Drucksache 16 / 13 546 Kleine Anfrage 16. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Uwe Doering (Die Linke) vom 13. Juli 2009 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Juli 2009) und Antwort Mahn- und Gedenkort Tempelhof? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Inwiefern ist in die Planungen für den ehemaligen Flughafen Tempelhof einbezogen, dass sich auf diesem Gelände eines der ersten nationalsozialistischen Konzentrationslager befand? Antwort zu 1: Das 1938 abgerissene KZ ColumbiaHaus, das sich an der damaligen „Prinz-August-vonWürttemberg-Straße“, dem heutigen Columbiadamm befand, hat keine direkten Auswirkungen auf die Planungen zur Nachnutzung des Flughafens Tempelhof, zumal in diesem Bereich aufgrund des Umgebungsschutzes für das unter Denkmalschutz stehenden Flughafengebäude keine baulichen Veränderungen vorgesehen sind. Frage 2. Ist daran gedacht, am Ort des ehemaligen KZ Columbia-Haus eine Mahn- und Gedenkstätte zu errichten, die an die Misshandlungen und Morde in dem faschistischen KZ erinnert? Wenn ja, in welcher Form und wird es hierfür eine Ausschreibung geben? Antwort zu 2: Im Rahmen einer künftigen Nutzungsgestaltung des ehemaligen Flughafengeländes sollte auf jeden Fall die frühere Existenz des Konzentrationslagers Columbia-Haus berücksichtigt werden. Hier waren zwischen 1933 und 1936 mehr als 8.000 Häftlinge, vor allem politische Gegner/innen des NS-System inhaftiert. Dabei muss sichergestellt werden, dass es nicht zu einer Vermischung der zeitlichen und räumlichen »Schichten» kommt: Das heutige Flughafengebäude ist Inbegriff der NS-Architektur, aber eben NICHT der authentische Ort des ehemaligen Lagers. Das Konzentrationslager Columbia befand sich in der früheren kaiserlichen Militär-Arrest-Anstalt. Dieses Gebäude wurde für den Flughafenbau 1936 abgerissen. Über Art und Umfang einer Informationsgestaltung vor Ort ist erst noch zu entscheiden. So könnte sowohl eine Dokumentations-/ Informationsstätte sinnvoll sein, die zugleich an die sonst wenig beachteten frühen Konzentrationslager in Berlin erinnert. Denkbar wäre aber auch eine Open-Air-Installation nach dem Beispiel „Geschichtsmeile Wilhelmstraße“, die sowohl die NSGeschichte, als auch die Blockade und die Nachkriegsgeschichte des Geländes dokumentiert. Planungen für einen „Informationsort“ sollten sich nicht nur auf die Inhaftierten des ehemaligen Lagers beschränken (zu denen u.a. Leo Baeck, Theodor Haubach, Ernst Thälmann, Josef Römer, Theodor Neubauer, Erich Honecker gehörten). Hier sollte auch daran erinnert werden, dass es sich nicht nur um politische Gegner/innen handelte, die hier inhaftiert waren, sondern dass das Konzentrationslager Columbia-Haus Mitte der 1930er Jahre auch Zentrum der Homosexuellenverfolgung in Berlin war. Zudem taten hier die späteren Kommandanten der Konzentrationslager Auschwitz, Buchenwald, Flossenbürg, Lublin-Majdanek, Ravensbrück, Riga und Sachsenhausen Dienst mitten in Berlin. Auch dieses Thema darf in einer umfassenden Dokumentation nicht verschwiegen werden. Zu prüfen ist aber auch, wie andere wichtige historische Spuren auf dem Flughafengelände dokumentiert werden (z.B. die Holzbaracke, in dem sich die Flüchtlinge aus der SBZ/DDR vor ihrem Flug nach Westdeutschland aufhielten). Dies sollte aber in räumlicher Distanz zu der Information über das KZ ColumbiaHaus geschehen. Frage 3. Wie soll das Mahnmal, das zzt. in einiger Entfernung existiert, ggf. in solche Planungen einbezogen werden? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Abgeordnetenhaus Berlin – 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 13 546 Antwort zu 3: Das jetzige Denkmal steht zurzeit am richtigen Ort - an der Straße und damit öffentlich zugänglich, allerdings auf der dem historischen Areal gegenüberliegenden Straßenseite. Im Zusammenhang mit der künftigen Nutzungsgestaltung sollte geprüft werden, ob eine Versetzung auf die andere Straßenseite – nicht jedoch auf das Innere des Geländes – sinnvoll und möglich ist. Berlin, den 20. August 2009 In Vertretung R. Lüscher ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. August 2009) 2