USA: Trumps Wahl als schwarzer Tag für Minderheiten Die Wahlen in den USA entpuppen sich als schwarzer Tag für Minderheiten. Von seiner Ansprache, Präsident für alle Amerikaner zu sein, können sich LGBT-Menschen aber nicht viel erhoffen. Es war eine Nacht der Zitterns und des bitteren Erwachens: Entgegen der Wahlprognosen wird Donald Trump neuer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika – und nicht Hillary Clinton. Der Republikaner, der lateinamerikanische Einwanderer pauschal als Kriminelle diffamierte und ein Einreiseverbot für Muslime forderte, konnte unter anderem die wichtigen Schlüsselstaaten Florida, Ohio und North Carolina für sich entscheiden. Mit dem unerwarteten Wahlsieg drohen auch Lesben und Schwulen in Amerika vier Jahre des Rollbacks. Hillary Clinton hatte im Wahlkampf mehrfach davor gewarnt, dass die Ehe für alle in Gefahr sei, sollte Trump die Wahl gewinnen. Ein nicht völlig unwahrscheinliches Szenario: Der Milliardär hatte in einem Wahlduell angekündigt, als Präsident nur konservative Abtreibungsgegner als Richter in den Supreme Court zu entsenden. Im Juni 2015 hatten die obersten Richter die Ehe in allen 50 Bundesstaaten nur mit äusserst knapper Mehrheit von fünf zu vier Stimmen geöffnet – theoretisch könnte diese Entscheidung vom höchsten Gericht unter neuer Besetzung rückgängig gemacht werden. Amerikas LGBTI-Verbände warben für Clinton Obwohl Donald Trump in seinem Wahlkampf die Nähe zu extremen Homohassern wie Rick Santorum suchte, behauptete er mehrfach, der LGBT-freundlichste Präsidentschaftskandidat aller Zeiten zu sein. Als Begründung führte er fast ausschliesslich seine Ablehnung von Muslimen an. So erklärte er etwa nach dem Massaker in Orlando: "Hillary Clinton kann nie ein Freund der GayCommunity sein, solange sie Einwanderung befürwortet, die islamische Extremisten in unser Land bringt. Sie unterdrücken Frauen, Schwule und all diejenigen, die nicht ihre Ansichten teilen." Zu einem Wahlkampfauftritt in der vergangenen Woche brachte Trump sogar eine Regenbogenfahne mit – hielt sie aber falsch herum. Sämtliche grossen LGBTI-Organisationen der USA, darunter auch die Human Rights Campaign. Hatten sich im Vorfeld für Hillary Clinton als neue Präsidentin ausgesprochen. Die Demokratin hatte bei mehreren Wahlauftritten in der Community gezielt um LGBTI-Stimmen geworben. Als Präsidentin wollte sie gegen Mobbing an Schulen vorgehen und ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz auf den Weg bringen. Laut Umfragen wollten über 70 Prozent von schwulen, lesbischen, bisexuellen und transgeschlechtlichen Menschen Clinton ihre Stimmen geben. Trumps Vize Mike Pence ist ein religiöser Homo-Gegner Mässigenden Einfluss auf Trump durch seinen Vizepräsidentschaftskandidaten Mike Pence ist nicht zu erwarten. Der Gouverneur des US-Bundesstaates Indiana ist in der religiösen Rechten beheimatet und hat sich insbesondere gegen LGBTI-Rechte und Abtreibungen engagiert. Erst im vergangenen Jahr hatte Pence in Indiana das Gesetz "zur Wiederherstellung der Religionsfreiheit" vorangetrieben, dessen einziges Ziel es war, die religiös begründete Diskriminierung von LGBT zu erlauben. Nach scharfer Kritik und Boykottandrohungen musste der 57-Jährige schliesslich zurückrudern. Seite 1 von 2 Als Abgeordneter des US-Repräsentantenhauses, dem er von 2001 bis 2013 angehörte, galt Pence ebenfalls als LGBTI-feindlich. So war er 2009 dagegen, auch Hassdelikte gegen Schwule und Lesben anzuerkennen. Dabei äusserte er in einer Rede die Befürchtung, dass dieses Gesetz dazu führe, dass Pfarrer von einer "Gedankenpolizei" bedroht würden, wenn sie ihre (negativen) Ansichten über Schwule und Lesben öffentlich äussern. Mit Donald Trump als Präsidenten drohen zudem Rückschritte in der Aussen- und Aidspolitik. Unter Obama setzte sich das US-Aussenministerium international für LGBTI-Rechte ein und unterstützte Pride-Veranstaltungen etwa in Serbien oder Vietnam. Mit der vom Milliardär Trump angekündigten Rücknahme von "Obamacare" ist der Zugang Hunderttausender HIV-Positiver zu antiretroviralen Medikamenten gefährdet. Republikanische Mehrheit in Repräsentantenhaus und Senat Gewählt wurde am Dienstag in den USA nicht nur der neue Präsident, sondern unter anderem auch das Repräsentantenhaus und ein Teil des Senats. Die Republikaner behalten erwartungsgemäss ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus. Wiedergewählt wurden die sechs offen homosexuellen Abgeordneten der Demokraten Jared Polis aus Colorado, David Cicilline aus Rhode Island, Sean Patrick Maloney aus New York, Mark Takano aus Kalifornien, Mark Pocan aus Wisconsin und Kyrsten Sinema aus Arizona. Auch der Senat bleibt fest in der Hand der Republikaner. Dieses Ergebnis ist besonders bitter: Eine demokratische Mehrheit hätte durch die Zustimmungspflicht des Senats die Ernennung extrem homophober Richter am Supreme Court durch Trump verhindern können. queer.de / 10.11.2016 Seite 2 von 2