Blatt 2: Metrische Räume, Kompaktheit und Zusammenhang

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Topologie
M. Eisermann / A. Thumm
WiSe 2013/2014
Blatt 2: Metrische Räume, Kompaktheit und Zusammenhang
1. KOMPAKTE METRISCHE R ÄUME
S 1.1. Für metrische Räume und stetige Abbildungen zwischen ihnen gilt:
(a) In jedem kompakten Raum ist jede abgeschlossene Teilmenge kompakt.
(b) In jedem metrischen Raum ist jede kompakte Teilmenge abgeschlossen.
(c) Das stetige Bild eines Kompaktums ist kompakt.
(d) Jede stetige Bijektion auf einem Kompaktum ist ein Homöomorphismus.
Lösungsskizze: — Teil (a): Sei K ein kompakter metrischer Raum und A ⊂ K abgeschlossen. Jede Folge
von Punkten in A hat einen Häufungspunkt in K, da K kompakt ist. Jeder Häufungspunkt einer solchen
Folge liegt aber selbst in A, da A abgeschlossen ist.
Teil (b): Sei X ein metrischer Raum und K ⊂ X kompakt. Sei weiter xn eine Folge von Punkten aus K mit
xn → x für ein x ∈ X. Da K kompakt ist besitzt die Folge der xn eine Teilfolge die gegen einen Punkt x0 ∈ K
konvergiert. Diese Teilfolge konvergiert nun auch gegen x und es muss somit x = x0 , also x ∈ K gelten.
Teil (c): Sei f : X → Y stetig, wobei X und Y metrische Räume sind, und K ⊂ X kompakt. Sei weiter yn eine
Folge von Punkten aus f (K). Wir wählen eine Folge von Punkten xn ∈ K mit f (xn ) = yn . Die Folge der xn
besitzt nun eine konvergente Teilfolge mit Grenzwert in K. Das Bild einer solchen Teilfolge unter f ist nun
ebenfalls konvergent, da f stetig ist, und der Grenzwert liegt in f (K).
Teil (d): Sei f : X → Y eine stetige Bijektion, wobei X und Y metrische Räume sind und X kompakt ist.
Wir zeigen, dass f abgeschlossen ist, d.h. das Bild einer jeden abgeschlossenen Teilmenge von X unter f
ist abgeschlossen in Y . Sei A ⊂ X abgeschlossen. Nach Teil (a) ist A kompakt. Damit ist f (A) kompakt nach
Teil (c). Mit Teil (b) folgt schließlich, dass f (A) abgeschlossen ist.
—
Die Abbildung f : R≥0 → R≥0 mit f (x) = x + 1 ist eine isometrische Einbettung, aber
nicht surjektiv und somit keine Isometrie. Für kompakte Räume kann dies nicht passieren:
V 1.2. Ist (X, d) ein kompakter metrischer Raum, dann ist jede isometrische Einbettung
f : X → X surjektiv und somit eine Isometrie. Hinweis: Wäre f nicht surjektiv, so
existiert x0 ∈ X r f (X), und xn = f n (x0 ) erfüllt d(xm , xn ) ≥ ε für alle m 6= n.
Lösungsskizze: — Angenommen, f wäre nicht surjektiv. Dann gäbe es einen Punkt x0 ∈ X r f (X). Das
Bild f (X) ist kompakt, also in X abgeschlossen. Daher gilt ε = dist(x0 , f (X)) > 0. Für xn = f n (x0 ) gilt dann
d(x0 , xn ) ≥ ε denn xn ∈ f (X) für n ≥ 1. Da f die Metrik erhält, folgt d(xm , xm+n ) = d(x0 , xn ) ≥ ε. Wegen
d(xm , xn ) ≥ ε für alle m 6= n hat diese Folge keinen Häufungspunkt, was der Kompaktheit widerspricht.
Also gilt f (X) = X.
—
2. T OPOLOGIE DER REELLEN Z AHLEN
V 2.1. Jeder zusammenhängende Teilraum I ⊂ R ist homöomorph zu genau einem der
Teilräume 0,
/ {0}, [0, 1], [0, 1[, ]0, 1[.
Lösungsskizze: — Jeder zusammenhängende Teilraum I ⊂ R ist ein Intervall, denn I muss mit je zwei
Punkten a ≤ b nach dem Zwischenwertsatz auch alle Punkte x ∈ R mit a ≤ x ≤ b enthalten. Die Abbildung
f : R → ]0, 1[ mit f (x) = ex /(ex + 1) definiert einen Homöomorphismus mit Umkehrabbildung f −1 (x) =
ln((x)/(1 − x)). Durch Ableiten von f sieht man, dass f streng monoton wachsend ist. Damit liefert die
Einschränkung von f auf ein offenes / halb–offenes / abgeschlossenes Intervall einen Homöomorphismus
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auf ein offenes / halb–offenes / abgeschlossenes Intervall mit endlichen Grenzen. Diese sind dann, etwa
durch ein affine Abbildung, homöomorph zu einem der oben genannten Intervalle.
Es bleibt noch zu zeigen, dass die Räume 0,
/ {0}, [0, 1], [0, 1[, ]0, 1[ paarweise nicht homöomorph sind.
Durch Zählen der Punkte sieht man, dass 0/ (bzw. {0}) zu keinem der anderen Räume homöomorph sein
kann. Das abgeschlossene Intervall [0, 1] besitzt genau zwei Punkte deren Wegnahme den Raum zusammenhängend lässt. Bei [0, 1[ gibt es genau einen, bei ]0, 1[ keinen solchen Punkt.
—
2.2. Für Intervalle X,Y ⊂ R und jede Funktion f : X → R sind äquivalent:
(a) f ist stetig und injektiv.
(b) f ist stetig und streng monoton.
(c) f ist streng monoton und f (X) ist ein Intervall.
(d) f ist ein Homöomorphismus von X auf sein Bild f (X).
Insbesondere ist jede stetige Bijektion f : X → Y ein Homöomorphismus.
Lösungsskizze: — Siehe Skript.
—
Die folgende Übung formuliert grundlegende Eigenschaften des euklidischen Raumes Rn .
In Dimension 1 sind die Beweise leicht und hier bereits unmittelbar zugänglich.
S 2.3. (a) Invarianz der Dimension: Seien U ⊂ R1 und V ⊂ Rn offen und nicht leer.
∼
Existiert ein Homöomorphismus f : U −
→
V , so gilt n = 1.
∼
1
(b) Invarianz des Randes: Seien U,V ⊂ R≥0 offen in R1≥0 und sei f : U −
→
V ein
Homöomorphismus. Gilt 0 ∈ U, dann folgt f (0) = 0 ∈ V .
(c) Invarianz des Gebietes: Sei U ⊂ R1 offen und f : U → R1 stetig und injektiv.
Dann ist auch das Bild f (U) in R1 offen.
Lösungsskizze: —
(1) Sei x ∈ V . Da V offen ist, gibt es ein ε > 0, so dass der offene Ball Bε (x) mit Radius ε ganz in
V enthalten ist. Das Urbild f −1 (Bε (x)) ist eine offene Umgebung von f −1 (x) in U. Außerdem ist
f −1 (Bε (x)) zusammenhängend, da Bε (x) zusammenhängend und f −1 stetig ist. Damit ist Bε (x)
ein offenes Intervall. Würde n > 1 gelten, so wäre Bε (x) r { x } zusammenhängend. Nun müsste
f −1 (Bε (x)) r f −1 ({ x }) ebenfalls zusammenhängend sein, was aber nicht geht.
(2) Wir nehmen an, dass f (0) = x 6= 0 gilt. Damit existiert aber ein offenes Intervall I mit x ∈ I ⊂ V .
Das Urbild f −1 (I) ist nun ebenfalls ein offenes Intervall (vgl. Aufgabe 2.1). Das ist aber unmöglich, da 0 ∈ f −1 (I) und I ⊂ R>0 gelten muss.
(3) Wir Können U als Vereinigung offener Intervalle schreiben. Die Bilder solcher offenen Intervalle
sind nach Aufgabe 2.2 selbst Intervalle und nach Aufgabe 2.1 offen. Das Bild von U ist somit, als
Vereinigung offener Mengen, selbst offen.
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— Bitte wenden —
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3. B UCHSTABENSUPPE
V 3.1. Wir betrachten die 26 Großbuchstaben des lateinischen Alphabets:
ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ
Als Teilmenge der euklidischen Ebene ist jedes dieser Symbole ein topologischer
Raum. Hierbei nehmen wir an, dass jedes Symbol ideal dünn ist, also Vereinigung
von Geradensegmenten. Man klassifiziere diese Räume bis auf Homöomorphie.
Lösungsskizze: — Wir betrachten hier Graphen bestehend aus Ecken und Kanten. Die Äquivalenzklassen
sind:
{A, R}, {B}, {C, I, J, L, M, N, S, U, V, W, Z}, {D, O}, {E, F, G, T, Y}, {H, K}, {P}, {Q}, {X}
Man prüft hier zunächst, dass die Buchstaben einer Klasse tatsächlich homöomorph sind. Umgekehrt sollten Buchstaben aus unterschiedlichen Klassen nicht homöomorph sein: Man zähle hierzu wieviele Punkte
man entfernen kann, ohne den Zusammenhang zu zerstören, und wie viele Punkte es gibt, die eine zusammenhängende Umgebung in 3 oder 4 Komponenten trennen.
—
3.2. Die topologische Klassifikation hängt tatsächlich vom gewählten Zeichensatz ab.
Als Varianten kann man zum Beispiel Zeichensätze mit Serifen betrachten:
ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ
ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ
Lösungsskizze: — In diesem Falle erhalten die Graphen aus Aufgabe 3.1 weitere Verzweigungen, und die
Zerlegung in Homöomorphieklassen wird feiner. Zum Beispiel sind A und R nicht mehr homöomorph,
ebensowenig M und N.
—
3.3. Wie lautet das Ergebnis, wenn wir die Symbole als realistisch dick annehmen, also
eine ε–Umgebung der vorigen Mengen? (Man nutze die Flächenklassifikation.)
ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ
Lösungsskizze: — In diesem Fall ist jeder der Räume homöomorph zu einer Kreisscheibe mit 0, 1 oder 2
Löchern. Es gibt also nur drei Äquivalenzklassen:
{A, D, O, P, Q, R}, {B}, {C, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, S, T, U, V, W, X, Y, Z}
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