Aufgabenblatt 6: Erwartungen

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Prof. Dr. Robert Fenge
AVWL II
Wintersemester 2008/2009
Aufgabenblatt 6:
Erwartungen
Lösungsskizze
Bitten beachten Sie, dass diese Lösungsskizze lediglich als Hilfestellung zur eigenständigen Lösung der Aufgaben gedacht ist. Sie
erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit.
Es handelt sich zudem ausdrücklich nicht um eine Musterlösung
im Sinne einer mit voller Punktzahl bewerteten Klausuraufgabe.
Aufgabe 1 (Erwartungen und Geldpolitik, Klausuraufgabe SoSe 2008 )
Betrachten Sie eine Ökonomie, in der die gesamtwirtschaftliche Produktion
in Periode t entsprechend der Lucas-Angebotsfunktion
Yt = Yn + πt − πte ,
(1)
erfolgt, wobei Yn den strukturellen Output und πte die Inflationserwartung
der Haushalte bezeichnet. Die Inflationsrate πt wird von der Zentralbank bestimmt. Die Zentralbank ist bestrebt die Abweichungen von ihren Zielen zu
minimieren. Die Verlustfunktion lautet
Mt = (πt )2 + (Yt − Yz )2 ,
(2)
mit Yz als Zielwert für den Output, Yz > Yn .
(a) Erläutern Sie die Lucas-Angebotsfunktion.
Wenn die aktuelle Infaltion in der betrachteten Volkswirtschaft die den
gewerkschaftlichen Lohnverhandlungen zugrunde liegende erwartete Inflaionsrate übertrifft (πt > πte ), werden Unternehmen aufgrund der resultierenden relativen Produktionskostenverbilligung den Arbeitseinsatz
erhöhen und somit ihren Output über das strukturelle Niveau hinaus
erhöhen (Yt > Yn ).
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(b) Berechnen Sie die optimale Inflationsrate der Zentralbank in Abhängigkeit von der Inflationserwartung. Bestimmen Sie den zugehörigen Wert
der Verlustfunktion in Abhängigkeit der Inflationserwartung.
Einsetzen von (1) in (2) gibt:
Mt = (πt )2 + (Yn + πt − πte − Yz )2
(3)
Differenzieren von (3) nach πt erbringt dann die B.E.O.:
!
2πt + 2(Yn + πt − πte − Yz ) = 0
1
[Yz − Yn + πte ]
2
1
einsetzen von (4) in (3): Mt∗ = [Yz − Yn + πte ]2
2
bzw. nach Umformung: πt∗ =
(4)
(5)
(c) Berechnen Sie die optimale Infaltionsrate und den Wert der Verlustfunktion für eine Inflationserwartung in Höhe von Null (πte = 0). Wie
erklären Sie sich das Ergebnis? Gehen Sie bei Ihren Erläuterungen insbesondere auch auf die Rolle des Outputziels der Zentralbank ein.
Direktes einsetzen von πte = 0 in (4) und (5) erbringt:
πt∗ =
1
[Yz − Yn ]
2
1
bzw. Mt∗ = [Yz − Yn ]2
2
Die Zentralbank nutzt die falsche Erwartungshaltung der Haushalte um
ihre Verlustfunktion zu minimieren, d.h. sie nimmt für eine Annäherung
an ihr Outputziel eine positive Inflationsrate in Kauf um die Unternehmen zu einer Ausweitung ihrer Produktion veranlassen zu können.
Je höher das Outpuziel der Zentralbank, umso gewichtiger wäre der
Verlust aus einer abweichenden aktuellen Produktion und desto höher
somit die gewählte Inflation um die Produktion zu stimulieren.
(d) Nehmen Sie an, die Zielfunktion der Zentralbank ist allgemein bekannt
und berechnen Sie die gleichgewichtige Inflationsrate bei korrekten Preiserwartungen. Bestimmen Sie den entsprechenden Wert der Verlustfunktion. Stellen Sie das Gleichgewicht in einer geeigneten Graphik dar
und geben Sie anschließend eine kurze ökonomische Erklärung für das
Resultat.
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Bei korrekten Preiserwartungen werden die Haushalte ihre Inflationserwartung entsprechend der Zielfunktion der Zentralbank anpassen, d.h.:
πt∗ = πte . Einsetzen in (4) und (5) erbringt dann:
πt∗ = Yz − Yn
bzw. Mt∗ = 2[Yz − Yn ]2
(6)
Je höher die Inflationserwartung, desto höher auch die gewählte Inflation der Zentralbank. Eine umso höhere Inflation ruft jedoch auch einen
immer größeren Verlust relativ zu einer konstanten Outputabweichung
hervor. Bei korrekten Preiserwartungen kennen die Haushalte nun die
Zielfunktion der Zentralbank und werden somit deren Anreiz zur inflationsbasierten Produktionssteigerung auch richtig vorhersehen. Im
Gleichgewicht wird dann letztlich keine Produktionsstimulierung erreicht, jedoch bei höherer Inflation als die Zentralbank eigentlich gerne
hätte. Der Grund liegt im Zeitinkonsistenzproblem der Geldpolitik: Die Ankündigung einer wohlfahrtsminimalen Nullinflation ist nicht
glaubwürdig wenn die Zielfunktion den Haushalten bekannt ist.
Graphische Lösung: s. Übung
Anmerkung: Im Gleichgewicht wird genau jenes Inflationsniveau realisiert, welches zum Gesamtverlust der Zentralbanksfunktion denselben Beitrag leistet wie die weiterhin bestehende Outputabweichung.
Eine höheres Inflationsniveau lohnt sich für die Zentralbank dann nicht
mehr, da der daraus resultierende Verlustbeitrag relativ zu der Verlustreduktion aufgrund der induzierten Outputannäherung an die Zielvorgabe dann zu hoch wäre ⇒ glaubwürdiges Inflationsniveau!
(e) Bestimmen Sie die gleichgewichtige Inflation bei korrekten Erwartungen, wenn die Zentralbank darauf abzielt den Output möglichst auf dem
natürlichen Niveau zu halten (Yz = Yn ). Erklären Sie ihr Ergebnis auch
in einfachen Worten.
Einsetzen von Yz = Yn in (6) bringt πt∗ = 0 und Mt∗ = 0.
Das Problem der Zeitinkonsistenz der Geldpolitik entsteht durch die
über der strukturellen Output hinausgehende Produktionsabsicht in
der Zielfunktion der Zentralbank. Tritt dies nicht auf wenn als Zielvorgabe das strukturelle Outputniveau festgesetzt wird, so verschwindet
das Problem und die Zentralbank kann glaubhaft versichern das sie eine
Inflationsrate von 0 setzen wird. Dies ist dann die verlustminimierende
Inflationsrate in der Zielfunktion der Zentralbank, die den Haushalten bei korrekten Erwartungen ja bekannt ist ⇒ rational πt∗ = 0 zu
erwarten ⇒ kein Verlust im Gleichgewicht!
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Aufgabe 2 (Real- und Nominalzins)
Ein Anleger hat die Wahl, einen Geldbetrag W entweder in mit i nominalverzinste Anleihen oder in Kapitalgüter, die einen Realertrag von r abwerfen,
investieren zu können.
(a) Stellen Sie für beide Anlageformen die erwartete nominale Auszahlung
in einer Periode dar.
Erwartete, nominale Auszahlung der Anleihen in einer Periode:
E A = (1 + i)W
Erwartete, nominale Auszahlung der Investition in Kapitalgüter in einer Periode:
E K = pet+1 (1 + r)W/pt
Anlage eines Betrages W erbringt W/pt Einheiten des Kapitalguts,
dessen Verzinsung gemäß r erfolgt. Für einen Vergleich mit dem Ertrag
einer nominalen Anlagemöglichkeit muss der Wert der realen Anlage
jedoch noch zum erwarteten Preis des Kapitalguts der nächsten Periode
(pet+1 ) wieder in nominelle Einheiten übergeführt werden.
(b) Die Forderung der Arbitragefreiheit verlangt, dass die erwartete Rendite zweier Finanzanlagen gleich sein muss (bei risikoneutralen Investoren). Unterstellen Sie diese Form der Arbitragefreiheit und leiten Sie
anhand Ihres Ergebnisses aus (a) die Fishersche Zinsgleichung her.
Arbitragefreiheit: Anlageformen müssen den selben Ertrag erbringen:
EA = EK
bzw. (1 + i)W = (1 + r)W
erwartete Inflationsrate:
πte
pet+1
pt
pet+1
pet+1 − pt
⇔
= 1 + πte
:=
pt
pt
(7)
(8)
Einsetzen von (8) in (7) gibt: (1 + i) = (1 + r)(1 + πte )
Logarithmieren erbringt dann: ln(1 + i) = ln(1 + r) + ln(1 + πte )
Benutzen der Näherungsformel ln(1+x) ≈ x (für kleine x) liefert dann:
Fisher’sche Zinsgleichung: i = r + πte
Für gegebenen realen Ertrag einer Kapitalgüteranlage muss bei einer
pos. Inflationserwartung die Anlage in Anleihen dementsprechend eine
höhere nominale Verzinsung bieten, so dass Arbitragefreiheit erfüllt ist.
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Aufgabe 3 (Erwartungen und Investitionen)
Gehen Sie von folgender realer Gewinnfunktion eines Unternehmens in monopolistischer Konkurrenz aus:
Π = p(Y )Y −
w
N − (i + δ)K + π e K,
p
mit Y = F (K, N ) als Output und p(Y ) als dem realen Absatzpreis des Unternehmens. Gehen Sie bei der Beantwortung der Fragen davon aus, dass
das Unternehmen bei seinen Entscheidungen seinen eigenen Einfluss auf das
gesamtwirtschaftliche Preisniveau p und die erwartete Inflation π e ignoriert.
(a) Leiten Sie die Bedingung für die optimale Einsatzmenge des Kapitals
p
unter Berücksichtigung der Preiselastizität der Nachfrage (η = − ∂Y
)
∂p Y
her (Grenzproduktivitätsregel).
Die gewinnmaximale Einsatzmenge des Kapitals ergibt sich durch Nullsetzen der Ableitung der Gewinnfunktion nach K:
∂Π
∂p
= p(Y )FK +
FK F (K, N ) − i − δ + π e = 0
∂K
∂Y
Umformen und Einsetzen von η ergibt:
1
p(Y )FK 1 −
= i + δ − πe
η
Einsetzen der Fisher-Gleichung liefert die Grenzproduktivitätsregel:
1
p(Y )FK 1 −
=r+δ
η
Der Wert des Produktivitätszuwachses durch einen höheren Kapitaleinsatz muss im Gewinnmaximum gerade dem Kostenanstieg entsprechen
(Kapitalnutzungskosten ohne Steuern entsprechen r + δ).
(b) Mit einer Investition in t erhöht sich der Kapitalbestand in der Folgeperiode. Berechnen Sie den Barwert der zukünftigen Erträge einer zusätzlichen Einheit Kapitals. Gehen Sie von statischen Erwartungen und
einer Fixierung des Kapitalbestands auf dem erhöhten Niveau durch
Abschreibungen aus.
Der Barwert zukünftiger Erträge einer weiteren Einheit Kapital ist:
PV =
∂Πet+2
1
1 ∂Πet+1
+
+ ...
e
1 + r ∂K
(1 + r)(1 + rt+1
) ∂K
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∂Πet+n
∂Π
e
=
, ∀n und rt+n
= r, ∀n.
Bei statischen Erwartungen gilt:
∂K
∂K
Der Barwert kann hiermit dann geschrieben werden als:
∂Π 1
1
1
PV =
1+
+
+ ...
∂K 1 + r
1 + r (1 + r)2
Wird der Barwert über unendlich viele Perioden gebildet, ergibt sich:
!
∂Π 1
1
∂Π 1
=
PV =
1
∂K 1 + r 1 − 1+r
∂K r
(c) Leiten Sie aus den Ergebnissen von (a) und (b) eine geeignete Entscheidungsregel für die Durchführung von Investitionen her und erläutern
Sie kurz. Welchen Effekt hätte hier eine Zunahme des Wettbewerbs auf
die Investitionsentscheidung?
Einsetzen des Ergebnisses aus Aufgabenteil (a) in den Barwert ergibt:
1
p(Y )FK 1 − η − δ
−1
PV =
r
p(Y )FK (1− η1 )−δ
Mit q :=
kann der Barwert einer zusätzlich investierten
r
Einheit Kapital dann geschrieben werden als:
PV = q − 1
Eine Investition ist also rentabel, wenn q > 1, also wenn der Nettoertrag der Investition den herrschenden Realzins übersteigt. Wenn
also die Investitionsentscheidungen der Unternehmen vom Barwert der
zukünftigen Eträge abhängen (I = I(P V )), dann steigen die Investitionen mit q, bzw. sinken mit r.
Steigender Wettbewerb drückt sich hier in einem Ansteigen der Preiselastizität der Nachfrage aus (Vollkommene Konkurrenz: η = ∞. Beachten Sie zudem, dass für ein Gewinnoptimum des Monopolisten η > 1
sein muss). Je größer η, desto geringer ist die Preiseinbuße für die
nächste produzierte Einheit Y bzw. desto geringer ist der Anreiz durch
eine Verknappung des Angebotes den Preis hoch zu halten. Dadurch
ist die outputsteigernde Wirkung einer weiteren Einheit Kapital bei
gleichen Kosten umso wertvoller. Der Nettoertrag einer zusätzlichen
Einheit Kapital steigt also mit der Preiselastizität der Nachfrage und
damit q. Die Investitionen nehmen also mit Wettbewerb am Markt zu.
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