecht auf den kartesischen Koordinaten x,y,z, dann gilt (Abb. 3-3)
Abb. 3-3 Spannungsvektor in kartesischen Koordinaten, Stellungsvektor ex
F. U. Mathiak
3-3
s x = σ xx e x + σ xy e y + σ xz e z
s y = σ yx e x + σ yy e y + σ yz e z
Gl. 3-2
s z = σ zx e x + σ zy e y + σ zz e z
Die 9 Spannungen σjk (j,k = x,y,z) lassen sich in einer quadratischen Matrix
⎡σ xx
⎢
S = ⎢σ yx
⎢ σ zx
⎣
σ xy
σ yy
σ zy
σ xz ⎤
⎥
σ yz ⎥
σ zz ⎥⎦
anordnen. Das ist die Matrix des Spannungstensors. An jeder Spannung bedeutet der erste
Index die Koordinatenachse, die auf der betreffenden Schnittfläche senkrecht steht, der zweite
die Koordinatenachse, zu der die Spannung parallel ist. Zur vollständigen Beschreibung des
Spannungszustandes in einem Punkt P eines deformierbaren Körpers sind zunächst also 9
Zahlenangaben erforderlich. Im Vergleich zum Vektor, bei dem im räumlichen Fall drei Zahlenangaben ausreichen, spricht man deshalb beim Spannungstensor von einer extensiven Größe höherer Ordnung, hier also 2. Ordnung.
Abb. 3-4 Gleichgewicht am Tetraederelement
Zur Berechnung des Spannungszustandes in einer beliebig gerichteten Schnittfläche entnehmen wir dem Innern eines Körpers gedanklich einen nach der orthonormierten Einheitsvektorbasis e x ;e y ;e z
orientierten Tetraeder1 (Abb. 3-4) mit den Kantenlängen dx, dy, dz. Im
Sinne des Schnittprinzips werden an den Schnittflächen die als bekannt vorausgesetzten
1
zu griech. hédra ›Sitz(fläche), Basis‹, ein Polyeder mit vier Ecken
3-4
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
Spannungsvektoren − s x , − s y , − s z freigesetzt (Abb. 3-4). Auf der Deckfläche des Tetraeders
wirkt der noch unbekannte Spannungsvektor s n (r, n) . Kraftgleichgewicht am infinitesimalen
tetraederförmigen Element liefert mit n = [n x; n y; n z ]
sn = n xs x + n ys y + n zs z
Gl. 3-3
Unter Beachtung von Gl. 3-2 erhalten wir zunächst
s n = σ nx s x + σ ny s y + σ nz s z
Gl. 3-4
und durch Komponentenvergleich
σ nx = n x σ xx + n y σ xy + n z σ xz
σ ny = n x σ yx + n y σ yy + n z σ yz
Gl. 3-5
σ nz = n x σ zx + n y σ zy + n z σ zz
oder symbolisch
sn = S ⋅ n
Gl. 3-6
Unter Beachtung des Satzes von den zugeordneten Schubspannungen ( σ jk = σ kj ) reduziert
sich die Anzahl der unbekannten Spannungen von 9 auf 6. Die Matrix des Spannungstensors
ist symmetrisch
⎡σ xx
⎢
S = ⎢σ yx
⎢ σ zx
⎣
σ xy
σ yy
σ zy
σ xz ⎤ ⎡σ xx
⎥ ⎢
σ yz ⎥ = ⎢σ xy
σ zz ⎥⎦ ⎢⎣ σ xz
σ yx
σ yy
σ yz
σ zx ⎤
⎥
σ zy ⎥ = S T
σ zz ⎥⎦
In der FE-Methode werden die 6 Spannungskomponenten zum Spannungsvektor
σ T = [σ xx , σ yy , σ zz , σ xy , σ yz , σ zx ]
Gl. 3-7
zusammengefasst. Ist der Spannungstensor am Punkt eines Kontinuums bekannt, dann kann
der Spannungsvektor s für jede beliebige Schnittrichtung ermittelt werden.
F. U. Mathiak
3-5
3.1.1 Die statische Grundgleichung
Aus einem belasteten Körper denken wir uns ein quaderförmiges zu den Koordinatenachsen
paralleles Volumenelement mit den Kantenlängen ∆x, ∆y, ∆z herausgeschnitten. Das Element
besitzt das Volumen ∆V = ∆x ∆y ∆z (Abb. 3-5).
Abb. 3-5 Volumenelement eines belasteten Körpers
Abb. 3-6 Kraftzustand am Volumenelement
Auf das Element (Abb. 3-6) wirken neben der Volumenkraft ∆f (z.B. die Gewichtskraft oder
auch magnetische Kräfte) die als Folge des Schnittprinzips erscheinenden Oberflächenspannungen. Im Allgemeinen werden die Spannungsvektoren beim Fortschreiten in Richtung der
Koordinatenachsen ihren Betrag und ihre Richtung ändern.
3-6
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
Im statischen Fall muss das Kraftgleichgewicht erfüllt sein, d.h. die Resultierende aller auf
das Volumenelement einwirkenden Kräfte muss verschwinden. Das führt auf die wichtige
statische Grundgleichung
∂s x ∂s y ∂s z
+
+
+f = 0
∂x
∂y
∂z
Gl. 3-8
Mit Einführung des Gradienten in kartesischen Koordinaten
∇=
∂
∂
∂
ex + ey + ez
∂x
∂y
∂z
Gl. 3-9
der ein symbolischer Vektor ist und Nablaoperator1 genannt wird, kann Gl. 3-8 noch kürzer
geschrieben werden
∇ ⋅S + f = 0
Gl. 3-10
Gl. 3-8 ist eine Vektorgleichung, die drei skalaren Gleichungen entspricht. Unter Beachtung
von f = f x (x,y,z) e x + f y (x,y,z) e y + f z (x,y,z) e z folgt aus Gl. 3-8
∂σ xx ∂σ yx ∂σ zx
+
+
+ fx = 0
∂x
∂y
∂z
∂σ xy ∂σ yy ∂σ zy
+
+
+ fy = 0
∂x
∂y
∂z
∂σ xz ∂σ yz ∂σ zz
+
+
+ fz = 0
∂x
∂y
∂z
3.1.2 Der Spannungszustand in Zylinderkoordinaten
Der Spannungstensors in Zylinderkoordinaten hat die Form (Abb. 3-7)
S = σ rr e r ⊗ e r + σ rϕ e r ⊗ eϕ + σ rz e r ⊗ eϕz + K
und in Matrixdarstellung
1
griech. nábla(s), Name eines Saiteninstruments.
Gl. 3-11
F. U. Mathiak
3-7
⎡ σ rr
⎢
S = ⎢σ ϕr
⎢ σ zr
⎣
σ rϕ
σ ϕϕ
σ zϕ
σ rz ⎤
⎥
σ ϕz ⎥ = S T
σ zz ⎥⎦
Abb. 3-7 Spannungskomponenten in Zylinderkoordinaten (nicht vollständig)
Die 6 Spannungskomponenten werden zum Spannungsvektor
σ T = [σ rr , σϕϕ , σ zz , σ rϕ , σϕz , σ rz ]
Gl. 3-12
zusammengefasst. In Zylinderkoordinaten hat der Nabla-Operator die Darstellung
∇ = er
1 ∂
∂
∂
+ eϕ
+ ez
∂r
r ∂ϕ
∂z
Unter Beachtung von f = f r (r,ϕ,z) er + f ϕ(r,ϕ,z) eϕ + f z (r,ϕ,z) e z folgen dann die Gleichgewichtsbedingungen
∂σ rr 1 ∂σ rϕ ∂σ rz 1
+
+
+ (σ rr − σ ϕϕ ) + f r = 0
∂r
∂z r
r ∂ϕ
∂σ ϕr 2
1 ∂σ ϕϕ ∂σ ϕz
+ σϕr +
+
+ fϕ = 0
∂r
∂z
r
r ∂ϕ
∂σ zr 1
1 ∂σ zϕ ∂σ zz
+ σ zr +
+
+ fz = 0
∂r
r
r ∂ϕ
∂z
Gl. 3-13
3-8
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
3.1.3 Der ebene Spannungszustand
Beim ebenen Spannungszustand1 der x-y-Ebene unterstellen wir
σ jz = 0
(j = x,y,z)
Gl. 3-14
Von den verbleibenden Spannungen σ jk (j, k = x,y) wird angenommen, dass sie sich über die
Scheibendicke konstant verteilen. Sie hängen dann nicht mehr von der z-Koordinate ab, und
es gilt
∂σ jk
∂z
=0
Gl. 3-15
Gl. 3-11 reduziert sich auf
∂σ xx ∂σ yx
+
+ fx = 0
∂x
∂y
∂σ xy ∂σ yy
+
+ fy = 0
∂x
∂y
Gl. 3-16
und für die Matrix des ebenen Spannungstensors verbleibt
⎡σ xx
⎢
S = ⎢σ yx
⎢⎣ 0
σ xy
σ yy
0
0⎤
⎥ ⎡σ xx
0⎥ = ⎢
⎢σ yx
0⎥⎦ ⎣
σ xy ⎤
⎥
σ yy ⎦⎥
An einem Element treten dann nur noch die folgenden Spannungen auf
Abb. 3-8 Der ebene Spannungszustand
Der Satz von den zugeordneten Schubspannungen liefert für den ebenen Fall
1
der mit guter Näherung z.B. in einer Scheibe unterstellt werden kann
Gl. 3-17
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3-9
σ yx = σ xy
Gl. 3-18
womit noch drei unbekannte Funktionen σ xx (x, y),σ xy (x, y),σ yy (x, y) zu bestimmen wären,
die wir im Spannungsvektor
σ T = [σ xx , σ yy, σ xy ]
Gl. 3-19
zusammenfassen können. Hängen die Spannungen nicht vom Ort ab, so heißt der Spannungszustand homogen, sonst inhomogen.
3.1.4 Der einachsige Spannungszustand
In Bauteilen, die vorzugsweise auf Druck oder Zug beansprucht werden, kann näherungsweise ein einachsiger Spannungszustand unterstellt werden. Zu diesen Bauteilen gehören z.B.
Seile, Ketten und Stäbe.
Abb. 3-9 Einachsiger Spannungszustand in einem Stab
Der Stab in Abb. 3-9 wird durch eine Kraft F beansprucht, die in hinreichender Entfernung
von der Lasteinleitungsstelle näherungsweise einen einachsigen Spannungszustand
σ xx =
F
A
induziert. Spannungen σ yy und σ xy treten nicht auf.
Gl. 3-20
3-10
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
3.2 Verschiebungen und Verzerrungen
3.2.1 Die Verschiebungen
Infolge einer Belastung wird ein realer Körper deformiert. Zur (relativen) Beschreibung der
auftretenden Formänderungen wird eine Bezugskonfiguration (BK) eingeführt, von der aus
die Bewegung gemessen wird. In dieser Platzierung muss der kinematische Zustand des Körpers bekannt sein, denn sämtliche Änderungen des kinematischen Zustandes werden auf diese
Referenzkonfiguration bezogen. Die Bewegung endet in der Endkonfiguration (EK), wobei
wir im Rahmen einer linearen Theorie unterstellen, dass Bezugs- und Endkonfiguration dicht
benachbart sind.
Abb. 3-10 Verschiebungsvektor w(r)
Bezugs- und Endkonfiguration sind durch den Verschiebungsvektor
w(r) = w x (r)e x + w y (r)e y + w z (r)e z = ( w x , w y , w z )
Gl. 3-21
miteinander verbunden1. Dabei können wx,wy und wz noch Funktionen von x,y,z sein. Der
Sprung zwischen beiden Platzierungen wird als Deformation bezeichnet.
1
Im Rahmen der hier behandelten Theorie ist es gleichgültig, auf welchem Wege der Punkt P nach P’ gelangt.
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3-11
Abb. 3-11 Deformation eines Quaders
Abb. 3-11 zeigt die Deformation eines Quaders, die sich infolge der Verschiebungen der einzelnen Körperpunkte aus
− Starrkörperverschiebungen, die aus Translation und Rotation bestehen, sowie
− Verzerrungen, d.h. Dehnungen und Gleitungen zusammensetzt.
Da i.allg. jedem Punkt P(r) ein anderer Verschiebungsvektor w zugeordnet ist, handelt es sich
hierbei um ein Vektorfeld. Es leuchtet sofort ein, dass die Verschiebungen der einzelnen
Körperpunkte keinen Aufschluss über das lokale kinematische Verhalten geben können, dazu
ist vielmehr die Umgebung eines Punktes, etwa in Form von Linienelementen, in die Betrachtungen mit einzubeziehen.
Hinweis: Wir beschränken uns im Folgenden auf kleine Verformungen und kleine 1. Ableitungen der Verformungen.
3.2.2 Der Verzerrungszustand
Neben den Spannungen und den Verschiebungen sind die Verzerrungen zur Beurteilung
eines Beanspruchungszustandes eines belasteten Körpers von entscheidender Bedeutung. Die
Dehnungen resultieren aus den Längenänderungen einzelner Körperelemente und die Gleitungen beschreiben die Winkeländerungen der Elementkanten. Die Formänderung eines
Körperelementes liegt fest, wenn die Längenänderungen eines Volumenelementes mit den
Seiten ∆x, ∆y, ∆z und die Änderungen der ursprünglich (rechten) Winkel bekannt sind.
3-12
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
3.2.2.1 Kartesische Koordinaten
Verschiebungsvektor: w = ( w x , w y , w z )
Dehnungen:
ε xx , ε yy , ε zz
Halbe Gleitungen:
ε xy =
1
1
1
γ xy ; ε yz = γ yz ; ε zx = γ zx
2
2
2
Der Verzerrungstensor hat dann die Form
E = ε xx e x ⊗ e x + ε xy e x ⊗ e y + ε xz e x ⊗ e z + K
oder in Matrixform
⎡ε xx
⎢
E = ⎢ε yx
⎢ ε zx
⎣
ε xy
ε yy
ε zy
⎡
ε xx
ε xz ⎤ ⎢
⎥ ⎢1
ε yz ⎥ = ⎢ γ yx
⎢2
ε zz ⎥⎦ ⎢ 1
γ
⎢⎣ 2 zx
1
γ xy
2
ε yy
1
γ zy
2
1 ⎤
γ xz
2 ⎥
1 ⎥
γ yz ⎥ = ET
2 ⎥
ε zz ⎥
⎥⎦
Gl. 3-22
Auch diese Matrix ist symmetrisch. Die 6 Größen werden im Verzerrungsvektor
ε T = [ε xx , ε yy , ε zz , γ xy , γ yz , γ zx ]
Gl. 3-23
zusammengefasst. Die Verzerrungs-Verschiebungsrelationen sind
ε xx =
ε xy
∂w x
∂x
ε yy =
∂w y
∂y
ε zz =
∂w z
∂z
∂w y ⎞
∂w y ⎞
∂w x ⎞
1 ⎛ ∂w
1 ⎛ ∂w
1 ⎛ ∂w
⎟⎟ ε zx = ⎜ z +
⎟⎟ ε yz = ⎜⎜ z +
= ⎜⎜ x +
⎟
∂z ⎠
2 ⎝ ∂y
2 ⎝ ∂y
2 ⎝ ∂x
∂z ⎠
∂x ⎠
Gl. 3-24
die unter Beachtung der Differentiationsoperatormatrix
⎡ ∂
⎢∂ x
⎢
T
L =⎢ 0
⎢
⎢
⎢ 0
⎣⎢
auch in die Darstellung
0
0
∂
∂y
0
0
∂
∂z
∂
∂y
∂
∂x
0
0
∂
∂z
∂
∂y
∂ ⎤
∂ z ⎥⎥
0 ⎥
⎥
∂ ⎥
⎥
∂ x ⎥⎦
Gl. 3-25
F. U. Mathiak
3-13
ε = Lw
Gl. 3-26
gebracht werden können. Sind die drei Verschiebungen wx,wy,wz bekannt, dann lassen sich
daraus 6 Verzerrungen berechnen. Umgekehrt gehören zu 6 Verzerrungen genau 3 Verschiebungskomponenten. Soll das Verschiebungsfeld eindeutig sein, dann können die 6 Verzerrungen
nicht
beliebig
sein,
sie
müssen
den
sog.
Kompatibilitäts-
oder
Verträglichkeitsbedingungen genügen, die hier angegeben werden, auf deren Herleitung
jedoch nicht näher eingegangen wird.
2
∂ 2 ε xy
∂ 2 ε xx ∂ ε yy
+
−2
= 0,
∂x∂y
∂y 2
∂x 2
∂ 2 ε yy
∂z 2
−
∂ 2 ε yz
∂ 2 ε zz
+
−2
= 0,
∂y∂z
∂y 2
∂ 2 ε yz
∂x 2
2
∂ 2 ε xz ∂ ε xy ∂ 2 ε xx
+
+
−
=0
∂y∂x ∂z∂x ∂y∂z
2
2
2
∂ 2 ε zx ∂ ε yx ∂ ε yz ∂ ε yy
−
+
+
−
=0
∂z∂y ∂x∂y ∂z∂x
∂y 2
∂ 2 ε zz ∂ 2 ε xx
∂ 2 ε zx
+
−2
= 0,
∂z∂x
∂x 2
∂z 2
−
∂ 2 ε xy
∂z 2
Gl. 3-27
∂ 2 ε zy
∂ 2 ε zx ∂ 2 ε zz
+
+
−
=0
∂x∂z ∂y∂z ∂x∂y
3.2.2.2 Zylinderkoordinaten
Verschiebungsvektor: w = ( w r , w ϕ , w z )
Dehnungen:
ε rr , ε rϕ , ε zz
Halbe Gleitungen:
ε rϕ =
1
1
1
γ rϕ ; ε ϕz = γ ϕz ; ε zr = γ zr
2
2
2
Die Dehnungen und Gleitungen bilden den symmetrischen Verzerrungstensor
⎡ ε rr
⎢
E = ⎢ε ϕr
⎢ ε zr
⎣
ε rϕ
ε ϕϕ
ε zϕ
⎡
ε rr
ε rz ⎤ ⎢
⎥ ⎢1
ε ϕz ⎥ = ⎢ γ ϕr
⎢2
ε zz ⎥⎦ ⎢ 1
γ
⎢⎣ 2 zr
1
γ rϕ
2
ε ϕϕ
1
γ zϕ
2
1 ⎤
γ rz
2 ⎥
1 ⎥
γ ϕz ⎥
2 ⎥
ε zz ⎥
⎥⎦
Gl. 3-28
Die 6 Größen werden im Verzerrungsvektor
ε T = [ε rr , ε ϕϕ , ε zz , γ rϕ , γ ϕz , γ zr ]
zusammengefasst. Die Verzerrungs-Verschiebungsrelationen sind
Gl. 3-29
3-14
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
ε rr =
∂w z
w 1 ∂w ϕ
∂w r
; ε ϕϕ = r +
; ε zz =
∂z
r r ∂ϕ
∂r
1 ⎛ 1 ∂w r ∂w ϕ w ϕ ⎞
⎜
⎟
+
−
∂r
2 ⎜⎝ r ∂ϕ
r ⎟⎠
1 ⎛ ∂w
1 ∂w z ⎞
⎟
ε ϕz = ⎜⎜ ϕ +
2 ⎝ ∂z r ∂ϕ ⎟⎠
∂w r ⎞
1 ⎛ ∂w
ε zr = ⎜ z +
⎟
∂z ⎠
2 ⎝ ∂r
ε rϕ =
Gl. 3-30
3.2.2.3 Der ebene Verzerrungszustand
Ein ebener Verzerrungszustand wird in langgestreckten Körpern unterstellt, für die Geometrie
und Belastung in Längsrichtung nahezu konstant sind. Das trifft zum Beispiel bei der in Abb.
3-12 dargestellten Stützmauer mit guter Näherung zu.
Abb. 3-12 Stützmauer, ebener Verzerrungszustand
Ein ebener Verzerrungszustand in der x,y-Ebene wird durch w z (x,y,z) = 0 definiert. Punkte
der x,y-Ebene sollen sich auch nur in dieser Ebene verschieben können. Von Gl. 3-21 verbleibt
w = (w x (x, y), w y (x, y))
Gl. 3-31
ε xz = ε yz = ε zz = 0
Gl. 3-32
und damit
Gl. 3-22 geht über in
F. U. Mathiak
3-15
⎡
⎢ ε xx
E=⎢
⎢1 γ
⎢ yx
⎣2
⎤
γ xy ⎥
2
⎥
ε yy ⎥
⎥
⎦
1
Gl. 3-33
und der Verzerrungsvektor Gl. 3-23 reduziert sich auf
ε T = (ε xx , ε yy , γ xy )
Gl. 3-34
Von der Differentiationsoperatormatrix Gl. 3-25 verbleibt
⎡∂
⎢ ∂x
LT = ⎢
⎢0
⎢⎣
0
∂
∂y
∂⎤
∂y ⎥
⎥
∂⎥
∂x ⎥⎦
Gl. 3-35
3.3 Materialgesetz
Nach der Einführung der beiden Begriffe Spannungen und Verzerrungen sind zwischen beiden Definition Beziehungen herzustellen, die vom verwendeten Material abhängen. Die Gleichungen, die die Verzerrungen und die Spannungen miteinander verknüpfen, heißen Material- oder auch Stoffgleichungen. Zur Bestimmung der in den Stoffgleichungen auftretenden
Werkstoffkennwerte werden Experimente benötigt.
Für die folgenden Untersuchungen beschränken wir uns auf den einfachsten Fall der homogenen, linear-elastischen, isotropen Stoffe. Dabei bedeuten im Einzelnen
homogen:
Das Material besitzt überall dieselben, vom Ort unabhängigen Materialkonstanten
linear-elastisch:
Zwischen den Verzerrungen und den Spannungen besteht ein linearer
Zusammenhang
isotrop:
Die Richtungen der Hauptspannungen und Hauptverzerrungen fallen
zusammen und gleiche Hauptspannungen führen bei beliebig gedrehtem Material zu gleichen Dehnungen.
3-16
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
3.3.1 Das Elastizitätsgesetz für den räumlichen Spannungszustand
Der einfachste Zusammenhang zwischen den Spannungen S und den Verzerrungen E ist linear. Das linear-elastische Verhalten homogener isotroper Materialien erfordert die Angabe der
Materialkonstanten E, ν und αΤ. Die Konstante E heißt Elastizitätsmodul. Der Elastizitätsmodul ist ein Maß für den Widerstand des Materials gegen Normalspannungsbeanspruchung.
Je größer E ist, umso kleiner werden die Dehnungen oder Stauchungen bei einer vorgegebenen Spannung. Der E-Modul kann unterhalb der Proportionalitätsgrenze wegen der dort gültigen Beziehung
σ
= tan α = E der Spannungs-Dehnungskurve eines einaxialen Zugversuches
ε
entnommen werden.
[E] =
Masse
Länge ⋅ ( Zeit) 2
Einheit
kg m −1 s − 2 = N / m 2
0≤E≤∞
Gl. 3-36
Die positive Konstante ν wird Querkontraktionszahl genannt.
0≤ν≤
1
2
Gl. 3-37
Der Wert ν = 1 2 bedeutet Volumenkonstanz1. Wird der Körper um T Kelvin gegenüber einer beliebigen Ausgangstemperatur erwärmt, so vergrößert sich jedes beliebig orientierte Linienelement der Länge l um das Maß ∆l = lα T T , wobei α T den linearen Temperaturausdehnungskoeffizienten bezeichnet. Zu jeder beliebigen Richtung ergibt sich dann zusätz-
lich eine Temperaturdehnung. Das Hookesche2 Gesetz lautet in Tensorschreibweise unter
Einbeziehung des Lastfalls Temperatur
E=
ν
1+ ν ⎡
⎤
σ I ⎥ + αTT I
S−
⎢
E ⎣ 1+ ν ⎦
Gl. 3-38
In Gl. 3-38 bezeichnen σ = σ xx + σ yy + σ zz die Spur des Spannungstensors und
1
Für Baustahl und die meisten metallischen Werkstoffe kann ν = 1/3 gesetzt werden.
2
Robert Hooke fand dieses Gesetz auf empirischem Wege und veröffentlichte seine Ergebnisse im Jahre 1678.
F. U. Mathiak
3-17
0
0 ⎤
⎡1 0 0⎤ ⎡α T T
α T T I = α T T ⎢⎢0 1 0⎥⎥ = ⎢⎢ 0
0 ⎥⎥
αTT
⎢⎣0 0 1⎥⎦ ⎢⎣ 0
0
α T T ⎥⎦
Gl. 3-39
den linearen Wärmedehnungstensor. Lösen wir Gl. 3-38 nach den Spannungen auf, dann erhalten wir
S=
E ⎡
ν
⎤ Eα T T
ε I⎥ −
E−
I
⎢
1+ ν ⎣
1 − 2ν ⎦ 1 − 2ν
Gl. 3-40
In obiger Gleichung ist ε = ε xx + ε yy + ε zz die Spur des Verzerrungstensors
3.3.1.1 Kartesische Koordinaten
In kartesischen Koordinaten sind die Dehnungen und Gleitungen
[
]
[
]
[
]
1
σ xx − ν (σ yy + σ zz ) + α T T
E
1
ε yy = σ yy − ν(σ xx + σ zz ) + α T T
E
1
ε zz = σ zz − ν (σ xx + σ yy ) + α T T
E
ε xx =
ε xy =
1+ ν
σ xy
E
ε yz =
1+ ν
σ yz
E
ε zx =
1+ ν
σ zx
E
Gl. 3-41
Gl. 3-42
sowie die Spannungen
σ xx =
(1 − ν)E ⎡
ν
(ε yy + ε zz ) − 1 + ν α T T⎤⎥
ε xx +
⎢
(1 + ν )(1 − 2ν ) ⎣
1− ν
1− ν
⎦
σ yy =
(1 − ν)E ⎡
ν
(ε xx + ε zz ) − 1 + ν α T T ⎤⎥
ε yy +
⎢
(1 + ν)(1 − 2ν) ⎣
1− ν
1− ν
⎦
σ zz =
(1 − ν)E ⎡
ν
(ε xx + ε yy ) − 1 + ν α T T⎤⎥
ε zz +
⎢
(1 + ν)(1 − 2ν) ⎣
1− ν
1− ν
⎦
E
ε xy = Gγ xy
1+ ν
E
=
ε xz = Gγ xz
1+ ν
E
=
ε yz = Gγ yz
1+ ν
Gl. 3-43
σ xy =
σ xz
σ yz
Gl. 3-44
3-18
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
wobei in Gl. 3-44 zur Abkürzung der Schubmodul
G=
E
2(1 + ν )
Gl. 3-45
eingeführt wurde, der allerdings keine neue Materialkonstante darstellt, da es sich durch E
und ν ausdrücken lässt. Die Dimension des Schubmoduls ist
[G ] =
Masse
Länge ⋅ ( Zeit) 2
Einheit
kgm −1 s − 2 = N / m 2
und es gilt wegen Gl. 3-36 und Gl. 3-37
0≤G≤∞
E
E
≤G≤
3
2
Gl. 3-46
Unter Beachtung von Gl. 3-7 und Gl. 3-23 lautet das Werkstoffgesetz Gl. 3-43 und Gl. 3-44
in Matrizenschreibweise
σ = Dε
Gl. 3-47
wobei
⎡
⎢ 1− ν
⎢
⎢ ν
⎢
⎢ ν
E
⎢
D=
(1 + ν)(1 − 2 ν) ⎢ 0
⎢
⎢
⎢ 0
⎢
⎢
⎢⎣ 0
ν
ν
0
0
1− ν
ν
0
0
ν
1− ν
0
0
0
0
1 − 2ν
2
0
0
0
1 − 2ν
2
0
0
0
0
0
⎤
0 ⎥
⎥
0 ⎥
⎥
0 ⎥
⎥
⎥
0 ⎥
⎥
0 ⎥
⎥
1 − 2ν ⎥
2 ⎥⎦
Gl. 3-48
die symmetrische Materialmatrix des räumlichen Spannungszustandes für den isothermen
Fall bezeichnet.
3.3.1.2 Zylinderkoordinaten
F. U. Mathiak
3-19
1
[σrr − ν(σϕϕ + σzz )] + αTT
E
1
ε ϕϕ = [σϕϕ − ν(σ rr + σ zz )] + α T T
E
1
ε zz = [σ zz − ν (σ rr + σϕϕ )] + α T T
E
ε rr =
ε rϕ =
1+ ν
σ rϕ
E
ε ϕz =
1+ ν
σ ϕz
E
ε zr =
1+ ν
σ zr
E
σ rr =
ν
(1 − ν )E ⎡
(εϕϕ + εzz ) − 1 + ν αTT ⎤⎥
ε rr +
⎢
(1 + ν)(1 − 2ν) ⎣
1− ν
1− ν
⎦
σϕϕ =
ν
(1 − ν)E ⎡
(ε rr + ε zz ) − 1 + ν α T T ⎤⎥
ε ϕϕ +
⎢
(1 + ν)(1 − 2ν) ⎣
1− ν
1− ν
⎦
σ zz =
(1 − ν)E ⎡
ν
(ε rr + εϕϕ ) − 1 + ν αTT ⎤⎥
ε zz +
⎢
(1 + ν)(1 − 2ν) ⎣
1− ν
1− ν
⎦
E
ε rϕ = Gγ rϕ
1+ ν
E
σϕz =
ε ϕz = Gγ ϕz
1+ ν
E
σ zr =
ε zr = Gγ zr
1+ ν
Gl. 3-49
Gl. 3-50
Gl. 3-51
σ rϕ =
Gl. 3-52
3.3.1.3 Zylinderkoordinaten bei Rotationssymmetrie
Bei axialsymmetrischen Systemen, deren Geometrie und Belastung Rotationssymmetrie zu
einer Achse aufweisen, etwa bei zylindrischen Behältern unter Flüssigkeitsdruck, können die
voranstehenden Gleichungen noch reduziert werden. Ist die z-Achse die Symmetrieachse,
dann ist nämlich w ϕ (r, ϕ, z) = 0 und sämtliche Änderungen der Zustandsgrößen in tangentialer Richtung müssen ebenfalls verschwinden ( ∂ ∂ϕ = 0 ). Von Gl. 3-30 verbleibt dann
w
∂w r
∂w z
; ε ϕϕ = r ≠ 0; ε zz =
r
∂z
∂r
1 ⎛ ∂w
∂w r ⎞
ε zr = ⎜ z +
⎟
2 ⎝ ∂r
∂z ⎠
ε rϕ = 0; ε ϕz = 0
ε rr =
Gl. 3-53
3-20
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
Als unbekannte Verschiebungen bleiben nur die planaren Komponenten wr(r,z) und wz(r,z).
Das Materialgesetz aufgelöst nach den Spannungen ist dann
1+ ν
ν
⎡
⎤
⎢⎣ε rr + 1 − ν (ε ϕϕ + ε zz ) − 1 − ν α T T ⎥⎦
(1 − ν)E
ν
⎡
(ε rr + ε zz ) − 1 + ν α TT ⎤⎥
=
ε ϕϕ +
⎢
(1 + ν)(1 − 2ν) ⎣
1− ν
1− ν
⎦
σ rr =
σϕϕ
σ zz =
(1 − ν)E
(1 + ν )(1 − 2ν )
(1 − ν)E
(1 + ν)(1 − 2ν)
Gl. 3-54
1+ ν
ν
⎡
⎤
⎢⎣ε zz + 1 − ν (ε rr + ε ϕϕ ) − 1 − ν α T T ⎥⎦
σ zr =
E
ε zr = Gγ zr
1+ ν
Gl. 3-55
Mit dem Spannungs- und Verzerrungsvektor
σ T = (σ zz , σ rr , σ zr , σϕϕ )
ε T = (ε zz , ε rr , ε zr , ε ϕϕ )
Gl. 3-56
und der symmetrischen Materialmatrix für den isothermen Fall
D AX
⎡
⎢ 1
⎢ ν
⎢
(1 − ν)E ⎢1 − ν
=
(1 + ν)(1 − 2ν) ⎢ 0
⎢
⎢ ν
⎢
⎣1 − ν
ν
1− ν
0
1
0
0
1 − 2ν
2(1 − ν)
ν
1− ν
0
ν ⎤
1− ν⎥
ν ⎥
⎥
1− ν⎥
0 ⎥
⎥
⎥
1 ⎥
⎦
Gl. 3-57
kann das Werkstoffgesetz für axialsymmetrische Systeme in Matrizenschreibweise wie folgt
notiert werden
σ = D AXε
Gl. 3-58
3.3.2 Das Elastizitätsgesetz für den ebenen Spannungszustand
Für den ebenen Spannungszustand galt σ jz = 0
( j = x,y,z) .
Es verbleibenden somit die
Spannungen σ xx = σ xx (x,y); σ yy = σ yy(x,y); σ xy = σ xy (x,y) . Durch die Reduktion der zu ermittelnden Spannungsfunktionen σjk von 6 auf 3 lässt sich, im Vergleich zum räumlichen Fall,
F. U. Mathiak
3-21
das Aufstellen der Grundgleichungen des ebenen Spannungszustandes erheblich vereinfachen. Von den Dehnungen verbleiben
1
(σ xx − νσ yy ) + αTT
E
1
ε yy = (σ yy − νσ xx ) + α T T
E
ν
ε zz = − (σ xx + σ yy ) + α T T ≠ 0
E
ε xx =
Gl. 3-59
und entsprechend von den Gleitungen
γ xy =
1
σ xy
G
Gl. 3-60
Lösen wir die obigen Gleichungen nach den Spannungen auf, dann erhalten wir
σ xx =
[
]
σ yy
[
]
σ xy
E
ε xx + νε yy − (1 + ν ) α T T
1− ν2
E
=
ε yy + νε xx − (1 + ν ) α T T
1− ν2
= Gγ xy
Gl. 3-61
Mit dem Spannungs- und Verzerrungsvektor
σ T = (σ xx , σ yy,σ xy )
ε T = (ε xx , ε yy,γ xy )
Gl. 3-62
und der symmetrischen Materialmatrix für den isothermen Fall
DES
⎡
⎢ 1
E ⎢
=
⎢ ν
1 − ν2 ⎢
⎢ 0
⎢⎣
ν
⎤
0 ⎥
⎡D
⎥ ⎢ x
0 ⎥ = ⎢D xy
⎥
1 − ν ⎥ ⎢⎣ 0
2 ⎥⎦
⎤
⎥
⎥
⎥
⎦
Gl. 3-63
E
νE
E
; D xy =
= νD x ; D s =
=G
2
2
1− ν
1− ν
2(1 + ν )
Gl. 3-64
1
0
D xy
Dx
0
0
0
Ds
mit
Dx =
kann das Werkstoffgesetz für den ebenen Spannungszustand in Matrizenschreibweise wie
folgt notiert werden
σ = D ES ε
Gl. 3-65
3-22
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
F. U. Mathiak
3-23
3.3.3 Das Elastizitätsgesetz für den ebenen Verzerrungszustand
Wegen Gl. 3-32 verbleibt von Gl. 3-44
σ xy = 2Gε xy = Gγ xy
σ xz = 0
Gl. 3-66
σ yz = 0
Aus der 3. Beziehung von Gl. 3-41 erhalten wir zunächst wegen ε zz = 0
σ zz = ν(σ xx + σ yy ) − Eα T T ≠ 0
Gl. 3-67
Einsetzen in die beiden ersten Gleichungen von Gl. 3-41 liefert
ε yy
ε zz
1− ν2
E
ν
⎤
⎡
⎢σ xx − 1 − ν σ yy ⎥ + (1 + ν ) α T T
⎦
⎣
2
1− ν ⎡
ν
⎤
σ yy −
σ xx ⎥ + (1 + ν ) α T T
=
⎢
E ⎣
1− ν
⎦
=0
ε xx =
Gl. 3-68
Von den Gleitungen verbleibt nur
2ε xy = γ xy =
1
σ xy
G
Gl. 3-69
Lösen wir Gl. 3-68 nach den Spannungen auf, dann erhalten wir
σ xx =
[
]
σ yy
[
]
σ zz
E
(1 − ν) ε xx + νε yy − (1 + ν) α T T
(1 + ν)(1 − 2 ν)
E
(1 − ν) ε yy + νε xx − (1 + ν) α T T
=
(1 + ν)(1 − 2 ν)
E
=
ν(ε xx + ε yy ) − (1 + ν) α T T
(1 + ν)(1 − 2 ν)
[
Gl. 3-70
]
und
σ xy = Gγ xy
Gl. 3-71
3-24
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
oder in Matrizenschreibweise unter Beachtung von Gl. 3-62 für den isothermen Fall
σ = D EV ε
D EV
⎡
⎢ 1− ν
⎢
E
⎢ ν
=
(1 + ν )(1 − 2 ν ) ⎢
⎢ 0
⎢⎣
Gl. 3-72
ν
1− ν
0
⎤
0 ⎥
⎥
0 ⎥
⎥
1 − 2ν ⎥
2 ⎥⎦
Gl. 3-73
3.3.4 Das Elastizitätsgesetz für den Stab
Wir unterstellen einen einachsigen Spannungszustand (Abb. 3-9) in x-Richtung, für den gilt
σ xx = Eε xx
Gl. 3-74
σ = D ST ε
Gl. 3-75
σ = [σ xx ] und ε = [ε xx ]
Gl. 3-76
oder in Matrizenschreibweise
wobei
gesetzt wurde. Die Materialmatrix für den Stab ist dann
D ST = [E ]
Gl. 3-77
3.3.5 Das Elastizitätsgesetz für den schubstarren Balken
Die Momenten-Krümmungs-Beziehung für den schubstarren Balken lautet bekanntlich
M y (x) = − EI yy w ′′(x)
Gl. 3-78
F. U. Mathiak
3-25
oder in Matrizenschreibweise
M = D BA κ
Gl. 3-79
wobei
M = [M y ] und κ = [− w ′′]
Gl. 3-80
gesetzt wurde. Die Materialmatrix für den schubstarren Balken ist dann
DBA = [EI yy ]
Gl. 3-81
3-26
Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie
F. U. Mathiak
4-1
4 Grundgleichungen der Scheibentheorie
4.1 Voraussetzung
Abb. 4-1 Ebenes Flächentragwerk, Scheibe
Die Scheibe ist ein typischer Vertreter eines ebenen Flächentragwerkes, in der mit guter Näherung ein ebener Spannungszustand unterstellt werden kann.
Hinsichtlich der Geometrie und der Belastung einer z.B. in der x,y- Ebene liegenden Scheibe
werden folgende Voraussetzungen getroffen:
-
Die Scheibe ist ein dünnes ebenes Flächentragwerk
Die Belastung erfolgt parallel zur Scheibenebene und durch Randlasten
Die Belastung ist unabhängig von der Dickenrichtung z der Scheibe
Die Scheibendicke h ist klein gegenüber den Abmessungen in der Ebene
Die Scheibendicke h ist konstant
Die Belastung ist unabhängig von der z- Richtung
Die Oberflächen der Scheibe | z | = h/2 sind lastfrei
Es gilt das Hookesche Gesetz
Die Schnittlasten werden am unverformten System ermittelt (Theorie 1. Ordnung)
4-2
Grundgleichungen der Scheibentheorie
Unter diesen Voraussetzungen können wir in guter Näherung von folgenden Spannungsverläufen ausgehen (Abb. 4-2)
Abb. 4-2 Spannungsverläufe in einer Scheibe
Die obigen Spannungsverläufe legen es nahe, in einer Scheibe einen ebenen Spannungszustand zu unterstellen, für den gilt:
σ jz = 0;
j = x, y, z
Gl. 4-1
4.2 Scheibenschnittlasten
Abb. 4-3 Spannungen an einem Scheibenelement
Wegen σ jk = σ jk ( x, y) besteht keine Abhängigkeit der Spannungen von der Dickenrichtung z
der Scheibe. Aus diesem Grunde ist es in der Scheibentheorie üblich, die Spannungen in Dih/2
ckenrichtung zu Scheibenschnittlasten zusammenzufassen. Mit
∫ dz = h
−h / 2
gilt:
F. U. Mathiak
4-3
Längskräfte:
h 2
n xx =
∫σ
xx
dz = hσ xx
yy
dz = hσ yy
−h 2
h 2
n yy =
∫σ
−h 2
(Kräfte je Längeneinheit)
Abb. 4-4 Längskräfte
Schubkräfte:
h 2
n xy =
∫σ
xy
dz
yx
dz
−h 2
h 2
n yx =
∫σ
−h 2
n yx = n xy
Abb. 4-5 Schubkräfte
(Kräfte je Längeneinheit)
4.3 Transformationsgleichungen
Abb. 4-6 Schnittlasten am Dreieckelement, Scheibendicke h
Wir notieren die Transformationsgleichungen bei Drehung des Koordinatensystems um den
Winkel ϕ für die Scheibenschnittlasten n jk = hσ jk (Abb. 4-6).
4-4
Grundgleichungen der Scheibentheorie
Das Kraftgleichgewicht in x - und y - Richtung liefert ( dx = ds cos ϕ, dy = ds sin ϕ )
∑F
x
= 0:
n xx ds − (n xx ds cos ϕ) cos ϕ − (n yy ds sin ϕ)sin ϕ
− (n xy ds cos ϕ)sin ϕ − (n yx ds sin ϕ)cos ϕ = 0
∑F
y
= 0:
n xy ds + (n xx ds cos ϕ)sin ϕ − (n yy ds sin ϕ)cos ϕ
− (n xy ds cos ϕ)cos ϕ + (n yx ds sin ϕ)sin ϕ = 0
Unter Beachtung von n xy = n yx können wir n xx und n xy sofort berechnen. Zur Ermittlung
von n yy beachten wir, dass die zugehörige Richtung y gegenüber der x - Richtung um π 2
gedreht ist. Mit n yy = n xx (ϕ + π / 2) folgt dann insgesamt
n xx = n xx cos 2 ϕ + n yy sin 2 ϕ + 2n xy sin ϕ cos ϕ
n yy = n xx sin 2 ϕ + n yy cos 2 ϕ − 2n xy sin ϕ cos ϕ
n xy = −n xx sin ϕ cos ϕ + n yy sin ϕ cos ϕ + n xy (cos 2 ϕ − sin 2 ϕ)
oder
n xx =
n yy =
n xy =
n xx + n yy
n xx
2
+ n yy
2
+
−
−
n xx − n yy
n xx
2
− n yy
n xx
2
− n yy
2
cos 2ϕ + n xy sin 2ϕ
cos 2ϕ − n xy sin 2ϕ
Gl. 4-2
sin 2ϕ + n xy cos 2ϕ
Abb. 4-7 Um den Winkel ϕ gedrehter Schnittlastenzustand
Die Beziehungen in Gl. 4-2 beschreiben das Transformationsverhalten des ebenen Schnittlastenzustandes am Punkt P, wenn ein nach den Kanten x,y orientiertes Element um den Winkel
F. U. Mathiak
4-5
ϕ gedreht wird (Abb. 4-7). Wie mit Gl. 4-2 leicht nachgewiesen werden kann, gelten die folgenden Invarianten
n xx + n yy = n xx + n yy
n xx n yy − n 2xy = n xx n yy − n 2xy
4.3.1
Gl. 4-3
Hauptlängskräfte
Nach Gl. 4-2 sind die Scheibenkräfte n xx , n yy und n xy Funktionen des Drehwinkels ϕ. Die
Matrix des Scheibenschnittlastentensors
⎡n xx
N=⎢
⎣ n yx
n xy ⎤ ⎡n ξξ
=
n yy ⎥⎦ ⎢⎣ 0
0 ⎤
n ηη ⎥⎦
Gl. 4-4
erhält Diagonalgestalt, wenn wir den Drehwinkel so wählen, dass n xy = 0 erfüllt ist, also
−
n xx − n yy
2
sin 2ϕ + n xy cos 2ϕ = 0
Gl. 4-5
und damit
tan 2ϕ1 =
2n xy
n xx − n yy
= tan(2ϕ1 + π)
wird.
Abb. 4-8 Hauptlängskraftzustand
Die Hauptlängskräfte ergeben sich aus Gl. 4-2 mit ϕ1
Gl. 4-6
4-6
Grundgleichungen der Scheibentheorie
n ξξ =
n ηη =
n xx + n yy
n xx
2
+ n yy
2
+
−
n xx − n yy
n xx
2
− n yy
2
cos 2ϕ1 + n xy sin 2ϕ1
Gl. 4-7
cos 2ϕ1 − n xy sin 2ϕ1
Ein mit ϕ1 gedrehtes Element (Abb. 4-8) unterliegt somit einem reinen Längskraftzustand.
Wegen tan 2ϕ1 = tan (2ϕ1 + π ) existiert eine zweite Richtung
ϕ 2 = ϕ1 +
π
2
Gl. 4-8
für die Gl. 4-5 ebenfalls erfüllt ist. Für diese Drehwinkel werden außerdem die Längskräfte
extremal, denn die für das Vorliegen von Extremwerten notwendigen Bedingungen
und
dn yy
dϕ
dn xx
=0
dϕ
= 0 führen wiederum auf Gl. 4-5. Der unter diesen Richtungen auftretende schub-
kraftfreie Zustand wird Hauptlängskraftzustand genannt. Die Achsen ξ und η heißen
Hauptachsen. Die Invarianten nach Gl. 4-3 gehen für den Hauptlängskraftzustand wegen
n ξη = 0 über in
n ξξ + n ηη = n xx + n yy
Gl. 4-9
n ξξ n ηη = n xx n yy − n 2xy
Aus Gl. 4-9 lassen sich die Hauptlängskräfte berechnen, ohne den Weg über die Transformationsgleichungen Gl. 4-2 zu gehen. Eine direkte Zuordnung zum Drehwinkel ist dann allerdings nicht möglich. Wir ordnen sie so an, dass n 11 > n 22 ist.
n 22
[
[
1
(n xx + n yy ) + (n xx − n yy ) 2 + 4n 2xy
2
1
= (n xx + n yy ) − (n xx − n yy ) 2 + 4n 2xy
2
n 11 =
]
]
Gl. 4-10
Der Gl. 4-6 entspricht folgende Darstellung
tan 2ϕ1 =
2n xy
n xx − n yy
=
2 tan ϕ1
2 y′
=
2
1 − tan ϕ1 1 − y ′ 2
Auflösung nach y' liefert die Differentialgleichung der Hauptlängskrafttrajektorien.
Gl. 4-11
F. U. Mathiak
4-7
y1′, 2 =
n yy − n xx
2n xy
2
⎛ n xx − n yy ⎞
⎟ +1
± ⎜
⎟
⎜ 2n
xy
⎠
⎝
Gl. 4-12
Hinweis: Weil y1′ ⋅ y ′2 = −1 gilt, schneiden sich die Hauptlängskrafttrajektorien in einem
Winkel von 90°.
4.3.2
Hauptschubkräfte
Die Richtung für die extremalen Schubkräfte erhalten wir aus der Forderung
dn xy
dϕ
= 0 = −(n xx − n yy ) cos 2ϕ − 2n xy sin 2ϕ
und damit
tan 2ϕ 3 = −
Wegen tan 2ϕ 3 = −
n xx − n yy
2n xy
=−
1
= − cot 2ϕ1 = tan(2ϕ 3 + π)
tan 2ϕ1
Gl. 4-13
1
stehen die beiden Richtungen ϕ 3 und ϕ 1 senkrecht aufeinander.
tan 2ϕ1
Damit wird
ϕ 3 = ϕ1 +
π
4
Gl. 4-14
d.h. die diesem Winkel zugeordneten Hauptschubkräfte
n 12 = ±
1
(n xx − n yy ) 2 + 4n 2xy
2
Gl. 4-15
treten in einer unter 45° gegen die Hauptlängskraftrichtung gedrehten Schnittfläche auf. Dieser Hauptschubkraftzustand ist i.a. nicht längskraftfrei, vielmehr wirken in dieser Schnittfläche die Längskräfte
nM =
1
(n xx + n yy )
2
Gl. 4-16
4-8
Grundgleichungen der Scheibentheorie
Abb. 4-9 Der Hauptschubkraftzustand
Nach Gl. 4-13 gilt
tan 2ϕ 3 = −
n xx − n yy
2n xy
=
2 tan ϕ 3
2y′
=
2
1 − tan ϕ 3 1 − y ′ 2
Gl. 4-17
Auflösung nach y' liefert
2
y1′, 2 =
2n xy
n xx − n yy
⎛ 2n
⎞
⎜
⎟
xy
± ⎜
⎟ +1
⎜n −n ⎟
yy ⎠
⎝ xx
Gl. 4-18
die Differentialgleichung der Hauptschubkrafttrajektorien.
Hinweis: Hauptlängskraft- und Hauptschubkrafttrajektorien bilden je für sich ein orthogonales Netz. Beide Netze schneiden sich unter einem Winkel von α = 45° .
4.3.3
Grundgleichungen
Zur Herleitung der Scheibengleichung fassen wir zur besseren Übersicht die Grundgleichungen der linearen Elastizitätstheorie noch einmal zusammen. Das waren die Gleichgewichtsbedingungen (Gl. 5-12) für den ebenen Spannungszustand ( n jk = hσ jk )
F. U. Mathiak
4-9
∂n xx ∂n yx
+
+ hf x = 0
∂x
∂y
∂n xy ∂n yy
+
+ hf y = 0
∂x
∂y
Gl. 4-19
die kinematischen Beziehungen oder auch Verzerrungs-Verschiebungsrelationen
ε xx =
∂u
∂v
∂u ∂v
, ε yy =
, γ xy =
+
∂x
∂y
∂y ∂x
Gl. 4-20
und das Werkstoffgesetz (hier für den isothermen Fall)
Eh
(ε xx + νε yy )
1− ν2
Eh
(ε yy + νε xx )
=
1− ν2
= Ghγ xy
n xx =
n yy
n xy
Gl. 4-21
Mit Gl. 4-19 , Gl. 4-20 und Gl. 4-21 liegen 8 Gleichungen für die 8 Unbekannte (3 Schnittlasten, 3 Verzerrungen und 2 Verschiebungen vor. Ergänzt werden diese Gleichungen durch die
Randbedingungen, die als Kraft- oder Verschiebungsrandbedingungen auftreten können.
Abhängig vom konkret zu lösenden Randwertproblem ist es nun sinnvoll, entweder die
Schnittlasten oder die Verzerrungen aus diesen Gleichungen zu eliminieren.
4.4 Elimination der Spannungen, Verschiebungsfunktion
Beachten wir in Gl. 4-21 die kinematischen Beziehungen Gl. 4-20, dann folgt
⎛ ∂u
∂v ⎞
⎜⎜ + ν ⎟⎟
∂y ⎠
⎝ ∂x
Eh ⎛ ∂v
∂u ⎞
⎜ + ν ⎟⎟
=
2 ⎜
∂x ⎠
1 − ν ⎝ ∂y
n xx =
n yy
Eh
1− ν2
⎛ ∂v ∂u ⎞
n xy = Gh⎜⎜ + ⎟⎟
⎝ ∂x ∂y ⎠
Beachten wir in Gl. 4-22 die Gleichgewichtsbedingungen Gl. 4-19, dann erhalten wir
Gl. 4-22
4-10
Grundgleichungen der Scheibentheorie
E
1− ν2
⎛ ∂ 2u
∂2v ⎞
E ⎛ ∂ 2v ∂2u ⎞
⎜⎜ 2 + ν
⎟+
⎜
⎟ + fx = 0
+
∂x∂y ⎟⎠ 2(1 + ν ) ⎜⎝ ∂x∂y ∂y 2 ⎟⎠
⎝ ∂x
E
1− ν2
⎛ ∂2v
∂2u ⎞
E ⎛ ∂2v ∂2u ⎞
⎜⎜ 2 + ν
⎟⎟ +
⎜
⎟ + fy = 0
+
∂x∂y ⎠ 2(1 + ν ) ⎜⎝ ∂x 2 ∂x∂y ⎟⎠
⎝ ∂y
Gl. 4-23
Die obigen Gleichungen können noch umgeschrieben werden.
∆u +
1 + ν ∂ ⎛ ∂u ∂v ⎞
2(1 + ν )
⎜⎜ + ⎟⎟ = −
fx
1 − ν ∂x ⎝ ∂x ∂y ⎠
E
1 + ν ∂ ⎛ ∂u ∂v ⎞
2(1 + ν )
⎜⎜ + ⎟⎟ = −
fy
∆v +
1 − ν ∂y ⎝ ∂x ∂y ⎠
E
Gl. 4-24
Die Gl. 4-24 heißen Lamé-Naviersche1 Verschiebungsdifferentialgleichungen. In diesem
partiellen Differentialgleichungssystem treten nur noch die unbekannten Verschiebungsfelder
u(x,y) und v(x,y) auf. Eine Lösung kann mit Hilfe der Verschiebungsfunktion Φ(x,y) erzeugt
werden. Dazu machen wir den folgenden speziellen Ansatz
∂ 2 Φ ( x , y)
u ( x, y) = (A + B)
∂x∂y
∂ 2 Φ ( x , y)
∂ 2 Φ ( x , y)
B
v ( x , y) = A
−
∂x 2
∂y 2
Gl. 4-25
mit den beiden noch freien Konstanten A und B. Wir betrachten im Folgenden den homogenen Fall (fx = fy = 0). Die Scheibe wird also nur noch durch Randverschiebungen beansprucht.
Dann verbleiben von Gl. 4-24
2
⎞ ∂
⎛ 2A
(∆Φ ) = 0
+ B⎟
⎜
⎠ ∂x∂y
⎝1− ν
2A ∂ 2
∂2
(
)
(∆Φ ) = 0
B
∆Φ
−
1 − ν ∂y 2
∂x 2
Für B = −
Gl. 4-26
2A
ist die erste der beiden Gleichungen erfüllt und die zweite geht über in
1− ν
2A
∆∆Φ = 0 , die dann für
1− ν
1
Gabriel Lamé, frz. Mathematiker u. Physiker, 1795-1870 und Claude Louis Marie Henri Navier, frz. Physiker,
1785-1836
F. U. Mathiak
4-11
∆∆Φ = 0
Gl. 4-27
mit beliebigem A ebenfalls erfüllt ist. Von Gl. 4-27 ist eine Lösung aufzusuchen, aus der sich
dann die Verformungen
u ( x , y) = −
1 + ν ∂ 2 Φ ( x , y)
1 − ν ∂x∂y
∂ 2 Φ ( x , y)
2 ∂ 2 Φ ( x , y)
1 + ν ∂ 2 Φ ( x , y)
+
=
∆Φ
+
v ( x , y) =
1 − ν ∂x 2
1− ν
∂y 2
∂x 2
Gl. 4-28
ergeben.
4.5 Elimination der Verschiebungen, Spannungsfunktion
Dieser Weg ist immer dann von Vorteil, wenn Spannungs- oder Kraftrandbedingungen vorgegeben sind. Aus den Grundgleichungen Gl. 4-19, Gl. 4-20 und Gl. 4-21 müssen jetzt die
Verschiebungen eliminiert werden. Im Folgenden wird wieder nur der homogene Fall mit
fx = fy = 0 betrachtet, die Scheibe soll also nur durch Randlasten belastet werden. Zur Herleitung der maßgebenden Differentialgleichung betrachten wir die Kompatibilitätsbedingungen
für den ebenen Fall, von denen lediglich
2
∂ 2 ε xy
∂ 2 ε xx ∂ ε yy
=0
−2
+
∂x∂y
∂x 2
∂y 2
Gl. 4-29
verbleibt. Aus dieser Gleichung eliminieren wir mit Hilfe des Werkstoffgesetzes für den ebenen Spannungszustand (isothermer Fall) die Verzerrungen
∂ 2 n xy
∂ 2 n yy ∂ 2 n yy
∂ 2 n xx
∂ 2 n xx
=0
−
ν
=
2
(
1
+
ν
)
+
−
ν
∂x∂y
∂x 2
∂x 2
∂y 2
∂y 2
Gl. 4-30
Unter Berücksichtigung der Gleichgewichtsbedingungen kann noch etwas umgeformt werden. Aus Gl. 4-19 folgt, wenn wir die 1. Gleichung nach x und die zweite nach y differenzieren und anschließend addieren
4-12
Grundgleichungen der Scheibentheorie
2
⎫
∂ 2 n xx ∂ n yx
= 0⎪
+
2
∂x∂y
∂x
⎪
⎬
2
2
∂ n xy ∂ n yy
⎪
= 0⎪
+
2
∂x∂y
∂y
⎭
⎛ ∂ 2 n xx ∂ 2 n yy ⎞
⎟
+
= −⎜
→2
2 ⎟
⎜ ∂x 2
∂x∂y
y
∂
⎠
⎝
∂ 2 n yx
Berücksichtigen wir diesen Sachverhalt in Gl. 4-30, dann erhalten wir
∆(n xx + n yy ) = 0
Gl. 4-31
Durch Einführung der Airyschen1 Spannungsfunktion F(x,y), aus der die Schnittkräfte nach
folgender Vorschrift ermittelt werden
n xx =
∂ 2F
∂ 2F
∂ 2F
,
n
=
−
,
n
=
yy
xy
∂x∂y
∂y 2
∂x 2
Gl. 4-32
kann Gl. 4-31 noch vereinfacht werden. Mit Gl. 4-32 sind die Gleichgewichtsbedingungen
erfüllt. Die Kompatibilitätsbedingungen Gl. 4-31 erfordern dann
∂4F
∂ 4F
∂ 4F
=0
2
+
+
∂x 2 ∂y 2 ∂y 4
∂x 4
Gl. 4-33
oder unter Verwendung des planaren Laplace-Operators
∆∆F( x, y) = 0
4.6 Randbedingungen
4.6.1
4.6.1.1
1
Verschiebungsrandbedingungen
Der Eingespannte Rand x = x0 = konst.
Sir (seit 1872) George Bidell Airy, brit. Mathematiker und Astronom, 1801-1892
Gl. 4-34
F. U. Mathiak
4-13
Es dürfen keine Randverschiebungen auftreten, so dass
u (x 0 , y ) = 0
Gl. 4-35
v( x 0 , y) = 0
gefordert werden muss. Sind explizit Randverschiebungen u 0 ( y), v 0 ( y) vorgegeben, dann
gilt
u (x 0 , y ) = u 0 ( y )
v ( x 0 , y) = v 0 ( y)
4.6.1.2
Gl. 4-36
Der freie Rand x = x0 = konst.
Wirken keine Randlasten, dann müssen n xx ( x 0 , y) = 0 und n xy ( x 0 , y) = 0 sein. Unter Beachtung von
n xx =
können wir dafür auch
⎛ ∂u
∂v ⎞
⎜⎜ + ν ⎟⎟
∂y ⎠
⎝ ∂x
⎛ ∂v
∂u ⎞
⎜⎜ + ν ⎟⎟
∂x ⎠
⎝ ∂y
⎛ ∂v ∂u ⎞
= Gh⎜⎜ + ⎟⎟
⎝ ∂x ∂y ⎠
n yy =
n xy
Eh
1− ν2
Eh
1− ν2
4-14
Grundgleichungen der Scheibentheorie
⎡ ∂u
∂v ⎤
=0
⎢ ∂x + ν ∂y ⎥
⎣
⎦ x0 ,y
⎡ ∂v ∂u ⎤
=0
⎢ ∂x + ∂y ⎥
⎣
⎦ x0 ,y
Gl. 4-37
schreiben. Sind Randschnittlasten n xx ,0 ( x 0 , y) und n xy ,0 ( x 0 , y) vorgegeben, dann muss
⎡ ∂u
1− ν2
∂v ⎤
ν
n xx ,0 ( y)
=
+
⎢ ∂x
E
∂y ⎥⎦ x 0 , y
⎣
⎡ ∂v ∂u ⎤
1
=
n xy ,0 ( y)
⎢ ∂x + ∂y ⎥
⎣
⎦ x 0 , y Gh
Gl. 4-38
erfüllt sein.
4.6.2
4.6.2.1
Kraftrandbedingungen
Der Eingespannte Rand x = x0 = konst.
Hinweis: Da es erhebliche Schwierigkeiten bereitet, die Bedingungen des eingespannten Randes in den Kräften zu formulieren, ist es rechentechnisch günstiger, diesen Fall mit den LaméNavierschen Verschiebungsdifferentialgleichungen zu lösen.
4.6.2.2
Der freie Rand x = x0 = konst.
Bei homogenen Randbedingungen müssen wieder n xx ( x 0 , y) = 0 und n xy ( x 0 , y) = 0 sein,
sonst gilt
n xx (x 0 , y ) = n xx ,0 (x 0 , y )
n xy (x 0 , y ) = n xy ,0 (x 0 , y )
Gl. 4-39
F. U. Mathiak
5-1
5 Grundgleichungen der klassischen
Plattentheorie
5.1 Voraussetzungen
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Die Platte ist ein dünnes ebenes Flächentragwerk
Die Belastung erfolgt senkrecht zur Plattenebene und durch Randlasten
Die Plattendicke h ist klein gegenüber den Abmessungen in der Ebene
Die Plattendicke h ist konstant
Es gilt das Hookesche Gesetz
Die Schnittlasten werden am unverformten System ermittelt (Theorie 1. Ordnung)
Abb. 5-1 Dünne Rechteckplatte der Dicke h, mögliche Feld- und Randbelastungen
5.2 Plattenschnittlasten
Wie beim Balken, wird auch in der Plattentheorie vorteilhaft mit Spannungsresultierenden
gearbeitet. Allerdings werden bei der Platte die Spannungen nur über die Plattendicke h integriert. Die so definierten Schnittgrößen haben dann die Dimension Kraft/Länge oder Moment/Länge
5-2
Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie
Abb. 5-2 Spannungen an einem Plattenelement
Querkräfte:
h 2
∫σ
qx =
xz
dz
yz
dz
−h 2
h 2
qy =
∫σ
−h 2
Abb. 5-3 Querkräfte
(Kräfte je Längeneinheit)
Biegemomente:
h 2
m xx =
∫σ
xx
z dz
yy
z dz
−h 2
h 2
m yy =
∫σ
−h 2
Abb. 5-4 Biegemomente
(Momente je Längeneinheit)
Drillmomente:
h 2
m xy =
∫σ
xy
z dz
yx
z dz
−h 2
h 2
m yx =
∫σ
−h 2
Abb. 5-5 Drillmomente
m xy = m yx
(Momente je Längeneinheit)
F. U. Mathiak
5-3
5.3 Transformationsgleichungen für die Schnittmomente
Wir untersuchen das Transformationsverhalten der Schnittmomente beim Übergang vom
x , y - Koordinatensystem auf das um den Winkel ϕ gedrehte x , y - Koordinatensystem.
Die Transformationsgesetze für Vektoren liefern bei einer Drehung um den Winkel ϕ
(Abb. 5-6)
Abb. 5-6 Plattenelement
1
1
(m xx + m yy ) + (m xx − m yy ) cos 2ϕ + m xy sin 2ϕ
2
2
1
1
= (m xx + m yy ) − (m xx − m yy ) cos 2ϕ − m xy sin 2ϕ
2
2
1
=
− (m xx − m yy ) sin 2ϕ + m xy cos 2ϕ
2
m xx =
m yy
m xy
Gl. 5-1
Offensichtlich sind die Transformationsgesetze für die Schnittmomente identisch mit denen
für die Scheibenschnittlasten. Es gelten (Gl. 5-1) die folgenden invarianten Beziehungen
m xx + m yy = m xx + m yy
m xx m yy − m 2xy = m xx m yy − m 2xy
5.3.1 Hauptbiegemomente
Die Matrix des Schnittmomententensors
Gl. 5-2
5-4
Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie
⎡m xx
M=⎢
⎣⎢m yx
m xy ⎤ ⎡m ξξ
⎥=⎢
m yy ⎦⎥ ⎣⎢ 0
0 ⎤
⎥
m ηη ⎦⎥
erhält Diagonalgestalt, wenn wir den Drehwinkel ϕ so wählen, dass
1
− (m xx − m yy ) sin 2ϕ + m xy cos 2ϕ = 0
2
Gl. 5-3
und damit
tan 2ϕ1 =
2m xy
m xx − m yy
= tan(2ϕ1 + π)
Gl. 5-4
wird. Ein so in der Ebene orientiertes Element ist damit frei von Drillmomenten. Zu den in
Gl. 5-4 ermittelten Richtungen gehören die Hauptbiegemomente
1
1
(m xx + m yy ) + (m xx − m yy ) cos 2ϕ1 + m xy sin 2ϕ1
2
2
1
1
= (m xx + m yy ) − (m xx − m yy ) cos 2ϕ1 − m xy sin 2ϕ1
2
2
m ξξ =
m ηη
Gl. 5-5
Abb. 5-7 Hauptbiegemomente
Wegen tan 2ϕ1 = tan (2ϕ1 + π ) existiert eine zweite Richtung
ϕ 2 = ϕ1 +
π
2
Gl. 5-6
für die Gl. 5-3 ebenfalls erfüllt ist. Für diese Drehwinkel werden außerdem die Biegemomente extremal, denn die für das Vorliegen von Extremwerten notwendigen Bedingungen
F. U. Mathiak
5-5
dm yy
dm xx
= 0 und
= 0 führen wiederum auf Gl. 5-4. Der unter diesen Richtungen auftredϕ
dϕ
tende drillmomentenfreie Zustand wird Hauptbiegemomentenzustand genannt. Die Achsen
ξ und η heißen Hauptachsen. Die Invarianten Gl. 5-2 gehen für den Hauptbiegemomenten-
zustand wegen m ξη = 0 über in
m ξξ + m ηη = m xx + m yy
Gl. 5-7
m ξξ m ηη = m xx m yy − m 2xy
Aus Gl. 5-7 lassen sich die Hauptmomente berechnen, ohne den Weg über die Transformationsgleichungen zu gehen. Eine direkte Zuordnung zum Drehwinkel ist dann allerdings nicht
möglich. Wir ordnen sie so an, dass m 11 > m 22 ist und erhalten
1⎡
2
(m xx + m yy ) + (m xx − m yy ) 2 + 4m xy ⎤
⎢
⎥⎦
⎣
2
1
2
= ⎡(m xx + m yy ) − (m xx − m yy ) 2 + 4m xy ⎤
⎢
⎥⎦
⎣
2
m11 =
m 22
Wegen tan 2ϕ1 =
Gl. 5-8
2m xy
2 tan ϕ1
2 y′
=
=
folgt aus Gl. 5-4 die Differentialglei2
2
m xx − m yy
1 − tan ϕ1 1 − y′
chung der Hauptbiegemomententrajektorien.
y1′, 2 =
m yy − m xx
2m xy
⎛ m yy − m xx
± ⎜
⎜ 2m
xy
⎝
2
⎞
⎟ −1
⎟
⎠
Gl. 5-9
Hinweis: Wegen y1′ ⋅ y′2 = −1 schneiden sich die Hauptbiegemomententrajektorien in einem
Winkel von 90°.
5.3.2 Hauptdrillmomente
Die Richtung für die extremalen Drillmomente erhalten wir aus der Forderung
dm xy
dϕ
und damit
= 0 = −(m xx − m yy ) cos 2ϕ − 2m xy sin 2ϕ
5-6
Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie
tan 2ϕ 3 = −
m xx − m yy
2m xy
=−
1
= − cot 2ϕ1 = tan(2ϕ 3 + π)
tan 2ϕ1
Gl. 5-10
Diesen Richtungen sind die Hauptdrillmomente
m12 = ±
1
(m xx − m yy ) 2 + 4m 2xy
2
Gl. 5-11
zugeordnet. Der Hauptdrillmomentenzustand ist i.a. nicht biegemomentenfrei, vielmehr wirken in dieser Schnittfläche die Biegemomente
mM =
1
(m xx + m yy )
2
Gl. 5-12
Abb. 5-8 Der Hauptdrillmomentenzustand
Nach Gl. 5-10 gilt
tan 2ϕ 3 = −
m xx − m yy
2m xy
=
2 tan ϕ 3
2 y′
=
2
1 − tan ϕ 3 1 − y ′ 2
Gl. 5-13
Auflösung nach y' liefert
y1′, 2 =
2m xy
m xx − m yy
2
⎛ 2m xy ⎞
⎟ +1
± ⎜
⎜m −m ⎟
yy ⎠
⎝ xx
die Differentialgleichung der Hauptdrillmomententrajektorien.
Gl. 5-14
F. U. Mathiak
5-7
Hinweis: Wegen y1′ ⋅ y′2 = −1 schneiden sich die Hauptdrillmomententrajektorien in einem
Winkel von 90°. Die Hauptdrill- und die Hauptbiegemomententrajektorien bilden je für sich
ein orthogonales Netz. Wegen tan 2ϕ 3 = −1 / tan 2ϕ1 stehen die beiden Richtungen 2ϕ 3 und
2ϕ1 senkrecht aufeinander. Damit wird ϕ 3 = ϕ1 +
π
. Beide Netze schneiden sich unter einem
4
Winkel von α = 45° .
5.4 Gleichgewicht am Plattenelement
Wir betrachten ein aus der Platte geschnittenes Element der Abmessungen dx dy (s.h. Abb.
5-2). Das Element wird durch eine Flächenlast p(x,y) sowie die durch den Schnitt freigesetzten Querkräfte qx, qy und Momente mxx, myy, mxy = myx entsprechend Abb. 5-3 - Abb. 5-5 belastet. Kraft- und Momentengleichgewicht fordern
∑F
z
= 0:
p dx dy + (q y +
∂m yy
∂q y
∂y
dy)dx + (q x +
∂m xy
∂q x
dx )dy − q y dx − q x dy = 0
∂x
∂q y
dy
=0
2
∑M
x
= 0:
−
∑M
y
= 0:
∂m yx
∂m xx
∂q
dx
dxdy +
dydx − q x dydx − x dxdy
=0
∂x
∂y
∂x
2
∂y
dydx −
∂x
dxdy + q y dxdy +
∂y
dydx
Mit dx dy → 0 liefert das Kraftgleichgewicht
∂q x ∂q y
+
+ p= 0
∂x
∂y
Gl. 5-15
sowie das Momentengleichgewicht getrennt um beide Achsen
∂m xx ∂m yx
− qx = 0
+
∂y
∂x
∂m xy ∂m yy
+
− qy = 0
∂x
∂y
Gl. 5-16
Einsetzen von Gl. 5-16 in Gl. 5-15 ergibt
∂ 2 m xy ∂ 2 m yy
∂ 2 m xx
+p=0
+
2
+
∂x∂y
∂y 2
∂x 2
Gl. 5-17
5-8
Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie
5.5 Das Verschiebungsfeld w(x,y)
Die Verschiebung eines Punktes P mit dem Abstand z von der Mittelfläche setzt sich zusammen aus der Verschiebung w(x,y) der Plattenmittelfläche und den Verschiebungen u(x,y,z)
sowie v(x,y,z), die sich wie folgt auf die Verschiebung w zurückführen lassen.
Abb. 5-9 Verschiebung des Punktes P
Unter der Voraussetzung kleiner Verformungen und kleiner 1. Ableitungen der Verformungen entnehmen wir Abb. 5-9:
u ( x, y, z) = − z
∂w
∂x
v( x , y, z) = − z
∂w
∂y
wobei die Verschiebung w der Plattenmittelfläche nur von den Koordinaten x, y abhängt.
Damit ergeben sich die Verzerrungen
ε xx =
∂u
∂v
∂2w
∂2w
= −z 2 ; ε yy =
= − z 2 ; ε zz = 0
∂x
∂y
∂x
∂y
γ xy =
∂u ∂v
∂2w
+
= −2z
∂y ∂x
∂x∂y
γ xz = γ yz = 0
In einer dünnen Platte kann mit guter Näherung ein ebener Spannungszustand (σ zz = 0) unterstellt werden, für den gilt:
σ xx =
E
E
(ε xx + νε yy ) σ yy =
(ε yy + νε xx ) σ xy = Gγ xy
2
1− ν
1− ν2
F. U. Mathiak
5-9
Abb. 5-10 Spannungsverteilungen in Dickenrichtung
Einsetzen der Verzerrungen in das Stoffgesetz liefert
σ xx
σ yy
σ xy
2
⎛ ∂2w
⎞
⎜ 2 +ν∂ w
⎟z
2 ⎟
⎜ ∂x
∂
y
⎝
⎠
2
2
E ⎛∂ w
∂ w⎞
⎜
⎟z
=−
+
ν
1 − ν 2 ⎜⎝ ∂y 2
∂x 2 ⎟⎠
= −2Gzγ xy
E
=−
1− ν2
Gl. 5-18
Unter Beachtung der Definition für das Biegemoment mxx erhalten wir
h/2
E ⎛ ∂2w
Eh 3 ⎛ ∂ 2 w
∂2w ⎞
∂2w ⎞
2
⎜
⎜
m xx = ∫ σ xx z dz = −
+ ν 2 ⎟⎟ ∫ z dz = −
+ ν 2 ⎟⎟
1 − ν 2 ⎜⎝ ∂x 2
12(1 − ν 2 ) ⎜⎝ ∂x 2
∂y ⎠ − h / 2
∂y ⎠
−h / 2
1
424
3
h/2
= h 3 / 12
und mit der Plattensteifigkeit
N=
Eh 3
12(1 − ν 2 )
Gl. 5-19
folgt für die Schnittlasten
2
∂2w ⎞
⎛∂ w
m xx = − N⎜ 2 + ν 2 ⎟
∂y ⎠
⎝ ∂x
2
∂2w ⎞
⎛∂ w
m yy = − N⎜ 2 + ν 2 ⎟
∂x ⎠
⎝ ∂y
m xy = m yx
= − N(1 − ν )
∂2w
∂x∂y
Gl. 5-20
5-10
Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie
∂
∂ ⎛ ∂2w ∂2w ⎞
q x = − N ⎜⎜ 2 + 2 ⎟⎟ = − N ∆w
∂x
∂x ⎝ ∂x
∂y ⎠
∂
∂ ⎛ ∂2w ∂2w ⎞
q y = − N ⎜⎜ 2 + 2 ⎟⎟ = − N ∆w
∂y
∂y ⎝ ∂x
∂y ⎠
Gl. 5-21
In Gl. 5-21 wurde der planare Laplace1 - Operator
∆=
∂2
∂2
+
∂x 2 ∂y 2
Gl. 5-22
eingeführt.
5.6 Die Plattendifferentialgleichung
Einsetzen von Gl. 5-20 in Gl. 5-17 führt auf
⎛ ∂4w
⎛ ∂4w
∂4w
∂4w ⎞
∂4w ⎞
− N⎜⎜ 4 + ν 2 2 ⎟⎟ − 2 N(1 − ν ) 2 2 − N⎜⎜ 4 + ν 2 2 ⎟⎟ + p = 0
∂x ∂y
∂x ∂y ⎠
∂x ∂y ⎠
⎝ ∂y
⎝ ∂x
und zusammengefasst
∂4w
∂4w
∂4w p
+2 2 2 + 4 =
N
∂x 4
∂x ∂y
∂y
Gl. 5-23
Unter Beachtung von Gl. 5-22 können wir dafür auch kürzer
∆∆w ( x, y) =
p( x , y)
N
schreiben.
1
Pierre Simon Marquis de (seit 1817) Laplace, frz. Mathematiker und Physiker, 1749-1827
Gl. 5-24
F. U. Mathiak
5-11
5.7 Die Plattengleichung in Zylinderkoordinaten
Zur Berechnung kreis- oder kreisringförmiger Platten ist die Verwendung kartesischer Koordinaten ungeeignet. Dem Problem angepasst sind hier Zylinderkoordinaten, das sind ebene
Polarkoordinaten r, ϕ und die z- Richtung. Die Definition der Schnittlasten erfolgt analog zur
Definition der Schnittlasten bei Verwendung kartesischer Koordinaten
Abb. 5-11 Spannungsverteilung an einem Plattenelement, Zylinderkoordinaten
Querkräfte:
h 2
∫σ
qr =
rz
dz
−h 2
h 2
qϕ =
∫σ
ϕz
dz
−h 2
Abb. 5-12 Querkräfte
(Kräfte je Längeneinheit)
Biegemomente:
h 2
m rr =
∫σ
rr
z dz
−h 2
h 2
m ϕϕ =
∫σ
ϕϕ
z dz
−h 2
Abb. 5-13 Biegemomente
(Momente je Längeneinheit)
5-12
Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie
Drillmomente:
h 2
m rϕ =
∫σ
rϕ
z dz
ϕr
z dz
−h 2
h 2
m ϕr =
∫σ
−h 2
m rϕ = m ϕr
Abb. 5-14 Drillmomente
(Momente je Längeneinheit)
Das Kraftgleichgewicht am Plattenelement liefert
dq r q r 1 ∂q ϕ
+
+
+p=0
dr
r r ∂ϕ
Gl. 5-25
Für das Momentengleichgewicht erhalten wir
∂m rr m rr m ϕϕ 1 ∂m rϕ
− qr = 0
+
−
+
r
r
r ∂ϕ
∂r
m rϕ
1 ∂m ϕϕ ∂m rϕ
+
+2
− qϕ = 0
r ∂ϕ
∂r
r
Gl. 5-26
Unter Verwendung des Laplace-Operators in ebenen Polarkoordinaten
∆=
∂2 1 ∂ 1 ∂2
+
+
∂r 2 r ∂r r 2 ∂ϕ 2
Gl. 5-27
schreibt sich die Verschiebungsdifferentialgleichung
∆∆w (r, ϕ) =
p(r, ϕ)
N
Gl. 5-28
oder
⎛ ∂ 2 1 ∂ 1 ∂ 2 ⎞⎛ ∂ 2 1 ∂ 1 ∂ 2 ⎞
⎟w
⎟⎜
+
+
+
∆∆w = ⎜⎜ 2 +
r ∂r r 2 ∂ϕ 2 ⎟⎠⎜⎝ ∂r 2 r ∂r r 2 ∂ϕ 2 ⎟⎠
⎝ ∂r
2 ∂3w
4 ∂2w 1 ∂4w
∂ 4 w 2 ∂ 3 w 1 ∂ 2 w 1 ∂w 2 ∂ 4 w
+
+
−
+
+
−
= 4 +
r ∂r 3 r 2 ∂r 2 r 3 ∂r r 2 ∂r 2 ∂ϕ 2 r 3 ∂r∂ϕ 2 r 4 ∂ϕ 2 r 4 ∂ϕ 4
∂r
p(r, ϕ)
=
N
Gl. 5-29
F. U. Mathiak
5-13
Die Schnittlasten sind
⎡∂2w
⎛ 1 ∂w 1 ∂ 2 w ⎞⎤
⎟
+ 2
m rr = − N ⎢ 2 + ν⎜⎜
2 ⎟⎥
⎝ r ∂r r ∂ϕ ⎠⎦
⎣ ∂r
⎡1 ∂w 1 ∂ 2 w
∂2w ⎤
m ϕϕ = − N ⎢
+ 2
+
ν
2
∂r 2 ⎥⎦
⎣ r ∂r r ∂ϕ
m rϕ = −(1 − ν )N
Gl. 5-30
∂ ⎛ 1 ∂w ⎞
⎜
⎟
∂r ⎜⎝ r ∂ϕ ⎟⎠
∂
(∆w )
∂r
1 ∂
(∆w )
qϕ = −N
r ∂ϕ
q r = −N
Im Falle der Rotationssymmetrie ist
Gl. 5-31
∂
= 0 , w = w (r ) , p = p(r ) und der planare Laplace∂ϕ
d2 1 d 1 d ⎛ d ⎞
d
=
Operator reduziert sich auf ∆ = 2 +
= ( )′ geht Gl. 5-29 über in
⎜ r ⎟ . Mit
r dr r dr ⎝ dr ⎠
dr
dr
⎛ d 2 1 d ⎞⎛ d 2 1 d ⎞
1 d ⎧⎪ d ⎡1 d ⎛ dw ⎞⎤ ⎫⎪
⎟⎜ 2 +
⎟w =
∆∆w (r ) = ⎜⎜ 2 +
⎟⎥ ⎬
⎜r
⎨r ⎢
r dr ⎟⎠⎜⎝ dr
r dr ⎟⎠
r dr ⎪ dr ⎣⎢ r dr ⎜⎝ dr ⎟⎠⎦⎥ ⎪
⎝ dr
⎩
⎭
Gl. 5-32
p( r )
2
1
1
= w ′′′′ + w ′′′ − 2 w ′′ + 3 w ′ =
r
N
r
r
⎛ d2w
1 dw ⎞
⎟
m rr = − N⎜⎜ 2 + ν
r dr ⎟⎠
⎝ dr
⎛ 1 dw
d2w ⎞
+ ν 2 ⎟⎟
m ϕϕ = − N⎜⎜
dr ⎠
⎝ r dr
Gl. 5-33
m rϕ = 0
q r = −N
qϕ = 0
d ⎡1 d ⎛ dw ⎞⎤
⎜r
⎟
dr ⎢⎣ r dr ⎝ dr ⎠⎥⎦
Gl. 5-34
5-14
Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie
5.8 Randbedingungen
Die Gl. 5-23 entspricht einer partiellen Differentialgleichung 4. Ordnung mit der an zwei gegenüberliegenden Rändern jeweils nur zwei Randbedingungen erfüllt werden können. Aus einem gedachten Schnitt treten jedoch drei Spannungskomponenten heraus. Nach einem Vorschlag von Thomson1 u. Tait2 wird am Rand (hier der Rand x = x0 = konst.) das Drillmoment
statisch äquivalent durch eine Folge von Einzellasten ersetzt.
Abb. 5-15 Ersatzquerkräfte (hier der Rand x = x0 = konst.)
An der Grenze zweier benachbarter Elemente verbleibt nur der Zuwachs dm xy =
∂m xy
∂y
dy .
Diese Einzelkraft wird Ersatzquerkraft genannt und der Querkraft hinzugefügt. Die Summe
qx = qx +
∂m xy
Gl. 5-35
∂y
heißt Randquerkraft. Die Randquerkraft entspricht der endgültigen Auflagerkraft.
5.8.1 Der eingespannte Rand x = x0 = konst.
w ( x 0 , y) = 0
∂w
∂x
1
2
x =x 0 ,y
=0
William Thomson, seit 1892 Lord Kelvin of Largs, brit. Physiker, 1824-1907
Peter Guthrie Tait, 1831-1901
F. U. Mathiak
Aus w = 0 folgt
5-15
∂2w
∂w
∂2w
∂3w
∂w
= 0, 2 = 0 usw. Aus
= 0,
=0
= 0 folgt sofort
∂x∂y
∂x
∂y
∂x∂y 2
∂y
Damit ist aber am Rand auch m xy = 0 und damit nach Gl. 5-35 ist q x = q x . Die Reaktionslasten sind
∂2w
∂x 2
∂3w
q x = −N 3
∂x
m xx = − N
x =x0 ,y
Gl. 5-36
x =x0 ,y
5.8.2 Der gelenkig gelagerte Rand x = x0 = konst.
w (x 0 , y ) = 0
m xx (x 0 , y ) = 0
⎛
⎞
⎜ ∂2w
⎟
2
∂w
∂2w
∂
w
Wegen w = 0 ist dann auch
= 0, 2 = 0 usw. Dann ist m xx = − N⎜ 2 + ν 2 ⎟
.
∂y
∂y
∂y ⎟
⎜ ∂x
123 ⎟
⎜
=0
⎝
⎠ x =x0 ,y
Um mxx = 0 zu erfüllen, genügt es also auch
∂2w
∂x 2
x =x 0 ,y
= 0 zu fordern oder auch ∆w = 0
w ( x 0 , y) = 0
∂2w
∂x 2
x =x0 ,y
Gl. 5-37
=0
oder
w ( x 0 , y) = 0
∆w
x =x 0 ,y
Gl. 5-38
=0
Für die Reaktionskraft gilt
q x = −N
∂ ⎡∂2w
∂2w ⎤
(
)
+
−
ν
2
⎢
⎥
∂x ⎣ ∂x 2
∂y 2 ⎦ x = x
Gl. 5-39
0 ,y
5-16
Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie
5.8.3 Der freie Rand x = x0 = konst.
m xx (x 0 , y ) = 0
q x (x 0 , y ) = 0
⎡∂2w
∂2w ⎤
+
ν
=0
⎢ 2
⎥
∂y 2 ⎦ x = x , y
⎣ ∂x
0
∂2w ⎤
∂ ⎡∂2w
(
)
+
2
−
ν
⎢
⎥
∂x ⎣ ∂x 2
∂y 2 ⎦ x = x
Gl. 5-40
=0
0 ,y
Abb. 5-16 Rechtwinklige Plattenecke, Eckkraft
An einer rechtwinkligen Plattenecke tritt eine Besonderheit auf. Die aus dem Drillmoment
resultierenden statisch äquivalenten Ersatzquerkräfte mxy = myx addieren sich hier zu einer
Einzelkraft
A = 2m xy
Gl. 5-41
die Eckkraft genannt wird und bei einem drehbar gelagerten Rand vom Auflager aufgenommen werden muss. Am freien Rand wird A = 0 gefordert.
Beispiel 5-1:
Für den beidseitig gelenkig gelagerten Plattenstreifen unter Gleichlast sind sämtliche Zustandsgrößen zu berechnen.
F. U. Mathiak
5-17
Abb. 5-17 Gelenkig gelagerter Plattenstreifen
Aufgrund von Geometrie und Belastung muss die Biegefläche eine Zylinderfläche sein.
In y-Richtung sind sämtliche Zustandsgrößen konstant. Von Gl. 5-23 verbleibt
w ′′′′( x ) =
p0
N
mit
( )′ =
∂
∂x
Viermalige Integration der obigen Differentialgleichung liefert die Biegefläche
w=
p0
N
⎛ x4
⎞
⎜⎜
+ C1 x 3 + C 2 x 2 + C 3 x + C 4 ⎟⎟
⎝ 24
⎠
Die noch freien Konstanten werden aus den Randbedingungen
w (0) = 0; w (a ) = 0; m xx (0) = 0; m xx (a ) = 0
ermittelt. Wir erhalten
a
a3
C1 = − ; C 2 = 0; C 3 = ; C 4 = 0
12
24
Biegefläche: ( ξ = x / a ) :
Momente:
Querkräfte:
[
]
p0a 4 4
ξ − 2ξ 3 + ξ
24 N
p a2
p a2
m xx = 0 ξ(1 − ξ ), m yy = ν 0 ξ(1 − ξ ) = νm xx , m xy = 0
2
2
p0a
(1 − 2ξ) q y = 0
qx =
2
w=
Speziell in Feldmitte gilt
w=
p a2
p a2
5 p0a 4
; m xx = 0 ; m yy = ν 0 = νm xx ; q x = 0
8
8
384 N
5-18
Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie
Wegen m xy = 0 entsprechen die Querkräfte q x (0) = −q x (a ) =
p0a
den Randquerkräften und
2
damit den endgültigen Auflagerkräften.
Hinweis: Aufgrund der zylindrischen Biegefläche existiert keine Krümmung in y-Richtung.
Trotzdem erhalten wir auch Biegemomente m yy = νm xx . Für Stahlbeton (ν = 1/5) hätten wir
m yy = 0,2m xx . Diese allein aus der Querdehnung herrührenden Momente, sind nach DIN
1045 mit einer Querbewehrung ≥ 1/5 der Hauptbewehrung abzudecken.
5.9 Die Platte auf nachgiebiger Unterlage
Abb. 5-18 Platte auf nachgiebiger Unterlage
Wir betrachten eine Platte, die vollständig auf einer elastischen Unterlage liegt1. Die Platte sei
durch Flächenlasten und Einzellasten in z- Richtung belastet (Abb. 5-18). Nach Winkler wird
angenommen, dass der Bodendruck pB proportional zur lokalen Eindringtiefe w ist:
p B = kw
Gl. 5-42
Die Konstante k heißt Bettungsmodul.
[k ] =
1
Masse
(Länge) ⋅(Zeit )
2
2
,
Einheit kgm − 2 s − 2 =
Solche Systeme treten z.B. im Bauwesen bei Flachgründungen auf.
N
m3
F. U. Mathiak
5-19
Bettungsmodul k [MN/m3]
Material
Sand, locker, rund
10...15
Sand, mitteldicht, rund
50...100
Sand, dicht, eckig
150...250
Geschiebemergel, fest
30...100
Lehm, halbfest
20...50
1
Tabelle 5-1 Rechenwerte von Bettungszahlen k einiger ausgewählter Böden für Vorentwürfe
Alle bisher gewonnenen Beziehungen bleiben erhalten, wenn wir p durch p − p B ersetzen.
Aus Gl. 5-24 folgt dann
∆∆w =
p − pB
N
Gl. 5-43
und mit Gl. 5-42
pB
p
=
N N
k
p
∆∆w + w =
N
N
Gl. 5-44
k
= κ4
N
Gl. 5-45
∆∆w +
Setzen wir noch
dann erhalten wir aus Gl. 5-44
p
N
Gl. 5-46
∆∆w + κ 4 w = 0
Gl. 5-47
∆∆w + κ 4 w =
Bei fehlender Querbelastung gilt
1
Nach Empfehlungen des Arbeitsausschusses Ufereinfassungen - EAU, 8. Aufl. 1990
5-20
Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie
F. U. Mathiak
6-1
6 Der Arbeits- und Energiebegriff in
der Elastostatik
6.1 Die Arbeit einer Kraft längs eines Verschiebungsweges
Abb. 6-1 Arbeit einer Kraft längs eines Verschiebungsweges
Für die an einem starren Körper angreifende Kraft F, deren Angriffspunkt sich auf einer
Bahnkurve C bewegt (Abb. 6-1), definieren wir die differentielle Arbeit längs des Verschiebungsweges dr als das Skalarprodukt
dA a = F(r) ⋅ dr = F(r) dr cos α(r ) = Fdr cos α
Gl. 6-1
Die skalare Größe dAa ist das Produkt aus der Kraftkomponente in Wegrichtung, also
F cos α , und dem Verschiebungszuwachs dr, wenn Kraft- und Wegrichtung den Winkel α
miteinander einschließen. Der Verschiebungszuwachs dr tangiert dabei an jeder Stelle r die
Bahnkurve C. Auf dem endlichen Verschiebungsweg von r1 nach r2 verrichtet die Kraft die
Arbeit
6-2
Der Arbeits- und Energiebegriff
r2
A a = ∫ F(r ) ⋅dr
Gl. 6-2
r1
Sonderfall: Hängt die Kraft F = Fe z nicht vom Verschiebungswege r ab, und sind Kraft und
Verschiebungsdifferential dr = dz e z für den gesamten Verschiebungsweg parallel, dann geht
Gl. 6-2 über in
r2
z2
r1
z1
A a = ∫ F(r ) ⋅dr = F ∫ dz = F(z 2 − z 1 )
Gl. 6-3
Die Arbeit kann sowohl positiv, negativ oder auch Null sein. Die Definition wurde gerade so
gewählt, dass bei positiver Arbeit Aa die Kraft F Arbeit verrichtet, während bei negativer Arbeit Aa Arbeit gegen die Kraft aufgewendet werden muss. Für F⊥ dr ist der differentielle Arbeitsanteil dpa gleich Null. Die Arbeit hat die Dimension:
)
[A a ] = Masse ⋅ (Länge
2
( Zeit)
2
Einheit: kgm 2 s −2 = Nm = J
Ð
Beispiel: 6-1
Gesucht wird die Arbeit einer linear veränderlichen Streckenlast (Abb. 6-2) an einem vorgegebenen Verschiebungsweg
f
(ξ = x l )
w ( x ) = ξ 2 (6 − 4ξ + ξ 2 ) .
3
Abb. 6-2 Kragträger mit linear veränderlicher Streckenlast
Wir führen die Lösung des Problems auf die Arbeit einer infinitesimalen Kraft dF längs des
Verschiebungsweges w(x) zurück. Die Arbeit der differentiellen Kraft dF = q(x) dx am Verschiebungswege w(x) ist: dA a = dF( x ) w ( x ) = q( x ) dx w ( x )
F. U. Mathiak
6-3
l
Für die Arbeit der gesamten Linienlast q(x) gilt dann: A a = ∫ dA a = ∫ q ( x ) w ( x ) dx .
x =0
Beachten wir q( x ) = q l +
1
Aa =
qr − ql
x = q l + ∆qξ , dann liefert die Integration
l
(
)
fl
(q l + ∆qξ )ξ 2 6 − 4ξ + ξ 2 dξ = fl⎛⎜ 2 q l + 13 ∆q ⎞⎟
∫
3 0
45 ⎠
⎝5
und für den Sonderfall Gleichstreckenlast erhalten wir mit q r = q l = q 0 und ∆q = 0
2q 0 l
f = 0,4q 0 lf .
5
Achtung: Prinzipiell falsch wäre es, im Fall der Gleichstreckenlast mittels der Resultierenden
Aa =
R = q 0 l und dem zugehörigen Angriffspunkt ξ * = l 2 sowie der dortigen Verschiebung
w ( ξ* ) =
17q 0 l
17
f die Arbeit A a = Rw (ξ * ) =
f = 0,354q 0 lf zu ermitteln.
48
48
Ï
6.2 Die Arbeit eines Kräftepaares mit dem Moment M
Abb. 6-3 Arbeit eines Kräftepaares
Abb. 6-4 Momentane Drehachse
Die Arbeit eines Kräftepaares mit dem Moment M = r × F (Abb. 6-3) leiten wir unmittelbar
aus der Definition Gl. 6-1 her. Nach Euler kann nämlich die infinitesimale Lageänderung
(Abb. 6-4) eines Punktes P des starren Körpers darstellt werden als die Hintereinanderschaltung einer für alle Körperpunkte identischen Translation drA und einer Rotation mit dem differentiellen Drehwinkel dϕ um den Punkt A, also
dr = drA + dϕ × rAP
Gl. 6-4
6-4
Der Arbeits- und Energiebegriff
Dabei ist A ein beliebiger Punkt des Körpers und rAP der Verbindungsvektor von A nach P.
Nach Gl. 6-1 ist die differentielle Arbeit des Kräftepaares:
dA a = F ⋅ dr1 + (− F ) ⋅ dr2 = F ⋅ (dr1 − dr2 ) = F ⋅ [drA + dϕ × a1 − (drA + dϕ × a 2 )]
= F ⋅ [dϕ × (a 1 − a 2 )] = F ⋅ (dϕ × r ) = −F ⋅ (r × dϕ ) = −(F × r ) ⋅ dϕ = M ⋅ dϕ
Der translatorische Anteil hebt sich offensichtlich heraus, und es verbleibt
dA a = M( ϕ) ⋅ dϕ
Gl. 6-5
Dreht sich der Körper mit dem Kräftepaar von ϕ 1 bis ϕ 2 , so wird die Arbeit
ϕ2
A a = ∫ M( ϕ) ⋅ dϕ
Gl. 6-6
ϕ1
verrichtet.
Ð
Beispiel: 6-2
Gesucht wird die Arbeit eines Momentes M an der Verdrehung des Stabendes nach Gl. 6-7,
f
wenn die Verschiebung w ( x ) = ξ 2 (6 − 4ξ + ξ 2 ) vorgegeben ist.
3
Abb. 6-5 Balken mit Endmoment
Wird der Balken durch ein Moment M mit Drehrichtung um die negative y-Achse belastet,
dann leistet dieses Moment Arbeit an der Tangentenneigung w', denn es gilt für kleine Verformungen tan ϕ(x) ≈ ϕ(x) = w'(x) und damit
ϕ2
A a = ∫ M ⋅ dϕ = Mw '
ϕ1
Differentiation der Biegelinie nach x liefert: w ' =
4f
4f
ξ(3 − 3ξ + ξ 2 ) → w ' ( x = l) =
3l
3l
Für die Arbeit des Momentes erhalten wir dann: A a = Mw ' (l) =
4M f
3 l
Ï
F. U. Mathiak
6-5
6.3 Das Potential einer Kraft
Zur Auswertung des Integrals Gl. 6-2 ist in aller Regel die explizite Angabe der Bahnkurve C
erforderlich, da sich mit der Lageänderung des Körpers im Allgemeinen auch die Kraft F ändert. Wir sprechen in diesem Fall von einem Kraftfeld F(r). In einem stationären1 Kraftfeld
ist F(r) nur vom Ort r abhängig, in einem instationären Kraftfeld hängt F(r,t) zusätzlich
noch von der Zeit t ab.
Abb. 6-6 Bewegung einer Kraft auf einer geschlossenen Bahnkurve
Betrachten wir Abb. 6-6, dann ist i.a. A1(−a )2 ≠ A1(−b2) . Ist jedoch die Arbeit vom Weg unabhängig, dann hängt sie nur vom Anfangs- und Endpunkt der Bahnkurve ab. Wir sprechen dann
von einem konservativen2 Kraftfeld. Wegunabhängigkeit
A 1(−a )2 = A 1(−b )2
oder auch
2
1
1( a )
2( b )
∫ F ⋅ dr + ∫ F ⋅ dr = 0
ist gegeben, wenn gilt
Aa =
∫ F ⋅ dr = 0
(C)
Gl. 6-7
Die Arbeit verschwindet demnach längs eines beliebigen geschlossenen Weges. Allgemein
kann gezeigt werden, dass für ein Kraftfeld, das Gl. 6-7 genügt, ein Potential U(r) existieren
muss, aus dem durch Gradientenbildung
1
2
von lat. stationarius ›stillstehend‹, ›zum Standort gehörig‹
zu lat. conservare ›bewahren‹, ›erhalten‹
6-6
Der Arbeits- und Energiebegriff
⎛ ∂U
∂U
∂U ⎞
F = −grad U(r ) = −∇U(r ) = −⎜⎜
ex +
ey +
ez ⎟
∂y
∂z ⎟⎠
⎝ ∂x
Gl. 6-8
das Kraftfeld F selbst gewonnen werden kann. Setzen wir nämlich Gl. 6-8 in Gl. 6-2, dann
folgt unter Beachtung von
⎛ ∂U
∂U
∂U ⎞
∇U ⋅ dr = ⎜⎜
ex +
ey +
e z ⎟ ⋅ (dx e x + dy e y + dz e z )
∂y
∂z ⎟⎠
⎝ ∂x
∂U
∂U
∂U
=
dx +
dy +
dz = dU
∂x
∂y
∂z
r2
r2
r2
r1
r1
r1
A 1− 2 = ∫ F(r) ⋅dr = − ∫ ∇U(r ) ⋅dr = − ∫ dU(r ) = −[U(r2 ) − U(r1 )]
Gl. 6-9
Die Wegunabhängigkeit eines konservativen Kraftfeldes begründet sich aus dem Sachverhalt,
dass die Arbeit allein aus der Potentialdifferenz der Orte r2 und r1 gewonnen werden kann.
Die Komponentendarstellung von Gl. 6-8 hinsichtlich einer kartesischen Basis liefert
⎛ ∂U ∂U ∂U ⎞
⎟⎟
F = (Fx , Fy , Fz ) = −⎜⎜
,
,
⎝ ∂x ∂y ∂z ⎠
Gl. 6-10
Die Rotation eines Vektorfeldes (hier des Kraftfeldes F) wird in der Vektoranalysis als Wirbel des Vektorfeldes bezeichnet und symbolisch, unter Verwendung des Nablaoperators, in
der Form rotF = ∇ × F geschrieben. Kraftfelder, die ein Potential besitzen, sind demnach
wirbelfrei, denn es gilt:
⎛ ∂2U ∂2U ⎞
⎛ ∂2U ∂2U ⎞
⎛ ∂2U ∂2U ⎞
⎟⎟ + e y ⎜
⎟⎟ = 0
rot gradU = ∇ × ∇U = e x ⎜⎜
−
−
−
⎟ + e z ⎜⎜
⎝ ∂z∂x ∂x∂z ⎠
⎝ ∂y∂z ∂z∂y ⎠
⎝ ∂x∂y ∂y∂x ⎠
Das Potential U(x,y,z) des Kraftfeldes muss also den folgenden Integrabilitätsbedingungen
genügen:
∂2U ∂2U
−
= 0;
∂y∂z ∂z∂y
∂2U ∂2U
−
= 0;
∂z∂x ∂x∂z
6.3.1 Das Potential einer Gewichtskraft
∂2U ∂2U
−
=0
∂x∂y ∂y∂x
Gl. 6-11
F. U. Mathiak
6-7
Als Beispiel einer Kraft, der ein Potential zugeordnet werden kann, betrachten wir die Gewichtskraft G eines schweren Körpers in der Nähe der Erdoberfläche (Abb. 6-7).
Abb. 6-7 Arbeit der Gewichtskraft G
Die Gewichtskraft G = −Ge z hat in dem gewählten Koordinatensystem nur eine Komponente. Mit dem Ortsvektordifferential dr = dx e x + dy e y + dz e z erhalten wir zunächst
dA a = G ⋅ dr = −G dz
Gl. 6-12
Integrieren wir diesen Ausdruck längs des Verschiebungsweges von r1 nach r2, also
r2
z2
r1
z1
A 1− 2 = ∫ G ⋅ dr = − ∫ Gdz = −G (z 2 − z 1 ) = G (z1 − z 2 )
dann erhalten wir die Arbeit der Gewichtskraft G, die offensichtlich nur von den z- Koordinaten der beiden Endpunkte abhängt. Das Potential der Gewichtskraft folgt aus Gl. 6-10 zu
−G = −
dU
dz
→ dU = Gdz = −dA a
nach Integration zwischen den beiden Lagen r1 und r2
U 2 − U1 = G (z 2 − z1 )
Gl. 6-13
Nehmen wir das Nullniveau bei z2 = 0 an (U2 = 0), dann hat der Körper mit der Gewichtskraft
G bezüglich der Ebene NN die Energie der Lage oder die potentielle Energie
6-8
Der Arbeits- und Energiebegriff
U = Gh
Gl. 6-14
Die Dimension dieser skalaren Größe ist
Masse ⋅ (Länge) 2
[U] =
( Zeit) 2
kgm 2 s − 2 = Nm = J
Einheit
Die potentielle Energie kann anschaulich gedeutet werden als diejenige Energie, die benötigt
wird, um G vom Nullniveau (z = 0) um z anzuheben. Sie ist > 0, wenn sich der Schwerpunkt
oberhalb des Nullniveaus befindet, Null, wenn der Schwerpunkt im Nullniveau liegt und < 0,
wenn er sich unterhalb desselben befindet.
6.3.2 Das Potential einer Federkraft
Als ein weiteres Beispiel für eine konservative Kraft betrachten wir die äußere Kraft
F = cx e x , die eine lineare Feder mit der Federkonstanten c aus der ungespannten Lage (x =
0) in die Lage x auslenkt (Abb. 6-8). Nach Gl. 6-2 leistet die Kraft dabei die Arbeit
x
Aa =
x
1
∫ F(x )dx = ∫ cxdx = 2 cx
x =0
x =0
2
=
1
Fx
2
Gl. 6-15
In Gl. 6-15 wurde dr = dx e x berücksichtigt. Die Federkraft Ff leistet als Reaktionskraft dann
die innere Arbeit
x
1
1
A f = − ∫ F( x )dx = − cx 2 = − Fx
2
2
x =0
Abb. 6-8 Lineare Feder, Kraft-Verformungsdiagramm
Gl. 6-16
F. U. Mathiak
6-9
Zur Berechnung des Potentials der Federkraft beachten wir Gl. 6-10 und erhalten
Fx ≡ Ff = −
dU
= −cx
dx
Integration liefert
Uf =
1 2
cx
2
Gl. 6-17
Geometrisch entspricht das Potential der Federkraft U der in Abb. 6-8 schraffierten Dreiecksfläche unterhalb der linearen Kraft-Verschiebungskurve. Auch das Potential U der Federkraft
ist nur bis auf eine (additive) Konstante festgelegt.
Entsprechende Beziehungen lassen sich für eine Drehfeder mit der Federkonstanten cd herleiten. Ist M = c d ϕ e y das äußere Moment, das die lineare Feder aus der ungespannten Lage
ϕ = 0 in die Lage ϕ auslenkt, dann folgt unter Beachtung von dϕ = dϕ e y die dabei vom
äußeren Moment geleistete Arbeit
ϕ
Aa =
ϕ
∫ M ( ϕ )d ϕ = ∫ c
ϕ =0
d
ϕd ϕ =
ϕ =0
1
1
c d ϕ 2 = Mϕ
2
2
Gl. 6-18
Für das Federmoment M f = −M folgt dann analog zu Gl. 6-17
Uf =
1
cd ϕ2
2
Gl. 6-19
Hinweis: Zu den Kräften, die sich nicht aus einem Potential ableiten lassen, gehören z.B. die
geschwindigkeitsabhängigen Reibungskräfte, die dem Materialgesetz
R = −f ( v)
genügen. Unter Beachtung von dr =
v
mit f ( v) > 0
v
dr
dt = v dt liefert Gl. 6-7
dt
A a = ∫ R ⋅ dr = − ∫ f ( v )
v
⋅ v dt = − ∫ f ( v) v dt < 0
v
eine Arbeit, die immer negativ ist. Wegen A a ≠ 0 lässt sich ein Potential nicht nachweisen.
Da diese Kräfte Arbeit zerstreuen, werden sie auch dissipative Kräfte1 genannt. Zur Berechnung der Arbeit einer dissipativen Kraft muss deshalb der vollständige Verschiebungszustand
des Kraftangriffspunktes bekannt sein.
1
zu lat. dissipare ›zerstreuen‹, ›verschwenden‹
6-10
Der Arbeits- und Energiebegriff
6.4 Formänderungs- und Ergänzungsenergie für elastische Körper
Wir betrachten in einem ersten Schritt einen elastischen Körper, der einem einachsigen Spannungs- und Deformationszustand unterworfen ist. Die einzigen von Null verschiedenen Spannungs- und Verzerrungskomponenten sind dann z.B. σ xx und ε xx . Ist die Spannung σ xx eine
allgemeine Funktion von ε xx , also
σ xx = f (ε xx )
Gl. 6-20
dann definieren wir als Differential der spezifischen1 Formänderungsenergie (Abb. 6-9)
dW ( s ) = f (ε xx )dε xx
Gl. 6-21
Nach Integration über den gesamten Verzerrungszustand erhalten wir die spezifische Formänderungsenergie
W ( s ) (ε xx ) =
ε xx
∫ f (ε
xx
)dε xx + W ( s ) (0)
Gl. 6-22
ε xx = 0
Ist der Ausgangszustand spannungs- und verzerrungsfrei, dann verschwindet die Integrationskonstante W (s ) (0) , und es verbleibt
W ( s ) (ε xx ) =
ε xx
∫ f (ε
xx
)dε xx
Gl. 6-23
ε xx = 0
Fassen wir umgekehrt die Dehnungen als Funktion der Spannungen auf, also
ε xx = f * (σ xx )
Gl. 6-24
und bilden formal das Integral
W
(s)*
σ xx
(σ xx ) =
∫
σ xx = 0
1
also auf die Volumeneinheit bezogene
f * (σ xx ) dσ xx + W (s)* (0)
Gl. 6-25
F. U. Mathiak
6-11
dann nennen wir diesen Ausdruck spezifische Ergänzungsenergie, die für den spannungsund verzerrungsfreien Ausgangszustand übergeht in
W
(s)*
(σ xx ) =
σ xx
∫
f * (σ xx ) dσ xx
Gl. 6-26
σ xx = 0
Aus Abb. 6-9 wird auch deutlich, warum W ( s ) * spezifische Ergänzungsenergie genannt wird.
Abb. 6-9 Spezifische Formänderungs- und Ergänzungsenergie
Sie ergänzt offensichtlich die spezifische Formänderungsenergie, die sich im eindimensionalen Fall geometrisch als die Fläche unterhalb der Kurve σ xx = f (ε xx ) interpretieren lässt, zu
einem Rechteck der Größe
W (s) + W (s)* = σ xx ε xx
Gl. 6-27
Die spezifische Formänderungsenergie und auch die Ergänzungsenergie haben Potentialcharakter, denn aus Gl. 6-23 und Gl. 6-26 folgen unmittelbar
6-12
Der Arbeits- und Energiebegriff
dW (s)
= f (ε xx ) = σ xx
dε xx
dW (s)*
= f * (σ xx ) = ε xx
dσ xx
Gl. 6-28
oder in Worten:
1. Die spezifische Formänderungsenergie ist das Potential der Spannung.
2. Die spezifische Ergänzungsenergie ist das Potential der Verzerrung.
Abb. 6-10 Linear elastisches Material, Formänderungs- und Ergänzungsenergie
Bei linear elastischem Material sind die Maßzahlen für die spezifische Formänderungsenergie
und die spezifische Ergänzungsenergie gleich. Hier gilt nämlich nach Hooke: σ xx = Eε xx
und damit
W (s) = W (s)* =
E 2
1 2
1
ε xx =
σ xx = σ xx ε xx
2
2E
2
In Verallgemeinerung auf den dreidimensionalen Fall erhalten wir die spezifische Formänderungsenergie für Hookesches Material in Matrizenschreibweise
W (s) =
1 T
1
1
T
σ ε = (Dε ) ε = ε T D ε
2
2
2
Gl. 6-29
und unter Beachtung von ε = Lu gilt weiter
1
1
W (s) = ε T Dε = (uTLT ) D (L u)
2
2
Gl. 6-30
F. U. Mathiak
6-13
Ausrechnen von Gl. 6-29 liefert in kartesischen Koordinaten
(
)
ν
⎡ 2
2
2
(ε xx + ε yy + ε zz )2 + 1 γ xy 2 + γ yz 2 + γ zx 2 ⎤⎥
W (s) = G ⎢ε xx + ε yy + ε zz +
1 − 2ν
2
⎣
⎦
Gl. 6-31
und wenn die Verzerrungen durch die Verschiebungen ersetzt werden
W (s)
2
⎧⎛ ∂u ⎞ 2 ⎛ ∂v ⎞ 2 ⎛ ∂w ⎞ 2
ν ⎛ ∂u ∂v ∂w ⎞
⎜⎜ +
⎟⎟
+
⎪⎜ ⎟ + ⎜⎜ ⎟⎟ + ⎜
⎟ +
⎪⎪⎝ ∂x ⎠ ⎝ ∂y ⎠ ⎝ ∂z ⎠ 1 − 2 ν ⎝ ∂x ∂y ∂z ⎠
= G⎨
2
2
2
⎪ 1 ⎡⎛ ∂u ∂v ⎞ ⎛ ∂v ∂z ⎞ ⎛ ∂z ∂x ⎞ ⎤
⎜
⎟
+
+
+
+
+
+
⎢
⎜
⎟
⎜
⎟
⎪ 2 ⎜ ∂y ∂x ⎟ ⎝ ∂z ∂v ⎠ ⎝ ∂x ∂z ⎠ ⎥
⎢⎣⎝
⎥⎦
⎠
⎪⎩
⎫
+⎪
⎪⎪
⎬
⎪
⎪
⎪⎭
Gl. 6-32
Die Formänderungsenergie ergibt sich in jedem Fall durch Integration der spezifischen Formänderungsenergie über das Gesamtvolumen des betrachteten Körpers.
W=
∫W
(s)
dV
Gl. 6-33
(V)
6.5 Formänderungs- und Ergänzungsenergie für den geraden Balken
Wir beschränken uns auf linear elastisches Material, für das Formänderungs- und Ergänzungsenergie identisch sind. Für die folgenden Untersuchungen wird der isotherme Fall mit
T = 0 zugrunde gelegt.
6.5.1 Schiefe Biegung mit Normalkraft
Von den Verzerrungen verbleibt nur die Dehnung ε xx = u ′ − zw ′′ − yv′′ . Alle anderen Verzerrungen sind Null. Die spezifische Formänderungsenergie reduziert sich unter Beachtung von
ν = 0 und G = E/2 auf
E 2 E
2
ε xx = (u ′ − zw ′′ − yv′′)
2
2
E
= u ′ 2 − 2u ′zw ′′ − 2u ′yv′′ + z 2 w ′′ 2 + 2 yzw ′′v′′ + y 2 v′′ 2
2
W (s) =
(
)
6-14
Der Arbeits- und Energiebegriff
und mit dV = dAdx erhalten wir bei Bezugnahme auf Hauptzentralachsen
⎡u ′ 2 ( x ) dA − 2u ′( x ) w ′′( x ) zdA − 2u ′( x ) v′′( x ) ydA ⎤
∫
∫
∫
⎥
⎢
(A)
(A)
(A)
123
123
123 ⎥
l ⎢
=A
=0
=0
E
⎥dx
W = ∫ W (s ) dV = ∫ ⎢
2
2
2
2
2
⎢
′
′
′
′
′
′
′
′
w
(
x
)
z
dA
2
w
(
x
)
v
(
x
)
yz
dA
v
(
x
)
y
dA
+
+
+
(V)
x =0
∫( A)
∫( A )
∫( A ) ⎥⎥
⎢
123
124
3
123 ⎥
⎢
= I yy
=0
= I zz
⎦
⎣
Nach Zusammenfassung verbleibt
l
[
]
1
W = ∫ EAu ′ 2 ( x ) + EI yy w ′′ 2 ( x ) + EI zz v ′′ 2 ( x ) dx
2 x =0
Gl. 6-34
Die spezifische isotherme Formänderungsenergie lässt sich unter Beachtung von
ε xx =
σ xx 1 ⎡ N( x ) M y ( x )
M (x) ⎤
= ⎢
+
z− z
y⎥
I zz
E
E ⎢⎣ A
I yy
⎥⎦
auch als Funktion der Schnittlasten N(x), My(x) und Mz(x) darstellen:
W
(s)
M (x) ⎤
E 2
1 ⎡ N( x ) M y ( x )
z− z
y⎥
= ε xx =
+
⎢
2
2E ⎢⎣ A
I yy
I zz
⎥⎦
2
Integration über das Stabvolumen liefert bei Bezugnahme auf die Hauptzentralachsen
2
2
l
1 ⎡ N 2 (x) M y (x) M z (x) ⎤
+
+
W= ∫ ⎢
⎥dx
2 x =0 ⎢⎣ EA
EI yy
EI zz ⎥⎦
Gl. 6-35
Beispiel: 6-3
Für den durch eine Normalkraft F und eine
Linienlast q0 belasteten Kragträger ist die
Formänderungsenergie zu berechnen.
Lösung: Aus Gleichgewicht ergeben sich die
Schnittlasten:
N = F = konst.;
Mit Gl. 6-35 erhalten wir dann
M y (x) = −
q0
(l − x )2
2
F. U. Mathiak
6-15
2
2
l
l
⎤
q 02 l 5
q0
F2l
1 ⎡ F2
1 ⎡ N 2 (x) M y (x) ⎤
4
(l − x ) ⎥dx =
+
+
+
W= ∫ ⎢
⎥dx = ∫ ⎢
2EA 40EI yy
2 x =0 ⎣⎢ EA 4EI yy
2 x =0 ⎣⎢ EA
EI yy ⎦⎥
⎦⎥
Hinweis: Die Verschiebung u eines Dehnstabes infolge Einzellast F am Stabende ist bekanntlich u =
Fl
. Die Arbeit der Kraft F an dieser Verschiebung ist nach Gl. 6-15
EA
A=
1
F2l
Fu =
2
2EA
und damit identisch mit der im Körper gespeicherten Formänderungsenergie, die z.B. dazu
genutzt werden kann, den Körper bei der Entlastung wieder in seinen Ausgangszustand zu
bringen.
6.5.2 Querkraftbeanspruchung
Für den schubelastischen Balken galt: ε xz =
1
1
ϕ y = (ω y + w ′). Mit Gl. 6-31 finden wir dann
2
2
W (S) =
1
G ϕ 2y
2
und nach Integration über das Gesamtvolumen des Stabes
l
1
W=
GAϕ 2y ( x )dx
2 x =0
∫
Gl. 6-36
Unter Beachtung des Werkstoffgesetzes für die Querkraft Q z = GAϕ y können wir mit Gl.
6-36 auch
l
Q 2z ( x )
1
W=
dx
2 x =0 GA
∫
Gl. 6-37
schreiben. Durch formale Erweiterung auf den zweidimensionalen Fall erhalten wir in Erweiterung von Gl. 6-36
W=
l
l
1
1
GAϕ 2y ( x )dx + ∫ GAϕ 2z ( x )dx
∫
2 x =0
2 x =0
Und entsprechend von Gl. 6-37
Gl. 6-38
6-16
Der Arbeits- und Energiebegriff
W=
l
2
l
Q y (x)
Q 2z ( x )
1
1
dx +
dx
2 x =0 GA
2 x =0 GA
∫
∫
Gl. 6-39
Im Fall des schubstarren Balkens liegt kein Stoffgesetz für die Querkräfte vor. Wir gehen
deshalb von den aus Gleichgewichtsbetrachtungen ermittelten Schubspannungen
Q z ( x )S y (z)
σ xz =
I yy b(z)
aus. Mit Gl. 6-26 erhalten wir
1
1 ⎡ Q z ( x )S y (z) ⎤
2
W *=
σ xz =
⎢
⎥
2G
2G ⎢⎣ I yy b(z) ⎦⎥
2
( S)
bzw.:
2
2
l
S y (z)
1
1
1 Q (x)
2
W = ∫ σ xz dV = ∫ z 2 dx ∫ 2
dA
2 (V) G
2 x =0 GI yy
b (z)
(A)
Die obige Beziehung können wir noch etwas kompakter schreiben, wenn wir den nur von der
Geometrie abhängigen dimensionslosen Querschnittswert
κz =
2
A
∫
S y (z)
dA
Gl. 6-40
1 Q (x)
W = κz ∫ z
dx
2 x =0 GA
Gl. 6-41
2
I yy
(A)
b 2 (z)
l
2
einführen. Wir erhalten dann
Ð
Beispiel 6-1: Gesucht wird die Formänderungsenergie für einen Balken mit Rechteckquer-
schnitt der Breite b und der Höhe h.
bh 2
Lösung: S y (z) =
8
⎡ ⎛ 2z ⎞ 2 ⎤
⎢1 − ⎜ ⎟ ⎥ und damit
⎢⎣ ⎝ h ⎠ ⎥⎦
2
∫
S y (z)
b2
(A)
dA =
bh 5
120
Für den Querschnittswert erhalten wir
κz =
und damit
A
2
I yy
2
∫
(A)
S y (z)
b 2 (z)
dA =
bh 5 6
= = 1,2
2
bh 3 12 120 5
(
bh
)
F. U. Mathiak
6-17
2
l
6 1 Q z (x)
W=
dx
5 2 x∫=0 GA
Beispiel 6-2: Gesucht wird die Formänderungsenergie eines Balkens mit Kreisquerschnitt (Ra-
dius a).
A = a π;I yy
2
2
πa 4
2 3⎡ ⎛ z⎞ ⎤
=
; S y (z) = a ⎢1 − ⎜ ⎟ ⎥
4
3 ⎢⎣ ⎝ a ⎠ ⎦⎥
2
∫
(A)
S y (z)
b 2 (z)
a
dA =
∫
z=− a
32
2
⎛z⎞
; b( z) = 2a 1 − ⎜ ⎟ ; dA = b( z)dz
⎝a⎠
52
a
⎡ ⎛ z ⎞2 ⎤
4
4
5
5
πa =
πa 6
dz = a 5 ∫ ⎢1 − ⎜ ⎟ ⎥ dz = a 5
b( z )
9 z =0 ⎢⎣ ⎝ a ⎠ ⎥⎦
9 32
72
2
S y (z)
κz =
A
2
I yy
2
∫
(A)
S y (z)
2
b (z)
dA =
a 2π
5
10
πa 6 =
= 1,11
9
⎛ πa 4 ⎞ 72
⎟⎟
⎜⎜
⎝ 4 ⎠
2
und damit
2
l
10 1 Q z ( x )
W=
dx
9 2 x∫=0 GA
Ï
Für den Fall der schiefen Biegung mit Qz und Qy werden die oben hergeleiteten Beziehungen
sinnvoll erweitert. Wir erhalten entsprechend Gl. 6-41
2
2
l
l
1 Q y (x)
1 Q (x)
W = κz ∫ z
dx + κ y ∫
dx
2 x =0 GA
2 x =0 GA
Gl. 6-42
Bei dünnwandigen Walzprofilen (I-Profil, U-Profil usw.) wird die Querkraft Qz vorwiegend
durch den Steg abgetragen. Bezeichnet A die Querschnittsfläche des Gesamtquerschnittes und
ASteg die Querschnittsfläche des Steges, dann kann näherungsweise
κz =
A
A Steg
Gl. 6-43
gesetzt werden.
6.5.3 Torsion
Wir beschränken uns auf den wölbfreien Kreis- bzw. Kreisringquerschnitt. Für den Verschiebungsvektor gilt
6-18
Der Arbeits- und Energiebegriff
u = [0; − zϑx ( x ); yϑx ( x )]
mit den daraus resultierenden Gleitungen
γ xy = − zϑ′x ( x )
γ xz = yϑ′x ( x )
Abb. 6-11 Torsion eines kreisförmigen Balkens
Alle anderen Verzerrungen sind Null. Mit Gl. 6-31 erhalten wir
W (s ) =
(
)
G
G
2
2
2
γ xy + γ xz = ( y 2 + z 2 )ϑ′x ( x )
2
2 1223
=r
und nach Integration über das Stabvolumen
l
l
1
1
W = ∫ G ( ∫ r 2 dA)ϑ′x2 dx = ∫ GI p ϑ′x2 dx
2 x =0 ( A )
2 x =0
123
Gl. 6-44
=Ip
Beachten wir noch das Werkstoffgesetz D( x ) ≡ ϑ′x ( x ) =
Mx
, dann lässt sich die in einem torGI p
dierten Stab gespeicherte Formänderungsenergie auch durch das Schnittlastmoment Mx ausdrücken:
W=
l
2
M x (x )
1
dx
2 x =0 GI p
∫
Gl. 6-45
Liegt eine kombinierte Beanspruchung vor, dann dürfen die Einzelbeanspruchungen zur Gesamtlösung superponiert werden. Die Addition sämtlicher Formänderungsanteile liefert:
F. U. Mathiak
W=
6-19
2
2
l ⎡
2
2
Q y (x) M x 2 (x ) ⎤
Q (x)
N 2 (x ) M y (x) M z (x )
1
⎢
⎥dx
+
+
+ κz z
+ κy
+
2 x =0 ⎢ EA
EI yy
EI zz
GA
GA
GI p ⎥
⎣
⎦
∫
Normalkraft
l
1
W=
EAu ′ 2 ( x )dx
2 x =0
∫
Biegung
W=
Querkraft
l
1
EI yy w ′′ 2 ( x )dx
2 x =0
∫
l
1
W=
GAϕ 2y ( x )dx
2 x =0
∫
l
1
+
EI zz v ′′ 2 ( x )dx
2 x =0
∫
+
Torsion
l
1
W=
GI p ϑ′x2 dx
2 x =0
∫
l
1
GAϕ 2z ( x )dx
2 x =0
∫
(schubelastischer Balken)
W=
l
N 2 (x)
1
dx
2 x =0 EA
∫
W=
l
M 2y ( x )
1
dx
2 x =0 EI yy
+
M 2z ( x )
1
dx
2 x =0 EI zz
∫
l
∫
2
l Q z (x )
1
dx
W = κz
GA
2 x =0
∫
W=
l
M 2x ( x )
1
dx
2 x =0 GI p
∫
2
l
Q y (x)
1
+ κy
dx
2 x =0 GA
∫
(schubstarrer Balken)
Tabelle 6-1 Formänderungsenergien für den geraden Stab bei linear elastischem Materialverhalten
Hinweis: Der Anteil der Formänderungsenergie aus Querkraft ist im Vergleich zu den übrigen
Beanspruchungen von untergeordneter Bedeutung und wird deshalb in praktischen Berechnungen oftmals vernachlässigt.
6.6 Die isotherme Formänderungsenergie für die Scheibe
Die Scheibenebene liege parallel zur x-y-Ebene. Es gilt der ebene Spannungszustand mit dem
Verschiebungsvektor
u T = ( u , v)
und den daraus abgeleiteten Verzerrungen
⎛ ∂u ∂v ∂u ∂v ⎞
ε T = (ε xx , ε yy , γ xy ) = ⎜⎜ , , + ⎟⎟
⎝ ∂x ∂y ∂y ∂x ⎠
sowie der Materialmatrix
6-20
Der Arbeits- und Energiebegriff
DES
⎡
⎢ 1
E ⎢
⎢ ν
=
1 − ν2 ⎢
⎢
⎢⎣ 0
ν
1
0
⎤
0 ⎥
⎥
0 ⎥
⎥
1− ν ⎥
2 ⎥⎦
Für die spezifische Formänderungsenergie erhalten wir dann
W (s) =
1 T
E
1− ν 2 ⎤
⎡ 2
2
γ xy ⎥
ε D ES ε =
ε + ε yy + 2νε xx ε yy +
2 ⎢ xx
2
2
2(1 − ν ) ⎣
⎦
Gl. 6-46
und unter Beachtung von ε = Lu
1
W (s) = (Lu)T DES (Lu)
2
2
⎡⎛ ∂u ⎞ 2 ⎛ ∂v ⎞ 2
∂u ∂v 1 − ν ⎛ ∂u ∂v ⎞ ⎤
E
⎜ + ⎟ ⎥
=
+
⎢⎜ ⎟ + ⎜ ⎟ + 2ν
∂x ∂y
2(1 − ν 2) ⎢⎝ ∂x ⎠ ⎜⎝ ∂y ⎟⎠
2 ⎜⎝ ∂y ∂x ⎟⎠ ⎥
⎣
⎦
Gl. 6-47
Die Formänderungsenergie der gesamten Körpers ist dann (Scheibendicke h)
W = h ∫∫ W (s)dA =
(A)
h
(Lu)T DES (Lu) dA
∫∫
2 (A )
Gl. 6-48
6.7 Formänderungsenergie für die schubstarre Platte
Die Plattenmittelfläche liege in der x-y-Ebene. Die Verschiebung
⎛
∂w
∂w ⎞
⎟
,− z
u T = (u , v) = ⎜⎜ − z
∂x
∂y ⎟⎠
⎝
eines Punktes P mit dem Abstand z von der Plattenmittelfläche lässt sich durch die Änderung
des Verschiebungsfeldes w(x,y) ausdrücken. Daraus ergeben sich die Verzerrungen
⎛ ∂2w ∂2w
∂2w ⎞
⎟⎟z = κ T z
ε T = (ε xx , ε yy , γ xy ) = ⎜⎜ − 2 ,− 2 ,−2
∂x∂y ⎠
∂y
⎝ ∂x
Mit der Materialmatrix für den ebenen Spannungszustand
F. U. Mathiak
6-21
⎡
⎤
1 ν
0 ⎥
⎢
E
⎢ν 1
D=
0 ⎥
1− ν2 ⎢
1− ν⎥
⎢0 0
⎥
2 ⎦
⎣
folgt für die Spannungen σ = Dε und damit die spezifische Formänderungsenergie
W
(s )
1 T
1 T
z2 T
= σ ε = ε Dε = κ Dκ
2
2
2
Gl. 6-49
Ausrechnen liefert
W (s ) =
⎡ ∂ 2 w ∂ 2 w ⎛ ∂ 2 w ⎞⎤ ⎫⎪
Ez 2 ⎧⎪
2
⎟⎟⎥ ⎬
(
)
∆
w
−
2
(
1
−
ν
)
− ⎜⎜
⎨
⎢ 2
2
2(1 − ν 2 ) ⎪⎩
⎝ ∂x∂y ⎠⎦ ⎪⎭
⎣ ∂x ∂y
Gl. 6-50
In jedem Fall ist die Formänderungsenergie der gesamten Platte
W=
(s)
∫ W dV =
(V)
1 h3
1
κ T Dκ dA = ∫∫ κ T D PL κ dA
∫∫
2 12 ( A )
2 (A)
wobei
D PL
⎡
⎤
1 ν
0 ⎥
⎢
Eh
⎢ν 1
=
0 ⎥
12(1 − ν 2 ) ⎢
1− ν⎥
⎢0 0
⎥
2 ⎦
⎣
3
die Materialmatrix der Plattenbiegung bezeichnet.
Gl. 6-51
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