Ayurvedische Therapien bei Stress und Burnout

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Ayurvedische Therapien bei Stress und Burnout
Artikel von Prof. Dr. Martin Mittwede, Studienleiter Ayurveda-Medizin
an der Europäischen Akademie für Ayurveda, und
Dr. med. Ashish Bhalla, Ayurveda-Arzt
Ayurveda heißt wörtlich übersetzt „das Wissen vom Leben“ und spezifischer formuliert „das Wissen
vom langen Leben“. Damit ist die traditionelle indische Medizin nicht nur ein diagnostisches und
therapeutisches System, sondern auch eine Lehre über die Kunst des richtigen Lebens und die
Gesunderhaltung. In diesem Sinne wird sie auch an der Europäischen Akademie für Ayurveda vermittelt. Eine ganzheitliche Burnout-Therapie muss sich gerade mit diesen Themen intensiv befassen,
wenn ein dauerhafter Erfolg erzielt werden soll. Lebensgewohnheiten, die die Belastungsfaktoren
vergrößern, müssen schrittweise abgebaut und durch neue alltagstaugliche Bewältigungsstrategien
ersetzt werden. Hierfür bietet der Ayurveda eine Vielzahl von Möglichkeiten, die individuell abgestimmt genutzt werden können.
Die Meinungen zum Thema Burnout gehen weit auseinander, manche sprechen von einer
Modediagnose, die der Krankschreibung diene, andere sprechen von einer gesundheitlich und volkswirtschaftlich ernst zu nehmenden Belastung, die sich in den letzten Jahrzehnten ausgeweitet hätte.
Tatsache ist, dass es in jedem Fall einer genauen Diagnose bedarf, um andere Ursachen der
Erschöpfung wie z.B. hormonelle Dysregulation, eine Tumorentwicklung oder auch eine Depression
auszuschließen. Der Ayurveda folgt bei der Diagnose dem Prinzip der umfassenden Betrachtung des
Menschen (pariksha), moderne Formen der Diagnostik können und sollen daher integriert werden.
Zu den zentralen Symptomen eines Burnout-Zustandes gehören die emotionale Erschöpfung und
Antriebsschwäche, Erfahrungen von Depersonalisierung, eine negative Einschätzung der persönlichen Leistungskompetenz sowie depressive Zustände, die alle auf einer chronischen Überlastung –
insbesondere im beruflichen Bereich beruhen. Im Folgenden zentrieren wir uns auf das
Überlastungssyndrom als Ursache eines Burnout.
Die Heilkunst des Ayurveda hat ihre Grundlage in einem Menschenbild, welches die Bedingungen für
Gesundheit und Krankheit beschreibt; demnach wird das Menschsein durch drei Aspekte geprägt:
• Körper (sharira)
• Psyche (sattva)
• Selbst (atman)
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Körper und Psyche verändern sich ständig und können deshalb auch krank oder gesund sein. Das
Selbst hingegen ist unveränderlich und die Quelle aller Kraft und Lebensenergie. Es kann niemals
krank werden. Jeder Mensch trägt deshalb die notwendigen Ressourcen für Gesundheit in sich, ganz
im Sinne von Paracelsus, nach dem der Patient Arzt und der Arzt sein Gehilfe ist. Aufbauend auf diesem Menschenbild muss es also darum gehen, dem von Burnout betroffenen Menschen wieder
Zugang zu seinen eigenen ursprünglichen Ressourcen zu vermitteln.
Das Gleichgewicht der im Ayurveda beschriebenen Lebensenergien (Dosha: Vata – Bewegung, Pitta –
Stoffwechseltransformation, Kapha – Substanzstabilität) führt zu Gesundheit, das Ungleichgewicht zu
Krankheit. Insofern ist Gesundheit kein statischer Zustand, sondern das Ergebnis eines dynamischen
Fließgleichgewichts, welches jederzeit in eine Richtung kippen kann.
Richtige Therapie schwächt zu starke Doshas und stärkt zu schwache Doshas, so dass das verloren
gegangene Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Jeder Aspekt der Lebensführung, jeder
Umwelteinfluss, alle sozialen Kontakte haben einen spezifischen Einfluss auf die Regulation und fördern bzw. schwächen das jeweilige Gleichgewicht. So wird z.B. durch eine Reise mit vielen neuen
Eindrücken Vata gestärkt, Schlaf hingegen fördert Kapha, Streit führt zu einem Anstieg von Pitta.
Jeder Mensch weist eine individuelle Mischung dieser drei Regulationskräfte auf, die seine ihm angeborene Konstitution ausmacht. Überwiegt in einer Konstitution beispielsweise Pitta, ist dieser Mensch
leichter anfällig für Erkrankungen, die ein zu starkes Pitta beinhalten, z.B. Entzündungen. In der
Diagnose wird also nicht nur gefragt: „Welche Symptome sind Anzeichen für welche Dosha-Störung?“
Sondern auch: „Wer ist es, der diese Erkrankung jetzt bekommen hat?“ Der Therapieplan wird sich
somit immer auf konstitutionelle und aktuelle Aspekte beziehen.
Neben der physischen kennt der Ayurveda auch eine psychische Konstitution, die ebenfalls durch drei
Aspekte gekennzeichnet wird:
• Sattva – Ausgewogenheit, Flexibilität
• Rajas – Leidenschaftlichkeit, Temperament
• Tamas – Trägheit, Beharrungsvermögen
Die psychische Gestimmtheit ist nicht konstitutionell unveränderlich vorgegeben, auch wenn jeder
Mensch bereits bei seiner Geburt über eine entsprechende Prägung (insbesondere durch pränatale
Erfahrungen, über die im Ayurveda ebenfalls reflektiert wird) verfügt. Sattva, Rajas und Tamas bestimmen wesentlich, wie ein Mensch mit seiner Krankheit umgeht und ob er in der Lage ist, aktiv etwas
zum Heilungsprozess beizutragen. Insofern sind alle therapeutischen Maßnahmen, die Sattva stärken,
als Begleittherapie sinnvoll.
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Eine bereits bestehende Krankheit soll nicht verdrängt oder unterdrückt werden. Vielmehr zielt die
Therapie auf eine Stärkung des Gleichgewichts sowohl auf körperlicher als auch auf psychischer
Ebene, sie ist in diesem Sinne eine ursächliche Therapie. Ein größeres Gleichgewicht ist die Basis für
mehr Selbsterkenntnis, so dass der Gesundungsprozess ein Weg ist, den der Therapeut gemeinsam
mit dem Patienten gehen kann.
Burnout und Selbstverantwortung
„Der falsche, nicht stattfindende und übermäßige Gebrauch der Zeit, der Unterscheidungskraft, der
Sinne und der Objekte ist die dreifältige Zusammenfassung der Ursachen, die die Krankheiten, welche zwei Wirkungsfelder (physisch und psychisch) haben, erzeugen.“ Caraka Samhita 1.1.54
Auch wenn der Ayurveda selbstverständlich Krankheiten kennt, die von außen kommen, besitzt diese
Definition der Krankheitsursachen doch eine paradigmatische Bedeutung. Letztlich kann Krankheit
nur entstehen, wenn der Mensch durch eigenes Fehlverhalten das innere Gleichgewicht so weitgehend gestört hat, dass es nicht mehr möglich ist, äußere Einflüsse zu kompensieren und die Balance
aufrecht zu erhalten.
Hier setzt also der schmerzliche Erkenntnisprozess an, dass es nicht nur die äußeren beruflichen oder
gesellschaftlichen Umstände sind, die zu einem Burnout führen, sondern tief eingeprägte emotionale
Muster und Verhaltensweisen (samskara), die einen Menschen dazu führen, nicht mehr auf die eigenen Signale zu hören und die körperliche und seelische Leistungsfähigkeit falsch einzuschätzen.
Therapeutische Prinzipien
Für die Therapie von Erkrankungen bedeutet die Sichtweise des Ayurveda, dass es keine universal
anwendbare Methode für eine bestimmte Erkrankung geben kann. Vielmehr ist es notwendig, in
jedem Fall individuell vorzugehen. Burnout hat als ein komplexes Syndrom unterschiedliche
Entstehungsgeschichten und Ausprägungen. Grundlage einer ayurvedischen Therapie ist die „umfassende Betrachtung (pariksha)“, d.h. die Einbeziehung aller Faktoren in die Diagnose und Therapie.
Hierzu zählen im Wesentlichen folgende Aspekte:
1.
2.
3.
4.
5.
Konstitution des Patienten
Aktuelle Störung der Doshas
Zeit (Jahreszeit)
Klima
Lebensgewohnheiten
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6. Psychische Befindlichkeit
7. Aktuelle Kraftreserven
8. Zusammenspiel von Therapeut, Assistent, Heilmittel und Patient
Ein sinnvoller Therapieplan wird alle diese Einflussfaktoren berücksichtigen und damit das
Krankheitsgeschehen von verschiedenen Seiten her angehen. Die einzelnen Therapieempfehlungen
unterstützen sich gegenseitig und führen zum Gleichgewicht und zu mehr Lebensenergie.
Aus ayurvedischer Sicht beinhaltet Burnout eine starke Vata-Problematik, die nicht selten durch die
Kombination von Rajas und Pitta verursacht worden ist: Rajas im Sinne von leidenschaftlichem
Engagement und Pitta im Sinne von Ehrgeiz, die dann zu einer Instabilität der psychischen
Verfassung führen. Im akuten Zusammenbruch der psycho-vegetativen Regulation sind in der Regel
alle drei Doshas beteiligt, der Nährsaft (rasa) und die Lebensenergie (ojas) sind drastisch reduziert.
Ayurvedische Maßnahmen bei Burnout
Der Sanskritbegriff für Gesundheit lautet „svastha“, wörtlich übersetzt bedeutet dies „Ruhen im
Selbst“. Gesundheit ist in diesem Sinne ein funktionierender Selbstbezug, eine Situation, in der der
Mensch sich mit sich selbst im Einklang weiß. Dazu gehören eine Kenntnis der eigenen Konstitution
mit ihren Stärken und Schwächen und die Bejahung dieses individuellen So-seins.
Der Ayurveda-Therapeut wird im Fall von Burnout, wo gerade dieser Selbstbezug zusammengebrochen ist, nicht mit Regeln arbeiten, die einzuhalten sind, sondern schrittweise über Achtsamkeit und
Wahrnehmungsübungen einen neuen Zugang zu den eigenen Ressourcen ermöglichen.
1. Lebensrhythmus – Der Mensch ist in die Rhythmen der Natur eingebettet. Hier steht der Ayurveda
in direkter Übereinstimmung mit den Prinzipien einer naturheilkundlich orientierten
Ordnungstherapie. Da im akuten Burnout die Struktur des Alltags nicht mehr funktioniert, gilt es,
schrittweise Zeitfenster aufzubauen, in denen stärkende Faktoren mit Regelmäßigkeit und
Leichtigkeit gepflegt werden können.
2. Körperbewusstsein – Neben der täglichen Selbstmassage, die den Körper erfrischt und belebt und
zu einem positiven Verhältnis zum eigenen Körper führt, sind die ayurvedischen Manualtherapien
von großer Bedeutung bei Burnout. Nicht nur der Wert der heilsamen Berührung an sich, sondern
auch die warmen medizinierten Öle tragen zur Stärkung der Patienten bei. Ausgebranntsein
bedeutet, dass das Lebensfeuer seine Kraft verloren hat; daher ist auch die physische Wärme hilfreich. Zudem empfiehlt der Ayurveda, physische Grundfunktionen nicht zu unterdrücken, um den
Aufbau belastender Spannungen zu vermeiden. Hier gilt es, Zeitfenster und Strategien des
Loslassens zu finden.
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3. Entwicklung eines positiven Lebensgefühls – Ayurveda ist sinnlich und strebt die Erfüllung der
Sinne als Basis eines Gleichgewichts an. Alle Aktivitäten, die Freude auslösen und innere Erfüllung
schrittweise zurückbringen, können Teil einer ayurvedischen Therapie sein. Hier gilt es, im
Gespräch den Patienten innerlich zu erreichen und einen neuen Funken der Begeisterung zu entfachen.
4. Ernährung – Ayurvedische Ernährung beinhaltet die Entwicklung einer Esskultur, die das bewusste
Schmecken und Genießen der Speise in angenehmer Umgebung beinhaltet. Nährende und wärmende Speisen sind insbesondere bei Burnout zu empfehlen. Kochen als Erlebnis und Event!
5. Körperliche Aktivität – Regelmäßiges Training soll folgende Effekte haben: „Leichtigkeit, die
Fähigkeit, seine Pflichten zu erfüllen, Beharrlichkeit, die Fähigkeit, angemessen auf schwierige
Situationen zu reagieren, Verminderung von Ungleichgewichtszuständen der Lebenskräfte und
eine Förderung des Verdauungsfeuers.“ (Caraka Samhita 1.7.32) Die klassischen Texte warnen
intensiv vor einer Überanstrengung; denn diese führt zu unangenehmen Symptomen wie
Erschöpfung, Müdigkeit, Kreislaufproblemen und Fieber, was gerade bei Burnout kontraproduktiv
wäre.
6. Entspannung – Viele Aktivitäten des täglichen Lebens führen zu Anspannung und Verkrampfung,
die die Vorstufen für manifeste Erkrankungen sind. Neben der bereits erwähnten Selbstmassage
empfiehlt der Ayurveda die Atem- und Körperübungen des Yoga, die Achtsamkeit mit den praktischen Übungen verbindet.
7. Entgiftung und Entschlackung – Burnout-Patienten haben nichts selten auch durch ihre
Lebensweise Raubbau mit ihrem Körper betrieben. Daher ist eine ayurvedische Kurmaßnahme, die
zudem den Wechsel von Ort und Lebensumständen mit sich bringt, sehr empfehlenswert. Diese
hat zum Ziel, den Körper zu regenerieren und zu reinigen. Die sogenannte „Pancakarma
Behandlung“ beinhaltet Massagen, Wärmeanwendungen, Einnahme von Kräuterextrakten, Diät
u.a. Maßnahmen und wird sowohl präventiv als auch kurativ eingesetzt.
8. Phytotherapeutische Unterstützung – Der Ayurveda kennt eine Vielzahl von Pflanzen, die bei psychovegetativer Erschöpfung sinnvoll eingesetzt werden können.
9. Vitalisierung – Der Ayurveda kennt spezielle Rezepturen und pharmazeutische Zubereitungen, die
primär zur Stärkung eingesetzt werden.
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10. Meditation – Meditative Prozesse öffnen den Zugang zur inneren Kraftquelle, fördern die bewusste Wahrnehmung, entwickeln Entspannung, Gelassenheit und innere Stabilität und führen auch
physiologisch zur Aktivierung von Regenerationsmechanismen. Der lebendige innere Bezug zu sich
selbst dient gleichzeitig als Katalysator für viele andere gesundheitsfördernde Verhaltensweisen
und fördert die Eigenmotivation.
Hindernisse bei der Umsetzung
Der Ayurveda ist zutiefst davon überzeugt, dass Menschen in ihrem innersten Wollen das Gute und
Richtige anstreben. Das für die Gesundheit zuträgliche Verhalten korreliert mit Wahrnehmungen, die
als angenehm und wohltuend empfunden werden. Wer sich auf den Pfad einer gesundheitsbewussten Lebensführung begibt, kann durch positive Erfahrungen, die mehr Lebensqualität und
Harmonie bringen, gestärkt werden.
Menschen, die diese Wahrnehmungen nicht mehr haben, die vielleicht sogar das Nichtzuträgliche als
angenehm und zuträglich empfinden, sind in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit gestört. Sie leiden an
einer Krankheit, die der Ayurveda „prajnaparadha“ – „Fehlgehen der Erkenntnis“ nennt. Diese
grundlegende Störung liegt an der Wurzel vieler Erkrankungen, da sie das richtige Verhalten verhindert, falsches Verhalten fördert und damit anfängliche Befindlichkeitsstörungen zu einer somatisch
manifestierten Krankheit werden lässt.
Mit der Einführung von prajnaparadha wird im Ayurveda ein besonderer Akzent auf die geistigen
Ursachen von Krankheiten gelegt. Wir hatten bereits gesehen, dass falsches Verhalten als krankheitsauslösendes Moment definiert worden ist. Falsches Verhalten beruht aber seinerseits auf einer
falschen Einstellung und einer falschen Wahrnehmung.
Ayurveda lässt sich sehr gut mit verhaltenstherapeutisch orientierten Empfehlungen und der psychologischen Aufarbeitung der Entstehungsgeschichte der Erkrankung kombinieren und unterstützt
diese therapeutischen Ansätze.
Um all die beschriebenen Dimensionen des Ayurveda richtig umsetzen zu können, ist eine qualifizierte Ausbildung erforderlich. Inzwischen ist es jetzt auch in Deutschland möglich, ein Studium in
Ayurveda-Medizin durchzuführen, das in seinem Curriculum dem in Indien durchgeführten Studium
entspricht. Mehr Informationen: www.ayurveda-akademie.org/hochschulprogramm
Ein Behandlungsbeispiel
Frau, 45 Jahre, kaufmännischer Beruf
Erstgespräch: April 2010
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März 2010 Nervenzusammenbruch. Im vergangenen Sommer gab es ein Missempfinden in der rechten Körperhälfte, davor war sie sehr belastet im Büro, ist umgezogen und hat viel gehoben. Damals
war sie ausgebrannt, glaubte es sei ein Apoplex: Hysterie! Im Januar eine schwere Grippe, dann
Missempfinden, sehr stark. Sie ist durch untersucht worden, alles ok. Depression und Burnout, die
sich körperlich gezeigt haben,
3 Wochen zu Hause: Infusionen 2 Wochen lang mit Vit B und NaCl vom HA, gymnastische Übungen
selbst, kein TV, kein Radio, kein Lesen, nach 3 Wochen Arbeit aufgenommen, jetzt besser, aber
Haarausfall, bei linker Tonsille: Talgablagerungen und fühlt sich nicht 100% kräftig! Bei Belastung,
re. Körperhälfte ein leichtes Kribbeln und Panikattacken (Herzrasen und Ängste) stündlich. Miktion
gesteigert, manchmal stündlich, aber nicht in Arbeit (dürfen nicht auf die Toilette).
Hautunreinheiten mit Milchprodukten, im Gesicht verstärkt
Mit 33 Jahren Thrombose, linker US, Pille wurde davor eingenommen.
5 Tage im KH.
HWS – Syndrom, vor Jahren Drehschwindelattacken, jetzt besser! Skoliose im Brustbereich!
Epicondlitis re.
Psychosoziale Anamnese
Partner: Seit 15 Jahren Lebensgefährte, sehr harmonisch.
Familie: Früher Kinder vom Partner am Wochenende zur Betreuung gehabt, sind jetzt erwachsen.
Keine eigenen Kinder, zusätzliche Belastung wäre zu groß
Beruf: kaufmännischer Beruf, alles Terminarbeit. Viele Telefone im Großraumbüro, seit 1 Jahr, Lärm
wird zur Belastung und stresst manchmal. Anfangs Konzentrationsschwierigkeiten, jetzt besser,
außer bei Panik, welche ja sehr häufig auftritt.
Genussmittel: Kaffee: selten, Alkohol 0, früher Rotwein, Nikotin 5-8 seit 25 Jahren abends, um zur
Ruhe zu kommen
Ern/FS: früher: Brot mit Marmelade und Butter, Vollkornmüsli mit Milch
Ern/ME: früher Kantine: jetzt vegetarisch (nur Beilagen)
Ern/AB: wenig: viel Gemüse und Nudeln, Fleisch wenig, Tomaten viel!
Ern/ZWI: kein Käse! Wenig Rohkost, Banane 10 Uhr
Trinken: Kräutertee und Wasser 2L
Bewegung: Spaziergänge am WE, Therme: Schwimmen, Sauna, Physiotherapie Massagen und
Wärme!
Stimmung: sieht alles halbleer. Bei Drehbewegung: Aversion und oft Panik!
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Temperament: VATA (nie nein sagen und alles Schlucken)
Hobbys: Musik, weniger in letzter Zeit und lesen.
Körperliche Anamnese
Menses: Gestagenstäbchen, welches vom Gyn eingesetzt wird. Keine Mens. seit vielen Jahren
Stuhl: Verstopfungsneigung, durch Nikotin wird Verdauung gefördert.
Urin: um die 30 rez. Harnwegsinfekte! Mit Kräutercreme besser.
Durst: normal
Hunger: normal
Geschmack: Nüsse mag sie, Schokolade ab und zu.
Jahreszeiten: Kalt, Wind und Schnee sind nicht ihres. Sonne mag sie. In letzter Zeit kalte Hände und
Füße.
Schlaf: gerne und viel, von 22 Uhr – 6.30 Uhr. Könnte bis 8 Uhr schlafen, dadurch morgens sehr
müde. Oft auch Durchschlafstörungen und viele Gedanken und 1-2 Mal Panik, auch in der Nacht.
Träume: eher Alltagsverarbeitung mit negativem Bürostress. Früher: Große Kugel rollt auf sie zu und
überrollt sie
Physimm: selten, manchmal schwitzt sie in der Nacht.
Psychimm: leicht labil
Allergie: Birne, Kirschen, Apfel: Blähungen, Milchprodukte: Hautunreinheiten, mit Meeresfrüchten
noch schlechter!
Erwartungen: Mehr psychische Kraft, Haut und Haare besser!
Untersuchung
RR/PU/RH: war eher normal
NADLOFP: Vata und Pitta +: schwach, warm, schnell, regelmäßig
NADLTP: PV
NADROFP: Pitta und Vata +: stärker, warm, schnell, regelmäßig
NADRTP: PV
NADITIER: Frosch
Zunge: Pitta, aber sehr unruhig und nach links geneigt, wenig Belag (cave Nikotin: hier sieht man oft
den Belag nicht)
Ama: Blut
Augen: sehr empfindlich: Wind und Sonnenstrahlen
Nägel: P
Haare: verliert vermehrt Haare
Zähne: P
Haut: jetzt Unreinheiten im Gesicht, manchmal auch am Rücken
Gewebe: P
BEWAPP: VP
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Agni: vishamagni
Eindruck: gut
Diagnose
Konstitution: Pitta, Vata
Störung: Vata und Pitta gesteigert
Psychkpn: Rajas
Doshapra: Vata und Pitta
Dushya: Rakta und Rasa und Manas
Agni: Raktagni
Ama: Blut
Manasado: vata
Sattva: gut
Bala: gut
Behandlung
Ernährung: Anti Pitta Vata (Bogen erklärt und mitgegeben: sollte sie Schritt für Schritt ohne Druck
ändern ) und Kräutertee ( Melisse, Orangeblüte, Hopfen etc.) 1 Liter am Tag
Lebensweise: Spaziergänge und nach ein paar Wochen wieder regelmäßig Schwimmen und Gitarre
steigern
Ambiphysi: Kein Öl: aufgrund Pitta
Phytotherapeutische Unterstützung
1 Withania somnifera Kps. 290mg
3x1
1 Tinospora cordifolia Kps. 440mg
3x1
1 Bacopa monniera
Kps. 480mg
1 Cyperus rotundus
Kps. 150mg
3x1
3x1
August 2010 Folgegespräch (nach 4 Monaten, da die Patientin von weiter weg kommt) Email
Feedback erstmals nach 4 Wochen verlangt und erhalten : Es wird alles langsam besser
Wie gehts? Geht viel besser!
Vorigen Samstag, kleinen Finger gequetscht, UKH: Röntgen in Ordnung, kein Gefühl. Spürt es seelisch, Wut und Aggression ist da, Augen marginal besser. Unruhe ist besser und Panikattacken sind
weg! Ist belastbarer in der Firma! Seelisch in der Beobachterrolle, auch einige Fehler und Schwächen
gesehen, nicht mehr so übersensibel und lustiger! Missempfinden und stündliche Miktion gesteigert,
auch in der Firma sagt Sie, dass Sie auf die Toilette muss. Sie hat einen größeren Bereich bekommen,
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kriegt keine Panik! Bewegung, Schwimmen und Gitarre hat sie gut geschafft.
Milchprodukte weg, Haut schubweise besser! Am Anfang schlimm, Gelenke waren schlechter, ist aber
jetzt besser. Schwimmen und gymnastische Übungen! Blähungen waren stark. Tee aufgehört nach 3
Monaten, er war am Schluss zuviel! HWS-Syndrom: besser! PC wurde auch umgestellt! Fragen: Kein
Käse! Projektion, weniger! Privat: Mann verbringt sicher mehr Zeit mit Kindern und vergisst
Verabredungen mit ihr total! Kinder verlangen mehr! Aggressiv!
Puls: PITTA und VATA + stärker, warm, schnell, regelmäßig
Zunge: P, Weniger unruhig, keinen Belag
Phytotherapeutische Unterstützung:
Gleiche Empfehlung wie im Erstgespräch
April 2011 Folgegespräch
Wie geht es? Momentan nicht gut. Gestern Kündigung eingereicht. Firma kündigt vielen
Mitarbeitern, sie ist seit 2 Jahren ausgebrannt. Sie müsste immer mehr arbeiten, es geht einfach nicht
mehr! 21 Jahre in der Firma gewesen. Seelisch: Unruhe mehr und linke Gesichthälfte, wie
Metalllähmung und auch Hände schlafen wieder ein, Großraumbüro wird noch größer. Toilette
gehen mit Code möglich (man muss Code eingeben, um die Toilette zu benutzen), Zeit wird zu
wenig, Pausen nicht erlaubt, Panik? Noch nicht da, Schwindel ist wieder da. Schlaf, geht gut.
Phytotherapeutische Unterstützung: kontinuierliche Einnahme, 1-2 Wochen reduziert, 1 Mal am Tag:
Stimmung war gleich schlechter. Im Brustbereich enges Gefühl, Taubheitsgefühl kommt stark, stündliche Miktion, ist wieder schlechter geworden! Bewegung: Hometrainer am Abend. HWS-Syndrom
wieder da. Haut ist gut, nur phasenweise kommen Flecken, aber werden besser. Grippaler Infekt im
Februar, dann gar nichts mehr. Stuhl ist auch in Ordnung, Blähungen sind besser. Puls: P und Vata
stärker, warm, schnell, regelmäßig Zunge: p, weniger unruhig, kein Belag, Ränder angespannt!
Privat mit Lebensgefährten gut, ist verständnisvoll, war wichtig.
Phyotherapeutische Unterstützung
1 Withania somnifera Kps. 290mg
1 Tinospora cordifolia Kps. 440mg
1 Bacopa monniera
Kps. 480mg
1 Nardostachys jatamansi Kps. 100mg
3x1
3x1
3x2 für 4 Wochen
3x2 für 4 Wochen.
Zudem Abhyanga jetzt dazu verordnet, alle 2 Wochen mit Dhanvantharam Taila bei einer
Therapeutin in ihrer Nähe. Auch die Yoga Übung (Stand) und die Fingeryogaübung (Shakti Mudra)
als tägliches Ritual empfohlen.
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Zusätzlich krank geschrieben – sprich: Sie braucht Ruhe und Zeit für sich.
Attest über Burnout zur Vorlage bei diversen Ämtern und Behörden, damit sie sich auch selbst einmal eine Auszeit eingesteht.
Oktober 2011 Folgegespräch
(Mail im Juli: alles viel besser)
Wie geht es? Viel besser! Null C2, krank 1x. Mai und Juni waren ganz schlimm, einmal auch
Panikattacke. Seit 5 Monaten gar keinen Kaffee mehr, schmeckt auch nicht mehr, ist ruhiger und
zufrieden. Job: am Freitag Attest vorgelegt. Als sie die Firma verließ, Nervenzusammenbruch, hat
auch lange gedauert, gelassener seit September. Antidepressivum vom Psychiater verordnet hat sie
nicht gebraucht. Geht viel in die Natur und kann sich die Zeit einteilen. Krankenstand bis September,
Wieder auf Jobsuche, will in den Teilzeitbereich.
AMS: kein großer Druck. Erholt sich jetzt wirklich, Kraft wird besser.
Schlaf: 2-3 x in der Woche schläft sie spät ein und wird bald munter 5-6h. Haut ist besser. Stuhl täglich, Konsistenz weicher.
Ernährung: meidet alle Milchprodukte, auch keine Ziegenmilch, Zitrusfrüchte gehen nicht. Trinken
genug, viel Rotbuschtee, Leitungswasser, Apfelsaft verdünnt.
Puls: PV, warm.
Zunge: leichter Belag, Haut: Unterschenkel re.
Phytotherapeutische Unterstützung
1/Withania somnifera Kps. 290mg
1/Tinospora cordifolia Kps. 440mg
1/Bacopa monniera
Kps. 480mg
1/Nardostachys jatamansi Kps. 100mg
3x1 bis Dezember 2011
3x1 bis Dezember 2011
3x1 bis Dezember 2011
3x1 bis Dezember 2011
Zudem auch Abhyanga alle 2 Wochen bei einer Therapeutin in Ihrer Nähe
Mail: Anfang Januar 2012: seit 3 Wochen ohne Kapseln: alles gut und neuen ruhigeren Job mit
Bedacht ausgesucht.
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Literatur:
Caraka Samhita, Hg. Von P. V. Sharma, (engl.) Varanasi 1981 ff.
M. Mittwede: Ayurveda – Von den Ursprüngen zur Medizin heute, Heidelberg 1997.
S. N. Gupta, E. Stapelfeldt: Praxis Ayurveda-Medizin, Stuttgart 2009
E. Wolz-Gottwald: Heilung aus der Ganzheit, Ayurveda als Philosophie in der Praxis, Gladenbach
1991.
http://www.ayurveda-akademie.org/fileadmin/user_upload/PDFs/Artikel/stress-macht-krank.pdf
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Über die Autoren:
Prof. Dr. Martin Mittwede
Studium der Indologie und Religionswissenschaft, interdisziplinäres Forschungsprojekt der DFG über
Ayurveda-Medizin, Habilitation an der Universität Frankfurt / Main. Er verfügt über langjährige
Erfahrungen in der ärztlichen Fortbildung, entwicklete ein ernährungsmedizinisches Curriculum und
war Redaktionsleiter des Ayurveda Journals. Aktuell ist er als Studienleiter des Master-Studiengangs
Ayurveda-Medizin an der Europäischen Akademie für Ayurveda tätig.
Dr. Ashish Bhalla
Dr. Bhalla erhielt seinen Universitätsabschluss in der Universität Wien und absolvierte seine
Ausbildung zum Allgemeinmediziner in diversen Spitälern in Oberösterreich. Er leitet eine erfolgreiche Ayurveda-Praxis in Wels (Oberösterreich) und ist Ayurveda-Kurarzt im KneippGesundheitszentrum Schärding. Er wirkt als Dozent in der Ausbildung in Ayurveda-Medizin an der
Europäischen Akademie für Ayurveda mit. Für die postgraduale Weiterbildung in Ayurveda-Medizin
für Ärztinnen und Ärzte in Wien fungiert Dr. Bhalla als Medizinischer Leiter.
2012 © Rosenberg Europäische Akademie für Ayurveda . D-63633 Birstein
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