Vertrauen in G e s ell s c h aft und Or g a ni s ationen Vertrauen ist nicht nur in Unternehmen, sondern auch in der Gesellschaft ein knappes Gut. Es ist schneller zerstört, als es sich aufbauen lässt. Ohne Reputation als kondensiertes Ergebnis vertrauensvoller Beziehungen lässt sich weder der Kunde in der Wirtschaft, noch der Bürger in der Politik gewinnen. Vertrauen ist sehr effizient und spart eine Menge Ärger. Es hat einen großen realen, praktischen und auch wirtschaftlichen Wert. Aber Vertrauen ist keine Ware, die sich einfach kaufen lässt. Wie "produziert" man jedoch Vertrauen, das sowohl Ergebnis als auch riskante Vorleistung ist? Welche Rolle spielen Glaubwürdigkeit, Kalkül und transparente Strukturen für den Aufbau von Vertrauen in Organisationen und Politik? Zu dieser Frage hatte Studienleiter Stephan Schleissing zusammen mit den Ökonomen Stephan A. Jansen und Bernhard Hirsch zu einer gemeinsamen Tagung mit der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Witten-Herdecke nach Tutzing eingeladen. Zum Thema "Vertrauen in der New Economy" hielt Birger P. Priddat, Professor für Volkswirtschaft und Philosophie und Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, einen Vortrag, dem folgender Auszug entnommen ist: R i siko und Vertrauen in der H yp er m odernity Die intensivste Vertrauensdebatte läuft in der Organisationsliteratur. Es geht in der New Economy und ihrer management science um die Probleme der motivierten Mit- und Zusammenarbeit in Unternehmen 1. unter beschleunigten organisationalem Wechsel und 2. unter neuen Bedingungen der De- und Rekomposition von Unternehmen im new mode der Virtualisierung. Die alten hierarchischen Ordnungswelten zerfallen, die Anforderungen an die Mitarbeiter beziehungsweise Kooperation ändern sich, oft in schneller Sequenz hintereinander. Die Kooperationsanforderungen in den Unternehmen wechseln von Anstellung auf Intrapreneurship und andere Formen selbständigerer Operationspotenz. Teamwork zum Beispiel war nur die Zwischenform des Anlernens der Kooperation, mit unbekannten Partnern in kurzer Zeit exzellente Projekte zu managen. Es ging nicht um stabile Teams, sondern um das Lernen des Wechselns in immer neue teams: unfamiliality, die schnelle Koordination mit anderen auf eine Projektrealisation. Erst in diesem Kontext wird Vertrauen zu einer neuen Ressource, die sich klar unterscheidet von den alten Formen der vertrauensvollen langjährigen Zusammenarbeit. Wir müssen hier einen Zwischenschritt machen und die Vertrauensdebatte innerhalb der Ökonomie in zwei Phasen unterscheiden: die ältere Phase repräsentiert Fukuyama mit seinem Buch "Trust. The social virtues and the creation of prospertity" (dt. Der Konflikt der Kulturen) von 1995, in dem er traditionsreiche Vertrauenskulturen (Deutschland, Japan) gegen ineffizient werdende Hierarchiekulturen (Frankreich, China) setzt. Die zweite Phase dieser Debatte setzt seit den 90er Jahren ein: "trust in uncertain areas". Nicht mehr die strategische Investition in "social capital" steht im Vordergrund, sondern virtualisiertere Formen des Vertrauens; nennen wir sie in Kurzform "riskantes Vertrauen". Vertrauen wird hier nicht als tugendartige "relationship" angefordert, sondern als neuartige Netzwerkqualität: einerseits um Vertrauensdispositionen aus der Erfahrung früherer Zusammenarbeit, andererseits um abstraktere Formen des Vertrauens in die Kompetenz von unbekannten Kooperationspartnern. Für A. B. Seligman hat Vertrauen, im Gegensatz zur Konfidenz, Gültigkeit, "when behavior cannot predicted or when strangers are part of the interaction. Trust is necessary when the other is unknowable ..." Vertrauen hat eine ähnliche Struktur wie Freundschaft. Die Unterscheidung Vertrauen/Misstrauen finden wir bei der Freundschaft als Unterscheidung Freundschaft/ Feindschaft. Die Beziehungen sind nicht manifest, sondern umschlagsfähig. Freundschaft kann in Feindschaft wechseln, Vertrauen in Misstrauen. Zwei Feinde wiederum können gegenüber einem gemeinsamen Feind sich wie Freunde verhalten. Wir unterschätzen diese katalytischen Interaktionen, wenn wir die Beziehungen beziehungslos sehen, das heißt nicht im Kontext möglicher anderer Beziehungen. Das gilt ebenso für das Vertrauen. A misstraut B, vertraut aber C. Wenn C B vertraut, hat A die Chance, ebenfalls B zu vertrauen. Sein Misstrauen gegenüber B wird durch C katalytisch transformiert. Das Vertrauen, das A C gegenüber hegt, ist erweiterbar. Vertrauenspersonen sind "gate keepers" auf dem Weg in unbekannte Komplexionen. Vertrauen erschließt Vertrauen. A vertraut zwar nicht B, aber C, und nimmt B in den Vertrauenshorizont hinein (selbst bei latentem Misstrauen), weil er C vertraut, der B vertraut. Vertrauen entwickelt sich sozial kettenartig, erweitert den Wir-Bereich durch Verweisungen. A verhält sich B, wegen C, gegenüber "wie ein Freund". Letzthin ist der Vertrauenskredit, den A dem B gibt wegen C, nur eine Eröffnungszeremonie, der eine tatsächliche Bekanntschaft und die Feststellung eines tatsächlichen Vertrauens folgen wird. Aber die A/Ctrust-relation reicht aus, um das Bild, das A von B hat, vollständig zu ändern (wenn auch erst nur probeweise). Vertrauen arbeitet über Prospektionen beziehungsweise über epistemologische Programmierung und Umprogrammierung. Wenn wir nicht auf vormoderne substantilistische Vertrauensformen verlässlicher und treuer Beziehungen zurückgreifen wollen, die auch in Grenzsituationen durchgehalten werden (deren Trainingsprogramme wir in jedem Western oder Kriegsfilm finden – alles vormodernes Material), wenn wir hingegen eine moderne Vertrauenskategorie in Anschlag bringen, die kontingenzfreundlicher auftritt und damit den Dynamisierungsanforderungen gerecht wird, müssen wir ihre "gate-keeping"-Funktion herausstellen. Vertrauen lädt ein zu Handlungsmöglichkeiten, die man ohne diese soziale Kreditierung als zu riskant empfindet. Vertrauen ist ein temporäres Angebot der Komplexitätsöffnung, durch einen "gatekeeper": entweder einer Person, der man vertraut, einer Institution oder eines sozialen Mechanismus. Vertrauen hat – als hypermoderne Form – keinen Stabilitätswert, sondern eine Ankopplungsfunktion. Vertrauen ist ein "gatekeeper"; aber danach muss man selber Erfahrungen machen. Vertrauen bekommt eine transitorische Funktion: hochbedeutsam für die Eröffnung eines neuen Spiels, aber riskant dann, wenn es treu beibehalten wird. Dann wird Vertrauen innovationshemmend, das heißt handlungsoptionseinschränkend. Denn die spezifische Bedeutung des Vertrauens, hohe Eingangssicherheit zu bieten, nimmt im Laufe der Zeit ab, wenn es dogmatisch wird, das heißt auf Interpretationsschemata beharrt, die nicht mehr situationsgemäß sind. Vertrauen – um dies zu präzisieren – hat in der "hypermodernity" eine Verlaufsgestalt: als "gate keeper" schließt sie Unsicherheit auf, reduziert Komplexität, aber als über die Zeit erstarrende Haltung hingegen reduziert es neue Komplexität dogmatisch. Anhaltendes Vertrauen kann Erfahrungswerte der Vergangenheit unproduktiv in die Zukunft zerren und Missdeutungen produzieren. Dann wird Vertrauen zu einer irrigen Erwartung und kontraoptiv. Vertrauen, um auf die Analogie zur Freundschaft/Feindschaft zu verweisen, als Vertrauen/MisstrauenAmbiguität, ist kein Faktor, keine institutionalisierbare Institution, sondern interaktionssensibel: ein hohe Aufmerksamkeit erheischender wechselseitiger Beobachtungszustand, der umso ausbeutbarer, damit umso enttäuschbarer wird, je stärker das konventionale Moment des Vertrauens Raum greift. Wenn ich glaube, mich nach hinreichender Erfahrung auf jemanden oder auf eine Institution "wirklich verlassen zu können", nimmt meine Aufmerksamkeit ab, und damit die Beobachtung des Anderen oder der Mechanik der Institution. Ich gerate in einen Zustand des nicht mehr kontrollierten Vertrauens, der die alte abendländische Qualität des Vertrauens ausmacht, der aber in hochagilen Interaktionswelten der "hypermodernity" strategisch wie taktisch ausnutzbar wird. Auf Vertrauen kann man nicht mehr vertrauen, ist die Quintessenz, sondern muss es sich ständig wieder erarbeiten, bestätigen lassen. Vertrauen wird ein kommunikativer Prozess, keine Eigenschaft, die dem Charakter von Personen zugeschrieben werden kann. Damit sind die vormodernen Vertrauensbeziehungen nicht aus der Mode geraten; sie existieren parallel weiter. Aber sie sind eher romantische Projekte in der "hypermodernity", da sie Verlässlichkeiten entwerfen, die in den fluiden modernen Welten hochenttäuschbar sind. Vertrauen zu einem Partner, sei es ein Ehe- oder ein anderer Transaktionspartner, das auf ewige Treue oder ähnliche Stabilitätscodes ausgelegt ist, ist überriskant. Vertrauen wird hier mit vormodernen Hoffnungen aufgeladen, die aller Wahrscheinlichkeit nach vergeblich sind. Vertrauen ist keine risikomindernde Institutionalisierung, wie wir es in vielen, auch ökonomischen Konzeptionen erörtert bekommen, sondern ein neuer Interaktionsoszillator, der die Riskanz des "alten" Vertrauens einrechnet und so darauf reagiert, dass er 1. das Vertrauen entromantisiert und 2. die kommunikativen Prozesse ausweitet: den ständigen Diskurs über die Geltung der Vertrauenshypothese, der genaueren Beobachtung und Kommunikation der Beobachtungen über Verlässlichkeit, Vertragstreue, Offenheit etc. Vertrauen kann hypermodern als temporäres Erschließungsprojekt erklärt werden, das "kontingenten Konsensus" (vgl. M. Levi) erzeugt. Dieses Vertrauenssystem ist randoffen, das heißt immer wieder offen für neue Handlungsoptionen, die nicht individuell detektiert, sondern im Netzwerk von "gatekeepers" angeboten werden. Vertrauen ist ein Netzwerk, innerhalb dessen es eine Anzahl von Partnern gibt, die sich wechselseitig Vertrauenskredit geben. Man folgt ihren Handlungsempfehlungen eher als anderen, die nicht zum Netzwerk gehören, weil man sich kennengelernt hat oder Partner kennt, die sie kennen. Das Netzwerk oszilliert das Vertrauen, das heißt einige werden ausselegiert, andere treten hinzu. Vertrauen wird dann zwar über Personen abgewickelt, ist aber keine personale Qualität, sondern eine Netzwerkqualität. Das Netzwerk arbeitet als eine, hoch oszillatorische, "linguistic community", in der bestimmte belief-systems fungieren, unter anderem auch belief-systems, denen Personen zugeordnet werden. Nicht Personen als Personen, sondern deren Markierungen der Teilhabe an belief-systems sind vertrauensvoll. Es kommt auf die semantischen Operatoren an, die jedem Netzwerkmitglied, das den code kennt, signalisieren: Hier kannst du, jedenfalls nach dem Stand der bisherigen Beobachtungen, Vertrauen investieren. Jede Vertrauensdefektion innerhalb des Netzwerks wird sogleich kommuniziert, das heißt die Defektion betrifft dann nicht die 2Person-Beziehung, sondern das ganze Netzwerk. Die Qualität, die Vertrauen in Netzwerken ausmacht, ist Kompetenz, das heißt vornehmlich Handlungsermöglichungskompetenz. Es geht darum, neue Handlungsoptionen durch die vertrauensvolle Kooperation zu gewinnen. Kooperationsfähigkeit ist nur der Name für Optionserweiterungsmöglichkeit. Wir sind an einem entscheidenden Punkt, der das vormoderne gegen das hypermoderne Vertrauen unterscheidet: Was beim vormodernen Vertrauen als risikoentlastende Kooperation hoch bewertet wird, wird in der hypermodernen Form nur noch zum Teil angesteuert. Vielmehr steuert die hypermoderne Form des Vertrauens auf "risk-joining" zu, nicht auf "risk-minimizing". Man will nicht a priori die Risiken minimieren, sondern sie gemeinsam eingehen: "risk-sharing". Vertrauen arbeitete hier als "risk-taking"-Verstärker. Die hypermoderne Vokabel für Vertrauen heißt: commitment, Bindung. Commitment, zumindest in der deutschen Sprache, hat elastischere Bindungsqualität. Man vertraut, solange man vertraut. Das war vorhin als kontingenter Konsensus eingeführt worden: Man vertraut, aber als Ironiker: wissend, dass es gleichzeitig auch unmöglich sein kann, zu vertrauen. Die Sprache hat ihre eigene Interpretation parat: "trau, schau, wem". Diese commitments sind projektbezogene commitments; sie involvieren natürlich Personen, aber sind keine personalen Treuevereinbarungen. Der Vertrauenskredit kann mit Beendigung des Projekts, der erfolgreichen Kooperation, ausbezahlt werden; die obligatio, die dem Vertrauensverhältnis einwohnt, erlischt. Commitments gelten weder für ewig noch für lange Zeit. Hier hört die strukturelle Analogie zur Freundschaft auf. Es reicht, ein commitment zu haben für ein Projekt der Zusammenarbeit. Danach trennt man sich wieder. ... Aus der vormodernen Perspektive betrachtet, verliert das Vertrauen an Vertrauen; es erscheint als ein Vertrauen geringerer Bindungskraft. Aus der hypermodernen Perspektive betrachtet gewinnt das neue Vertrauen an Vertrauen, weil es keine Bindungsstabilität einfordert, sondern auf situatives Vertrauen einstellt. Es ist ein schnell generiertes Vertrauen, das sich auch schnell wieder verflüchtigt. Vertrauen, können wir zwischendurch resümieren, verliert seine alteuropäische Stabilisationsgarantie, dafür gewinnt es, neuabendländisch, Ubiquität, aber in der Form von Diversität und Spezifität. Wir vertrauen nicht mehr erprobten, ausgewählten Vertrauenspersonen oder Vertrauensmechanismen, sondern wir vertrauen sehr viel mehr und sehr viel schneller unbekannten Personen oder Mechanismen, die uns hoch divers und hoch projektspezifisch angeboten werden. Das ist in einer auf Innovation gepolten Gesellschaft und Wirtschaft nichts Ungewöhnliches. Nicht mehr das über lange Zeit ausgebildete Vertrauen ist maßgebend, sondern ein Vertrauen, das in kurzer Zeit gebildet werden kann: über besondere Zeichenbildungen, Markierungen, Auszeichnungen, Kommunikationen. Vertrauen ist in der New economy nur zur Hälfte jener Art von Intimität und persönlicher Beziehung, die die Nähe zum Freundschaftlichen hat; zur anderen Hälfte ist Vertrauen ein sozialer Mechanismus des signalements von Kompetenzandockungspotentialität. Oder anders gesagt: Vertrauen markiert potentielle Kooperationseffektivität. Kommunikationsmechanisch können wir von einem Selektions-marker sprechen: In virtual economies brauchen die agilisierten actors einigermaßen zuverlässige Indikatoren für die Kompetenzeinschätzung neuer Kooperanden. Sie müssen darauf vertrauen können, dass sie mit den richtigen, passenden Partnern kooperieren. In einem Dynamikmilieu, das sich selber erst gerade neu generiert, sind die altbekannten signalements missweisend: Weder Beruf noch aktuelle Tätigkeit geben Auskunft darüber, ob man den richtigen Partner für ein neues Projekt acquiriert. Es gibt keine "ordentlichen Vertrauensmärkte" oder erfahrungsreiche Netzwerke. Wenn man die Mechanik sozialer Systeme nicht kennt, hält man sich an Personen, denen man vertraut. Man vertraut ihnen, weil man sie kennt. Personen sind in unklaren und in komplexen Systemen so etwas wie "natürliche Vertraute" (selbst dann, wenn man sie nicht kennt). Man meint, mit Personen umgehen zu können, weil man Erfahrungen hat im Umgang mit Personen in Vertrauensmilieus (Familien, Freunden etc.). Personen sind vertrauenswürdig, nicht weil man sie so kennt, dass man ihnen vertraut – der größte Teil des Vertrauens beruht auf Zuschreibungen –, sondern weil sie die vertrautesten Teile von unklaren oder komplexen sozialen Systemen darstellen. Personen treten hier als die Joker auf, die wir im epistemologischen Programm kennen gelernt haben. Vertrauen ist eine Investition in den bekannteren Teil von unklaren, unbekannten Mechanismen. Die Person, können wir sagen, ist die Maske des Systems ("persona" = Maske), die uns am bekanntesten vorkommt. So wie wir Systemen in ihrem Funktionieren vertrauen, wenn wir glauben, dass sie funktionieren, so vertrauen wir Personen, wenn wir das Funktionieren von Systemen bezweifeln oder gar kein System wahrnehmen. Denn wir meinen, Erfahrung darin zu haben, wie Personen funktionieren. Wir können uns in diesen unsicheren Situationen an etwas halten, mit dem umzugehen wir Erfahrung haben. Das Vertrauen in Personen ist dann ein Vertrauen in etwas Vertrautes – auch wenn wir deshalb noch lange nicht darauf vertrauen können, dass sich das Vertrauen rechtfertigt. In unklaren, systemlosen sozialen Räumen sind Personen etwas Bekanntes; wir gehen auf Erfahrungen zurück, weil wir im unklaren Areal erfahrungslos sind. Doch was scheinbar eine Retardation in archaischere "social relationships" ist, erscheint nur so. Darin schwingt die Illusion mit, dass Personen natürlich ansprechbare Systemteile sind. Vertrauen wird dann zu einer Form der Personalisierung von Systemen. Es ist die Instanz, die scheinbar regeln kann, was unklar ist. Denn man kann mit Personen kommunizieren, wenn man es mit dem System, das man nicht oder noch nicht kennt, noch nicht gelernt hat. Vertrauen in Personen ist dann eine Art von funktionalem Vertrauen in Stellvertreter von unbekannten oder unklaren Systemen: Es ist ein gate-keeper-Vertrauen, ohne jedwelche Emphasis oder Intimität, wie es sonst dem Vertrauensbegriff zueignet, sondern ein Joker, den man in einem Spiel zieht, ohne die Regeln genau zu kennen. Man vertraut darauf, dass ein Joker universal gültig ist. Aber es kann sich immer herausstellen, dass er in diesem Spiel eine andere Funktion hatte. Personen sind die natürliche Option, komplexe Systeme kennenzulernen. Deshalb ist Vertrauen keine Frage des Vertrauens, sondern eine Strategie, Personen – mangels anderer Zugangsweisen – als Zugangsformen zu unbekannter Systemkomplexität zu verwenden. Es ist eine Strategie dann, wenn man sich nicht auskennt, Joker zu wählen, die sich auskennen. Wir haben es mit einem Prozess horizontaler quasi-Hierarchisierung zu tun: Wer einem anderen vertraut, lässt sich von ihm führen. In den entvertikalisierenden enthierarchisierenden, heterarchisierenden Netzwerkformationen, die zum Beispiel auf die neue Selbständigkeit des "free-lancer-pools" ausgelegt sind, übernimmt Vertrauen die Funktion einer "horizontalen Vertikalität" als Hierarchisierung von potentiell Gleichberechtigten: Trust becomes the form of hierarchie of equals.